Walter Lerche

Walter Lerche

Walter Lerche (* 7. Oktober 1901 in Vorsfelde; † 26. Dezember 1962 in Wolfenbüttel) war ein promovierter Jurist und Richter. Er wurde Vorsitzender des Sondergerichts Braunschweig und nach 1945 Oberlandeskirchenrat und später zum zweiten Präsidenten der Generalsynode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands gewählt.

Inhaltsverzeichnis

Vor 1945

Der Sohn eines Landgerichtsrats war im Jahre 1919 bei der Niederschlagung der Braunschweiger Räteregierung als Mitglied des Freikorps Maercker beteiligt. Er studierte Rechtswissenschaft und legte 1922 und 1926 die beiden Staatsexamen ab. Anschließend fand er im Mai 1931 eine Anstellung beim Braunschweiger Land- und Amtsgericht und trat am 1. Mai 1933 in die NSDAP ein. Er war Mitglied im Rechtswahrerbund und zeitweise in der SA. Zwischen 1935 und 1937 war er Blockwalter der NSV. Nach einer Beförderung zum Landgerichtsdirektor im Jahre 1937 wurde er im Januar 1944 zum Vorsitzenden des Braunschweiger Sondergerichts ernannt, dessen stellvertretender Vorsitzender er seit 1939 war. Trotz Parteizugehörigkeit war Lerche seit 1940 Mitglied des Kirchenvorstandes der Braunschweiger St. Magni-Gemeinde.

Er war als Vorsitzender des Sondergerichts maßgeblich an der Verurteilung der 19jährigen Erna Wazinski beteiligt, die durch eine Denunziation wegen angeblicher Plünderei nach dem Bombenangriff auf Braunschweig am 15. Oktober 1944 zum Tode verurteilt wurde. Dieser Fall beschäftigte die Braunschweiger Gerichte bis zum März 1991, als dieses Urteil aufgehoben wurde.

Nach neuester Forschung war Lerche nachweislich an 59 Todesurteilen des Sondergerichts Braunschweig beteiligt.[1]

Nach 1945

Am 2. Mai 1945 wurde Lerche durch die Britische Militärregierung entlassen und am 16. September 1946 aus dem Justizdienst entfernt. 1946 wurde er zum Mitglied des Rechtsausschusses der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Braunschweig gewählt, stieg im Juli 1951 zum Oberlandeskirchenrat auf, gehörte ab 1957 dem Kollegium des Landeskirchenamts an und wurde in der Amtszeit der 1. Generalsynode von 1949 bis 1954 zum 2. Vizepräsidenten der Generalsynode der Vereinigten Evangelisch-lutherischen Kirche Deutschlands gewählt.[2][3]

Literatur

  • Horst-Rüdiger Jarck, Günter Scheel (Hrsg.): Braunschweigisches Biographisches Lexikon. 19. und 20. Jahrhundert, Hannover 1996, S. 378
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Fischer, Frankfurt am Main 2007. ISBN 978-3-596-16048-8. (Aktualisierte 2. Auflage)
  • Helmut Kramer (Hrsg.): Braunschweig unterm Hakenkreuz. Bürgertum, Justiz und Kirche – Eine Vortragsreihe und ihr Echo, Magni-Buchladen, Braunschweig 1981, ISBN 3-922571-03-4
  • Helmut Kramer (Hrsg.): „Die Verordnung gegen Volksschädlinge vom 5.9.1939 war geltendes Gesetz …“, Reader zum Fall Erna Wazinski, ohne Ort und Jahr
  • Hans-Ulrich Ludewig, Dietrich Kuessner: „Es sei also jeder gewarnt“ – Das Sondergericht Braunschweig 1933–1945, In: Quellen und Forschungen zur Braunschweigischen Landesgeschichte, Band 36, Selbstverlag des Braunschweigischen Geschichtsvereins, Langenhagen 2000, ISBN 3-928009-17-6
  • Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Justiz im Nationalsozialismus. Verbrechen im Namen des Volkes. Katalog zur Ausstellung. Nomos Verlag, Baden-Baden 2002. ISBN 3-7890-81787
  • Klaus Erich Pollmann (Hrsg.): Der Schwierige Weg in die Nachkriegszeit. Die Evangelisch-lutherische Landeskirche in Braunschweig 1945–1950, Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1994, ISBN 3-525-55239-4

Einzelnachweise

  1. Ludewig, Kuessner: „Es sei also jeder gewarnt“ – Das Sondergericht Braunschweig 1933–1945, S. 270 (siehe Literatur)
  2. Frankfurter Rundschau v. 22. März 1991: Freispruch – doch Nazi-Urteil ist nicht nichtig. Hingerichtete Frau rehabilitiert / Zeugen erzwangen Wiederaufnahme von Sondergerichtsurteil, abgerufen am 2. November 2009
  3. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt am Main 2007, S. 368

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Lerche (Begriffsklärung) — Lerchen steht für: Lerchen, eine Vogelfamilie Lärchen, eine Baumgattung einen Ortsnamen: Lerchen (Haarbach), Ortsteil der Gemeinde Haarbach, Landkreis Passau, Bayern Lerchen (Surberg), Ortsteil der Gemeinde Surberg, Landkreis Traunstein, Bayern… …   Deutsch Wikipedia

  • Walter Regelsberger — (* 20. Mai 1925 in Wien) ist ein österreichischer Schauspieler. Er begann seine Bühnenlaufbahn 1945 und spielte in den folgenden dreizehn Jahren unter anderem am Wiener Burgtheater und am Akademietheater. Im Januar 1954 erlangte er einige… …   Deutsch Wikipedia

  • Erna Wazinski — Öffentliche Bekanntmachung des Sonderge …   Deutsch Wikipedia

  • Tierpark Berlin — Friedrichsfelde Vollständiger Name: Tierpark Berlin Friedrichsfelde Slogan: Der Hauptstadt Zoo Adresse: Am Tier …   Deutsch Wikipedia

  • Seebad Wendenschloss — (Herbst 2011) Das Seebad Wendenschloss, auch als Strandbad Wendenschloss oder Freibad Wendenschloss bezeichnet, ist eine öffentliche Badeanstalt im Ortsteil Köpenick des Berliner Bezirks Treptow Köpenick. Das Freibad liegt in der Ortslage… …   Deutsch Wikipedia

  • Tierpark Berlin-Friedrichsfelde — Informationen Vollständiger Name: Tierpark Berlin Friedrichsfelde Slogan: Der Hauptstadt Zoo Adresse: Am Tierpark 125, 10319 Berlin Fläche: 160 Hektar Eröffnung: 2. Juli 1955 Tierarten: 9 …   Deutsch Wikipedia

  • Tierpark Berlin - Friedrichsfelde — Informationen Vollständiger Name: Tierpark Berlin Friedrichsfelde Slogan: Der Hauptstadt Zoo Adresse: Am Tierpark 125, 10319 Berlin Fläche: 160 Hektar Eröffnung: 2. Juli 1955 Tierarten: 9 …   Deutsch Wikipedia

  • Tierpark Berlin Friedrichsfelde — Informationen Vollständiger Name: Tierpark Berlin Friedrichsfelde Slogan: Der Hauptstadt Zoo Adresse: Am Tierpark 125, 10319 Berlin Fläche: 160 Hektar Eröffnung: 2. Juli 1955 Tierarten: 9 …   Deutsch Wikipedia

  • Tierpark Friedrichsfelde — Informationen Vollständiger Name: Tierpark Berlin Friedrichsfelde Slogan: Der Hauptstadt Zoo Adresse: Am Tierpark 125, 10319 Berlin Fläche: 160 Hektar Eröffnung: 2. Juli 1955 Tierarten: 9 …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der mit Braunschweig verbundenen Personen — Folgende Personen wurden zwar nicht in Braunschweig geboren, sind aber durch ihr Wirken mit der Stadt verbunden. Siehe auch Liste bekannter in Braunschweig geborener Personen Liste der Ehrenbürger von Braunschweig Bürgermedaille der Stadt… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”