Elfriede Steckel

Elfriede Steckel

Jo Mihaly (eigentlich: Elfriede Steckel, Geburtsname Elfriede Alice Kuhr) (* 25. April 1902 in Schneidemühl; † 29. März 1989 in Seeshaupt, Bayern, nach anderen Angaben in Ascona, Tessin, Schweiz) war eine Tänzerin, Schauspielerin, Dichterin und Autorin.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Leistungen

Sie wurde 1902 als Elfriede Alice Kuhr geboren. Nach ihrer Hochzeit lautetet ihr Name Elfriede Steckel. Sie absolvierte eine Ausbildung im klassischen Tanz und wurde Mitglied des Haas-Heye-Balletts Berlin.

Von 1923–25 machte sie Tourneen in Deutschland, Auftritte in Varietes und im Zirkus. An der Volksbühne lernte sie den Schauspieler und Regisseur Leonard Steckel kennen, den sie 1927 heiratete. Mit ihm zusammen wohnte sie zeitweilig in der Bonner Str. 12 der Berliner Künstlerkolonie. 1928–33 trat sie als Solotänzerin mit eigenen, sozialkritischen Programm auf, u.a. „Die Verfolgung der Juden“ und „Vision des Krieges“. Seit 1927 schrieb sie Gedichte und hatte erste Veröffentlichungen in der von Gregor Gog und der Bruderschaft der Vagabunden herausgebenen Zeitschrift „Der Kunde“. In der Weimarer Republik führte sie erst selbst ein Vagantenleben und bündelte ihre Erfahrungen 1929 in der „Ballade vom Elend“, einem Liederbuch in der Tradition eines Villon oder Erich Mühsam. Politisch engagierte sie sich besonders für die Rechte der Sinti u. Roma. 1931–33 war sie Mitglied der „Rote Gewerkschafts-Opposition“, der „Rote Hilfe“ und des „Freidenkerbundes“. 1933 wird ihre Tochter Anja (Anja Ott, Schauspielerin) geboren.

1933 emigrierte sie mit ihrem Mann in die Schweiz und lebte bis 1949 in Zürich. Sie veröffentlichte Feuilletons und Artikel unter Pseudonymen in Schweizer Zeitungen und trat weiter als Tänzerin und Sängerin auf. Mihaly engagierte sich weiter für Flüchtlinge und hatte Kontakt zu Widerstandsgruppen in Deutschland. 1943 wurde sie Mitgründerin und Vorsitzende der Kulturgesellschaft der Emigranten innerhalb der israelischen Flüchtlingshilfe in Zürich. Weiterhin war sie Mitgründerin der Freien Deutschen Bewegung in der Schweiz. 1945 wurde sie Gründerin und Sekretärin des SDS.

Mit Schreiben vom 15. Mai 1946 wurde sie für den ausgeschiedenen Abgeordneten Dr. Werner Krauss (KPD) als Vertreter der KPD in den ernannten beratenden Landesausschuss Groß-Hessen ernannt. Das Mandat hatte sie bis zum 14. Juli 1946 inne[1].

Von Oktober 1945 bis Juli 1946 arbeitete sie in Frankfurt/M., wurde von den US-Behörden aber an der Rückkehr in die Schweiz gehindert. Sie gründete die Freie Deutsche Kulturgesellschaft in Frankfurt/M. und war Mitglied der dortigen städtischen Kulturkommission.

Ab 1949 arbeitete sie als freie Schriftstellerin in Ascona; schrieb Romane, Erzählungen, Gedichte und Jugendbücher.

Landstraße

Jo Mihaly hat in den 20er Jahren einige Zeit auf der Straße unter Wohnungslosen verbracht, viele ihrer Werke belegen ihre Nähe zu Menschen auf der Straße, wie nachstehendes Beispiel zeigt:

Ich bin in die Ferne gewandert,
so weit der Himmel reicht –
ich habe in manchen Spelunken
mein Quantum Verstand vertrunken
und mich wieder nüchtern geküsst…
…Die Straße ist ein Meister
mit Hammer, Stichel und Stein –
sie grub in meine Visage
die ganze große Blamage
bewundernswert hinein.
denkt mal drüber nach

Auszeichnungen

Ehrenpreis der Stadt Zürich

Werke

  • Auch wenn es Nacht ist: Roman/ Jo Mihaly. - Hürth bei Köln [u.a.]: Ed. Memoria, 2002
  • Gesucht: Stepan Varesku: Roman/ Jo Mihaly. - Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1989
  • Wer ist der Dieb: eine Schuldfrage/ Jo Mihaly. - Stäfa: Buchdruckerei, 1988
  • …Da gibt's ein Wiedersehn!: Kriegstagebuch e. Mädchens 1914–1918/ Jo Mihaly. - Ungekürzte Ausg. - München: Deutscher Taschenbuch-Verl, 1986
  • Drei Weihnachtsgeschichten: mit biograph. Notizen u. Werkverz. im Anh./ Jo Mihaly. - [Stäfa]: Buchdruckerei Stäfa, 1984
  • …da gibt's ein Wiedersehn!: Kriegstagebuch eines Mädchens, 1914–1918/ Jo Mihaly. - Freiburg: Kerle, 1982
  • Was die alte Anna Petrowna erzählt: Geschichten aus Russland/ Jo Mihaly. - 11. - 15. Tsd. - Heilbronn: Salzer, 1975
  • Gib mir noch Zeit zu lieben: Weihnachtserzählungen/ Jo Mihaly. - 11.–15. Tsd. - Heilbronn: Salzer, 1974
  • Der verzauberte Hase: 2 Tier-Erzählungen/ Jo Mihaly. - Heilbronn: Salzer, 1971
  • Bedenke, Mensch…/ Jo Mihaly. - Winterthur: Gemsberg-Verl., 1958
  • Hüter des Bruders, Roman (Zürich 1942),
  • Bedenke, Mensch; mit 25 Photographien barocker Darstellungen des Todes; Gemsberg Verlag, Winterthur; 78 S.
  • Michael Arpad und sein Kind

Nachlass

Ein kleiner Teil des Nachlasses von Jo Mihaly befindet sich in der Walter-A.-Berendsohn-Forschungsstelle für deutsche Exilliteratur[2] an der Universität Hamburg [3].

Ein umfangreicherer Teil des Nachlasses befindet sich bei Thomas B. Schumann, der in seinem Kölner Kleinverlag Edition Memoria auch Mihalys Roman „Wenn es Nacht wird“ im Jahr 2002 publiziert hat.[4]

Literatur

  • Eine politische Dichterin des Tanzes: Jo Mihaly, in: Amelie Soyka (Hg.): Tanzen und tanzen und nichts als tanzen. Tänzerinnen der Modernen von Josephine Baker bis Mary Wigman, Berlin: Aviva 2004, S. 38–151.
  • Petra Josting: ‚Zigeuner‘ in der Kinder- und Jugendliteratur der Weimarer Republik am Beispiel von Jo Mihalys ‚Michael Arpad und sein Kind. Ein Kinderschicksal auf der Landstraße’ (1930). In: Petra Josting/Walter Fähnders (Ed.): „Laboratorium Vielseitigkeit“. Zur Literatur der Weimarer Republik. Festschrift für Helga Karrenbrock zum 60. Geburtstag. Bielefeld: Aisthesis, 2005 ISBN 3-89528-546-3
  • Wohnsitz: Nirgendwo: Vom Leben und Überleben auf der Strasse. - Hrsg. vom Künstlerhaus Bethanien. - 1. Aufl. - Berlin: Frölich & Kaufmann GmbH, 1982

Einzelnachweise

  1. Lengemann; Hessenparlament, Seite 395-396
  2. Eintrag in der Generalliste der Forschungsstelle
  3. Übersicht des Nachlasses von Jo Mihaly am der Walter-A.-Berendsohn-Forschungsstelle für deutsche Exilliteratur
  4. Hinweis zu Thomas B. Schumann

Weblinks


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