- Wärmeleitfähigkeit
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Die Wärmeleitfähigkeit, auch Wärmeleitzahl (λ, l, k oder κ) eines Festkörpers, einer Flüssigkeit oder eines Gases ist sein Vermögen, thermische Energie mittels Wärmeleitung in Form von Wärme zu transportieren. Die (spezifische) Wärmeleitfähigkeit in Watt je Kelvin und Meter ist eine temperaturabhängige Materialkonstante.
Die Wärmeleitfähigkeit ist von der Temperaturleitfähigkeit zu unterscheiden, der Geschwindigkeit, mit der sich eine Temperaturveränderung durch den Stoff ausbreitet.
Zu beachten ist ferner, dass sich die Wärmeleitfähigkeit ausschließlich auf die Wärmeleitung bezieht, Wärme aber nicht nur durch Wärmeleitung transportiert werden kann, sondern auch durch Konvektion und Wärmestrahlung.
Der Wärmeleitwert (Gth, absolute Wärmeleitfähigkeit) in Watt je Kelvin (W/K) ist die von der Abmessung eines Bauteils abhängige Kennzahl. Der Kehrwert der Wärmeleitfähigkeit ist der Wärmewiderstand RW. In Bezug auf elektrisch-thermische Analogien finden beide Anwendung bei der Berechnung von Wärmeströmen, für sie gilt das ohmsche Gesetz des thermischen Kreises auch ohmsches Gesetz für Wärmeleitung:[1]
mit IW dem Wärmestrom und ΔT der Temperaturdifferenz (analog zur elektrischen Spannung).
Inhaltsverzeichnis
Vereinfachte Definition
An einem quaderförmigen Körper mit Querschnitt A, und Länge l herrsche eine Temperaturdifferenz ΔT in Längsrichtung. Dann fließt durch Wärmeleitung von heiß nach kalt ein Wärmestrom (Einheit Watt) der Größe
Der Proportionalitätsfaktor λ heißt Wärmeleitfähigkeit. Ihre Einheit ist entsprechend W/(m·K).
Die Wärmeleitfähigkeit λ selbst kann temperaturabhängig sein und daher werden tabellierte Werte auf eine bestimmte Temperatur bezogen. Für praktische Zwecke wird über kleinere Temperaturbereiche ein konstanter Wert angenommen.
Definition
Existiert in einem Körper ein Temperaturgefälle , so stellt sich eine Wärmestromdichte ein, die vom Material des Körpers abhängt:
Der Proportionalitätsfaktor λ ist die Wärmeleitfähigkeit. Ihre Einheit ist , oder .
Streng genommen ist die Wärmeleitfähigkeit ein Tensor 2. Stufe. Die Wärmeleitfähigkeit kann also von der Richtung abhängen. Wenn das der Fall ist, kann die Richtung des Wärmestromes von der Richtung des Temperaturgradienten abweichen. Viele Materialien sind aber isotrop. Bei ihnen genügt ein einfacher richtungsunabhängiger und positiver Wert für die Wärmeleitfähigkeit. Nicht isotrop sind z. B. Schichtmaterialien wie Graphit.
Für einen Körper mit Querschnitt A ergibt sich damit ein Wärmestrom
Rechenbeispiel
Die Wärmeleitfähigkeit ist eine Materialeigenschaft. Aus ihr kann für einen Körper mit gegebenen Abmessungen der Wärmeleitwert abgeleitet werden. Diese Eigenschaft eines Körpers bestimmt, wie viel Wärme den Körper bei gegebener Temperaturdifferenz durchströmt. Für eine Platte aus Polystyrolschaum mit den Abmessungen 50 cm Breite, 1 m Höhe und 2 cm Dicke ergibt sich:
- Wärmeleitwert = Wärmeleitfähigkeit × Fläche / Dicke
Bei einem Kelvin Temperaturunterschied zwischen Vorder- und Rückseite der Platte fließt also ein Joule pro Sekunde durch die Platte.
Festkörper
Metallische Festkörper, die elektrischen Strom gut leiten (Silber, Kupfer), leiten auch Wärme gut. Umgekehrt ist ein schlecht elektrisch leitendes Metall auch ein schlechter Wärmeleiter, zum Beispiel Edelstahl. Dieser Zusammenhang wird durch das Wiedemann-Franzsche Gesetz ausgedrückt. Für Halbleiter und kovalent oder ionisch gebundene Stoffe gilt dieser Zusammenhang nicht. Ein bekanntes Gegenbeispiel ist der sehr gut wärmeleitende Diamant, der ein elektrischer Isolator ist.
Kunststoffe
Bei Kunststoffen findet Wärmetransport durch Schwingungen (Phononen) der Polymerketten statt. Die Wärme wird durch Fortpflanzung der elastischen Gitterschwingungen über kovalente Bindungen entlang der Polymerketten transportiert sowie über Nebenvalenzbindungen übertragen.
Dämmstoffe
Bei Dämmstoffen wird in der Regel die effektive Wärmeleitfähigkeit angegeben. Dabei wird im Gegensatz zur Wärmeleitfähigkeit im strengen physikalischen Sinn auch ein Teil des Wärmetransports durch Wärmestrahlung eingeschlossen.
In Bauteilen die nicht für die Wärmestrahlung transparent sind, kann der Wärmetransport durch Strahlung ähnlich der Wärmeleitung beschrieben werden. Je größer die Reichweite der Strahlung, desto mehr Wärme wird so transportiert [2]. Durch die offene Struktur der Isoliermaterialien ist der Anteil der Strahlung am Wärmetransport relativ groß. Bei anderen Materialien gibt es den Mechanismus auch, er ist aber zumindest bei Raumtemperatur oft vernachlässigbar.
Flüssigkeiten und Gase
Bei Flüssigkeiten und Gasen variiert die Wärmeleitfähigkeit etwas mit dem Druck und stark mit der Temperatur. Allerdings reicht die Kenntnis der Wärmeleitfähigkeit allein nicht aus, um den Transport von Wärme von der wärmeabgebenden oder aufnehmenden Fläche auf die Flüssigkeit oder das Gas zu beschreiben. Vielmehr ist der Strömungszustand von Bedeutung. Die genauen Verhältnisse sind zwar oft unbekannt, aber weil die Vorgänge technisch wichtig sind, ist darüber viel geforscht und gemessen worden. Dabei ist interessant und hilfreich, dass man alleine aus der Dimensionsanalyse der auftretenden Größen heraus argumentieren kann, dass die Werte von dimensionslosen Kenngrößen abhängen müssen. Dies erlaubt zum einen eine Einschränkung der in Frage kommenden Abhängigkeiten, zum anderen ein Übertragen von Modellversuchen auf die kleinere oder auch größere Realität. Typisches Beispiel ist der Wärmeübergang zwischen einem Rohr und einer Flüssigkeit, der abhängig sein muss von der Wärmeleitfähigkeit der Flüssigkeit, von der Wärmekapazität, von den Abmessungen des Rohres, von der Entfernung vom Rohreinlauf und den Bedingungen am Einlauf und von der Strömungsgeschwindigkeit.
Weil die Wärmeleitfähigkeit von Gasen, insbesondere von Luft bei Umgebungstemperatur verglichen mit den Wärmeleitwerten der typischen Baustoffe klein ist, nutzt man diese zur Begrenzung der Wärmeverluste, indem man Luftschichten anordnet.
Die Ausbreitung von Wärme im Gas ist durch die kinetische Gastheorie gut verstanden, die Ausbreitung im Raum durch Strahlung ist ebenfalls recht gut verstanden, die Ausbreitung in Festkörpern und Flüssigkeiten ist komplizierter. Insgesamt bleibt festzustellen, dass Wärmeleitung und Wärmestrahlung sich auf einer elementaren Ebene abspielen und folglich Quantentheoretische Effekte sind. Licht ist Wärmestrahlung und Strahlung wird als Teilchen mit einem Energiequant aufgefasst. Damit wird ein Phänomen, das in der Praxis eigentlich einfach erscheint, dann doch Gegenstand einer für den Laien kompliziert erscheinenden Theorie. Ein solches Beispiel für unerwartete quantentheoretische Effekte der Wärmeleitung mag Helium im flüssigen Zustand sein.
Suprafluide
Suprafluide Flüssigkeiten, beispielsweise Helium II unter 2,17 Kelvin, haben aufgrund ihres makroskopischen Quantenzustandes hingegen eine (fast) unendliche Wärmeleitfähigkeit. Dies begründet sich damit, dass das eigentlich für die Wärmeleitung verantwortliche Valenzband bei Helium II fehlt. Dabei gleichen die Formeln zur Berechnung der Geschwindigkeit des Wärmeflusses eher denen der Schallausbreitung in Luft. In Helium II bei 1,8 Kelvin bewegt sich Wärme mit etwa 20 m/s in Wellenform. Dieses Phänomen heißt zweiter Schall.
Vakuum
Im Vakuum findet keine Wärmeleitung statt, der Wärmetransport geschieht nur durch Wärmestrahlung. Das wird zum Beispiel bei der Thermosflasche ausgenutzt, um einen sehr geringen Wärmetransport zu erreichen. Um auch den Energietransport per Wärmestrahlung zu minimieren, sind die dem Vakuum zugewandten Flächen des zur Isolation verwendeten Glas- oder Stahlkörpers hochverspiegelt.
Beispiele für die Wärmeleitfähigkeit
Die Wärmeleitfähigkeit λ ist eine Stoffkonstante bei einem definierten Umgebungsklima (Temperatur und Luftfeuchte) und wird deswegen teilweise mit einem Index versehen: λ20 / 50 , λ23 / 80 oder auch λdry
Die Zahlenwerte gelten für 0 Grad Celsius. Eine höhere Wärmeleitfähigkeit bedeutet eine größere Wärmeübertragung pro Zeiteinheit.
Baustoffe Stoff Wärmeleit-
fähigkeit λ
in W / (m · K)Stahl unlegiert 48…58 Stahl niedrig legiert ferritisch
(z. B. 42CrMo4)42 Stahl hochlegiert (austenitisch)
(z. B. X5CrNi18-10)[3]15 Granit 2,8 Beton 2,1 Zementestrich 1,4 Kalkzement-Putz 1,0 Glas 0,76 Ziegelmauerwerk
(Vollziegel)0,5…1,4 Holz senkrecht zur Faser 0,09…0,19 Gummi 0,16 Poroton (Lochziegel) 0,08…0,45 Porenbeton (Gasbeton) 0,08…0,25 Lehm 0,47…0,93 Sand, trocken 0,58 Sandstein 2,3 Marmor 2,8 Kalkstein 2,2 Epoxidharzmörtel mit 85 % Quarzsand[4] 1,2 Dämmstoffe Stoff Wärmeleit-
fähigkeit λ
in W / (m · K)Aerogel 0,02 Schaumglas 0,040 Glasschaum-Granulat 0,08 Glaswolle 0,032…0,05 Strohballen 0,038…0,067 Dämmstoffe aus expandiertem Polystyrol (EPS) 0,035…0,050 Dämmstoffe aus expandiertem Polystyrol mit Grafit (EPS grau) 0,030…0,035 Dämmstoffe aus extrudiertem Polystyrol (XPS) 0,032…0,040 Dämmstoffe aus Polyethylen-Schaumstoffen 0,034…0,040[5] Dämmstoffe aus Polyurethan (PUR) 0,024…0,035 Dämmstoffe aus Zellulose 0,040[6] Vakuumdämmplatte (VIP) 0,004…0,006 Kork 0,035…0,046 Wolle 0,035 Perlit (Gestein) 0,04…0,07 Mineralwolle 0,035…0,045 Metalle Stoff Wärmeleit-
fähigkeit λ
in W / (m · K)Silber 429 Kupfer, rein 401 Kupfer, Handelsware 240…380[7] Gold, rein 314 Aluminium (99,5 %) 236 Kalium 135 Molybdän 138 Messing 120 Zink 110 Magnesium 170 Wolfram 167 Natrium 133 Nickel 85 Eisen 80,2 Chromstahl 1.400 30 Platin 71 Zinn 67 Tantal 54 Blei 35 Titan 22 Bismut 8,4 Quecksilber 8,3 Gasförmige Stoffe Stoff Wärmeleit-
fähigkeit λ
in W / (m · K)Wasserstoff 0,186[8] Helium 0,1567[8] Argon 0,0179[8] Krypton 0,00949 Xenon 0,0055[8] Luft (21% Sauerstoff,
78% Stickstoff)0,0262[8] Sauerstoff 0,0263[8] Stickstoff 0,0260[8] Wasserdampf 0,0248 Kohlenstoffdioxid 0,0168[8] Methan (20 °C, 1 bar) 0,0341[8] Schwefelhexafluorid (0°C) 0,012 Vakuum 0 Kunststoff-Werkstoffe Stoff Wärmeleit-
fähigkeit λ
in W / (m · K)Polyethylenterephthalat (PET) 0,24[9] Polyurethan kompakt (PUR) 0,245[10] Polyimide (PI) 0,37…0,52[9] Polyetherimid (PEI) 0,24[10] Polytetrafluorethylen (PTFE) 0,25[9] Polyvinylchlorid (PVC) 0,17[9] Polyamide (Nylon, Perlon) 0,25…0,35[9] Polypropylen (PP) 0,23[9] Polycarbonat 0,20[9] Epoxidharz (EP) 0,20[9] Polymethylmethacrylat (PMMA, Plexiglas) 0,19[9] Polyethylen (PE) 0,33…0,57[9] Polystyrol (PS) 0,17[9] Sonstige Stoffe Stoff Wärmeleit-
fähigkeit λ
in W / (m · K)Wasser[11] (0,0 °C) 0,5562[12] Eis (−20,0 °C) 2,33 Kohlenstoff (Graphit) 119…165 Kohlenstoffnanoröhren 6000 Diamant 2300 Siliciumcarbid 350 Silicium 148 Siliciumdioxid (Quarz) 1,2…1,4 Aluminiumoxid (99,6 % α-Al2O3) 28 Öl 0,13…0,15 Kreide 0,92 Schwefel 0,269 Humus 1,26 Wärmeleitpaste 4…10 Insbesondere bei sehr geringen Werten von Stoffen wie z. B. Xenon ist zu beachten, dass Wärmeenergie neben Wärmeleitung zusätzlich durch Wärmestrahlung und Konvektion übertragen werden kann; bei Vakuum jedoch nur durch Wärmestrahlung.
Siehe auch
- Wärmedurchgangskoeffizient
- Debye-Temperatur
- Dortmunder Datenbank (Datenbank für Wärmeleitfähigkeiten reiner Stoffe)
- Landolt-Börnstein Datenbank für fast alle Stoffwerte so auch Wärmeleitfähigkeitswerte
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Paul Dobrinski, Gunter Krakau, Anselm Vogel: Physik für Ingenieure. Vieweg+Teubner Verlag, 2006, ISBN 3835100203.
- ↑ Dissertation Kai-Erhard Wagner (abgerufen am 29. Januar 2011)
- ↑ Merkblatt 821; Edelstahl Rostfrei – Eigenschaften; Herausgeber: Informationsstelle Edelstahl Rostfrei Tabelle 9; Stand: 29. Mai 2010
- ↑ Handbuch Betonschutz durch Beschichtungen, Expert Verlag 1992, Seite 413
- ↑ Datenblätter Trocellen PE-Dämmstoffe, abgerufen am 30. Juli 2010
- ↑ isofloc Zellulosedämmung - technische Daten. Abgerufen am 16. Mai 2011.
- ↑ Hans-Jürgen Bargel, Hermann Hilbrans: Werkstoffkunde. Springer, 2008, ISBN 978-3540792963, S. 275 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
- ↑ a b c d e f g h i David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics, Section 4, Physical Constants of Inorganic Compounds. 90. Auflage. CRC Press, 2009, ISBN 978-1-4200-9084-0, S. 6-218 (Werte gelten bei 300 K).
- ↑ a b c d e f g h i j k Horst Czichos (Hrsg.): Die Grundlagen der Ingenieurwissenschaften, D Werkstoffe, Wärmeleitfähigkeit von Werkstoffen. 31. Auflage. Springer, 2000, ISBN 3-540-66882-9, S. D 54.
- ↑ a b Datenblätter Technische Kunststoffe und deren Eigenschaften, abgerufen am 23. November 2010
- ↑ Wikibooks: Stoffdaten Wasser
- ↑ David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics, Section 4, Physical Constants of Inorganic Compounds. 90. Auflage. CRC Press, 2009, ISBN 978-1-4200-9084-0, S. 6-220.
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