Nassauische Heimstätte

Nassauische Heimstätte
Nassauische Heimstätte Wohnungs- und Entwicklungsgesellschaft mbH
Rechtsform Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Gründung 1922
Sitz Frankfurt am Main, Deutschland
Leitung Bernhard Spiller (Ltd. GF), Prof. Thomas Dilger, Dirk Schumacher
Mitarbeiter rd. 700
Bilanzsumme 1.454,6 Mio. Euro (Stand 31. Dezember 2010)
Branche Immobilienwirtschaft
Produkte Wohnungswirtschaft, Stadtentwicklung, Projektentwicklung, Consulting
Website www.naheimst.de
Logo-Relief an einem Gebäude des Unternehmens in Frankfurt am Main

Die Nassauische Heimstätte ist eine Wohnungs- und Entwicklungsgesellschaft mit mehrheitlicher Beteiligung des Landes Hessen. Gemeinsam mit der zur Unternehmensgruppe gehörenden Wohnstadt verwaltet sie rund 63.000 Wohnungen in Hessen und Thüringen und zählt damit zu den zehn größten Wohnungsunternehmen Deutschlands. Als Entwicklungs- und Sanierungsträger in übernimmt sie für öffentliche wie private Auftraggeber Aufgaben in der Projekt- und Stadtentwicklung und leistet immobilienwirtschaftliche Beratung.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Nassauische Heimstätte wird 1922 in Wiesbaden als eine von zwölf preußischen Wohnungsfürsorge-Gesellschaften gegründet. Ziel dieses staatlichen Eingriffs in den bis dahin weitgehend der Selbstverwaltung überlassenen Wohnungsbau ist die Behebung des akuten Wohnraummangels, aber auch die Etablierung einer staatlichen Wohnungspolitik mit den Heimstätten als ausführenden Organen.

Vorkriegszeit

In ihrer Gründungszeit betreut die Nassauische Heimstätte, die 1925 ihren Unternehmenssitz nach Frankfurt am Main verlegt, überwiegend Bauvorhaben von Einzelhäusern oder Kleinsiedlungen mit regionalem architektonischen Bezug. Zugleich wird mit dem Architekten und Frankfurter Stadtbaurat Ernst May ein Vertreter des Neuen Bauens zum stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden der Nassauischen Heimstätte bestellt. Sein Verständnis einer an Funktionalität und kollektiver Einheit orientierten Architektur spiegelt sich in Bauprojekten der Nassauischen Heimstätte wie den Frankfurter Siedlungen Praunheim, Hellerhof und Westhausen wider. Allein an diesen drei Standorten entstehen in den Jahren 1928 bis 1932 rund 5.000 Kleinstwohnungen mit streng typisierter Raumaufteilung und einer an ergonomischen Erkenntnissen orientierten Ausstattung wie der eigens von Margarete Schütte-Lihotzky entworfenen Frankfurter Küche. Mit dem Wohnungsbau im großen Maßstab übernimmt die Nassauische Heimstätte auch stadtplanerische Aufgaben: Ab 1928 entwickelt sie Bebauungspläne für Quartiere, die einen koordinierten Neubau im Dienste des Landes und der Kommunen sicherstellen sollen.

Unter nationalsozialistischem Regime

Der Auftrag der Nassauischen Heimstätte als Organ der öffentlichen Wohnungswirtschaft bleibt auch nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten 1933 bestehen. Nach den Richtlinien für die Gleichschaltung der gemeinnützigen Wohnungsunternehmen erfährt das Unternehmen jedoch eine neue ideologische Ausrichtung: An die Stelle des staatlich geförderten Mietwohnungsbaus tritt das von den Nationalsozialisten favorisierte Modell der Stadtrandsiedlung mit Eigenheimen und Gärten zur Selbstversorgung wie das von der Nassauischen Heimstätte geplante Quartier Frankfurt-Goldstein. Daneben entstehen für die wachsende Zahl der Industriearbeiter Werkssiedlungen wie die von Opel in Rüsselsheim. Mit Kriegsbeginn kommt der Wohnungsbau nahezu zum Erliegen. Die Nassauische Heimstätte konzentriert sich in dieser Zeit auf die Bewirtschaftung ihres Bestands. Dazu gehört auch die Durchführung der Verordnung zur Wohnraumlenkung nach der verfügbare Wohnungen bevorrechtigten und begünstigten Volkskreisen zuzuweisen sind. Mit dem Bombardement deutscher Städte entsteht eine neue Bedarfssituation: Ab 1943 lässt die Nassauische Heimstätte – unter Einsatz polnischer und russischer Zwangsarbeiter – standardisierte Notunterkünfte, so genannte Behelfsheime, errichten.

Wiederaufbau

Die Tätigkeit der Nassauischen Heimstätte ist nach Kriegsende vom Wiederaufbau der zerstörten Wohnungsbestände und Siedlungen sowie der Restrukturierung des Unternehmens geprägt. Sie leistet einen wesentlichen Beitrag zum Wiederaufbau hessischer Städte und Gemeinden – neben Frankfurt auch Darmstadt, Gießen, Hanau, Offenbach, Wetzlar und Wiesbaden. In den 1950er Jahren schafft die junge Bundesrepublik die rechtliche Voraussetzung für einen verstärkten sozialen Wohnungsbau: Länder und Kommunen stellen finanzielle Mittel und Baugrund zur Verfügung, die öffentliche Hand gewährt zinslose oder besonders günstige Darlehen für entsprechende Bauvorhaben. Die Nassauische Heimstätte baut in der Folge rund 87.500 Wohnungen in Frankfurt und dem Rhein-Main-Gebiet. Zu den prominenten Beispielen dieser Zeit gehören die Fritz-Kissel-Siedlung und die Nordweststadt in Frankfurt sowie die Limesstadt in Schwalbach und die Siedlung Wiesbaden-Klarenthal. Dabei kommen erstmals in Hessen Fertigbauteile zum Einsatz, die eine deutliche Verkürzung der Bau- und Zwischenfinanzierungszeiten und damit eine Senkung der Bau- und Mietkosten ermöglichen.

Stadterneuerung und –entwicklung

Ende der 1960er Jahre verwaltet die Nassauische Heimstätte einen Wohnungsbestand von mehr als 35.000 Wohnungen. Vielerorts kann die Infrastruktur mit der rasanten Entwicklung der Einwohnerzahlen nicht mithalten. So steigt die Nassauische Heimstätte zu Beginn der 1970er Jahre in die Planung und den Bau von Kindergärten, Schulen und Gemeinschaftshäusern ein. Aus dem Städtebauförderungsgesetz des Jahres 1971 ergibt sich ein zusätzliches Betätigungsfeld: Als anerkannter Sanierungsträger des Landes Hessen ist die Nassauische Heimstätte in die Stadterneuerung zahlreicher süd- und mittelhessischer Kommunen wie Alsfeld, Butzbach, Herborn, Limburg oder Lich eingebunden. Ihre Ressourcen in den Bereichen Altstadtsanierung, Stadtentwicklung und Wohnungsmodernisierung werden in den folgenden Jahren konsequent ausgebaut und 1982 in einem eigenen Unternehmensbereich Städtebau zusammengefasst.

Öffentlicher Auftrag heute

Eine Gesetzesänderung erkennt den Heimstätten 1990 die Gemeinnützigkeit ab. Um unter den neuen Rahmenbedingungen optimal aufgestellt zu sein, fusioniert die Nassauische Heimstätte 1991 mit der bis dahin für die Bewirtschaftung der Wohnungen zuständigen Tochtergesellschaft Nassauische Heim. Ihre Aufgabe als Organ staatlicher Wohnungspolitik bleibt weiterhin erhalten. So unterstützt die Nassauische Heimstätte das Nachbarland Thüringen unmittelbar nach der Wiedervereinigung durch kostenlose Schulungs- und Beratungsleistungen für die Wohnungsbewirtschaftung. Seinen Qualitätsanspruch verdeutlicht das Unternehmen durch eine Reihe von Auszeichnungen, die es für innovative Wohnkonzepte und Architekturlösungen erhält. Das neue Jahrtausend ist durch die angespannte finanzielle Situation der öffentlichen Haushalte, aber auch soziale Herausforderungen wie eine alternde Gesellschaft, regionaler Wohnungsleerstand oder die Notwendigkeit zur Integration unterschiedlicher Kulturen gekennzeichnet. Die Nassauische Heimstätte nimmt an diesem Prozess als Wohnungsunternehmen, aber auch als Berater für Kommunen in Fragen der Stadtentwicklung aktiv teil. Im Rahmen staatlicher Förderprogramme wie Stadtumbau, Dorferneuerung und Soziale Stadt begleitet sie den strukturellen Umbau von mehr als 150 Städten und Gemeinden in Hessen und Thüringen.

Unternehmensverbund

2005 erwirbt die Nassauische Heimstätte Anteile des Landes Hessen an der Wohnstadt Stadtentwicklungs- und Wohnungsbaugesellschaft Hessen mbH, Kassel. Mit einem Bestand von rund 63.000 Wohneinheiten und 29 Niederlassungen, Geschäftsstellen und Büros ist die Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte/Wohnstadt in ganz Hessen und Teilen Thüringens präsent.

Zum neuen Unternehmensverbund gehört auch die in Kassel ansässige Tochter MET Medien-Energie-Technik Versorgungs- und Betreuungsgesellschaft mbH, die sich auf die Bereitstellung von Kommunikations- und Wärmetechnik sowie Dienstleistungen rund um die Immobilienverwaltung spezialisiert hat.

Gesellschafterstruktur

Als Wohnungs- und Entwicklungsgesellschaft, an der das Land Hessen und andere öffentliche Träger die Mehrheit der Anteile halten, hat die Nassauische Heimstätte einen gesellschaftlichen Auftrag zu erfüllen. Ursprünglich gegründet, um den allgemeinen Mangel an Wohnraum in der Region Rhein-Main zu mildern, liegt der heutige Fokus der Geschäftstätigkeit im freifinanzierten und geförderten Wohnungsbau, der Konversion militärischer, kommunaler und industrieller Brachflächen sowie der Beratung von Städten und Gemeinden, aber auch Wirtschaftsunternehmen, in Fragen der Stadtentwicklung und des Immobilienmanagements.

Die Gesellschafter der Nassauischen Heimstätte: Land Hessen, Stadt Frankfurt am Main, WIM Wiesbadener Immobilienmanagement GmbH, Deutsche Rentenversicherung Hessen, Frankfurter Sparkasse, Bauverein AG Darmstadt, Stadt Rüsselsheim, Treuhandverwaltung der IG Metall GmbH, Hattersheimer Wohnungsbaugesellschaft mbH, Stadt Langen, Stadt Kelsterbach, Wetzlarer Wohnungsgesellschaft mbH, Stadt Pfungstadt, Stadt Oberursel/Ts., Main-Taunus-Kreis, Hochtaunuskreis, Wetteraukreis, Stadt Mörfelden-Walldorf, Landkreis Limburg-Weilburg, Gemeinde Erlensee, Landkreis Groß-Gerau, Stadt Bad Homburg v.d.H., Stadt Bad Vilbel, Stadt Neu-Isenburg, Hessische Landgesellschaft mbH, Stadt Hofheim/Ts., Stadt Hadamar

Unternehmenssparten

Die Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte/Wohnstadt gliedert ihre Geschäftstätigkeit in die Bereiche Wohnen, Bauen und Entwickeln.

Ihre Dienstleistungen rund um Projekt- und Stadtentwicklung sowie immobilienwirtschaftliches Consulting bündelt sie seit 2006 unter der Marke NH ProjektStadt.

Auszeichnungen

Die vielfach öffentlich geförderten Bauprojekte der Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte/Wohnstadt erfordern in besonderem Maße eine ausgewogene Balance zwischen einer kosteneffizienten und gleichzeitig qualitätsvollen und nachhaltigen Bauweise. Für die Entwicklung innovativer Lösungen im Wohnungsbau wurden Nassauische Heimstätte und Wohnstadt mehrfach im Rahmen von Architektur-Wettbewerben wie dem Tag der Architektur oder der inzwischen ausgelaufenen aktionhessenhaus ausgezeichnet.

Mitgliedschaft

Die Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte/Wohnstadt ist Mitglied in folgenden Arbeitsgemeinschaften und Verbänden (Auswahl):

  • Arbeitsgemeinschaft Großer Wohnungsunternehmen (AGW)
  • Bundesvereinigung der Landes- und Entwicklungsgesellschaften (BVLEG)
  • Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e. V.
  • GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V.
  • Verband der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft e. V.
  • Zentraler Immobilien Ausschuss e. V.
  • Kompetenzzentrum Großsiedlungen e. V.

Gesellschaftliches Engagement

Die Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte/Wohnstadt unterstützt die Hochschulausbildung durch die regelmäßige Vergabe von Förderpreisen in den Bereichen Architektur, Städtebau, Wohnungswirtschaft und Geografie.

Der Ernst-May-Preis wird alle zwei Jahre an Studentinnen und Studenten der TU Darmstadt im Fachbereich Architektur vergeben. Er soll die fachliche und politische Auseinandersetzung mit den Herausforderungen des sozial orientierten Wohnungs-, Siedlungs- und Städtebaus fördern und ist mit einem Preisgeld von 5.000 Euro dotiert.

Im Wechsel lobt die Nassauische Heimstätte ebenfalls alle zwei Jahre den Ludwig-Landmann-Preis für Stadtforschung aus. Die mit 5.000 Euro dotierte Auszeichnung richtet sich an Studierende und Absolventen sozial- und geisteswissenschaftlicher Studiengänge der Frankfurter Goethe-Universität. Prämiert werden Arbeiten zu städtebaulichen, soziologischen oder ökonomischen Fragestellungen im Kontext Stadt und Gesellschaft.

Weblinks

Literatur

  • Drummer, Heike/Zwilling, Jutta: Wir geben Ihnen Raum – 75 Jahre Nassauische Heimstätte, Jubiläumsschrift Nassauische Heimstätte, Frankfurt am Main 1997.
  • Geschäftsbericht Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte/Wohnstadt 2010.

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