Dreimastgaffelschoner

Dreimastgaffelschoner
Schematische Darstellung eines Gaffelschoners mit Stagsegel zwischen den Masten
Gaffelschoner Janek Krasicki mit Topsegeln an beiden Masten
Lotsenschoner Atalanta
Dreimast-Gaffelschoner Regina Maris
Der einzige Siebenmastschoner, die Thomas W. Lawson
Dreimastgaffelschoner Kathrina vor Helsinki

Ein Gaffelschoner ist ein meist aus Holz erbauter Segelschiffstyp, der nach seiner Takelungsart, als Schoner mit Gaffeltakelung, benannt ist. Alle Segel sind in Schiffslängsrichtung angeschlagen (Schratsegel); sie heißen Gaffel-, Gaffeltop-, Zwischenstag- und Vorstagsegel. Seine Segel sind leicht von Deck aus zu handhaben, so dass nur eine kleine Mannschaft benötigt wird.

Inhaltsverzeichnis

Masten

Gaffelschoner besitzen mindestens zwei Masten und werden dann einfach Gaffelschoner genannt. Bei ihnen überragt der Großmast üblicherweise den vor ihm stehenden Fockmast, der hier auch Schonermast genannt wird. Das angeschlagene Gaffelsegel heißt dann Schonersegel.

Mehrmastige Gaffelschoner wurden in Europa meist mit bis zu vier, in den Vereinigten Staaten mit bis zu sieben, gleichhohen Masten gebaut. Es gab dort 144 Fünfmastschoner, 12 Sechsmaster (ohne Umbauten) und einen Siebenmaster. Die Mastbezeichnungen bei ihnen lauten, vom Bug zum Heck des Schiffes:

  • Dreimast-Gaffelschoner: Fockmast, Großmast, Besanmast
  • Viermast-Gaffelschoner: Fockmast, Großmast, Kreuzmast, Besanmast
  • Fünfmast-Gaffelschoner: Fockmast, Großmast, Mittelmast, Kreuzmast, Besanmast (deutsches System),
  • oder: Fockmast, Großmast, Kreuzmast, Jiggermast, Besanmast (englisches System)
  • Sechsmast-Gaffelschoner: Fockmast, Großmast, Kreuzmast, Jiggermast, Treibermast, Besanmast
  • Siebenmast-Gaffelschoner: Fockmast, Großmast, Kreuzmast, Jiggermast, Treibermast, Schiebermast, Besanmast
  • englische Standard-Benennung: fore, main, mizzen, jigger, driver, pusher & spanker mast

Vom Siebenmast-Gaffelschoner gab es mit der Thomas W. Lawson nur ein Schiff dieses Typs. Es existieren mehr als zehn unterschiedliche Mastbenennungssysteme, wovon eines z. B. die Masten durchnummerierte, ein anderes die Namen der sieben Wochentage verwendete.

Geschichte und Einsatz

Die Ära der Gaffelschoner begann 1713 in Gloucester im US-Bundesstaat Massachusetts, etwa 50 km nordöstlich von Boston. Die ersten Schiffe wurden für die Piratenjagd und den Kurierdienst entwickelt. Sie waren mit zwei oder drei Masten ausgestattet, wobei letztere hauptsächlich als Frachtschiff verwendet wurden. Diese Schoner hatten meist zwei Rahsegel am Fockmast, waren nicht generell reine Gaffelschoner. Dreimastgaffelschoner waren besonders auf Fahrten nach China und Japan beliebt, auf denen meist „beim Wind“ gesegelt wurde. Es gabe von ihnen mehr als 1800. 1864 wurde der erste Viermast-Gaffelschoner aus dem Schleppkahn Victoria (344 BRT, 1864) in San Francisco gebaut. 1879 folgte der Dampferumbau Weybosset. 1880 lief der erste neu gebaute Viermast-Gaffelschoner an der amerikanischen Ostküste vom Stapel. Bis 1920 wurden um die 130 Viermast-Gaffelschoner an der Atlantikküste zwischen 1917 und 1920 gebaut, parallel dazu kamen bis 1904 etwa 130 Exemplare an der amerikanischen Pazifikküste hinzu.

Ende des 19. Jahrhunderts wurden insgesamt 56 Fünfmast-Gaffelschoner an der US-Ostküste (1888-1920) und 88 an der Westküste (1888-1918) gebaut. Bis auf die Kineo (1903-1916, 2.128 BRT) aus Bath, Maine, waren es alles Holzschiffe. Sie waren sehr schnell und manövrierfähig und wurden vor allem für den Kurierdienst und als Kriegsschiffe, aber auch als Fracht-, Fischerei- oder Passagierschiffe sowie als Lotsenschoner verwendet.

1900 wurde der erste Sechsmastgaffelschoner in Camden im US-Bundesstaat Maine gebaut, weitere neun Schiffe folgten bis 1909. Bis auf einen Stahlschoner, der William L. Douglas (3.708 BRT, 1903), einer Werftschwester des Siebenmasters, waren es ausnahmslos Holzschiffe, allerdings mit Metallverstärkungen (Komposit-Bauweise, ähnlich den moderneren Klippern). Der letzte war die 3.730 BRT große Wyoming, das längste je gebaute Holzschiff der Welt. Sie dienten als Frachtschiffe, speziell zum Kohletransport (engl. "coal carrier" = "collier") an der nordamerikanischen Ostküste mit Fahrten bis an die südamerikanische Ostküste (Santos, Montevideo). An der Westküste der USA wurden 1920 zwei weitere Sechsmastholzschoner für den Holzhandel gebaut (Oregon Fir und Oregon Pine). Des Weiteren entstanden noch 3 Stahlsechsmastschoner durch Umbau von stählernen Viermastbarken (Katherine ex County of Linlithgow (1887); Ciudad Rodrigo ex Kenilworth (1887); Cidade do Porto ex Hans (1904)), dazu 2 oder 3 aus ehemaligen Dampfern bzw. Paketschiffen. Zu guter Letzt lief (nominal) der Welt größte Schoner 1908 bei Harland & Wolff vom Stapel - die aus Stahl gebaute Navahoe mit 7.718 BRT. Er diente - wie die Thomas W. Lawson - als Segeltanker. Da sie aber ausschließlich vom Tanker Iroquois geschleppt wurde, also nie eigenständig fuhr, und ihre sechs Masten ohne Stengen nur als Stützbesegelung beim Brechen der Schleppleine dienen sollten, wird sie nicht als eigenständiges Segelschiff gezählt, sondern nur als Tankerbarge. Zwischen 1916 und 1918 wurden noch über siebzig Fünfmast-Gaffelschoner mit Hilfsantrieb, meist für die französische Regierung, in Werften von British Columbia, Oregon und Washington gebaut.

Der größte Gaffelschoner - gleichzeitig der einzige Schoner mit sieben Masten und das größte reine Segelschiff der Welt ohne je einen eingebauten Hilfsantrieb - war die aus Stahl gebaute Thomas W. Lawson. 1902 in Quincy nahe Boston (USA) vom Stapel gelaufen, war sie 5.218 BRT groß und verfügte über 25 Segel - das Gaffelsegel am siebten Mast, der Besan oder "spanker", wie er in den USA genannt wurde, war wie bei allen großen Schonern beträchtlich größer als die übrigen Gaffelsegel. Lediglich 16 bis 18 Mann Besatzung waren notwendig, um den 124 m langen (Rumpflänge) und 15 m breiten Stahlkoloss zu steuern. Er transportierte zunächst Kohle und Kistenöl, wurde dann zum Segeltanker umgerüstet. Am 14. Dezember 1907, kurz nach Mitternacht, kenterte das Schiff im Sturm bei den Scilly-Inseln und sank. Nur zwei Seeleute überlebten.

Literatur

Ralph Linwood Snow, Kapitän Douglas K. Lee: A Shipyard in Maine - Percy & Small and the Great Schooners. Tilbury House Publ., Gardiner (Maine) 1999; ISBN 0-88448193-X

Weblinks


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