Dietmar von Ast

Dietmar von Ast
Dietmar von Aist (Codex Manesse), Blatt 64r: Die Miniatur, die keinen Bezug zu Dietmars Werk nimmt, deutet auf ihn als einen Fahrenden hin.

Dietmar von Aist (* vor 1140; † nach 1171) war ein Minnesänger aus oberösterreichischem, freiherrlichen Geschlecht und Vertreter der donauländischen Lyrik, also der Frühphase des deutschsprachigen Minnesangs.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Ein Dietmar von Aist wird ab circa 1139 in zeitgenössischen Urkunden aus Salzburg, Regensburg und Wien namentlich erwähnt. Der Name Aist bezieht sich wahrscheinlich auf den Fluss Aist, der in Österreich unterhalb der Enns die Donau speist. Das Geschlecht derer von Aist ist ab etwa 1125 in Oberösterreich bezeugt, wo sich an der Aist heute die Ruinen des Stammsitzes befinden sowie in Aisterheim deren im Jahre 1136 errichtetes Wasserschloss Schloss Aistersheim befindet. Ob der in Urkunden bezeugte Freiherr Dietmar de Aist wirklich der Dichter war, ist aber aus chronologischen Gründen unsicher.

Sicher ist, daß ein urkundlich bekannter Ditmarus de Agasta († um 1171) nicht Dietmar von Aist war.

Werke

Dietmar wird eine Reihe von Liedern zugeschrieben, nur bei wenigen ist seine Urheberschaft eindeutig zu bestimmen. Insgesamt sind unter seinem Namen 16 Minnelieder mit 42 Strophen überliefert. Mit den Strophen, die ihm sicher zugewiesen werden können, gehört er in die früheste Zeit des Minnesangs.
Mit seinem Werk stellt Dietmar von Aist das Bindeglied zwischen der außerhöfischen und höfischen Form dar. Er verwendet als einer der ersten Refrains und Wechsel.

Thema seiner Lieder ist meist das Verhältnis von Männern zu Frauen (Liebe, Trennung, Partnerschaft), wobei einige seiner Gedichte aus weiblicher, andere aus männlicher Perspektive geschrieben sind. Die Frau hat durchaus eine starke Stellung, so soll sie sich zum Beispiel ihren Partner frei wählen können (Ez stuont ein frouwe alleine eLibrary Austria Project eLib Volltext).

Von ihm stammt auch das erste überlieferte Tagelied Slâfest du, friedel ziere:

„Slâfest du, friedel ziere?
   man wecket uns leider schiere.
ein vogellîn sô wol getân,
   daz ist der linden   an daz zwî gegân.“
„Schläfst du, schöner Geliebter?
   Man weckt uns leider bald.
Ein Vögelein, so wohlgestalt
   das ist auf der Linde   Zweig geflogen.“
„Ich was vil sanfte entslâfen,
   nu rüefest du kint ‚Wâfen‘.
liep âne leit mac niht gesîn.
   swaz du gebiutest,   daz leiste ich, friundîn mîn.“
„Ich war sehr sanft eingeschlafen,
   nun rufst du, Kind, ‚auf, auf!‘.
Liebe ohne Leid kann nicht sein.
   Was du gebietest,   das tue ich, meine Freundin.“
Diu frouwe begunde weinen:
   „Du rîtest und lâst mich eine.
wenne wilt du wider her zuo mir?
   ôwê, du füerest   mîn fröude sament dir!“
Die Frau begann zu weinen.
   „Du reitest und lässt mich alleine.
Wann willst du wieder her zu mir?
   O weh, du nimmst   mein Glück mit dir!“

Literatur

Textausgaben

  • Hugo Moser und Helmut Tervooren (Bearb.): Des Minnesangs Frühling. 38., erneut revidierte Auflage. Hirzel, Stuttgart 1988, S. 56-69, ISBN 3-7776-0448-8.

Sekundärliteratur

  • Joachim Bumke: Geschichte der deutschen Literatur im hohen Mittelalter. dtv, München 1990, S. 85-86, ISBN 3-423-04552-3.
  • Hans Fromm (Hrsg.): Der deutsche Minnesang: Aufsätze zu seiner Erforschung, Band 1. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1961; Band 2, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1985, ISBN 3-534-08604-X (= Wege der Forschung; Band 608).
  • Rolf Grimminger: Poetik des frühen Minnesangs. C.H. Beck, München 1969 (= Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters; Band 27).
  • Andreas Hensel: Vom frühen Minnesang zur Lyrik der Hohen Minne: Studien zum Liebesbegriff und zur literarischen Konzeption der Autoren Kürenberger, Dietmar von Aist, Meinloh von Sevelingen, Burggraf von Rietenburg, Friedrich von Hausen und Rudolf von Fenis. Lang, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-631-31138-9.
  • Fritz Peter Knapp: Deutschsprachiges Schrifttum. In: Anna M. Drabek (Red.): Österreich im Hochmittelalter (907 bis 1246). Verlag der österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1991, S. 505-526, ISBN 3-7001-1861-9 (= Veröffentlichungen der Kommission für die Geschichte Österreichs/Österreichische Akademie der Wissenschaften; Band 17).
  • Alfred Romain: Die Lieder Dietmars von Eist. Univ., Diss., Leipzig 1911. (auch in: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 37. 1912, S. 349-431, 565.)
  • Günther Schweikle: Minnesang. 2., korrigierte Auflage. Metzler, Stuttgart 1995, ISBN 3-476-12244-1 (= Sammlung Metzler; Band 244).
  • Helmut Tervooren: Dietmar von Aist. In: Verfasserlexikon, Band 2. 2. Auflage. De Gruyter, Berlin 1980, Spalte 95-98, ISBN 3-11-007699-3.
  • Ingo F. Walther (Hrsg.): Codex Manesse. Die Miniaturen der Großen Heidelberger Liederhandschrift. Insel, Frankfurt am Main 1989, ISBN 3-458-14385-8.
  • Herbert Zeman (Hrsg.): Literaturgeschichte Österreichs: von den Anfängen im Mittelalter bis zur Gegenwart. Akademische Druck-u.Vlgs., Graz 1996, ISBN 3-201-01650-0.

Weblinks


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