Comoedienhaus Schwetzingen

Comoedienhaus Schwetzingen
Schlosstheater Schwetzingen
Nördlicher Zirkelbau mit dem Eingang zum Schlosstheater

Das frühklassizistische Schlosstheater Schwetzingen ist Teil der Residenz der Pfälzer Kurfürsten im Schwetzinger Schloss. Spätere Nachfolger als Besitzer waren die badischen Markgrafen bzw. Großherzöge, das Land Baden bzw. das Bundesland Baden-Württemberg.

Andere für das Theater verwendete Bezeichnungen sind Hoftheater, Hofoper, oder Comoedienhaus. Rokokotheater – der derzeit häufig offiziell benutzte Name – ist bauhistorisch eine falsche Bezeichnung, die immer wieder vom Stil anderer Teile der Gesamtanlage auch auf das Theater übertragen wurde.

Das Theater wurde von Nicolas de Pigage 1752 in 10 Wochen erbaut und 1762 nochmals erweitert. Es ist das älteste erhaltene Rangtheater weltweit. Am 15. Juni 1753, wurde das Schwetzinger Schloßtheater mit Ignaz Holzbauers Oper „Il figlio delle selve“ eröffnet.

Nachdem der Fürst Karl Theodor seine Residenz nach München verlegt hatte, fanden nur noch gelegentliche Aufführungen in Schwetzingen statt, wenn der jeweilige Kurfürst dort zu Besuch war. Auch in der badischen Zeit wurde das Theater nur selten benutzt. Zum Teil verfiel es und konnte nicht mehr bespielt werden. 1936/37 und in den 1950er Jahren wurde das Theater renoviert. Nur wenige originale Ausstattungsteile der Maschinerie blieben bei dieser Renovierung nach dem Zweiten Weltkrieg bis heute erhalten. Aber seit 1954 werden die Räume wieder für Aufführungen bei Konzerten, Opern und Theater häufig genutzt. Das Theater und benachbarte Säle sind Hauptspielstätte der Schwetzinger Festspiele.

Inhaltsverzeichnis

Baugeschichte

Karl Theodor, Porträt von Anna Dorothea Therbusch, 1763 (Reiss-Engelhorn-Museen, Mannheim)

Das Theater wurde fünf Jahre vor seinem Pendant in Ludwigsburg eröffnet und ist das älteste erhaltene Theater in Baden-Württemberg. Mit dem Regierungsantritt Carl Philipps (auch: Karl III. Philipp) wurde Schwetzingen 1719 wegen der Verlegung des Hofes von Heidelberg nach Mannheim zur ständigen Sommerresidenz und rückte in den Baujahren Mannheims in den Mittelpunkt der pfälzischen Lande. Schließlich kam es ab 1742 unter der Regentschaft von Kurfürst Carl Theodor (Kurfürst v. d. Pfalz 1743-1777, Kurfürst von Pfalz-Bayern 1777-1799) zu einer goldene Zeit für diese Schlossanlage. Das Gebäude des Schlosstheaters schmiegt sich an die nach Plänen von Bibiena und Rabaliatti 1748/50 ausgeführten Nördlichen Zirkelbauten des Schlosses neben diversen Erweiterungsbauten mit einer nordwestlich ausgerichteten Längsachse an. Von dort erfolgt der Haupteingang in die Logen und das Parterre. Es wurde 1752 unter der Aufsicht von Pigage errichtet. Der n. Zirkel wird heute als Foyer, Garderobe für die Zuschauer etc. genutzt.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Theater nur noch als Trockenraum für Hopfen genutzt. 1937 fand eine durchgreifende Renovierung und Neugestaltung statt. Die damals noch weitgehend erhaltene alte Bühnentechnik und die Bänke des Zuschauerraumes gingen dabei verloren. Eine weitere Renovierung erfolgte 1952. Die Generalsanierung 1974 führte zum Abriss und Neubau des Bühnenhauses.

2003-2005 wurde eine Restaurierung des Zuschauerhauses durchgeführt. Es weist noch weitgehend die originale Bausubstanz mit der klassizistischen Fassung der Jahre 1770ff auf. Seine Größe, die etwa ein Drittel des Theaterbaus ausmacht: 190 m² mit 512 Sitzplätzen.

Über 50 Bühnenbildentwürfe der Theaterarchitekten Stefan Schenk, Lorenzo und Joseph Quaglio sind erhalten geblieben.


Mozart und Schwetzingen

Das Wunderkind Wolfgang Amadeus Mozart

Wolfgang Amadeus Mozart hat Schwetzingen dreimal besucht. Sein erster Aufenthalt (vermutlich 14. bis 29.(?) Juli 1763) fiel in die musikalische Blütezeit des Kurpfälzischen Hofes (Mannheimer Schule). Den Sommer über weilte der Hof in der Sommerresidenz und die Hofkapelle hatte dort ihre Residenzpflicht. Im Rahmen der großen Wunderkindreise kam der 7jährige Mozart mit seiner 12jährigen Schwester Nannerl und seinem Vater Leopold auch nach Schwetzingen. Sie wohnten im Gasthof "Zum Roten Haus" in der Speyerer Straße (heute Dreikönigsstraße 6). Zu Ehren der Familie Mozart fand am 18. Juli 1763 eine Musikalische Akademie im Schloss statt. Die Angekündigung lautete:

"Der Knabe wird das Manual oder die Tastatur mit einem Tuch verdecken und auf dem Tuch so gut spielen, als ob er die Klaviatur vor Augen hätte. Er wird ferner in der Entfernung alle Töne, die man einzeln oder in Akkorden auf dem Klavier oder auf allen nur erdenklichen Instrumenten, Glocken, Gläsern usw. anzugeben im Stande ist, genauestens benennen; und zu guterletzt konnte ihm das Publikum Töne oder auch schwerste Tonfolgen angeben, nach denen er dann, solange man zuhören wollte, auf dem Klavier fantasierte. "

Leopold Mozart berichtet davon an seinen Freund Hagenauer (Brief vom 19. Juli 1763 aus Schwetzingen):

"…gestern ward eigens Accademie wegen uns anbefohlen. Dieß ist erst die zweyte Accademie die seit dem May hier gehalten worden. Sie dauerte von 5 uhr abends bis nachts 9 uhr. Ich hatte das Vergnügen nebst guten Sängern und Sängerinnen einen bewunderungswürdigen Flutotraversisten Mr. Wendling zu hören, und das orchester ist ohne widerspruch das beste in Teutschland, und lauter junge Leute, und durchaus Leute von guter Lebensart, weder Säufer, weder Spieler, weder liederliche Lumpen; so, dass so wohl ihre Conduite als ihre production hochzuschätzen ist. Meine Kinder haben ganz Schwetzingen in Bewegung gesetztet: und die Churf. Herrschaften hatten ein unbeschreiblich vergnügen, und alles geriet in verwunderung. …"

Der Saal im Südlichen Zirkel, der Tanzsaal, wird 2006 in Erinnerung daran in Mozart-Saal umbenannt. In Schwetzingen kamen die Mozarts wie beschreiben mit Mitgliedern der Mannheimer Hofkapelle in Berührung. Sowohl Leopold wie auch Nannerl notieren in ihren Reisenotizen Namen von bedeutenden Musikern.

Zu seinem 2. Aufenthalt kommen Mozart und seine Mutter Anna Maria am 29. Oktober 1777 auf der Reise von Hohenaltheim nach Mannheim durch Schwetzingen. Der Mannheimer Aufenthalt von Wolfgang und seiner Mutter wird bis zum 14. März 1778 andauern. Auch der 3. Aufenthalt war nur ein kurzer Besuch des Parks am 24. Oktober 1790 vor einer Aufführung in Mannheim.

Heutige Nutzung

Blick zur Bühne

Neben barocken und klassischen Opern werden während der Schwetzinger Festspiele des SWR auch zeitgenössische Opern im Theater gespielt. Seit 1952 wurden mehr als 35 Opernkompositionen in Auftrag gegeben und dort uraufgeführt. Zu den Komponisten zählen Hans Werner Henze, Werner Egk, Udo Zimmermann, Aribert Reimann, Salvatore Sciarrino und Adriana Hölszky. Neben dem Opernprogramm sind Konzerte die zweite Säule des heutigen Theaterbetriebs. Schauspiele finden als gelegentliche Gastspielaufführungen statt.

Ein jährliches Mozartfest bietet vielfältige Veranstaltungen.

Seit Abschluss der Dachsanierung des Nordzirkels 2005 werden die Theaterbesichtigungen durch ein Modell der barocken Bühnenmaschinerie im 2. Rang ergänzt. Dieses funktionsfähige Modell zeigt das Bühnenhaus (Unterbühne) mit seiner historischen, inzwischen zerstörten, Bühnenmaschinerie.

Literatur

  • Silke Leopold, Bärbel Pelker, (Hrsg. für die Forschungsstelle Mannheimer Hofkapelle der Heidelberger Akademie der Wissenschaften): Hofoper in Schwetzingen. Musik, Bühnenkunst, Architektur. Carl Winter, Heidelberg 2004, ISBN 3-8253-1524-X (monumentales Standardwerk)
  • Rolf Dieter Opel: Wolfgang Amadeus Mozart in Schwetzingen und Mannheim. 3. Auflage. Universitätsverlag Winter, Heidelberg 2006, ISBN 3-8253-7082-8
  • Hans Joachim Scholderer: Schlosstheater Ludwigsburg. Hrsg. Finanzministerium Baden-Württemberg. Stuttgart 1998 (insbesondere zur verlorenen, vergleichbaren Bühnentechnik)

Weblinks


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