- Ökokonto
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Ein Ökokonto ist ein Naturschutzinstrument auf kommunaler Ebene im Rahmen der Eingriffsregelung. Heutige Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen werden dokumentiert und können in einen Flächenbestand eingetragen werden. Die Flächen stehen bei späteren Eingriffen in Natur und Landschaft im Rahmen von Kompensationsmaßnahmen zur Verfügung.
Das Ökokonto basiert auf den Rechtsgrundlagen des § 16 Bundesnaturschutzgesetz[1] und § 200a des Baugesetzbuchs.[2] Die Untersetzung in Landesrecht der Bundesländer beziehungsweise weitere untergesetzliche Regelungen vollzieht sich zur Zeit.[3]
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Als Naturschutzinstrument wurde das Ökokonto in Ballungsräumen zuerst eingeführt, da hier Ausgleichsflächen für einen Eingriff knapp sind. Dort funktioniert es in der Regel gut, etwa im Rhein-Main- und Ruhrgebiet oder in Brandenburg um Berlin. In Brandenburg zeigte sich aber auch, dass peripher gelegene Ökokontoflächen kaum über das Planungsstadium hinauskamen, etwa in der Prignitz.
Vorteile
Das Ökokonto schafft Erleichterungen für Investoren, die mit Vorteilen für Natur und Landschaft verbunden werden können. Zukünftig müssen Investoren nicht erst in einem zeitraubenden Verfahren nach Kompensationsmaßnahmen suchen, sondern können schon durchgeführte Maßnahmen aus einem Ökokonto abbuchen. Die Ökokontierung schafft eine erhebliche Qualitätsverbesserung der Kompensationsmaßnahmen, weil sie die Konzentration auf wenige umfangreiche und dafür höherwertige Maßnahmen ermöglicht. Sie führt zu besserer Planung und größerer Wirksamkeit der Maßnahmen. Durch die zeitliche Entkopplung kann eine Gemeinde bereits frühzeitig Ausgleichsflächen in Betracht ziehen und langfristig planen. Sinnvolle Projekte werden gebündelt umgesetzt, gegenüber bisher häufig nur flankierenden Maßnahmen, wie etwa dem Pflanzen von Bäumen. Sie entfalten so eine größere Wirksamkeit. Die Kosten für den Ausgleich werden gesenkt, da die aufwändige Suche nach Ausgleichsflächen im Rahmen des geplanten Eingriffs entfällt.
Nachteile
Bisher auch ohne Anrechnung durchgeführte Maßnahmen werden von den Gemeinden dem Ökokonto zugerechnet. Naturunverträgliche Vorhaben lassen sich ohne die bisher übliche - an das Projekt gebundene - Suche nach Ausgleichsmaßnahmen umsetzen, da vom Investor einfach ein Geldbetrag überwiesen wird.[4] Von einigen Stellen wird das Instrument des Ökokontos als Bankrotterklärung des staatlichen Naturschutzes angesehen, da Pflichtaufgaben nun von Dritten wahrgenommen werden. Offen bleibt bei diesem Argument, ob alternativ überhaupt die nötigen Mittel zur Verfügung stünden, um flächenhaft die gewünschten Ziele durch Naturschutzbehörden zu erreichen.
Gesetzliche Grundlagen in den Bundesländern
Verfahrenslauf
Im Rahmen des Ökokontos muss ein zeitlicher Aspekt behandelt werden, welcher Festlegungen zu Kompensationsmaßnahmen vor dem eigentlichen Eingriff umfasst. Weiterhin ist ein personaler Aspekt zu betrachten, der die Übertragung der Kompensationsmaßnahme auf andere Träger ermöglicht. Die im Anerkennungsbescheid festgeschriebene Umsetzungsbindung für den künftigen Zeitraum sollte auch als Grunddienstbarkeit oder Reallast in das Grundbuch eingetragen werden. Die Übertragung der Maßnahme vom Antragsteller auf den Dritten erfolgt durch Zahlung eines Preises, der allein durch Verhandlung zwischen den beiden Parteien ermittelt wird. Eine staatliche Beeinflussung der Preisbildung erfolgt nicht. Folgender Verfahrenslauf hat sich beim Ökokonto herausgebildet:
- Antrag mit verbindlicher Festlegung einer dauerhaft günstigen Wirkung bei einer Naturschutzbehörde. Umfang, Art und naturschutzfachlicher Wert der Maßnahme müssen beschrieben und gutachtlich eingeschätzt worden sein. Die Antragstellung darf in der Regel nicht durch Fördermittel bezahlt worden sein, da sonst die Gefahr des Subventionsbetrug beim Verkauf von mit Steuermitteln geförderten Projekten besteht.
- Genehmigung durch die örtliche Naturschutzbehörde als zur Kompensation geeignet. Es handelt sich um einen feststellenden, begünstigenden, gebührenpflichtigen Verwaltungsakt. Der Antragsteller ist an den Anerkennungsbescheid auch bei Ausbuchung der Maßnahme aus dem Ökokonto, also die erfolgte Übertragung an Käufer gebunden. Eine dauerhafte Kontrolle erfolgt im Rahmen des Vollzuges durch die örtlich zuständige Naturschutzbehörde.
- Eintrag in ein elektronisches Verzeichnis, welches in der Regel durch die obere Naturschutzbehörde geführt wird. Dieses Verzeichnis dient als Flächennachweis und virtueller Markt zum Handel der Ökokontoflächen.
Beispiele
In Groß-Gerau wurde der Nutzungsverzicht auf 20 Hektar Gemeindewald als naturschutzrechtliche Kompensationsmaßnahme anerkannt und auf dem Ökokonto der Gemeinde in Höhe von 1,6 Millionen sogenannte Biotopwertpunkte verbucht. Die Stadt Mörfelden-Walldorf hat 285.000 dieser Punkte für 100.000 EUR erworben, um einen Eingriff in die Natur auszugleichen.[5]
Literatur
- Maßnahmenbevorratung - Ökokonto. Modell zur Handhabung vorgezogener Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen am Beispiel des Flächenpools im Städtequartett Damme, Diepholz, Lohne, Vechta. Flächenagentur GmbH, 2003, S. 69, abgerufen am 1. Oktober 2009 (PDF).
- Handlungsempfehlungen für ein Ökokonto. Ein Vorsorgeinstrument für die Eingriffsregelung in der Bauleitplanung. Bayerischer Gemeindetag, 2000, S. 28, abgerufen am 29. September 2009 (PDF).
Weblinks
- Bundesweiter Pressespiegel auf www.kompensationsflaechen-mv.de
- Ökokonto im Wald. Exemplarische Umsetzung in Hessen.
Einzelnachweise
- ↑ § 16 BNatSchG
- ↑ § 200a BauGB
- ↑ Rechtliche Grundlagen. Übersicht nach Bundesland
- ↑ Ökokonto (S.17ff, PDF) Stellungnahme des BUND vom 28. September 2009 zum neu einzuführenden Ökokonto in Mecklenburg-Vorpommern im neuen Landesnaturschutzgesetz.
- ↑ Verrottend Geld verdienen - Bericht auf Main-Spitze vom 9. Juni 2010
Kategorien:- Naturschutzrecht (Deutschland)
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