Dielektrische Erwärmung

Dielektrische Erwärmung

Bei dielektrischer Erwärmung oder kapazitiver Erwärmung entsteht die Wärme im Werkstoff selbst. Die erforderliche Energie wird elektromagnetisch bei sehr hoher Frequenz (im MHz- oder GHz-Bereich) mittels Funkwellen übertragen. Der zu erwärmende Werkstoff, das Dielektrikum, befindet sich zum Beispiel zwischen zwei Platten, die die Elektroden des Kondensators bilden. Während des Prozesses wird das Dielektrikum erwärmt. Der physikalische Vorgang der Erwärmung beruht auf der Erhöhung der inneren Energie des Werkstoffs. Die Ladungsträger der Moleküle im Werkstoff folgen mit einiger Verzögerung dem Hochfrequenzfeld, wodurch die innere Energie im Material und damit dessen Temperatur ansteigt. Die Eignung eines Stoffes zur dielektrischen Erwärmung lässt sich am Imaginärteil der komplexen Permittivität eines Materials bei vorgegebener Frequenz ablesen. Bei erhöhter Frequenz oder zunehmender Materialdicke begrenzt der Skineffekt die Erwärmung tieferer oder innerer Materialschichten durch die reduzierte Eindringtiefe des elektromagnetischen Feldes in das Material. So beträgt bei der Betriebsfrequenz 2,45 GHz eines Mikrowellenherdes die Eindringtiefe des Feldes in das Material nur einige Zentimeter. Allgemein lassen sich Materialien mit hohem Wassergehalt gut erwärmen.

Die Funktion eines Mikrowellenherds basiert auf der dielektrischen Erwärmung

Inhaltsverzeichnis

Einsatzgebiete

Vielfach werden kapazitive Erwärmungsanlagen für die Holzverleimung eingesetzt, da die Wärmeleistung direkt im Inneren des Holzes entsteht. Systeme auf Basis von Wärmeleitung wären bei dieser Anwendung ungeeignet, da Holz eine nur geringe Temperaturleitfähigkeit und Wärmeleitfähigkeit besitzt. Kapazitive Erwärmungsanlagen werden zur Trocknung von Holz, Lebensmitteln und ähnlichen Materialien eingesetzt.

Ein Spezialgebiet ist die Schädlingsbekämpfung z.B. in Holz oder Getreide. Dabei wird das infizierte Material mit hochfrequenten, elektromagnetischen Feldern erwärmt; die Schädlinge weisen einen höheren Wassergehalt auf als das zu schützende Material. Da Wasser sich aufgrund seiner dielektrischen Materialeigenschaften sehr gut zur dielektrischen Erwärmung eignet, werden Schädlinge im Material verhältnismäßig schnell aufgeheizt und durch die entstehende Wärmeenergie abgetötet. Weitere Anwendungen sind:

  • das Trocknen von Holz, Lebensmitteln oder anderen nicht leitenden Materialien,
  • das Trocknen von Leimstellen (hauptsächlich bei der Holzverleimung),
  • Entwesung von Schädlingen im Holz,
  • Dekontamination von mit Schadflüssigkeiten durchsetztem Erdreich,
  • Mikrowellenöfen,
  • Diathermie als medizinische Anwendung zur therapeutischen Erwärmung von Gewebe.

Wärmeleistungseintrag in ein Materialvolumen

Die Verlustleistungsdichte p beträgt bei dielektrischer Erwärmung bezogen auf das Materialvolumen:

 p = \omega \cdot \varepsilon_r'' \cdot \varepsilon_0 \cdot E^2

Darin sind ω die Kreisfrequenz, εr'' der Imaginärteil der komplexen relativen Permittivität, ε0 die Permittivität des Freiraums und E der Betrag der elektrischen Feldstärke (Effektivwert; wird der Scheitelwert, das ist die Amplitude, eingesetzt, muss in der Gleichung der Faktor 1/2 ergänzt werden). Die mit der Verlustleistung verbundene dielektrische Erwärmung entspricht bei Integration über den Erwärmungszeitraum exakt der einem Materialvolumen mit elektromagnetischen Wellen zugeführten inneren Energie eines Materials, wie in der Thermodynamik beschrieben. Der Imaginärteil der komplexwertigen, relativen Permittivität ist ein Maß für Fähigkeit eines Dielektrikums, elektromagnetische Feldenergie bei Hochfrequenz in Wärmeenergie zu wandeln. Bei Stoffen oder Stoffgemischen, die zusätzlich eine elektrische Leitfähigkeit σ aufweisen gilt:

 p = (\sigma + \omega \cdot \varepsilon_r'' \cdot \varepsilon_0) \cdot E^2.

Der Verlustleistungsdichteeintrag über die ohmschen Verluste erfolgt über die elektrische Leitfähigkeit σ. Dieser Anteil wird nicht der dielektrischen Erwärmung zugerechnet. Er ist von der Frequenz der elektromagnetischen Welle unabhängig; inwieweit er wirksam wird, hängt aber vom Skineffekt und dadurch mittelbar von der Materialgeometrie ab.

Vorteile

  • Beim industriellen Leimen können kurze Verleimungszeiten durch Unterstützung des Trocknungsvorgangs der Leimstelle erreicht werden, dadurch erreicht man ggf. eine hohe Produktionsgeschwindigkeit.
  • Ein oft besserer Wirkungsgrad als bei konventionellen Erwärmungsarten, da die Wärme im Material selbst entsteht und nicht mittelbar dorthin befördert werden muss.
  • Die Wärme entsteht direkt im Gewebe oder im Werkstoff und muss nicht über Wärmetransportprozesse eingetragen werden.

Nachteile

bei großen Anlagen:

  • sehr hohe Spannungen erforderlich (ca. 2 bis 15 kV)
  • hohe Anschaffungskosten

Literatur

  • Arthur von Hippel, Editor: Dielectric Materials and Applications. Artech House, London, 1954, ISBN 0-89006-805-4.
  • Arthur von Hippel: Dielectrics and Waves. Artech House, London, 1954, ISBN 0-89006-803-8.
  • A. C. Metaxas, R. J. Meredith: Industrial Microwave Heating (IEE Power Engineering Series). Institution of Engineering and Technology, 1983, ISBN 0-90604-889-3.
  • A. C. Metaxas: Foundations of Electroheat, A Unified Approach. John Wiley and Sons, 1996, ISBN 0-471-95644-9.

Siehe auch


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