Dante Gabriel Rossetti

Dante Gabriel Rossetti
Dante Gabriel Rossetti. Fotografie von Lewis Carroll, 1863
Selbstbildnis, 1847, National Portrait Gallery, London
Die Vermählung des hl. Georg mit der Prinzessin Sabra, 1857, Tate Gallery, London
Die schattige Wiese, 1850-72, Art Gallery, Manchester
Monna Vanna, 1866, Tate Gallery, London

Dante Gabriel Rossetti (* 12. Mai 1828 in London; † 9. April 1882 in Birchington-on-Sea, Kent) war als Poet und Maler gleichermaßen begabt. Er war wegen seiner dominierenden und charismatischen Persönlichkeit die treibende Kraft der Präraffaeliten, die die Reform der britischen Kunst als Ziel hatten. Er hielt wenig von Konventionen und wurde in den letzten Lebensjahren ein exzentrischer Sonderling.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Rossetti wuchs als zweites von vier sehr begabten Kindern (Maria Francesca, William Michael und Christina Georgina) in einer außergewöhnlichen Familie in der Charlotte Street, in der Nähe des Regent’s Park, auf. Sein Vater, Gabriele Rossetti, der aus Italien geflohen war, war Dichter und Wissenschaftler, verdiente sich sein Gehalt aber als Italienischlehrer. Seine Mutter, Frances Mary Lavinia Polidori, Tochter von Gaetano Polidori und Schwester von John Polidori, war ebenfalls Lehrerin. Weil sein Vater am King’s College Professor war, erhielt Rossetti eine gute Schulbildung sowie auch Zeichenunterricht. Hier zeigte sich früh seine Vorliebe fürs Malen und Zeichnen. So schrieb er sich 1842 an der Kunstakademie (Cary's Academy) ein, die als Sprungbrett in die Royal Academy (RA) galt. Vier Jahre später wurde Rossetti Schüler an der RA. Wie auch schon in der Cary’s Academy gefiel ihm der Unterricht in der RA nicht. Deswegen bat er im März 1848 den von ihm bewunderten Ford Madox Brown, sein Lehrer zu werden. Zwar war Rossetti von den literarischen Themen Browns beeindruckt, doch enttäuschte es ihn, dass Brown versuchte, ihn nach den alten akademischen Lehrmethoden zu unterrichten. Daraufhin verließ er Brown zwar als Schüler, blieb ihm aber zeitlebens als Freund verbunden. Bis zu seinem 20. Geburtstag war Rossetti unschlüssig, ob er als Dichter oder als Maler sein Geld verdienen wollte. Kurzerhand schickte er ein paar Gedichte dem anerkannten Poeten und Kritiker Leigh Hunt. Dieser lobte ihn, betonte aber auch, dass es schwieriger sei, mit der Literatur als mit der Malerei Geld zu verdienen. Rossetti mangelte es nicht an Ideen, doch hatte er noch keine Arbeit als Maler abgegeben. Er sollte den entscheidenden Impuls durch die Freundschaft zu William Holman Hunt und John Everett Millais bekommen.

Die drei konnten nicht unterschiedlicher in ihrem Wesen sein, aber alle waren sie über den Zustand der britischen Kunst bestürzt und sahen sie dem Verfall nahe. Ihrer Ablehnung der herrschenden Konventionen in der Malerei, die sich ihrer Ansicht nach durch die Nachahmung Raffaels und seiner Nachfolger gebildet hatten, gaben sie Ausdruck, in dem sie sich die »Präraffaeliten« nannten. Vier weitere Freunde, darunter Rossettis Bruder, gründeten 1848 die »Präraffaelitsche Bruderschaft«, kurz PRB. Diese Initialen standen deshalb auf dem ersten Ölgemälde von Rossetti (»Die Jugendzeit der Jungfrau Maria«). Es bekam viel Lob, es schien der Anfang einer großen Karriere. Doch als die Presse herausbekam, was sich hinter »PRB« verbarg, wurden er und seine Freunde scharf angegriffen. Rossetti war enttäuscht über die herbe Kritik und fiel in eine Depression. Ab 1852 begann sich die PRB aufzulösen. Während der Jahre von 1850 bis 1860 gab er die Ölmalerei fast völlig auf und widmete sich kleinformatigen Aquarellen. Diese verkauften sich gut, obwohl er sie nicht ausstellte. Dies hatte er dem Kritiker John Ruskin zu verdanken, den er 1854 kennenlernte.

Bereits 1849 (oder 1850) begegnete er seiner zukünftigen Frau Elizabeth Eleanor Siddal. Lizzie entsprach dem Frauenideal der Präraffaeliten, sie war Rossetti ein Leben lang Muse und Quelle der Inspiration. Ab 1858 spielte auch noch eine andere Frau eine Rolle in seinem Leben: Fanny Cornforth. Sie war genau das Gegenteil der zarten, kränkelnden Lizzie. Sie befriedigte Rossettis sexuelle Bedürfnisse bis zu dessen Hochzeit im Jahre 1860. Kurz zuvor, 1858, befreundete er sich mit zwei Oxfordstudenten. Im darauf folgenden Jahr malte er mit ihnen und einigen anderen jungen Künstlern den Sitzungssaal der Oxford University Union mit Szenen der Artussage aus. Ein Jahr nach der Hochzeit brachte Lizzie ein totes Kind zu Welt und erlitt einen Nervenzusammenbruch. 1862 starb sie – an einer Überdosis Laudanum. Rossettis Trauer war groß, und so ließ er sein einziges Gedichtmanuskript mit ihr begraben. Im selben Jahr zog er nach Chelsea. Er erneuerte seine Beziehung zu Fanny Cornforth, die für ihn Modell saß, seine Geliebte war und sich um seinen Haushalt kümmerte. Da sich seine Bilder hervorragend verkauften, konnte er sich noch ein weiteres Modell, Alexa Wilding, leisten. Und noch eine Frau saß ihm Modell, wenn auch ausschließlich für die Gesichtspartie: Jane Morris, die Frau von Rosettis engem Freund William Morris. Die jahrelange Affäre der beiden trug sich unter den Augen William Morris' zu, der gegen seinen Freund und seine Frau nicht einschreiten wollte. Zwischen 1871 und 1874 lebte und arbeitete Rossetti in Morris' Landhaus Kelmscott Manor.

1872 erlitt Rossetti einen Nervenzusammenbruch und unternahm einen Suizidversuch. Er erholte sich davon, zog sich jedoch für die restlichen Jahre seines Lebens zurück. Drogen (Chloralhydrat) und Alkohol forderten ihren Tribut, riefen Wahnvorstellungen hervor und ließen seine Hände zittern, so dass es ihm oft unmöglich war, zu malen. Als Jane Morris 1876 das Ausmaß seiner Chloral-Sucht entdeckte, brach sie die Beziehung zu ihm schließlich ab. Auch körperlich veränderte Rossetti sich stark. Er nahm stetig zu, und seine dunklen Augenringe gaben ihm etwas Finsteres. Obwohl er ein brillanter Unterhalter war, wurde er mehr und mehr zum Exzentriker. Krank, depressiv und vorzeitig gealtert verließ er nur selten sein Haus. 1881 erlitt er einen Schlaganfall. Im Februar des folgenden Jahres machte er in Birchington-on-Sea Urlaub. Hier starb er am Ostersonntag (9. April) und fand dort seine letzte Ruhe auf einem kleinen Friedhof.

Werk

Proserpine, 1874, Tate Gallery, London

Rossetti gehörte zu den ungewöhnlichsten Künstlern des 19. Jahrhunderts. Er selbst hielt sich für einen malenden Dichter. Er hob sich von den anderen Mitstreitern der Präraffelitischen Bewegung durch seine Auffassung und seine Arbeitsmethoden deutlich ab: Er war weder geduldig noch ein Naturtalent. Auch war er nie an der genauen Ausführung von Details interessiert, neigte dazu, komplizierte Hintergründe zu vermeiden und hatte eine Abneigung gegen Landschaften. Daneben fehlte ihm auch eine gründliche technische Schulung. So sind seine ersten Werke (»Die Jugendzeit der Jungfrau Maria«, »Die Verkündigung«) zwar anspruchsvoll, zeigen aber auch seine zeichnerischen und perspektivischen Grenzen. Doch lässt die Aussagekraft die technischen Mängel vergessen.

Im Gegensatz zu den anderen Präreffaeliten benutzte er für seine Werke oft Aquarellfarben. Rossetti entwickelte hierin eine völlig eigene Malweise. Er trug die Farben häufig kräftig und in Strichen und Punkten auf. Dadurch erzielte er ein juwelenartiges Funkeln, das besonders bei heraldischen Verzierungen vorteilhaft wirkt (siehe »Die Hochzeit St. Georgs und der Prinzessin Sabra«). Er machte keinen Unterschied zwischen Wasser- und Ölfarben. Er wendete die Techniken bei vielen Bildern über Kreuz an. Sein Freund William Bell Scott schrieb, Rossetti habe »… mit Aquarellpinseln in Öl gemalt, mit so dünnem Auftrag wie bei einem Aquarell …« Trotz seines Widerwillens gegen die akademische Disziplin war er der vorzüglichste der Präraffaeliten. Oft vertiefte er sich sehr in einzelne Themen, doch erhielt er sich seine Vielseitigkeit. So versuchte er sich 1857 in Oxford an der Wandmalerei. Aber sein Versuch scheiterte kläglich wegen seiner unvollkommenen Technik. Die Zusammenarbeit mit William Morris förderte sein Talent für die Glasmalerei zu Tage, außerdem war er ein ausgezeichneter Buchillustrator, wenngleich er sich auf diesen Feld sehr wenig betätigte.

In den letzten 20 Jahren seines Schaffens (bis 1878) konzentrierte er sich fast vollständig auf das Malen von Gemälden schöner, sinnlicher Frauen. Jane Morris wurde mit lasziv geschürzten Lippen und wallender Haarpracht durch Rossettis Bilder zur Verkörperung der femme fatale. Zwar beruhten die Bilder auf mythologischen oder literarischen Motiven, doch hatten sie kein erzählerisches Moment. Wegen seines Gesundheitszustandes und weil Gehilfen ihm bei seinen Werken zur Hand gingen, ist sein Spätwerk uneinheitlich. Und doch zählen einige seiner Gemälde zu den bemerkenswertesten Bildern von zeitloser Bedeutung des 19. Jahrhunderts.

Werke (Auswahl)

  • Delaware, Delaware Art Museum
Gefunden (1859, unvollendet)
  • London, Tate Gallery
Die Jugendzeit der Jungfrau Maria (1849)
Ecce Ancilla Domini (1849/1850)
Die Verkündigung (1850)
Die Hochzeit St. Georgs und der Prinzessin Sabra (1857)
Das Lied der sieben Türme (1857)
Beata Beatrix (1864-70)
Monna Vanna (1866)
Die Braut (1865/1866)
  • Manchester, Art Gallery
Die schattige Wiese (1850-72)
Astarte Syriaca (1875-1877)
  • Neuss, Clemens-Sels-Museum
Maria Theresa Zambaco (1870)
  • Oxford, Ashmolean Museum
Der erste Jahrestag des Todes von Beatrice (1853)

Literatur

  • Virginia Surtees: The paintings and drawings of Dante Gabriel Rossetti (1828–1882). A catalogue raisonné. 2 Bände. Clarendon Press, Oxford 1971, ISBN 0-19-817174-9.
  • Jan Marsh (Hrsg.): Collected writings of Dante Gabriel Rossetti. New Amsterdam Books, Chicago IL 2000, ISBN 1-56663-280-3.
  • William E. Fredeman (Hrsg.): The correspondence of Dante Gabriel Rossetti. 7 Bände. Brewer, Cambridge 2002–2009, ISBN 0-85991-638-3.
  • Georg Franzen: Dante Gabriel Rosetti. In: Georg Franzen: Symbolisches Verstehen. Beiträge zur angewandten Kunstpsychologie. Peter Lang, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-631-32111-2, S. 100–111.

Weblinks

 Commons: Dante Gabriel Rossetti – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

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