- East Palace, West Palace
-
Filmdaten Deutscher Titel East Palace, West Palace Originaltitel 东宫西宫
dōng gōng xī gōngProduktionsland VR China, Frankreich Originalsprache Mandarin Erscheinungsjahr 1996 Länge 90 Minuten Altersfreigabe FSK 12 Stab Regie Zhang Yuan Drehbuch Wang Xiaobo, Zhang Yuan Produktion Christophe Jung,
Christophe Ménager,
Zhang YuanMusik Min Xiang Kamera Zhang Jian Schnitt Vincent Lévy Besetzung - Hu Jun: Xiao Shi
- Si Han: A Lan
- Zhao Wei: (ohne Namen)
East Palace, West Palace (chinesisch 东宫西宫 dōng gōng xī gōng) ist der neunte Film des chinesischen Regisseurs sechster Generation Zhang Yuan. Zum Zeitpunkt seiner Produktion im Jahr 1996, war es der erste Film aus der Volksrepublik China mit explizit homosexueller Thematik. Von den chinesischen Zensoren wurde die Aufführung des Films in China verboten und die Filmrollen mussten außer Landes geschmuggelt werden, um in Frankreich die Post-Production beenden zu können. Dem Regisseur Zhang Yuan wurde der Pass entzogen, so dass er bei der Premiere des Films im Rahmen der Internationalen Filmfestspiele von Cannes nicht anwesend sein konnte. Erst nach acht Monaten des Ausreiseverbots und der Beteuerung Zhang Yuans, in Zukunft mit der chinesischen Filmbehörde zu kooperieren, erhielt er seinen Pass zurück. Innerhalb der Volksrepublik China ist der Film bis heute nicht veröffentlicht worden.
Inhaltsverzeichnis
Handlung
Als East Palace, West Palace bezeichnen die Homosexuellen Pekings einen ihrer wenigen Treffpunkte, die östlich und westlich vom Tian'anmen-Platz im Park der Verbotenen Stadt gelegenen öffentlichen Toiletten. Die Polizei führt dort allabendlich Razzien durch, bei denen sie die Homosexuellen aufspürt, sie erniedrigt oder dazu zwingt, sich selbst zu erniedrigen.
Eines Abends trifft ein Polizist dort auf den jungen Schriftsteller A-Lan, der sich nicht reumütig, wie die Anderen, zeigt. Stattdessen stellt dieser provokant seine Homosexualität zur Schau, indem er den Polizisten auf die Wange küsst, bevor er vor ihm flieht. Einige Nächte später begegnen sich die beiden erneut. Dieses Mal nimmt der Polizist A-Lan mit auf die Wache, um ihn einem Verhör zu unterziehen, das die ganze Nacht dauern wird. Schnell zeigt sich, dass mehr als bloßer Ermittlungseifer ihn dazu veranlasste. Das Verhör wird zum Kammerspiel um Sexualität und Macht, unterdrücktes Verlangen und die Kunst des Verführens, vergleichbar mit einem Drama Jean Genets. Die anfangs scheinbar festgelegten Machtverhältnisse verschieben sich mit dem Fortschreiten der Handlung zusehends. Liegt die Macht beim Herrschenden oder bei dem, der sich widersetzt – beim Verführer oder bei dem, der widersteht?
Kritiken
„Mit EAST PALACE, WEST PALACE gibt Zhang Yuan, Protagonist der sechsten Generation des chinesischen Kinos, jener jungen, unabhängigen Regie-Generation nach der Ära der Export-Stars Zhang Yimou und Chen Kaige, auch ein persönliches Bekenntnis ab: das Bekenntnis eines Filmemachers, der sich nicht korrumpieren läßt und sich dennoch untrennbar mit den Machthabern und Kulturfunktionären seines Landes verbunden sieht. A Lans Feindesliebe ist auch die seine: die gefährliche Liaison zwischen Künstler und Zensor.“
– Christiane Peitz: Obsessives China. In: Die Zeit, Nr. 28/1998
„Das kleine sadomasochistische Szenario, das sich zwischen den beiden Männern aufspannt, bietet Raum für Beichte, Geständnis, Redezwang mit Verführungsabsicht. Man merkt freilich Zhangs Erzählung an, daß das Erfahrungen aus zweiter Hand sind, ein langsames, leicht geschmäcklerisches Herantasten an eine Lebenswirklichkeit, die nicht seine eigene ist. Trotz der ständigen Psychologisierung steckt hinter den Figuren keine Geschichte. Die Wirklichkeitsbezüge entfernen sich hinter dem Bühnendekor. Das mag an den prekären Produktionsbedingungen liegen, aber vielleicht auch nur an Zhangs Wunsch, jedes Bild auch in eine persönliche Metapher zu verwandeln. „Ich liebe mein Land und ich liebe die Partei, so wie A-Lan diesen Polizisten liebt“, sagt er in einem Interview. Auch das ist ein Machtspiel, allerdings ein weniger berechenbares als jenes im Film.“
– Robert Weixlbaumer: Verbotene Liebe vor der verbotenen Stadt. In: Berliner Zeitung, 25. Juni 1998, S. K7
„'East Palace, West Palace – Verhör im Dunkeln' ist ein mit schmalem Budget entstandener chinesischer Underground-Film, dessen internationale Premiere 1997 in Cannes in Abwesenheit des Regisseurs stattfand, der keine Ausreiseerlaubnis erhielt. Das psychologisch nuanciert gestaltete und hervorragend gespielte Zwei-Personen-Kammerspiel ist ein faszinierender fernöstlicher filmnoir abseits des offiziellen Kinos der VR China, nicht nur wegen seiner intensiven Shots von nächtlichen Schwulentreffpunkten und Polizeirazzien, sondern vor allem auch wegen seines Plädoyers für Toleranz und Achtung gegenüber Gefühlen, die nicht unbedingt gesellschaftlichen Normen entsprechen.“
Auszeichnungen
Mar del Plata Film Festival, Argentinien 1996
- Bester Regisseur: Zhang Yuan
- Bestes Drehbuch: Zhang Yuan, Wang Xiaobo
- Besondere Erwähnung: Zhang Jian (Für seine Kameraarbeit)
Verweise
- Zhang Yuan
- Homosexualität in China
- Homosexualität im Film
- Chinesischer Film
- Geschichte des Kinos der Volksrepublik China
Literatur
Um East Palace, West Palace seinem Kontext angemessen beurteilen zu können und nicht vorschnell, wie einige Rezensoren der westlichen Hemisphäre dies taten, als regressiv, da Klischees und Stereotypen untermauernd, misszuverstehen, empfiehlt sich eine nähere Auseinandersetzung mit der Situation chinesischer Schwuler (Tongzhi) und dem chinesischen Film. In diesem Sinne eine kleine Auswahl weiterführender Literatur:
- Tiffany Bown: Homosexuals in Modern China. Four Recent Press Reports. In: Chinese Cultural Studies (zuletzt aufgerufen: 26. September 2006).
- Jens Damm: Vorbeugen ist besser als Heilen. (PDF) In: Berliner China-Hefte 16, Mai 1999, S. 96–106.
- Frank Dikötter: Sex, Culture and Modernity in China. Medical Science and the Construction of Sexual Identities in the Early Republican Period. London 1995.
- Beate Geist: Die Modernisierung der chinesischen Kultur, Hamburg 1996.
- Bret Hinsch: Passions of the Cut Sleeve. The Male Homosexual Tradition in China. Berkeley / Los Angeles / Oxford 1990.
- Sheldon Hsiao-Peng Lu (Hrsg.): Transnational Chinese Cinemas. Identity, Nationhood, Gender. Honolulu 1997.
- Robert Weixlbaumer: Verbotene Liebe vor der verbotenen Stadt – Zhang Yuans Film "East Palace, West Palace" erzählt vom Schwulsein in China. In: Berliner Zeitung, 25. Juni 1998
- Obsessives China. In: Die Zeit, Nr. 28/1998, über "East Palace, West Palace und "Chinese Box"
Weblinks
- Zhang Yuan | Offizielle Webseite des Regisseurs
- East Palace West Palace in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Database
- East Palace, West Palace | Dirk Jasper Filmlexikon
- Dieter Herchenbach: East Palace, West Palace auf Gaywatch.info, Rezension
- Nathalie Bao: Zwischen illegaler Unabhängigkeit und zensierter Legalität – Zhang Yuan und das junge Kino Chinas auf chinafokus.de | Artikel über Zhang yuan und East Palace, West Palace
Wikimedia Foundation.