Wyoming (Schiff)

Wyoming (Schiff)
Die Wyoming, abgetakelt im Hafen von New York 1917

Die Wyoming [waɪˈoʊmɪŋ] war ein US-amerikanischer Sechsmastgaffelschoner aus Bath, Maine. Sie war der größte Holz-Schoner, der größte Sechsmastschoner und dazu auch das längste Holzschiff der Welt (Länge über alles: 137,2 m / 450 ft).

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Der Rumpf der Wyoming, der Welt längstem Holzschiff, war in Kompositbauweise aus Kiefernholz gebaut und mit 90 Eisendiagonalbändern pro Seite verstärkt, ebenso der Kiel durch Eisenblechsegmente. Ihr Klüverbaum maß ca. 30 m, ihr Besanbaum 27 m. Die umlaufende weiße Reling war ebenfalls aus Holz gearbeitet. Sie war ein echter Glattdecker, d. h. ihr oberstes Deck hatte keinen "Sprung" für Back und Poop. Drei Deckhäuser, vorne, mittschiffs und achtern waren in das Oberdeck eingesenkt, dazu fünf Großluken mit eigenem Ladegeschirr. Wie bei allen amerikanischen drei- und mehrmastigen Schonern waren alle Gaffelsegel bis auf das letzte gleich groß. Das Besansegel (amerik. engl. spanker sail) war deutlich größer als die anderen Gaffelsegel, und der Besanbaum überragte sogar das am Heck quer an Davits eingehängte Kapitänsgig um 2 m. Als damals moderne Ausstattung war sie mit einem Bordtelefonsystem und Funk ausgerüstet, die Antenne verlief zwischen Tanzer- und Besanmast. Der große Segler wurde, in Abwandlung der verbreiteten Praxis amerikanischer Namensgebung nach berühmten Personen, nach dem US-Bundesstaat Wyoming benannt, da der siebte Gouverneur von Wyoming, Bryant B. Brooks, ein Investor des Schiffes war. Nach dem Gouverneur selbst konnte der Sechsmaster nicht mehr benannt werden, da es bereits einen Fünfmastgaffelschoner namens Governor Brooks (2.628 BRT), 1907 ebenfalls bei Percy & Small auf eigene Rechnung gebaut, gab. Der Schoner konnte maximal 6.004 ts / 6.100 t (1 ton = 1,016 t (metrische Tonne)) laden und lief jahrelang in der Delaware- und Chesapeake-Kohlefahrt (engl.: collier oder "coal carrier") entlang der amerikanischen Ostküste. Die Besatzung betrug mit Offizieren nur 13 – 14 Mann, da das Schiff dampfbetriebene Hilfsaggregate besaß. Die Wyoming war ein sehr schönes und imposantes Schiff mit schlanken Linien, dazu gemäß Kapitän McLeod trotz der Größe ein guter Segler und leicht wie ein Jacht zu handhaben. Dennoch litt wie bei allen großen Holzschonern ihr Holzrumpf unter der Belastung durch Ladung und Seegang: Verdrehen, Verziehen und Durchbiegen des Rumpfes (engl.: "hogging" - Durchbiegen der Schiffsmitte nach oben und "sagging" - Durchbiegen nach unten). Das Schiff musste von Anbeginn an stets dauernd gelenzt werden und hatte wegen seiner Größe und Holzbauweise erhebliche Probleme außerhalb der Küstengewässer auf hoher See, weswegen sie, wenn möglich, in Küstennähe fuhr.

Die Benennung der Masten bei den großen sechsmastigen Schonern war:

  • fore, main, mizzen, jigger, driver, spanker (mast) - Vor-, Groß-, Kreuz-, Tanzer-, Treiber-, Besanmast (dt. Benennung)

Geschichte

Die Wyoming, getauft von der Gouverneursgattin Lena Brooks mit einem Rosenstrauß, lief am 15. Dezember 1909 gegen 12:45 Uhr in Bath, Maine, an den Ufern des Kennebecflusses auf der Schiffswerft von Percy & Small für eigene Rechnung als letzter der neun hölzernen Sechsmastgaffelschoner Neuenglands komplett geriggt vom Stapel, bestaunt von einer riesigen Zuschauermenge, und stach bereits am 21. Dezember nach Komplettierung von Ausrüstung und Vorräten unter Kapt. Angus McLeod zu ihrer Jungfernreise in See. Die Firma Percy & Small (451 Washington St., Bath ME, 1894 gegründet von Kapt. Samuel Rogers Percy (1856-1940) und Frank Albion Small (1865-1917)) war die größte Schonerbauwerft in Neuengland und brachte allein sieben der zehn Sechsmastgaffelschoner Neuenglands zu Wasser, wovon sie zwei bereederte, dazu fünfzehn Fünfmastschoner, neunzehn Viermastschoner sowie etliche kleinere Schiffe[1]. Sechsmastige Schoner waren ein relativ seltener Schiffstyp und sorgten besonders beim Einlaufen in Häfen außerhalb Neuenglands stets für Zuschauer. Neben den neun hölzernen Sechsmastern aus Neuengland gab es auch den einzigen stählernen Sechsmastschoner (William L. Douglas, Reedereischwester der Thomas W. Lawson) und einige Holzsechsmaster aus Oregon (US-Westküste) wie die Oregon Fir, Oregon Pine, Fort Laramie und Dorothy H. Sterling. Weiterhin existierten vier zu Sechsmastschonern umgebaute Viermastrahsegler (County of Linlithgow (1887), Kenilworth (1887), Daylight (1902), Hans (1904)) und die Navahoe (1908), eine Schlepptankerbarge mit Sechsmastschonerstütztakelage. Sie war mit 7.718 BRT (9.250 tons Ladung) der größte je gebaute Segler, wurde aber stets geschleppt. Im Laufe ihrer 14jährigen Existenz auf See wechselte die Wyoming dreimal ihren Eigner. Bis 1917 fuhr sie für Percy & Small in küstennaher Kohlefahrt, das letzte Jahr davon in Charter für die International Paper Co. Sobald die Charter auslief, wurde der große Schoner an die France & Canada Steamship Co., Montréal, verkauft (~ $350.000,00) und in New York registriert. Unter diesem Reeder machte sie auch transatlantische Reisen bis nach Frankreich und später nach Genua sowie nach Santos, Brasilien. 1921 kaufte der Reederkapitän Frost (A. W. Frost & Co.) den Schoner, mit Portland (Maine) als Heimathafen, und setzte sie wieder in der Ostküstenfahrt bis Kanada ein.

Am 11. März 1924 sank der große Schoner mit Kohle tief abgeladen auf der Fahrt von Norfolk, Virginia, nach St. John, New Brunswick, Kanada, beim Abwettern eines Nordoststurms im Nantucket-Sund nahe Chatham, Massachusetts, südlich von Cape Cod. Alle dreizehn Seeleute einschließlich Kapitän Charles Glaesel fanden den Tod. Eine seltene Koinzidenz war darin gegeben, dass der Sponsor des Schoners, Ex-Gouverneur Bryant B. Brooks mit Ehefrau von einer Europareise über Halifax kommend, nicht weit von der Untergangsstelle entfernt war und bei der Ankunft in New York von der Katastrophe hörte. Das Wrack konnte zunächst trotz intensiver Suchvorhaben (seit 1978) nicht gefunden werden. Inzwischen soll das Wrack des Schoners mit Sonar geortet worden sein (3. November 2003). Man geht heute davon aus, dass der Kiel des tief abgeladenen Seglers im Sturm bei einer Grundberührung in der flachen See brach und das Schiff daraufhin sank. Ein anderer Percy & Small-Schoner, der Fünfmaster Cora F. Cressy (1902, 2.499 BRT), lag zwei Tage neben der Wyoming, auch auf besseres Wetter wartend. Ihr Kapitän Charles N. Publicover ließ, als der Sturm härter wurde, die Anker lichten, und suchte mit Sturmbeseglung die offene See. Schiff und Mannschaft überlebten den Sturm.

Schiffsdaten

Siehe auch

Quellenangaben

  1. Ralph Linwood Snow & Capt. Douglas K. Lee: A SHIPYARD IN MAINE, Percy & Small and the Great Schooners. Tilbury House, Gardiner (ME) 1999
  2. New York Times vom 16. Dezember 1909

Literatur

  • Ralph Linwood Snow & Capt. Douglas K. Lee (Hrsg.): A SHIPYARD IN MAINE, Percy & Small and the Great Schooners. Tilbury House, Gardiner (ME) 1999; ISBN 0-88448-193-X
  • C. S. Morgan: New England Coasting Schooners. The American Neptune Vol. 23, 1963.
  • W. J. Lewis Parker: The Great Coal Schooners of New England 1870-1909. Mystic, CT (USA), 1948.

Weblinks


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