Edward Bouverie Pusey

Edward Bouverie Pusey
Edward Bouverie Pusey

Edward Bouverie Pusey (spr. pjuhsi) (* 22. August 1800 in Pusey; † 16. September 1882 in Oxford) war englischer Theologe und Gründer einer entschieden katholisierenden Richtung in der englischen Hochkirche, des nach ihm benannten Puseyismus (Anglokatholizismus/Oxford-Bewegung).

Inhaltsverzeichnis

Leben

Pusey wurde 1828 Kanonikus des Christ Church College und Professor der hebräischen Sprache an der Universität Oxford. Unbefriedigt von der Starrheit der englischen Hochkirche, war Pusey auf einer Reise durch Deutschland dem deutschen Protestantismus, auch in seiner pietistischen Ausprägung, nahegekommen. Mit August Tholuck stand er im Briefwechsel. Die äußere Veranlassung zur Entstehung der anglokatholischen Bewegung war 1833 eine Versammlung mehrerer Mitglieder der Universität Oxford, die die Organisation des Widerstandes gegen die von den Whigs versuchte „Liberalisierung der (anglikanischen) Kirche“ zum Ziel hatte.

Mit Gesinnungsgenossen, wie Isaac Williams (1802-1865), Richard Hurrell Froude (1803-1836), William Palmer, John William Bowden, John Henry Newman, William George Ward, Arthur Philip Perceval, John Keble, gab Pusey seit 1833 die sogen. „Tracts for the times“ („Zeitgemäße Abhandlungen“) heraus, die allmählich das ganze Gebiet der Theologie abhandelten und sich immer mehr der katholischen Lehre näherten, obwohl sie nur eine Erneuerung der anglikanischen Kirche durch die Rückbesinnung auf die Kirchenväter forderten. Es erschienen 90 Tracts.

Die Anhänger Puseys hießen daher auch Traktarianer (Tractarians) und der Puseyismus wurde traktarianische Kontroverse (the tractarian controversy, tractarianism) genannt. 1841 wurde die Fortsetzung der Traktate von der Regierung untersagt und Pusey selbst erhielt 1843 vom sogenannte Board of heresy, einer Art Ketzergericht, für zwei Jahre Predigtverbot. Seine Ansichten waren im Wesentlichen der katholischen Lehre nahe. Er verlangte die Geltung der Tradition der Sukzession, der apostolischen Nachfolge der Bischöfe und Priester, die Wiederherstellung der Messe, die Wiedereinführung der Kirchenbuße, des Fastens und der Ohrenbeichte. In Bezug auf das Abendmahl lehrte er wenigstens halbkatholisch eine wirkliche Gegenwart Christi in der Eucharistie. Die Neununddreißig Artikel wollte er im altchristlichen Sinn verstanden und ergänzt wissen. Pusey fand namentlich unter den Studenten in Oxford und der von da ausgehenden jüngern Geistlichkeit zahlreiche Anhänger.

So kam es zur Spaltung, besonders infolge der Verurteilung eines Buches von William George Ward vom „Ideal der Kirche“,[1] in welchem dieser den protestantischen Kernsatz der Rechtfertigung durch den Glauben eine „verdammliche, pestilenzialische ätherische Ketzerei“ genannt hatte, durch die Universität Oxford. Nachdem Oakley, Ward, Wingfield und Newman zur katholischen Kirche übergetreten waren, folgten mehrere hundert englische Geistliche, darunter auch Henry Edward Manning, der spätere katholische Erzbischof und Kardinal. Pusey selbst verblieb in der anglikanischen Kirche und starb am 16. September 1882.

Mit der Zeit wurde der Puseyismus zu einer Form des sogenannten Ritualismus (Hochkirchliche Bewegung) unter der Geistlichkeit; der Kult wurde dem römischen manchmal so ähnlich gefasst, dass er äußerlich kaum mehr zu unterscheiden war (Anrufung der Heiligen und der Engel, Marienkult, Glaube an das Fegefeuer, Totenmessen, Letzte Ölung, Kniebeugung, Weihrauch, brennende Lichter, Elevation der Hostie etc.). Papst Pius IX. stellte 1850 die katholische Hierarchie in England wieder her, was auf anglikanischer Seite wiederum zu einer Ablehnung von katholisierenden Riten führte.

Auf dem Kontinent fanden Puseys Bemühungen zu seiner Zeit wenig Berücksichtigung. Heute allerdings sieht man in ihm einen Pionier der Ökumenischen Bewegung und seine Theologie wird wissenschaftlich gewürdigt.

Literatur

  • Moritz Petri (Hrsg.): Beiträge zur besseren Würdigung des Wesens und der Bedeutung des Puseyismus, durch Übertragung einiger der wichtigsten betreffenden englischen Schriften nebst einer Einleitung. 2 Bände. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1843–1844.
  • Robert Weaver: Der Puseyismus in seinen Lehren und Tendenzen beleuchtet. T. O. Weigel, Leipzig, 1844.
  • William Edward Jelf: Ritualism, Romanism an the English reformation. Longmans, London 1876.
  • Carl Mettgenberg: Ritualismus und Romanismus in England. Hochgürtel, Bonn 1877.
  • Albrecht Geck: The Concept of History in E. B. Pusey's First Enquiry into German Theology and its German Background. In: The Journal of Theological Studies. NS 38, 2, ISSN 0022-5185, 1987, S. 387–408.
  • Albrecht Geck: Friendship in Faith. E. B. Pusey (1800–1882) und F.A.G. Tholuck (1799–1877) im Kampf gegen Rationalismus und Pantheismus. Schlaglichter auf eine englisch-deutsche Korrespondenz. In: Pietismus und Neuzeit. 27, 2001, ISSN 0172-6943, S. 91–117.
  • Albrecht Geck: Edward Bouverie Pusey. Hochkirchliche Erweckung. In: Peter Neuner, Gunther Wenz (Hrsg.): Theologen des 19. Jahrhunderts. Eine Einführung. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2002, ISBN 3-534-14962-9, S. 108–126.
  • Albrecht Geck (Hrsg.): Autorität und Glaube. Edward Bouverie Pusey und Friedrich August Gotttreu Tholuck im Briefwechsel (1825–1865). V & R Unipress, Osnabrück 2009, ISBN 978-3-89971-577-4 (Zugleich: Osnabrück, Univ., Magisterarbeit, 2008).

Quelle

  • Meyers Konversationslexikon
  • Die kleine Enzyklopädie, Encyclios-Verlag, Zürich, 1950, Band 2, Seite 411

Weblinks

Einzelnachweise

  1. The ideal of the Christian church considered in comparison with existing practice, containing a defence of certain articles in the British critic in reply to remarks on them in Mr. Palmer's 'Narrative' . London 1844 (Reprint New York 1977)

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