- Ecevit
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Mustafa Bülent Ecevit (* 28. Mai 1925 in İstanbul; † 5. November 2006 in Ankara) war ein Politiker des demokratischen Sozialismus in der Türkei und ein Journalist, Schriftsteller und Dichter. Ursprünglich war Ecevit als Journalist tätig, wandte sich dann der Politik zu und wurde insgesamt fünf Mal türkischer Ministerpräsident.
Inhaltsverzeichnis
Leben und Werk
Jugend
Sein Vater Ahmet Fahri Ecevit war Professor für Forensische Medizin an der Universität Ankara und seine Mutter Fatma Nazlı zählte zu den ersten Frauen in der Türkei, die als selbständige Malerinnen arbeiteten. Er besuchte bis 1944 das US-amerikanische Robert College in Istanbul, wo viele Absolventen der englischsprachigen Elite seines Landes ausgebildet wurden. Ecevit belegte später noch weitere Vorlesungen an ausländischen Universitäten, darunter an der Harvard University. 1946 heiratete er seine Frau Rahşan Aral, die er auf dem Robert College kennengelernt hatte.
Zu Beginn seines Berufslebens arbeitete er von 1946 bis 1950 als Presse-Attaché an der türkischen Botschaft in London. Danach arbeitete er für die Parteizeitung Ulus Gazetesi der CHP (Cumhuriyet Halk Partisi). Mitte der 1950er Jahre gelangte er mit Hilfe eines Stipendiums des US-amerikanischen Außenministeriums zum Winston-Salem Journal and Sentinel in North Carolina. Ecevit war bestürzt vom alltäglichen Rassismus im amerikanischen Süden. Nach seiner Rückkehr 1955 in die Türkei trat er der Republikanischen Volkspartei (CHP) bei, die noch von Mustafa Kemal Atatürk begründet worden war.
Politik
1957 wurde er zum Abgeordneten des türkischen Parlaments gewählt. Von 1961 bis 1965 amtierte Ecevit als Minister für Arbeit. Ab 1966 bis 1971 war er Generalsekretär der Republikanischen Volkspartei und anschließend deren Vorsitzender bis 1980 mit Hilfe seines Mentors İsmet İnönü, Atatürks engstem politischen Weggefährten.
Anfang 1974 ernannte man ihn erstmals zum Ministerpräsidenten. Nach Unruhen (Enosis-Bewegung) auf Zypern ließ er im Juli des gleichen Jahres Nord- und Ostzypern durch die türkische Armee einnehmen. Ecevit reklamierte diese rund 40 % der Insel als türkischen Besitz, was jedoch von anderen Staaten nicht anerkannt wurde. 1975 folgte seiner Regierung eine Koalition unter Süleyman Demirel, den er 1977 und 1978–1979 erneut als Ministerpräsident ablöste. Nach blutigen politisch-religiösen Unruhen verhängte Ecevit Ende 1978 über den Südosten, Ankara und Istanbul das Kriegsrecht. Es wurde erst 1984 aufgehoben.
Mit Unterstützung der Gewerkschaften und einigen linksorientierten Verbänden gelang es Ecevit, zweimal in den 1970er Jahren zum Ministerpräsidenten gewählt zu werden. Er unterstützte daher großzügige Sozialprogramme, befürwortete einen großen Einfluss des Staates in der Wirtschaft und setzte sich für hohe Schutzzölle gegen Dumpingimporte ein.
Nach dem dritten Militärputsch durch General Kenan Evren im Jahr 1980 wurde Ecevit mehrfach inhaftiert und hielt sich einige Jahre außerhalb der Türkei auf. 1987 wurde das Verbot seiner politischen Betätigung wieder aufgehoben. Noch im selben Jahr gründeten er und seine Frau Rahşan Aral die Demokratische Linkspartei (DSP), beide dominierten die Partei vollständig. Mit seiner Politik des demokratischen Sozialismus bemühte er sich weiterhin um die Modernisierung der türkischen Gesellschaft.
1997 trat er als DSP-Vorsitzender in die Regierung von Mesut Yılmaz (Mutterlandspartei ANAP) und der DYP ein und wurde nur zwei Jahre später 1999–2002 zum dritten Mal Ministerpräsident (nach M. Yılmaz). Seine DSP regierte in wechselnden Koalitionen mit der ANAP, der DYP und der rechtsextremen MHP. Das von ihm im Jahr 2000 unterzeichnete Todesurteil gegen PKK-Führer Öcalan wurde nicht vollstreckt. Dennoch kam es zu Häftlingsrevolten in 20 Gefängnissen.
Während er noch 1978 einen Beitritt der Türkei in die Europäische Gemeinschaft verhindern konnte, gewann er in seinen letzten Jahren in der Politik einem EU-Beitritt vor allem positive Aspekte ab.
Im November 2002 verlor die DSP die Wahl gegen die neu gegründete AKP unter Erdoğan, von 22 % im Jahr 1999 fiel ihr Wähleranteil auf 1 %. Wegen einer massiven Wirtschaftskrise 2001/2002 verloren Hunderttausende türkischer Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz und lasteten dies Ecevits Wirtschaftspolitik an. Ministerpräsident wurde Abdullah Gül. Ende 2002 verließ Ecevit die Politik, da er aus gesundheitlichen Gründen seine Ämter nicht mehr wahrnehmen konnte. Nach einem Schlaganfall am 19. Mai 2006 lag Ecevit bis zum 29. Juni 2006 im Koma und verstarb am 5. November 2006 in Ankara. Er hinterlässt seine Frau Rahşan, die ihm jahrzehntelang auch in politischer Hinsicht zur Seite stand. Das Ehepaar Ecevit blieb kinderlos.
Begräbnis
Bei den Begräbnisfeierlichkeiten am 11. November 2006 nahmen mehr als hunderttausend Menschen Abschied von Ecevit. Hinzu kamen noch einmal nahezu eine Million Trauernde, die in 81 Städten Ecevit gedachten. Die gesamte Staatsführung und führende Vertreter aller Waffengattungen und der im Parlament vertretenen Parteien versammelten sich bei seiner Beisetzung auf dem Staatsfriedhof von Ankara. Mitglieder der AKP und Premierminister Erdoğan wurden bei der Beisetzung ausgebuht. Der Friedhof war bisher ausschließlich für Staatspräsidenten und hochrangige Waffengefährten des Republikgründers Mustafa Kemal Atatürk reserviert.
Verschiedenes
Ecevit wurde von Anhängern liebevoll Karaoğlan (Schwarzer Junge) genannt und färbte sich noch bis ins hohe Alter seine Haare. Sein politischer Ruf war untadelig, denn er war nie in eine Korruptionsäffare verstrickt. Er trat auch als Übersetzer (unter anderem Werke von T. S. Eliot und Rabindranath Tagore) hervor und veröffentlichte eigene Gedichte. Ecevit galt als der bedeutendste Theoretiker des Kemalismus in seiner Zeit.
Weblinks
- Literatur von und über Bülent Ecevit im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Chronologie der Türkei - Politik 1980–1997
- Ministerpräsidenten der Türkei
- „Bulent Ecevit, a Political Survivor Who Turned Turkey Toward the West, Is Dead at 81“, New York Times, 6. November 2006
- „Bülent Ecevit ist tot“, die tageszeitung, 7. November 2006
Von 1920 bis 1923: Mustafa Kemal Atatürk | Fevzi Çakmak | Rauf Orbay | Fethi Okyar
Ab 1923: İsmet İnönü | Celal Bayar | Refik Saydam | Şükrü Saracoğlu | Recep Peker | Hasan Saka | Semsettin Günaltay | Adnan Menderes | Cemal Gürsel | Suat Ürgüplü | Süleyman Demirel | Nihat Erim | Ferit Melen | Naim Talu | Bülent Ecevit | Sadi Irmak | Bülent Ulusu | Turgut Özal | Yıldırım Akbulut | Mesut Yılmaz | Tansu Çiller | Necmettin Erbakan | Abdullah Gül | Recep Tayyip ErdoğanPersonendaten NAME Ecevit, Bülent KURZBESCHREIBUNG mehrmaliger Ministerpräsident der Türkei GEBURTSDATUM 28. Mai 1925 GEBURTSORT Istanbul STERBEDATUM 5. November 2006 STERBEORT Ankara
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