- Drückerkolonne
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Als Drückerkolonne werden umgangssprachlich Verkäufer im Außendienst bezeichnet, die oft außerhalb der gesetzlichen Regelungen für Haustürgeschäfte und ohne die für sie geltenden Schutzbestimmungen des Handelsvertreterrechtes zumeist Zeitschriften-Abonnements, Telefonanschlüsse oder vorgeblich gemeinnützige Spenden einwerben und sich dabei unmoralischer oder krimineller Methoden bedienen.
Inhaltsverzeichnis
Grundlagen
Die Distributionspolitik im Medienwesen, aber auch im Bereich der Finanzdienstleistungen, Telekommunikationsdienstleistungen oder im Bereich unseriöser Spendenwerbung, koppelt häufig die reine Vertragsakquisition rechtlich vom Hauptgeschäft ab, indem Subunternehmen für die Anwerbung von Kunden beauftragt werden.
Drückerkolonnen unterscheiden sich von regulären Handelsvertretern vor allem durch die regelmäßig nicht vorhandene rechtliche und fachliche Ausbildung der Vertreter sowie eine weitgehende wirtschaftliche und oft auch persönliche Abhängigkeit von ihren unmittelbaren Auftraggebern. Dabei wird gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen, was aber oftmals wegen fehlender schriftlicher Verkaufsversprechen (z. B. Testabos, die es nicht gibt oder Rücktrittsmöglichkeiten, die nicht erläutert und zurückdatiert werden) nicht nachgewiesen werden kann. Drücker sind häufig in wechselnden Firmen organisiert, die strikt hierarchisch geführt werden und häufig ihre Firmierung wechseln. In Einzelfällen wird auch physische Gewalt innerhalb der Teams angewendet, um Umsatz zu sichern. Da regelmäßig rechtsunkundige Mitarbeiter ohne soziale Absicherung und ohne reguläre Handelsvertreterverträge beschäftigt werden, muss eine hohe Fluktuation in Kauf genommen werden.
Durch das Auslagern der Werbetätigkeit an kleine Unternehmen koppeln sich die beauftragenden Anbieter rechtlich ab. Sie erhalten die von Drückerkolonnen akquirierten Kunden, ohne für das Verhalten der Drückerkolonnen bei der Anwerbung formal verantwortlich zu sein. Werden die Methoden beauftragter Drückerkolonnen öffentlich, erklärt der Anbieter in vielen Fällen sein Bedauern über die Methoden, kündigt den Vertrag mit der zu auffällig gewordenen Drückerkolonne und vergibt ihn an eine andere.
Methoden
Drückerkolonnen sind in der Regel im Reisegewerbe tätig und verwenden Methoden des Direktmarketings, allerdings in einer Weise, die allgemein als unmoralisch oder kriminell oder als Unerwünschte Werbung empfunden werden.
- Interne Drucksituation
- Mitarbeiter werden in Schulungen auf verkaufspsychologisch bestimmte Verhandlungsschemata festgelegt und teilweise einer Gehirnwäsche unterzogen, um sie auf die Verkaufstätigkeit zu fixieren und einzuschwören. Schulungen finden auch am Abend nach dem Arbeitstag statt, wenn einer der Drücker nicht das Fixum der Abonnements erreicht.
- Seitens der Auftraggeber wird den Vertretern mit Jobverlust gedroht, so dass diese durch persönlichen Druck gegenüber Kunden weniger gehemmt sind, dies kommt aber selten vor.
- Den Werbern werden Quoten einzuwerbender Abonnements vorgegeben: die Tagesbesten werden belobigt, die schlechtesten werden unter schweren Druck gesetzt (Drohung), Erniedrigung vor der Gruppe, Geld- und Nahrungsentzug. Gewalttätigkeiten sind in diesen Organisationen nicht ungewöhnlich.[1] Bevorzugt werden junge und bindungsarme Menschen angeworben.[2]
- Drucksituation im Verkaufsgespräch
- Die persönliche Konfrontation mit Kunden ist stärker als im vergleichbaren Telefonverkauf. Das Opfer wird durch Aufdringlichkeit solange bedrängt, bis es einen Vertrag abschließt, nur um den Vertreter loszuwerden.[1][3]
- Der Werber wird unangemessen privat. So kann er Eigenschaften des Kunden, wie Schüchternheit oder ein soziales Kontaktbedürfnis ausnutzen.[4]
- Bei Straßenwerbung werden bevorzugt junge und gut aussehende Werber eingesetzt.[5]
- Sollte die Person im Laufe des Gespräches sich nicht überreden lassen, einen Vertrag zu unterschreiben, wird mit aggressiven Worten und Umgang versucht, Druck aufzubauen,[3] um den potentiellen Kunden in eine unangenehme Lage zu bringen (Nötigung).[5][4][6]
- Üble Nachrede wird eingesetzt, wenn ein angesprochener Passant nicht auf den Werber reagiert, z. B. mit dem Ausruf Sie sind also gegen den Tierschutz.
- Es werden Mitleidsgefühle angesprochen.[7] Der Werber gibt an, in einer schweren persönlichen Situation zu sein und geschäftlichen Erfolg dringend zu benötigen.[4] So wird an das Mitleid des Umworbenen appelliert und durch subtilen Druckaufbau die Hilfsbereitschaft missbraucht.[3]
- bewusste Fehlinformation
- Durch gezielte Fehlinformationen oder das Weglassen von wichtigen Details werden bei Kunden falsche Vorstellungen erzeugt, womit die Asymmetrische Informationsverteilung ausgenutzt wird.[4][8]
- Bei Mitgliedschaftsverträgen, z. B. für soziale Organisationen, wird den Angesprochenen nicht mitgeteilt, wie viel von den Beiträgen an den Werber gehen.[7][5][9]
- Man verschafft sich Zugang, indem man zunächst angibt, eine wissenschaftliche Umfrage zu unternehmen (Arglistige Täuschung).[4][3]
- Der Werber gibt an, für eine soziale Einrichtung zu arbeiten.[4]
- Man verschafft sich einen Vertragsabschluss, indem behauptet wird, der Werber brauche die Unterschrift lediglich als Nachweis des Gesprächs: in Wahrheit wird ein Abonnement abgeschlossen (arglistige Täuschung bzw. Vorspiegelung falscher Tatsachen (Betrug)).
- Vertragsmanipulationen
- Verträge werden rückdatiert, juristisch eine Urkundenfälschung, wodurch die Rücktrittsfrist des Käufers vom Vertragsabschluss früher abläuft.[4]
- Der Vertragsabschluss einschließlich der Unterschrift wird gefälscht.[1][10]
Schutz
Dem Verbraucher stehen Schutzmöglichkeiten auf unterschiedlichen Ebenen zur Verfügung, sollte es dem Angesprochenen nicht gelingen, den Drücker abzuweisen:
- Persönlich
- Werber sofort abweisen.[4]
- Personalausweis und Reisegewerbekarte des Werbers und ggf. Bescheinigung des Auftraggebers vergleichen und auf Aktualität überprüfen.[11][3][12] und Anschrift des Arbeitgebers.
- Daten und den Gesprächsverlauf vor den Augen des Verkäufers schriftlich festhalten.
- Unterschriften nur mit korrekt ausgefülltem Datum leisten.
- Die Möglichkeit eines Widerrufs offenhalten.
- Eine Kopie in jedem Fall in der Hand behalten, bevor der Werber das Original erhält.[4]
- Fragen, welche Beitragsanteile an den Werber und seine Organisation gehen.
- Hilfe anbieten, z. B. die Telefonnummer eines Arbeitsvermittlers bereithalten.
- Rechtlich
- Widerruf der im Hinblick auf den Vertragsschluss abgegebenen Willenserklärung binnen 14 Tagen gem. § 312 BGB.[4]
- Ggf. Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung gem. § 123 ff. BGB oder Anzeige wegen Betruges gem. § 263 StGB[4]
Hier sollte ein Gesprächsprotokoll mit Datum und Uhrzeit die Aussagen des Verkäufers bezüglich seiner persönlichen Situation, möglichen Einschüchterungsversuchen und Schicksalsberichten enthalten.[4]
Im Zweifelsfall kann die Polizei benachrichtigt werden, die Werber überprüft und gegebenenfalls Platzverweise ausspricht.[12] Sollten sich mehrere Kunden bei einer staatlichen Stelle mit ähnlichen Protokollen melden, ist die Glaubwürdigkeit eines solchen Beweismittels auch ohne Zeugen wahrscheinlich.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ a b c Korruption - Der Drückerkönig, die Sexorgien und die Bauer Vertriebs KG, in spiegel.de, 12. Januar 2007
- ↑ Drückerkolonne soll von Gronau aus agieren, in Ibbenbürer Volkszeitung, 12. Oktober 2007
- ↑ a b c d e Was tun gegen Drückerbanden?, bei anwaltzentrale.de, 25. Juli 2007
- ↑ a b c d e f g h i j k l Achtung Drücker! - Wie Verbraucher reingelegt werden, mdr.de, 9. September 2010
- ↑ a b c Melkkuh Tierfreund, in die tageszeitung, 2. Oktober 2002
- ↑ Wirtschaftslexikon: Drückerkolonne
- ↑ a b Tierschutz - Geschäfte mit Dackelblick, bei spiegel.de, 5. Oktober 2009
- ↑ Drückerkolonnen machen in Minden Hausbesuche, in Mindener Tageblatt, 22. Oktober 2009
- ↑ Drückerkolonnen für Arbeiter-Samariter-Bund auf Mitgliederfang, bei presseportal.de, 13. September 2010
- ↑ POL-AC: Drückerkolonne fiel bei polizeilicher Videobeobachtung auf, bei presseportal.de, 5. August 2010
- ↑ § 55 Gewerbeordnung
- ↑ a b Telefon-Betrüger geschnappt, in Märkische Oderzeitung, vom 25. Februar 2009
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