Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien

Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien
Logo des Zentrums für transdisziplinäre Geschlechterforschung (ZtG)

Das Zentrum für transdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung (ZtG) der Humboldt-Universität (HU) bündelt die verschiedensten Aktivitäten im Bereich der Gender Studies an der HU. Es bildet unter anderem das Dach für den transdisziplinären Studiengang Geschlechterstudien/Gender Studies, die Forschungs- und Beratungseinrichtung GenderKompetenzZentrum und das Graduiertenkolleg Geschlecht als Wissenskategorie. Es organisiert den fächerübergreifenden Dialog zwischen Lehrenden, Forschenden und Studierenden und ermöglicht berlinweite, überregionale und internationale Kooperationen. Das ZtG beherbergt eigene Forschungsprojekte und unterstützt bei der Einwerbung von Mitteln zur Forschungsförderung. Es veranstaltet wissenschaftliche Tagungen, Kolloquien, Ringvorlesungen, Diskussionsforen und Ausstellungen. Das ZtG unterstützt Studierende und Lehrende durch vielfältige Serviceleistungen, insbesondere durch die Ressourcen der Genderbibliothek und den PC-Pool am ZtG.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte und Entwicklung

Das Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien wurde 2003 als wissenschaftliche Einrichtung an der Philosophischen Fakultät III der HU eingerichtet und ist aus dem 1989 gegründeten Zentrum für interdisziplinäre Frauenforschung (ZiF) und dem 1997 eingeführten Magister-Studiengang hervorgegangen.

Im ZiF fanden sich 1989 Wissenschaftlerinnen zusammen, die sich schon seit über 10 Jahren um die Erarbeitung und Etablierung feministischer Forschungsansätze an der HU bemüht hatten. Anfang der 90er Jahre gelang es den aktiven Wissenschaftlerinnen im Zuge der Neustrukturierung der ostdeutschen Hochschulen an der Humboldt-Universität, die Frauen- und Geschlechterforschung in verschiedenen Fächern zu verankern. Aufbauend darauf wurde der Studiengang Geschlechterstudien 1997 als erster Magisterhauptfachstudiengang in Deutschland eingerichtet.

2003 wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend das GenderKompetenzZentrum und im Jahr 2005 das von der DFG geförderte Graduiertenkolleg Geschlecht als Wissenskategorie etabliert.

Im Zuge des Bologna-Prozesses wurde zum Wintersemester 2005 ein Bachelor-Studiengang BA Gender Studies als Zweitfach (60 Studienpunkte) und Beifach (20 Studienpunkte) eingerichtet. Zum Wintersemester 2008 wird die Einschreibung in einen zweijährigen Masterstudiengang (MA) möglich sein.

Transdiszplinarität und Vielfalt der Disziplinen

Gender, also Geschlecht in all seiner Komplexität, ist eine grundlegende Organisationsform, die nicht nur alle Lebensbereiche durchdringt, sondern auch Wissen strukturiert. Geschlecht wird weder nur als biologisches Faktum, soziale Rolle noch als Zuschreibung an Einzelpersonen und Gruppen angesehen. Vielmehr zeigt sich Geschlecht in zahlreichen Dimensionen.

Das ZtG beruht auf der Erkenntnis, dass deshalb eine Disziplin allein Geschlechterverhältnisse und die Wirkungen von Gender nicht verstehen kann. Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaften müssen zusammengeführt und selbst kritisch rekonstruiert werden, um Gender-Forschung gewinnbringend zu betreiben. Geschlecht ist damit ein genuin transdisziplinäres Themenfeld.

Die Transdisziplinarität der Geschlechterstudien verbindet sich mit der jüngeren Entwicklung der Wissenschaften insgesamt. Die nur komplementäre Ergänzung unterschiedlicher disziplinärer Perspektiven wird nicht selten als unzureichend erkannt. Gerade neuere wissenschaftliche und auch gesellschaftlich relevante Fragestellungen lassen sich heute kaum fachlich oder disziplinär bearbeiten. Genau das prägt auch die Frage nach der Kategorie Geschlecht, ihrer Beschaffenheit, Entstehung, Veränderung und ihren Wirkungen.

Wissenschaftliche Fachkulturen öffnen sich dabei für andere Felder und Fragen, setzen sich anderen Standards, Auffassungen, Methoden und Begriffen aus. Disziplinen können in der transdisziplinären Forschung folglich auch mehr über die eigenen Methoden und Inhalte erfahren. Gleichzeitig profitiert die Geschlechterforschung von der kritischen Reflexion des „Geschlechts“ in verschiedenen Fächern.

Am ZtG der HU beteiligen sich – über Angebote im Studiengang, gemeinsame Forschungsprojekte und Mitgliedschaften – zur Zeit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 17 verschiedenen Fächer- und Fächergruppen. Dazu gehören die Rechts-, Agrar- und Wirtschaftswissenschaften, die Soziologie und Politikwissenschaft, die Erziehungs- und Sportwissenschaften, die Europäische Ethnologie und Geschichtswissenschaft, die Theologie und Religionswissenschaft, die Kulturwissenschaft, Kunstwissenschaft, die Germanistik, Skandinavistik, Anglistik/Amerikanistik, Romanistik, Afrika- und Asienwissenschaften.

Angebote und Aktivitäten des ZtG

Das ZtG motiviert zum Denken über disziplinäre Grenzen hinweg, fördert fächerübergreifende Forschung durch Vernetzung verschiedener Wissensfelder und stärkt eine wissenschaftskritische Haltung in den Fächern.

Das Zentrum ist ein Ort der Forschung und Lehre zu Bedeutungen, Beschaffenheit, Wirkungen und Veränderungen von „Geschlecht“ in sozialen, kulturellen, politischen, naturwissenschaftlichen, normativen und grundlagentheoretischen Zusammenhängen. Es fördert die Geschlechterstudien in Projekten und in Kooperation mit Einrichtungen und Angehörigen der Humboldt-Universität und Dritten.

Das Zentrum:

  • koordiniert den transdisziplinären Studiengang Geschlechterstudien/ Gender Studies und unterstützt die Aktivitäten der Studierenden
  • fördert gezielt den wissenschaftlichen Nachwuchs, insbesondere im Rahmen des Graduiertenkollegs
  • unterstützt den Transfer von Wissen um „Geschlecht“ in gesellschaftliche, kulturelle und politische Felder, vor allem durch die Aktivitäten des GenderKompetenzZentrums
  • fördert inter- und transdisziplinäre Forschungsvorhaben und Publikationen
  • unterstützt fächerübergreifende Kommunikationsstrukturen durch vielfältige forschungsunterstützende Serviceleistungen. Dazu gehören eine Präsenzbibliothek und ein PC-Pool sowie Multimedia-Angebote

Unter dem Dach des ZtG arbeiten das GenderKompetenzZentrum und das Graduiertenkolleg Geschlecht als Wissenskategorie. Das GenderKompetenzZentrum ist eine anwendungsorientierte Forschungseinrichtung mit beratender Funktion, die Gleichstellung als Querschnittsaufgabe bestimmt und die Umsetzung von Gender Mainstreaming insbesondere in die Verwaltungspraxis unterstützt. Das GenderKompetenzZentrum ist am Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Geschlechterstudien angesiedelt.

Das Graduiertenkolleg Geschlecht als Wissenskategorie ermöglicht es 13 Doktoranden und zwei Postdoc-Stipendiaten fächerübergreifend die Funktionen der Kategorie Geschlecht für die Strukturierung des Wissens zu untersuchen. Es dient so der Förderung des in Berlin besonders hohen Potenzials an wissenschaftlichem Nachwuchs innerhalb dieses disziplinenübergreifenden Forschungsfelds und trägt zur Etablierung der Geschlechterforschung als transdisziplinärem und zugleich eigenständigem Fachgebiet bei.

Kooperationen

Das ZtG ist aktives Mitglied und Mitinitiator der Arbeitsgemeinschaft der Frauen- und Geschlechterforschungseinrichtungen Berliner Hochschulen (afg) und arbeitet u.a. mit in der Überparteilichen Fraueninitiative Berlin (üpfi) und dem Dachverband der deutschsprachigen Frauen/Lesbenarchive, -bibliotheken und -dokumentationsstellen i.d.a.

Das ZtG ist maßgeblich am Aufbau der Vernetzung der Gender Studies im deutschsprachigen Raum beteiligt und hat die Konferenz der Einrichtungen für Frauen- und Geschlechterstudien im deutschsprachigen Raum mitbegründet.

Das ZtG ist Mitglied des EU-Projektes: Athena (Advanced Thematic Network in European Women’s Studies) und von aoife (association of Institutions for Feminist Education and Research in Europe). Das ZtG kooperiert mit Universitäten im In- und Ausland im Rahmen von HU-Kooperationsverträgen und dem Sokrates-Programm. Diese ermöglichen es Studierenden, ein Austauschsemester im Ausland zu absolvieren und Wissenschaftlern, dort lehrend und forschend tätig zu sein. Forschungskooperationen bestehen gegenwärtig mit Universitäten in Toronto, Warschau, Sussex, Lund, Oslo, London (LSI), Budapest (CEU) u. a.

Struktur des ZtG

Das ZtG ist als wissenschaftliche Einrichtung in der Philosophischen Fakultät III (mit Institutsrechten) angesiedelt, arbeitet aber fakultätsübergreifend. Im Zentrum können alle Lehrenden und Studierenden der Humboldt-Universität eine Zweitmitgliedschaft erwerben, die deren Rechte in der Heimatfakultät nicht berührt.

Im Zentrum sind mehrere Gremien aktiv:

  • der Zentrumsrat
  • die fächerübergreifend besetzte Gemeinsame Kommission insbesondere zu Studienfragen
  • der wissenschaftliche Beirat insbesondere zu wissenschaftlichen Forschungsfragen.

Dem ZtG sind die seit Mitte der 1990er Jahre geschaffenen Gender-Professuren zugeordnet, die nach Bedarf in einem bestimmten Fach angesiedelt werden und deren Lehrkapazität anteilig bzw. vollständig dem Studiengang Geschlechterstudien zur Verfügung stehen.

Bibliographie

  • Birgit Dahlke: Feierliche Eröffnung des Zentrums für transdisziplinäre Geschlechterstudien am 4. Juli 2003. In: ZtG Bulletin-Info. 27 (2003) 2, ISSN 0947-6822, S. 1–2.
  • Irene Dölling: 10 Jahre Zentrum für interdisziplinäre Frauenforschung an der HU. Eine persönliche Rückerinnerung der Anfänge. In: ZtG Bulletin. 19 (1999), ISSN 0947-6822, S. 13–27.
  • Hildegard Maria Nickel: Das ZiF. Ein Paradigma der Institutionalisierung von Frauen- und Geschlechterforschung. In: ZtG Bulletin. 19 (1999), ISSN 0947-6822, S. 1–12.
  • Anna-Katharina Pelkner: Feministische Wissenschaft und politische Einmischung. Die Geburtsstunde des ZiF der Humboldt-Universität Berlin. In: ZtG Bulletin. 19 (1999), ISSN 0947-6822, S. 28–41.
  • Gabriele Jähnert: Dauer im Wechsel. Das Zentrum für interdisziplinäre Frauenforschung (ZiF). In: Zentraleinrichtung zur Förderung von Frauenstudien und Frauenforschung an der Freien Universität Berlin, Zentrum für interdisziplinäre Frauenforschung an der Humboldt-Universität zu Berlin (Hrsg.): Deutsch-österreichisches Treffen der Koordinationsstellen zur Förderung von Frauenstudien und Frauenforschung an den Hochschulen. FU-Berlin, Berlin 1997, ISBN 3-929968-09-6.

Literatur

  • Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien an der Humboldt-Universität zu Berlin (Hrsg.): Geschlechterstudien im deutschsprachigen Raum: Studiengänge, Erfahrungen, Herausforderungen. Berlin 2004, ISBN 3-89626-385-4.
  • Gabriele Jähnert: Anfänge der Frauen- und Geschlechterforschung an der Humboldt-Universität seit dem Ende der 70er Jahre. In: Ausstellungsgruppe an der Humboldt-Universität zu Berlin und Zentrum für interdisziplinäre Frauenforschung (Hrsg.): Von der Ausnahme zur Alltäglichkeit. Frauen an der Berliner Universität Unter den Linden. Berlin 2003, ISBN 3-89626-103-7, S. 235–248.
  • Gabriele Jähnert: Das Zentrum für interdisziplinäre Frauenforschung. In: Ausstellungsgruppe an der Humboldt-Universität zu Berlin und Zentrum für interdisziplinäre Frauenforschung (Hrsg.): Von der Ausnahme zur Alltäglichkeit: Frauen an der Berliner Universität Unter den Linden. Berlin 2003, ISBN 3-89626-103-7, S. 261–264.
  • Katrin Schäfgen: Der Studiengang Geschlechterstudien/Gender Studies an der Humboldt-Universität. In: Ausstellungsgruppe an der Humboldt-Universität zu Berlin und Zentrum für interdisziplinäre Frauenforschung (Hrsg.): Von der Ausnahme zur Alltäglichkeit. Frauen an der Berliner Universität Unter den Linden. Berlin 2003, ISBN 3-89626-103-7, S. 265–271.

Weblinks


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