Echter Seidelbast

Echter Seidelbast
Echter Seidelbast
Echter Seidelbast (Daphne mezereum)

Echter Seidelbast (Daphne mezereum)

Systematik
Rosiden
Eurosiden II
Ordnung: Malvenartige (Malvales)
Familie: Seidelbastgewächse (Thymelaeaceae)
Gattung: Seidelbast (Daphne)
Art: Echter Seidelbast
Wissenschaftlicher Name
Daphne mezereum
L.
Gewoehnlicher Seidelbast Daphne mezereum.jpg
Weißblühende Form

Der Echte Seidelbast (Daphne mezereum), auch Gewöhnlicher Seidelbast oder Kellerhals genannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung Seidelbast (Daphne) und gehört zur Familie der Seidelbastgewächse (Thymelaeaceae). Er ist die einzige stammblütige Art Mitteleuropas und gilt in diesem Verbreitungsgebiet als bekanntester und weitverbreitetster Vertreter der Gattung. Wegen der attraktiven, schon im Vorfrühling erscheinenden Blüten wird der Echte Seidelbast auch als Zierpflanze genutzt. Die stark giftige Pflanze wurde früher auch als Heilpflanze verwendet.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Erscheinungsbild

Der Echte Seidelbast wächst als kleiner, wenig verzweigter, aufrechter bis aufsteigender, sommergrüner Strauch mit rutenförmigen zähen Ästen, der eine Wuchshöhe von etwa 40 bis 125 cm erreicht. Die Rinde junger Zweige ist gelblich braun gefärbt, später reißt sie auf und nimmt eine braungraue Farbe an[1].

Blätter und Knospen

Die Blattknospen des Echten Seidelbasts sind länglich bis eiförmig und zugespitzt. Die Ränder der Knospenschuppen sind mit weißen Wimpern besetzt.[2][3]

Die kurz gestielten Laubblätter des Echten Seidelbasts entwickeln sich nur an den Zweigspitzen. Sie sind wechselständig und spiralig angeordnet. Die einfache, ganzrandige Blattspreite variiert ihrer Länge von 4 bis 9 cm, in ihrer Breite von 1,5 bis 2,5 cm[3] und in ihrer Form von länglich bis verkehrt-lanzettlich[4]. Am Spreitengrund verschmälert sie sich keilförmig. Die Blattoberseite ist frischgrün und die Blattunterseite graugrün gefärbt. Die dünnen Blätter fühlen sich relativ weich an und sind nach dem Laubaustrieb behaart.

Blüte

Diese frühblühende Art bildet zwischen Februar und März vor ihrem Blattaustrieb die Blüten aus. Die stark duftenden, rosa bis purpurrot gefärbten, 7 bis 9 mm langen Blüten sitzen meist in Dreiergruppen seitenständig[5] unmittelbar der Sprossachse an.[6] Der Echte Seidelbast ist die einzige cauliflore Art Mitteleuropas; gewöhnlich ist direkte Stammblütigkeit nur bei Tropenpflanzen verbreitet[6]. Die Blüten bilden sich direkt über den Narben der abgefallenen Blätter des Vorjahres[5] und unterhalb einer Gipfelknospe, welche nach dem Abblühen einen langen Laubtrieb ausbildet[7]. Bereits bei 30 cm hohen Exemplaren kann die Blüh- und Fruchtfähigkeit gegeben sein.[6]

Eine weitere Besonderheit ist, dass keine Blütenkrone entwickelt wird, sondern die Blütenhülle allein von der zylindrischen, außen seidig behaarten Kelchröhre des vierzipfeligen, kronblattähnlichen, rosafarbenen bis purpurroten Kelchs gebildet wird. Die Länge der Kelchröhre entspricht in etwa der der Kelchzipfel. Da die Schaufunktion auf den Kelch übergegangen ist, hat dieser die Aufgabe, die langrüsseligen Insekten zur Bestäubung anzulocken. Eine Seidelbastgewächs-Blüte besitzt acht Staubblätter, die in zwei Kreisen[5] untereinander in der Kelchröhre angeheftet sind. Der oberständige Fruchtknoten ist unbehaart und geht in einen kurzen Griffel über. Er bleibt in der Kelchröhre verborgen. Gewöhnlich sind die Blüten zwittrig, gelegentlich wurden jedoch auch rein weibliche Blüten beobachtet.[6]

Frucht

Die erbsengroßen, leuchtend roten -selten gelben- äußerst giftigen Früchte des Seidelbasts reifen von August bis September. Sie ähneln mit ihrem schwarzen Steinkern einsamigen Steinfrüchten. Da an ihrer Bildung sowohl die Fruchtblätter als auch die Blütenachse beteiligt sind, werden sie neben Steinfrucht auch als Scheinfrüchte bezeichnet[6].

Chromosomenzahl

Der Echte Seidelbast ist diploid mit einer Chromosomenzahl von 2n = 18[8]

Ökologie

Der Echte Seidelbast wird von langrüsseligen Insekten bestäubt, für die er – bedingt durch die sehr frühe Blütezeit – eine wertvolle Nektarquelle darstellt. Im Falterstadium überwinternde und zeitig im Frühjahr fliegende Schmetterlinge, wie z.B. der Zitronenfalter, der Kleine Fuchs, das Tagpfauenauge oder der C-Falter werden durch die aromatisch duftenden Blüten angelockt und laben sich an dem reichlich angebotenem Nektar. Auch Bienen und Hummeln treten als Bestäuber in Erscheinung. Die Früchte des Echten Seidelbasts bieten etwa zehn Vogelarten, darunter insbesondere den Drosseln, Nahrung. Die Samen passieren deren Verdauungstrakt unbeschadet und werden so weiter ausgebreitet.

Vorkommen

Der Echte Seidelbast gilt als typischer Buchenbegleiter. Als Standorte werden kalkhaltige und nährstoffreiche Böden von Laubmischwäldern, insbesondere Buchen- und Eichen-Hainbuchenwaldgesellschaften, Hochstaudenfluren, Nadelmisch- und Bergwäldern oder auch Hartholz-Auenwäldern bevorzugt. Der Echte Seidelbast erreicht seine obere Höhengrenze bei etwa 2000 m Seehöhe.

Der Echte Seidelbast hat ein eurasiatisches Verbreitungsgebiet, das die gemäßigte und die boreale Klimazone umfasst. In Europa fehlt er in den äußersten westlichen und nördlichen Gebieten mit ozeanischer oder arktischer klimatischer Prägung. Im Mittelmeergebiet beschränken sich seine Vorkommen auf die Gebirge von den Pyrenäen über Süditalien, den Balkan bis zum Kaukasus. Im Osten erreicht er den Baikalsee in Sibirien. Verwildert findet man die Art auch auf den Britischen Inseln und in Nordamerika[9] [3].

In Deutschland ist die Art vor allem im Alpenraum und den Mittelgebirgen deutlich belegt. Im Norddeutschen Tiefland und anderen Tieflagen werden die Vorkommen sehr sporadisch.[8][1][3]. Der Echte Seidelbast ist in Bayern, Baden-Württhemberg, dem Rheinland, dem östlichen und südlichen Teil Nordrhein-Westfalens, Hessen, Thüringen, dem Süden Sachsens, den südwestlichen Regionen Sachsen-Anhalts und Süd-Niedersachsen verbreitet vorhanden[5]. Zerstreute Vorkommen befinden sich in Nord-Sachsen, seltene im Nordwesten Nordrhein-Westfalens, im Norden und Osten Sachsen-Anhalts und in Ost-Brandenburg[5]. Als Neophyt ist der Echte Seidelbast selten im westlichen und mittleren Teil Brandenburgs, in Nord-Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein anzutreffen[5]. In Österreich ist der Echte Seidelbast häufig bis zerstreut in allen Bundesländern vertreten.[10]

Der Echte Seidelbast ist in Deutschland nach der Bundesartenschutzverordnung besonders geschützt.[1]

Giftigkeit

Die Pflanze ist durch das in den Samen enthaltene Mezerein und in der Rinde vorkommende Daphnetoxin stark giftig. Beide Substanzen gelten als Ko-Karzinogene. Sie bewirken eine heftige Reizung der Haut und führen zu Blasenbildung und Entzündungen. Bei oraler Aufnahme können Magen- Darmbeschwerden bis Nierenschäden die Folge sein[11]. Auf diese Symptomatik nimmt wohl die volkstümliche Bezeichnung „Kellerhals" Bezug, die an das würgende und brennende Gefühle im Hals anspielt. 'Kellen' ist mittelhochdeutsch und wird mit 'quälen' übersetzt.

Das zusätzlich enthaltene Daphnin wirkt halluzinogen.

Früher wurde die Pflanze zur Linderung von Kopf- und Zahnschmerzen verwendet, die Rinde des Echten Seidelbastes wurde früher in Essig eingelegt und als Zugpflaster verwendet.

Bachstelzen und Drosseln sind gegen das giftige Fruchtfleisch anscheinend immun und speien die Steinkerne wieder aus, sie tragen dadurch zur Verbreitung bei.

Nutzung

Der Echte Seidelbast wird zerstreut als Zierpflanze für Gehölzgruppen genutzt. Er ist seit spätestens 1561 in Kultur. Es gibt einige Sorten (Auswahl):

  • 'Bowles White': Die Blüten sind weiß, die Früchte gelb.
  • 'Variegata': Die Blätter sind weißbunt.
  • 'Plena': Die Blüten sind weiß und gefüllt.

[12]

Etymologie

Die Bezeichnung Seidelbast könnte zwei Ursprünge haben. Zum einen wird der Name auf die germanische Gottheit Ziolinta-Ziu zurückgeführt, zum anderen wird angenommen, dass sich der Wortteil Seidel von Zeidel=Biene (erste Bienennahrung) ableitet.

Daphne ist der Name eines wohlgestalteten griechischen Mädchens, das von Zeus in einen Lorbeerbaum verwandelt wurde, als Apoll, Zeus' Sohn, von seiner Liebe zu ihr nicht lassen konnte.

Einzelnachweise

  1. a b c Echter Seidelbast. In: FloraWeb.de.
  2. * Kurt Harz: Bäume und Sträucher: Blätter, Blüten, Früchte der heimischen Arten. 14. Aufl., BLV, München 2009, ISBN 978-3-8354-0479-3, S. 106.
  3. a b c d Peter Schütt, Ulla Lang: Daphne mezereum. In: Enzyklopädie der Holzgewächse, Ergänzungslieferung 14, 1998: 6 S.
  4. Kit Tan: Daphne. In Peter Hadland Davis (Hrsg.): Flora of Turkey and the East Aegean Islands. Vol. 7 (Orobanchaceae to Rubiaceae). Edinburgh University Press, Edinburgh 1982, ISBN 0-85224-396-0, S. 521–527. 
  5. a b c d e f Werner Rothmaler (Begr.), Eckehart J. Jäger, Klaus Werner (Hrsg.): Exkursionsflora von Deutschland. 2. Gefäßpflanzen: Grundband. 18. Aufl., Spektrum, Heidelberg u. a. 2002, ISBN 3-8274-1359-1, S. 248f.
  6. a b c d e Helga Dietrich, Wolfgang Heinrich: Frühblüher um Jena: aus der Pflanzenwelt Thüringens EchinoMedia, Bürgel 2008, ISBN 978-3-937107-15-8, S. 36, Auszug als PDF.
  7. Gerhard Stinglwagner, Ilse Haseder, Reinhold Erlbeck: Das Kosmos Wald- und Forstlexikon. Kosmos, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-440-12160-3, S. 781f.
  8. a b Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. 8. Auflage. Ulmer, Stuttgart 2001, ISBN 3-8001-3131-5. 
  9. Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. Band V. Teil 2: Cactaceae – Cornaceae. 2. (unveränderter Nachdruck von 1926 mit Nachtrag) Auflage. Carl Hanser bzw. Paul Parey, München bzw. Berlin und Hamburg 1966, ISBN 3-489-74021-1, S. 1558. 
  10. Manfred A. Fischer, Karl Oswald & Wolfgang Adler: Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein und Südtirol. 3. verb. Auflage. Biologiezentrum der Oberösterreichischen Landesmuseen, Linz 2008, ISBN 978-3-85474-187-9. 
  11. Botanischer Garten Erlangen der Universität Erlangen - Nürnberg: Arzneipflanzen Seite 23
  12. Werner Rothmaler (Begr.), Eckehart J. Jäger, Friedrich Ebel, Peter Hanelt, Gerd K. Müller (Hrsg.): Exkursionsflora von Deutschland. Band 5. Krautige Zier- und Nutzpflanzen. Springer, Spektrum Akademischer Verlag, Berlin, Heidelberg 2008, ISBN 978-3-8274-0918-8. 

Quellen

Weblinks

 Commons: Echter Seidelbast – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

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