Conjoint-Analyse

Conjoint-Analyse

Conjoint-Analyse (CONsidered JOINTly – „ganzheitlich betrachtet“), auch Verbundmessung, Conjoint Measurement, Conjoint Analysis, multi-attribute compositional models, Trade-Off-Analyse, ist eine multivariate Methode, die in der Psychologie entwickelt wurde. Dabei geht es neben der Messung der Bewertung eines (ggf. fiktiven) Gutes im Schwerpunkt des dekompositionellen Verfahrens um die Ermittlung des Anteils einer einzelnen Komponente (Variable) am Gesamtnutzen. Dazu werden bestimmte Eigenschaften des Gutes (Stimuli) mit bestimmten Bedeutungsgewichten versehen, um daraus ein möglichst allgemein gültiges Gesamt-Präferenzurteil der Verbraucher über das Gut ableiten zu können.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die in den Arbeiten von Luce und John W. Tukey (1964) erstmals erwähnte Conjoint-Analyse wurde in den 70er Jahren von Paul E. Green und V. Seenu Srinivasan als Verfahren in die Marketingwissenschaft eingeführt und ist die heute am häufigsten eingesetzte Analysemethode zur Erhebung der Präferenzen von Konsumenten. Mit Hilfe der Conjoint-Analyse wird untersucht, in welchem Maß einzelne Merkmale beziehungsweise Merkmalskombinationen, die ein bestimmtes Produkt auszeichnen, vom Nutzer bevorzugt werden.

Beispiel

Für einen Automobilhersteller wäre es wichtig festzustellen, welche Bedeutung die Merkmale „Hersteller“, „Leistung“ und „Wagenfarbe“ für die Kaufentscheidung des Nutzers haben. Im Rahmen einer Conjoint-Analyse würden aus diesen Merkmalen eine Reihe von Gesamtprodukten kombiniert werden (z. B. ein roter Audi mit 170 PS, grauer Mercedes mit 160 PS und ein blauer BMW mit 190 PS, usw.). Der Befragte gibt nun zu diesen Gesamtkonzepten jeweils ein Votum ab. Im Rahmen des Conjoint-Verfahrens ist es möglich, aus den Angaben des Nutzers auf dessen Präferenzen bezüglich der einzelnen Merkmale und Merkmalsausprägungen zu schließen. In unserem Beispiel könnte sich beispielsweise ergeben, dass sich die Probanden beim Kauf eines Neuwagens in erster Linie am Hersteller orientieren (wichtigstes Merkmal), wobei der Hersteller BMW bevorzugt würde (wichtigste Merkmalsausprägung).

Da nun jedes von einem Unternehmen erstellte Gut als Kombination von Produkteigenschaften mit bestimmten Merkmalsausprägungen aufgefasst werden kann, hat das Verfahren Conjoint die weite Verbreitung gefunden, die es in der Markt- und Marketingforschung heute besitzt.

Verfahrensprinzip

Wesentlich für das Verständnis der Conjoint-Analyse ist das so genannte dekompositionelle Prinzip dieses Verfahrens: Die Bewertungen der Befragten beziehen sich zunächst auf ganzheitliche Produktkombinationen, die bei der Auswertung zerlegt und auf diejenigen Merkmale und deren Ausprägungen umgerechnet werden, die in die Bewertung mit eingeflossen sind. Durch diese Vorgehensweise entspricht die Conjoint-Analyse in hohem Maße dem tatsächlichen Bewertungsprozess einer realen Kaufsituation, in der der Konsument ebenfalls mit ganzheitlichen Produkten konfrontiert ist. Da diese Produkte aus Befragtensicht sowohl gewisse Vor- als auch gewisse Nachteile haben, wird er dazu gebracht, die Bedeutung der verschiedenen Eigenschaften relativ zueinander abzuwägen und sich die tatsächliche Bedeutung der einzelnen Merkmale bewusst zu machen.

Einsatzgebiete der Conjoint-Analyse

Als die drei wichtigsten Einsatzgebiete der Conjoint-Analyse in der Marktforschung können die Bereiche Produktentwicklung, Preisbestimmung und Marktsegmentierung gelten. Im Bereich der Produktentwicklung spielen Conjoint-Analysen vor allem bei der Markteinführung (Launch) von neuen Produkten bzw. dem Relaunch bereits bestehender und zu modifizierender Produkte eine große Rolle. „Welche Merkmale meines Produktes sind es, die dem Käufer den maximalen Nutzen stiften?“ könnte beispielsweise eine Fragestellung in diesem Zusammenhang sein, die sich durch die Durchführung einer Conjoint-Analyse in der entsprechenden Stichprobe klären lassen würde. Ergebnisse solcher Befragungen zu Neuprodukten können neben der Steigerung des Absatzes auch helfen, Kosten zu sparen, da die Conjoint-Analyse u.U. diejenigen Produktmerkmale als für den Käufer irrelevant identifiziert, die in der Herstellung mit hohen Kosten verbunden sind.

Im Bereich der Preisbestimmung werden Conjoint-Analysen häufig eingesetzt, um die Datenbasis für die Berechnung der voraussichtlichen Preis-Absatzfunktion für ein Produkt auf einem gegebenen Markt bzw. in einem Konkurrenzumfeld zu liefern. Mit den Daten der Conjoint-Analyse kann dabei eine so genannte Marktsimulation durchgeführt werden, über die sich für ein gegebenes Produkt derjenige Preis errechnen lässt, der dem Hersteller das Gewinn-Optimum einbringt. Zudem lässt sich mit Marktsimulationen vorhersagen, wie Mitbewerber auf Markteinführungen reagieren oder Strategien finden, wie auf Innovationen von Mitbewerbern am besten zu reagieren ist.

Zwei Standardverfahren der Conjoint-Analyse

Die Grundform der Conjoint-Analyse ist im Laufe der Jahre in zahlreiche Varianten überführt worden, die dazu dienen sollen, bestimmte Schwächen des traditionellen Verfahrens zu überwinden. Vor allem sind zwei Nachteile zu erwähnen: Einerseits sind in der ursprünglichen Version die Anzahl Merkmale, die abgefragt werden können, sehr begrenzt. Zum anderen liefern Rating- und Ranking-Fragen, wie sie dort verwendet werden, keinen direkten Rückschluss auf die tatsächliche Produktauswahl eines Befragten, die die Grundlage einer Marktsimulation sind. Unter den Conjoint-Methoden, die sich im Laufe der Jahre durch Modifikationen und Spezialisierung der bestehenden Verfahren entwickelt haben, haben sich zwei Verfahren durchgesetzt, die einen besseren Umgang mit diesen Problemen erlauben: die Adaptive Conjoint Analysis (ACA) und die Choice Based Conjoint Analysis (CBC).

Die adaptive Conjoint-Analyse

Im Unterschied zu den „klassischen“ Conjoint-Methoden stellt die Adaptive Conjoint-Analyse ein Verfahren dar, das nur computergestützt durchführbar ist. Als adaptiv wird dieses Verfahren deshalb bezeichnet, weil die Eingaben des Probanden bereits während des Interviews vom Rechner verarbeitet und dazu verwendet werden, die jeweils nächste Fragebogenseite zu entwickeln. Das Interview passt sich also der individuellen Präferenzstruktur des einzelnen Nutzers an, um möglichst aussagekräftige Informationen aus den Interviews zu ziehen. Für den Befragten stellt sich die Adaptive Conjoint-Analyse als eine recht abwechslungsreiche Art der Befragung dar, da eine ACA aus insgesamt fünf Befragungsphasen besteht, die er zu durchlaufen hat. Dabei lernt der Rechner die Präferenzstruktur des Probanden von Phase zu Phase besser kennen und gestaltet die Fragebogenseiten jeweils so, dass sie den maximalen Informationswert bringen.

Im Gegensatz zur klassischen Conjoint-Analyse ist die ACA keine Full-Profile-Methode, das heißt, dass der Proband im Laufe des Interviews niemals Produktkombinationen bewerten muss, die sich aus ALLEN Merkmalen zusammensetzen. Jedes der zu bewertenden Produkte besteht vielmehr aus einer nur kleinen Zahl von Merkmalen, wobei sich im Laufe des Interviews trotzdem Informationen über die Präferenzstruktur des Probanden bezüglich aller Merkmale ergeben. Zwar steigt mit einer höheren Anzahl an Merkmalen die Länge des Interviews, da vom Probanden mehr Präferenzurteile verlangt werden. Die Interviewlängen bewegen sich aber selbst bei großen Untersuchungsdesigns in moderaten Größenordnungen. In der Praxis werden ACA-Studien meist mit 8-15 Merkmalen und jeweils ca. fünf Ausprägungen durchgeführt, theoretisch besteht die Möglichkeit, bis zu 30 Merkmale in das Befragungsdesign mit aufzunehmen. Da es für den Befragten schwierig ist konsistente Bewertungen für einen komplexen Sachverhalt abzugeben, lässt sich beim ACA der Effekt beobachten, dass Merkmale, die für den Probanden "tatsächlich" unwichtig sind, von ihm tendenziell überschätzt, wichtige Merkmale jedoch tendenziell unterschätzt werden. Dies ist insbesondere dann problematisch, wenn Preisbestimmung oder Marktsimulationen ein Kernziel der Studie sind (P. Wiliams /D. Kilroy: Calibrating Price in ACA: The ACA Price Effect and How to Manage It. Sawtooth Software Research Paper Series, 2000.).

Die wahlbasierte Conjoint-Analyse (Choice-Based-Conjoint-Analyse)

Den zweiten Fortschritt im Bereich der Conjoint-Verfahren stellt die wahlbasierte Conjoint-Analyse dar, die so genannte CBC. Im Gegensatz zur traditionellen Conjoint-Analyse handelt es sich bei der CBC um ein Verfahren, welches auf den Erkenntnissen der ökonomischen Entscheidungstheorie basiert. Durch die Abbildung der Entscheidungssituation der Konsumenten werden vor allem zwei Verbesserungen erzielt: Erstens sind die Prognosen auf Grund der größeren Realitätsnähe genauer und zweitens sind sie verhaltens- und damit direkt umsatzorientiert. Die im Zuge der Choice-Based-Conjoint-Analyse gewonnenen Kaufwahrscheinlichkeiten lassen sich direkt in erwartete Deckungsbeiträge, Gewinne und Marktanteile umrechnen.

Im Gegensatz zur ACA handelt es sich bei der CBC um ein Full-Profile-Verfahren, der Proband bewertet also Produkte, die sich, wie in der realen Kaufsituation, stets aus allen möglichen Merkmalen zusammensetzen. Ein weiterer Unterschied zur ACA besteht darin, dass der Nutzer seine Bewertung bezüglich der vorgelegten Produkte nicht abstufen kann. Der Nutzer bekommt vielmehr pro Befragungsseite eine Reihe von Produkten vorgelegt, aus denen er nur eines als das von ihm präferierte auswählen, d.h. "erwerben", kann.

Da der Proband bei einer solchen Situation beispielsweise vier Produkte mit jeweils all ihren Merkmalen gegeneinander abwägen muss, stellt das CBC ungleich höhere Anforderungen an die Aufmerksamkeit des Untersuchungsteilnehmers als eine ACA. Im Gegenzug lässt sich aus den so erhaltenen Antworten der Trade-off zwischen den einzelnen Merkmalen genauer bestimmen. Es werden auch implizite Entscheidungskriterien offensichtlicher, die dem Befragten nicht unbedingt bewusst sind.

Bei längeren Interviews kann jedoch beim Befragten ein Lernprozess erfolgen, in dem er die Produkte nicht mehr in ihrer Gesamtheit wahrnimmt, sondern nur noch auf Grund weniger für ihn relevanter Merkmale (z. B. Marke, Preis) entscheidet. Die Aufgabenstellung imitiert dabei den Kaufprozess, in dem der Käufer unwichtige Merkmale ausblendet und sich auf relevante Kriterien konzentriert. Solange die Informationsreduktion jedoch derjenigen des realen Kaufprozesses entspricht, was häufig beobachtet wird, ist dies wenig problematisch.

Zurzeit ist Choice-Based-Conjoint-Analyse der „goldene Standard“ der Branche (In Sawtooth Solution Newsletter (2006) wurde publiziert, dass 75% ihrer Kunden CBC, 16% ACA und 9% die Traditionelle Conjoint Methode verwenden.). Eine interessante Studie zur CBC liefern Albers/Becker/Clement/Papies/Schneider: „Messung von Zahlungsbereitschaften und ihr Einsatz für Preisbündelung“ in Marketing ZFP, 29. Jg (2007), S.7-23. Eine Antwort zur Frage, warum Conjoint-Analyse, und insbesondere CBC funktioniert, liefert Joel Huber „Conjoint Analysis: How we got here and where we are“, Sawtooth Software, Research Paper series, 2005 .

Weiterentwicklungen

Die Limit-Conjoint-Analyse (LCA)

Die Limit-Conjoint-Analyse (LCA) erweitert die traditionellen Conjoint-Ansätze um einen weiteren Verfahrensschritt. Den Probanden wird im ersten Schritt eine bestimmte Anzahl von Stimuli vorgelegt, welche nach Maßgabe des Erhebungsdesigns bewertet und in eine Rangfolge gebracht werden müssen. Ein Stimulus ist hier eine Kombination verschiedener Eigenschaftsausprägungen.

Im zweiten Schritt werden nun die individuellen Kaufbereitschaften erhoben, indem die Stimuli in kaufenswerte und nicht-kaufenswerte Alternativen unterteilt werden. Dies geschieht durch platzieren einer Limit-Card (LC) hinter dem letzten noch kaufenswerten Rangplatz. Dabei kann die LC nicht ausschließlich zwischen zwei Stimuli, sondern vielmehr auch vor dem ersten oder hinter dem letzten Rangplatz gesetzt werden. So kann der Proband ausdrücken, dass er bezüglich keines bzw. aller Stimuli eine Kaufbereitschaft aufweist.

Die LC wird als Nutzennullpunkt interpretiert. Kaufenswerte Stimuli nehmen positive, nicht kaufenswerte nehmen negative Nutzenwerte an. Dieses Vorgehen macht die Annahme notwendig, dass die Probanden die Nutzenabstände zwischen den Rängen als gleich bleibend beurteilen. Auch die Gruppen der als „kaufenswert“ und „nicht kaufenswert“ eingestuften Stimuli müssen als gleich skaliert angenommen werden. Auf diesem Wege werden, im Gegensatz zur klassischen Conjoint-Analyse, absolute Nutzenwerte, anstelle von bloßen Nutzenänderungen ermittelt.

Damit wird eine zentrale Schwäche der traditionellen Conjoint-Analyse - nämlich, dass die Prognose von Kaufentscheidungen kaum möglich ist, da hier nur Präferenzinformationen erhoben werden, die aber die Abbildung von Nicht-Käufen nicht zulassen - beseitigt, allerdings erlaubt auch die LCA nur die Aufnahme einer geringen Anzahl von Merkmalen.

Die Hierarchische Individualisierte Limit Conjoint-Analyse (HILCA)

Die HILCA erreicht zum einen eine verbesserte Prognosefähigkeit von Kaufentscheidungen durch Berücksichtigung der Idee der Limit Conjoint-Analyse. Um darüber hinaus eine größere Merkmalszahl innerhalb des Verfahrens abbilden zu können, greift die HILCA auf das Theoriegerüst der Informationsverarbeitungstheorie (IVT) zurück. Diese geht davon aus, dass Individuen zur Vermeidung kognitiver Überlastung bei komplexen Beurteilungsaufgaben eine Hierarchisierung und anschließende sukzessive Bearbeitung der zu verarbeiteten Informationen vornehmen. Bezogen auf das multiattributive Beurteilungsproblem innerhalb der Conjoint-Analyse bedeutet dies, dass Probanden in einem ersten Schritt die Beurteilungsalternativen aus der weiteren Analyse ausschließen, die über K.O.-Ausprägungen verfügen und aus der Gesamtzahl der zur Verfügung stehenden Merkmale die für sie wichtigen Merkmale extrahieren, anhand derer die Beurteilung der Objekte vorgenommen wird. Übersteigt die Anzahl dieser Merkmale dabei die maximale Anzahl der aus kognitiven Kapazitätsgründen parallel bearbeitbarer Informationen, so zerlegen Individuen die Gesamtzahl aller wichtigen Merkmale in besonders wichtige Merkmale – diese werden am intensivsten im Vergleich zueinander beurteilt – und weniger wichtige Merkmale, die anschließend in abgestufter Intensität betrachtet werden. Durch diesen hierarchischen Beurteilungsansatz für Merkmale, der eine andere Art der Hierarchisierung im Vergleich zur Hierarchischen Conjoint-Analyse vornimmt, und den Grundgedanken der Limit Conjoint-Analyse lässt sich die HILCA kennzeichnen, die sowohl die Aufnahme einer theoretisch unbegrenzten Anzahl von Merkmalen erlaubt als auch die Kaufentscheidungsprognose zu verbessern beabsichtigt.

Die Multi-Rule-Conjoint-Analyse (MRC)

Das Multi-Rule-Conjoint-Verfahren (MRC) berücksichtigt mehrere (multi) psychologische Entscheidungsregeln (rule) der Befragten. Dadurch kann diese Methode im Gegensatz zu den klassischen Conjoint-Analysen nicht nur rationale, sondern auch irrationale Entscheidungen abbilden. Da das irrationale ebenso wie das rationale Entscheidungsverhalten eine bestimmte Systematik aufweist, lässt es sich statistisch berechnen und vorhersagen.

Der rationale Entscheider in den traditionellen Conjoint-Berechnungsmodellen bewertet und gewichtet die Ausprägungen eines Gutes einzeln und fällt seine Entscheidung durch Summierung der Teilnutzenwerte zu einem Gesamtnutzen. Ein irrationaler Entscheider orientiert sich hingegen an bestimmten Referenzwerten, wie beispielsweise Preisnachlässen, und vergleicht die verschiedenen Angebote direkt anhand dieser Eigenschaften. Für ihn ist entscheidend, welche Alternative bei den meisten Eigenschaften bezüglich des jeweiligen Referenzwertes die bessere Option darstellt und nicht, welche rational gesehen in Summe den tatsächlich größeren Gesamtnutzen besitzt.

Durch eine Kombination der statistischen Algorithmen zur Prognose von rationalem und irrationalem Entscheidungsverhalten lässt sich dann die Vorhersagequalität erheblich steigern.

Choice Based Conjoint Analyse mit hierarchischer Bayes Schätzung (CBCHB)

Mit Hilfe hierarchischer bayesianischer (HB) Modelle lassen sich die Präferenzen der individuellen Personen innerhalb eines Datensatzes schätzen. Hierbei ist anzumerken, dass die hierarchische Bayes-Schätzung ein spezielles statistisches Schätzverfahren ist und nicht mit der hierarchischen Strukturierung einer Bewertungsaufgabe verwechselt werden darf. Wo individuell zu wenig Information über die Bewertung einzelner Merkmale vorhanden ist, wird diese im Rahmen der HB-Schätzung aus der Präferenzverteilung der Gesamtpopulation abgeleitet, was zu sehr robusten Ergebnissen führt. Die Verteilung der Präferenzen in der Gesamtpopulation ist hierbei von besonderem Interesse, da durch sie die Heterogenität der Kunden abgebildet wird. Aus der Heterogenität der Kundenpopulation kann z.B. abgeleitet werden, welcher Anteil der Kunden überhaupt ausreichend stark ausgeprägte Präferenzen besitzt um ihnen das Produkt profitabel anbieten zu können. Weiterhin vermeidet das hierarchisch bayesianische Verfahren Verzerrungen bei der Anwendung in der Simulation von Gewinnen und Deckungsbeiträgen, welche bei den aggregierten Verfahren durch die Jensensche Ungleichung unweigerlich auftreten, sobald die Populationsverteilung überhaupt eine Heterogenität aufweist. Eine neue Verfahrensvariante ist die Adaptive Choice-based Conjoint Analyse (ACBC).

Beispiel

Einer Gruppe von Teilnehmern wird ein Produkt (MP3-Spieler) präsentiert, welches vier Merkmale (Laufzeit, Kapazität, Ausstattung und Garantie) in jeweils zwei Ausprägungen (hoch, niedrig) aufweist.

Im Folgenden wird den Probanden das Produkt mit jeweils verschiedenen Ausprägungen der vier Merkmale vorgestellt. Beispiele für diese Konfigurationen wären

  • hohe Kapazität und Laufzeit, aber geringe Ausstattung und Garantie
  • hohe Kapazität und Ausstattung, aber geringe Laufzeit und Garantie
  • hohe Garantie und Ausstattung, aber geringe Laufzeit und Kapazität

Die Teilnehmer sollen nun ihre Präferenzordnung angeben, indem sie die verschieden ausgestalteten Güter in der Reihenfolge anordnen, die ihren Vorlieben entspricht.

Siehe auch

Literatur

  • Conjoint Measurement, Third Edition 2003. Methods and Applications. Editors: Anders Gustafsson, Andreas Herrmann, Frank Huber - Gebundene Ausgabe - 568 Seiten, Springer-Verlag Berlin Heidelberg, Erscheinungsdatum: 2003, ISBN 3-540-40479-1.
  • Überarbeitete und gekürzte Fassung von Daiber, Achim; Hemsing, Werner: Online Conjoint: Eine bewährte Methode im neuen Gewand. In: planung & analyse, 1/2005, S. 47-53, Deutscher Fachverlag, Frankfurt am Main. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Verlages.
  • Klaus Backhaus/Erichson, B./Plinke, W./Weiber, R.: Multivariate Analysemethoden: eine anwendungsorientierte Einführung. Berlin 2003, S. 543-602
  • Brocke, M. (2006). Präferenzmessung durch die Discrete Choice-Analyse. Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag.
  • Green, Paul E. / Srinivasan, V., 1978: Conjoint Analysis in Consumer Research: Issues and Outlook. In: The Journal of Consumer Research, 5, S. 103-122.
  • Luce, R.D. & Tukey, J.W. (1964): Simultaneous conjoint measurement. Journal of Mathematical Psychology,(1),1-27.
  • Melles, T. (2001): Framing-Effekte in der Conjoint-Analyse. Ein Beispiel für Probleme der Merkmalsdefinition. Aachen.
  • Teichert, Thorsten, 1999: Conjoint-Analyse. In: Herrmann, Andreas / Homburg, Christian (Hrsg.): Marktforschung: Methoden, Anwendungen, Praxisbeispiele. Wiesbaden: Gabler, S. 472-511.
  • Boutellier, R. & Völker R. (1997): Erfolg durch innovative Produkte. München Wien: Carl Hanser Verlag
  • Thaden, Christian von (2001): Conjoint-Analyse mit vielen Merkmalen. Peter Lang Verlag
  • Voeth, Markus (2000): Nutzenmessung in der Kaufverhaltensforschung: Die Hierarchische Individualisierte Limit Conjoint-Analyse (HILCA). Dt. Univ-Verlag
  • Sönke Albers/Becker/Clement/Papies/Schneider (2007): Messung von Zahlungsbereitschaften und ihr Einsatz für die Preisbündelung in Marketing ZFP, 29. Jg. S.7-23.
  • Bauer, Florian (2006): Defragment the consumer. Three ways to unleash the predictive power of market research. In: ESOMAR Congress 2006 - Foresight - The Predictive Power of Research, S. 82-95. ISBN 92-831-0197-9.
  • Joel Huber „Conjoint Analysis: How we got here and where we are“, Sawtooth Software, Research Paper series, 2005.
  • P. Wiliams /D. Kilroy: Calibrating Price in ACA: The Price Effect and How to Manage it. Sawtooth Software Research Paper Series, 2000.

Weblinks


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