Wohnstadt Stadtentwicklungs- und Wohnungsbaugesellschaft Hessen

Wohnstadt Stadtentwicklungs- und Wohnungsbaugesellschaft Hessen
Wohnstadt Stadtentwicklungs- und Wohnungsbaugesellschaft Hessen mbH
Rechtsform Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Gründung 1920
Sitz Kassel, Deutschland
Leitung Prof. Thomas Dilger, Dirk Schumacher, Bernhard Spiller
Mitarbeiter rd. 300 (2006), danach Personalübernahme durch die Muttergesellschaft Nassauische Heimstätte
Branche Immobilienwirtschaft
Produkte Wohnungswirtschaft, Stadtentwicklung, Projektentwicklung, Consulting
Website www.wohnstadt.de

Die Wohnstadt Stadtentwicklungs- und Wohnungsbaugesellschaft Hessen ist eine Wohnungs- und Entwicklungsgesellschaft mit mehrheitlicher Beteiligung des Landes Hessen. Gemeinsam mit der zur Unternehmensgruppe gehörenden Nassauischen Heimstätte verwaltet sie rund 63.000 Wohnungen in Hessen und Thüringen und zählt damit zu den zehn größten Wohnungsunternehmen Deutschlands. Als Entwicklungs- und Sanierungsträgerin übernimmt sie für öffentliche wie private Auftraggeber Aufgaben in der Projekt- und Stadtentwicklung und leistet immobilienwirtschaftliche Beratung.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der rechtliche Vorläufer der Wohnstadt, die Hessische Heimstätte, wird 1920 in Kassel als eine von zwölf Wohnungsfürsorgegesellschaften des preußischen Staates gegründet. Der öffentlich geförderte Wohnungsbau sollte den akuten Wohnraummangel im Regierungsbezirk Kassel und dem Freistaat Waldeck beheben. Gleichzeitig übernimmt die Hessische Heimstätte wichtige Steuerungsfunktionen als Organ der staatlichen Wohnungspolitik.

Vorkriegszeit

Zunächst widmet sich die Gesellschaft vorrangig dem staatlich geförderten Kleinsiedlungs- und Eigenheimbau in den nordhessischen Gemeinden. Trotz der durch Inflation erschwerten Wirtschaftsbedingungen der frühen 1920er Jahre können, vorwiegend im Kreis Eschwege und in Marburg, über 300 Wohnungen fertig gestellt werden. Eine deutliche Zunahme der Bautätigkeit setzt mit der Erhöhung der Fördermittel aus der Umlage der Hauszinssteuer ein: Bis zum Ende der Weimarer Republik errichtet das Unternehmen rund 6.500 Wohnungen an verschiedenen Standorten in Nordhessen, von denen ein Teil durch die Tochtergesellschaft Hessenheim Wohnungsbaugesellschaft (später Kurhessen Wohnungsbaugesellschaft) bewirtschaftet wird. Ab 1927 unterhält die Hessische Heimstätte eine eigene Stadtplanungsabteilung, die für die Gemeinden Aufgaben der Bebauungs- und Flächennutzungsplanung übernimmt.

Unter nationalsozialistischem Regime

Anfänglich ist die Wohnungspolitik der Nationalsozialisten von einer Idealisierung der Kleinstadt und des Agrarstaates geprägt. Das ändert sich mit der ab 1936 expandierenden Rüstungsindustrie: Die schnell anwachsenden Arbeiterstädte benötigen bezahlbaren Wohnraum. An die Stelle von Kleinsiedlungen und Eigenheimen tritt eine mehrgeschossige Zeilenbebauung in standardisierter und damit kostengünstiger Ausführung. Die Hessische Heimstätte setzt diese Vorgaben als Organ der öffentlichen Wohnungswirtschaft um. So erstellt sie die Pläne für die auf 3.000 Wohnungen ausgelegte Mattenberg-Siedlung im Kasseler Ortsteil Oberzwehren, mit der günstiger Wohnraum für die Arbeiter des Flugmotorenbauers Henschel geschaffen werden soll. Gleiches gilt für das östlich von Kassel gelegene Lohfelden, wo die Ortsteile Crumbach und Ochshausen mit Wohnungen für die Arbeiter der Fieseler Flugzeugwerke zum neuen Stadtteil vereint werden. Die Bauvorhaben können nur zum Teil realisiert werden. Mit Kriegsbeginn kommt der Wohnungsbau nahezu zum Erliegen. Durch das Bombardement deutscher Städte entsteht eine neue Bedarfssituation: Ab 1943 lässt die Hessische Heimstätte – unter Einsatz polnischer und russischer Zwangsarbeiter – standardisierte Notunterkünfte, so genannte Behelfsheime, errichten.

Wiederaufbau

Die Situation im Tätigkeitsgebiet der Hessischen Heimstätte, insbesondere in Kassel, ist durch einen akuten Wohnraummangel in Folge kriegsbedingter Schäden gekennzeichnet. Zur Basis für den Wiederaufbau wird das Wohnungsnotprogramm der Hessischen Landesregierung aus dem Jahr 1946, das die Kleinsiedlung im Grünen als Leitbild für Neubauprojekte propagiert. Als besonders gelungenes Beispiel erhält das von der Hessischen Heimstätte errichtete Wohnquartier ‚Eichhof’ in Bad Hersfeld 1958 den ersten Preis im Landeswettbewerb für die beste Kleinsiedlung. Abweichend von der Förderpolitik anderer Bundesländer verknüpft Hessen in den 1950er Jahren die Eingliederung der Flüchtlinge mit seiner Landesentwicklungsplanung (Hessenplan). Teil dieser Strategie ist die Konversion ehemaliger Rüstungsstandorte zum zivilen Wohnquartier. Die ehemalige Munitionsanstalt MUNA bei Allendorf im Landkreis Marburg wird so zur Keimzelle für das heutige Stadtallendorf mit rund 21.000 Einwohnern. Auch in den Städten leistet die Hessische Heimstätte einen wesentlichen Beitrag zur Schaffung neuen Wohnraums. In Kassel entstehen nach Plänen aus der Vorkriegszeit etliche hundert Wohnungen in zwei- bis dreigeschossiger Bauweise, so zum Beispiel im Flüsseviertel in Kassel-Wilhelmshöhe. Ende 1956 gilt der Wiederaufbau in Kassel als weitgehend abgeschlossen. Die Hessische Heimstätte hat dort bis zu diesem Zeitpunkt 1.495 Wohnungen erstellt.

Stadterneuerung und –entwicklung

Mit dem steigenden Wohnungsbedarf in der Nachkriegszeit und der Freigabe der Baulandpreise ab 1960 wächst der Verwertungsdruck auf die Stadtzentren: Wohnungen und kleine Gewerbebetriebe weichen in die günstigeren Außenbezirke aus. Es entstehen neue Stadtteile mit einem Bestand von mehreren tausend Wohnungen wie den von der Hessischen Heimstätte geplanten Siedlungen Fulda-Aschenberg oder Marburg-Richtsberg. Vor diesem Hintergrund verlagert sich der Tätigkeitsschwerpunkt des Unternehmens in den 1960er Jahren vom Wohnungsbau hin zur Stadtplanung und -entwicklung. Aus dem Städtebauförderungsgesetz des Jahres 1971 ergibt sich ein zusätzliches Betätigungsfeld: Als anerkannter Sanierungsträger des Landes Hessen ist die Hessische Heimstätte fortan in die Stadterneuerung zahlreicher nord- und mittelhessischer Kommunen wie Arolsen, Hünfeld, Immenhausen, Kirchhain, Sontra und Wetter eingebunden.

Öffentlicher Auftrag heute

Eine Gesetzesänderung erkennt den Heimstätten 1990 die Gemeinnützigkeit ab. Aus finanzwirtschaftlichen und organisatorischen Gründen fusioniert die Hessische Heimstätte daraufhin 1994 mit ihrer bis dahin für die Bewirtschaftung der konzerneigenen Wohnungen zuständigen Tochtergesellschaft Kurhessen Wohnungsbaugesellschaft. Das Unternehmen firmiert nun als Wohnstadt Stadtentwicklungs- und Wohnungsbaugesellschaft Hessen mbH. Ab 1990 unterstützt die Wohnstadt das Nachbarland Thüringen durch eine eigene Außenstelle in Weimar. Der Schwerpunkt der Aufgaben vor Ort liegt im Bereich der Stadtplanung und -erneuerung, so zum Beispiel in Apolda, Gotha oder Naumburg/Saale. Die Geschäftstätigkeit der 1990er Jahre ist von städtebaulichen Planungen, Sanierungsmaßnahmen, der Konversion stillgelegter Militär- und Industrieareale sowie der Pflege und Modernisierung des eigenen Bestands geprägt. 2005 schließen sich die beiden hessischen Wohnungs- und Entwicklungsgesellschaften Nassauische Heimstätte und Wohnstadt zu einer Unternehmensgruppe zusammen.

Unternehmensverbund

2005 erwirbt die Nassauische Heimstätte Anteile des Landes Hessen an der Wohnstadt Stadtentwicklungs- und Wohnungsbaugesellschaft Hessen mbH, Kassel. Mit einem Bestand von rund 63.000 Wohneinheiten und 29 Niederlassungen, Geschäftsstellen und Büros ist die Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte/Wohnstadt in ganz Hessen und Teilen Thüringens präsent.

Zum neuen Unternehmensverbund gehört auch die in Kassel ansässige Tochter MET Medien-Energie-Technik Versorgungs- und Betreuungsgesellschaft mbH, die sich auf die Bereitstellung von Kommunikations- und Wärmetechnik sowie Dienstleistungen rund um die Immobilienverwaltung spezialisiert hat.

Gesellschafterstruktur

Die Wohnstadt Stadtentwicklungs- und Wohnungsbaugesellschaft Hessen mbH befindet sich mehrheitlich im Besitz der Nassauische Heimstätte Wohnungs- und Entwicklungsgesellschaft sowie anderer öffentlicher Anteilseigener. Ursprünglich gegründet, um den allgemeinen Mangel an Wohnraum in der Region zwischen Kassel im Norden sowie Marburg und Fulda im Süden zu lindern, liegt der heutige Fokus der Geschäftstätigkeit im freifinanzierten und geförderten Wohnungsbau, der Konversion militärischer, kommunaler und industrieller Brachflächen sowie der Beratung von Städten und Gemeinden, aber auch Wirtschaftsunternehmen, in Fragen der Stadtentwicklung und des Immobilienmanagements.

Die Gesellschafter der Wohnstadt: Nassauische Heimstätte Wohnungs- und Entwicklungsgesellschaft mbH, SV Sparkassen-Versicherung Gebäudeversicherung Baden Württemberg AG, Stadt Kassel, Schwalm-Eder-Kreis, Kasseler Sparkasse, Sparkasse Werra-Meißner, Sparkasse Marburg-Biedenkopf, Sparkasse Bad Hersfeld-Rotenburg, Gemeinnützige Wohnungsbau GmbH der Stadt Marburg, Stadt Kirchhain, GAGFAH GmbH Essen, Handwerkskammer Kassel, Stadt Bad Wildungen, Stadt Großalmerode, Stadt Hessisch Lichtenau, Stadt Homberg, Stadt Wolfhagen, Sparkasse Fulda, eigene Anteile

Unternehmenssparten

Die Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte/Wohnstadt gliedert ihre Geschäftstätigkeit in die Bereiche Wohnen, Bauen und Entwickeln.

Mitgliedschaft

Die Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte/Wohnstadt ist Mitglied in folgenden Arbeitsgemeinschaften und Verbänden (Auswahl):

  • Arbeitsgemeinschaft Großer Wohnungsunternehmen (AGW)
  • Bundesvereinigung der Landes- und Entwicklungsgesellschaften (BVLEG)
  • Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e.V.
  • GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V.
  • Verband der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft e.V.
  • Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.
  • Kompetenzzentrum Großsiedlungen e.V.

Weblinks

Quellen

  • Feußner, Helmut/Fischer, Friedhelm: Von der ‚Heimstätte’ zur Wohnstadt – Transformationen eines Unternehmens zwischen ‚Weimarer Republik’ und 21. Jahrhundert, Kassel: university press 2008.
  • Geschäftsbericht Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte/Wohnstadt 2008.

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