- Der rote Kimono
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Mord im Orient-Express ist ein Kriminalroman von Agatha Christie, erschienen 1934 unter dem englischen Titel Murder on the Orient Express.
Die erste deutsche Übersetzung von Elisabeth van Bebber erschien 1951 unter dem Titel Der rote Kimono. Kriminal-Roman im Goldmann-Verlag, München. Diese Übersetzung und der Titel blieben bis zur 23. Auflage 1984 vorherrschend. Der Titel Mord im Orient-Expreß für die Van-Bebber-Übersetzung wurde erstmals 1975 für zwei Buchclub-Lizenzausgaben verwendet. 1985 brachte der Scherz-Verlag, Bern, München und Wien, dann unter dem Titel Mord im Orientexpress. Kriminalroman eine neue, ungekürzte Textfassung heraus. Obwohl kein Übersetzer angegeben wurde, handelte es sich um eine überarbeitete Version der Übertragung von Elisabeth van Bebber. Erst im Jahr 1999 erschien im Scherz-Verlag dann eine grundlegende Neuübersetzung von Otto Bayer, die seither in mehreren Auflagen erschienen ist und auch für Lizenz-Ausgaben verwendet wurde.
Für die Handlung hatte sich Agatha Christie von der Entführung des "Lindbergh-Babys" inspirieren lassen. Der kleine Charles Lindbergh III. war im März 1932 entführt worden und trotz einer Zahlung von 50.000 $ Lösegeld tot aufgefunden worden. Er war der Sohn des berühmten Flugpioniers Charles Lindbergh, der als erster Non-Stop den Atlantik überquert hatte. Colonel Armstrong, der Vater der kleinen Daisy Armstrong, trägt in Roman und Verfilmung die Züge Lindberghs.
Inhaltsverzeichnis
Inhalt
Die Leiche
Der belgische Detektiv Hercule Poirot möchte noch ein paar Tage das winterliche Istanbul durchstreifen, doch ein Auftraggeber will ihn so schnell wie irgend möglich in London haben. Als er ein Abteil im Kurswagen Istanbul-Calais des nächsten Orient-Expresses buchen will, stellt sich heraus, dass der Zug ausgebucht ist. Mit Hilfe seines Freundes Monsieur Bouc, dem Direktor der Eisenbahngesellschaft, bekommt Poirot doch noch das letzte freie Abteil. Mitten in der Nacht, in Jugoslawien, zwischen Vinkovci und Brod, wird der Amerikaner Samuel Edward Ratchett durch zwölf Messerstiche ermordet. Bouc, der sich im Zug befindet, bittet Hercule Poirot um die Aufklärung des Falles.
Der Expresszug ist mittlerweile auf freier Strecke in eine Schneeverwehung geraten. Keiner kann den Zug verlassen, auch der Mörder nicht. Der Telegraf streikt, und die jugoslawische Polizei kann nicht benachrichtigt werden. Im Abteil des Toten findet Poirot einen fast verbrannten Brief, aus dem er auf die wahre Identität des Toten schließen kann. Es handelt sich um den Verbrecher Casetti, der die kleine Daisy Armstrong entführt hat und schuld an ihrer Ermordung ist, sich aber der gerechten Strafe in den USA entziehen konnte. Casetti wurde mit zwölf Stichen getötet, das Sonderbare daran ist aber: jeder Stich (mancher von einem Rechtshänder, mancher von einem Linkshänder) ist verschieden tief und verschieden kraftvoll ausgeführt worden. Das Fenster des Abteils ist weit geöffnet, die Abteiltür von innen verriegelt und die Verbindungstür zum Nachbarabteil fest verschlossen. Eine Flucht des Mörders durch das Fenster schließt Poirot allerdings sofort aus, da im Schnee keinerlei Spuren zu entdecken sind. Am Tatort werden außerdem ein Taschentuch und ein Pfeifenreiniger gefunden. Die Amerikanerin, die das Nachbarabteil des Ermordeten bewohnt, will den Mörder auch dort gesehen haben. Diese These wird von einem in ihrem Abteil verlorenen Knopf gestützt.
Alle Passagiere im betreffenden Schlafwagen werden verhört, aber es befindet sich vorerst niemand an Bord, dem der gefundenen Pfeifenreiniger und das Taschentuch zugeordnet werden können. In den meisten Aussagen der Verhörten kommt ein „kleiner Mann mit dunklem Teint und femininer Stimme“ vor, doch es befindet sich niemand im Zug, der dieser Beschreibung entspricht. Wenn ein Passagier eine Aussage macht, mit der er sich verdächtig macht, gibt es von mindestens einem anderen Befragten eine Aussage, die der vorherigen widerspricht bzw. die dem Verdächtigen ein Alibi verschafft.
Poirot kommt erst spät der Verdacht, dass alle Schlafwageninsassen unter einer Decke stecken könnten.
Die Lösung
Nach und nach erfährt Poirot von den Reisenden, dass sie entweder im Hause Armstrong angestellt gewesen waren oder nahe Verwandte oder Freunde der Armstrongs waren. Allen war die kleine Daisy ans Herz gewachsen, und nach der Entführung schworen sie sich, den Übeltäter umzubringen. Sie sind nacheinander durch das (zum Schlafen verdunkelte) Abteil von Ratchett gegangen und jeder hat einmal auf ihn eingestochen. Der verbrannte Brief enthielt das von allen unterzeichnete Todesurteil.
Rezeption
Obwohl der Roman als einer der bekanntesten und beliebtesten von Agatha Christie gilt, hat er auch eine Reihe von Kritikern gefunden. Besonders ablehnend äußerte sich Raymond Chandler:
- "Und nun noch ein Mord von Agatha Christie, in dem M. Hercule Poirot, der einfallsreiche Belgier, der ein Französisch spricht, das das Niveau der wörtlichen Übersetzung eines Quartaners hat, mitwirkt, wobei er pflichtschuldigst mit seinen „kleinen grauen Zellen“ manövriert. M. Poirot entscheidet, daß niemand in einem bestimmten Schlafwagen den Mord allein begangen haben könne, und kommt deshalb zu dem Schluß, daß alle zusammen daran beteiligt waren, und teilt den Prozeß in eine Reihe einfacher Handlungen auf wie die Montage eines Schneebesens für die Küche. Das ist die Sorte, vor der selbst der schärfste Verstand kapituliert. Nur ein Halbidiot könnte auf diesen Einfall kommen." [1]
Trivia
Mord im Orientexpress ist der einzige Roman von Agatha Christie, in dem der (oder die) Täter nicht von der Gerechtigkeit (in Form des Gerichts) ereilt wird.
Verfilmungen
Der Roman wurde bislang zweimal verfilmt, zuerst 1974 mit großer Starbesetzung unter der Regie von Sidney Lumet (siehe Mord im Orient-Expreß (Film)). Albert Finney spielte Hercule Poirot. Für das US-amerikanische Fernsehen entstand 2001 eine modernisierte Fassung von Carl Schenkel mit Alfred Molina als Poirot. Dazu gibt es noch ein 2007 erschienenes Spiel.
Literatur
- Agatha Christie: Mord im Orient-Express. Bern 1999, ISBN 3-89897-114-7
Quellen
- ↑ Raymond Chandler: Mord ist keine Kunst (The Simple Art of Murder, Essay), hier zitiert nach Jochen Vogt (Hrsg.): Der Kriminalroman I. Zur Theorie und Geschichte einer Gattung. UTB für Wissenschaft, Band 81. Fink, München 1971, ISBN 3-7705-0625-1 bzw. ISBN 3-7705-0628-6, S. 174
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