Leonard Steckel

Leonard Steckel

Leonard Steckel (* 18. Januar[1]1901 in Knihinin (Österreich-Ungarn), einer Vorstadt von Stanislau, heute Iwano-Frankiwsk (Ukraine); † 9. Februar 1971 bei Aitrang; gebürtig Leonhard Steckel) war ein deutscher Schauspieler, Hörspielsprecher und Regisseur.

Inhaltsverzeichnis

Erste Erfolge

Er war der Sohn des Eisenbahnverwalters Markus Steckel und dessen Ehefrau Eva Bazar. Nach dem frühen Tod seines Vaters wuchs er bei den Eltern seiner Mutter in Berlin auf. Hier besuchte er das Köllnische Gymnasium, wo er sein Abitur machte.

Er nahm Schauspielunterricht bei Paul Bildt und erhielt 1921 sein erstes Engagement am Neuen Volkstheater an der Köpenickerstraße. Steckel verblieb hier bis 1923 und spielte im selben Jahr mit der Theatergruppe „Die Truppe“ in Shakespeares Der Kaufmann von Venedig und bei der Uraufführung von Georg Kaisers Nebeneinander. In der Spielzeit 1923/24 wirkte er am Lustspielhaus, 1924/25 am Preußischen Staatstheater, 1925/26 am Deutschen Theater, 1926/27 an der Volksbühne, 1927/28 am Theater am Nollendorfplatz, 1928/29 am Theater am Schiffbauerdamm, 1929/30 wieder am Theater am Nollendorfplatz und 1930 bis 1932 wieder an der Volksbühne.

Steckel spielte vor allem in modernen Stücken seiner Zeit und verkörperte unter anderem Shaak in Paquets Fahnen (Uraufführung 1924 an der Volksbühne) und den Irrenarzt in Tollers Hoppla, wir leben! (1927). 1928 führte er erstmals selbst Regie bei der Aufführung von Franz Jungs Heimweh im Studio der Piscator-Bühne. 1929 trat er in Aribert Wäschers und Rosa Valettis Kabarett Larifari auf. 1933 unternahm er eine Skandinavien-Tournee mit der Operette Madame Dubarry von Karl Millöcker. Seit 1929 wirkte Steckel auch in Filmen mit, darunter ungenannt in dem Klassiker M – Eine Stadt sucht einen Mörder.

Im Exil

Ab 1927 war er mit der Tänzerin und späteren Schriftstellerin Elfriede Kuhr, die den Künstlernamen Jo Mihaly trug, verheiratet. Im Februar 1933 wurde seine Tochter Anja geboren. Durch ein Engagement am Schauspielhaus Zürich konnte er sich nach Hitlers Machtergreifung als "Jude" eingestuft im Mai 1933 in die Schweiz retten.

In Zürich wirkte Steckel in zahlreichen klassischen und modernen Theaterstücken mit und machte sich ab 1935 einen Namen als Theaterregisseur. Er bevorzugte die Werke von Autoren, die im nationalsozialistischen Deutschland nicht aufgeführt werden durften, wie Franz Werfel, Jean Giraudoux, George Bernhard Shaw, T. S. Eliot, Thornton Wilder, Bertolt Brecht, Arthur Schnitzler, Eugene O'Neill und Marcel Pagnol. Unter anderem inszenierte er 1943 die erste Exilaufführung von Brechts Der gute Mensch von Sezuan.

Nach dem Krieg erlaubten ihm die Siegermächte zunächst nicht die Rückkehr nach Deutschland. Steckel wirkte weiter am Zürcher Schauspielhaus, wo er 1951 die Uraufführung von Max Frischs Graf Öderland inszenierte und Hans Henny Jahnns Drama Armut, Reichtum, Mensch und Tier aufführte. Erst nach der Intervention von Bundespräsident Theodor Heuss bekam Steckel die Einreisegenehmigung und einen deutschen Pass.

In der Bundesrepublik

1952 brachte er mit Kiss me Kate am Theater am Kurfürstendamm das erste amerikanische Musical in Deutschland zur Aufführung. Später feierte er damit auch in Hamburg Erfolge. 1955 heiratete Steckel die Münchner Fotoagentin Hermi Steckel (1916–2010). Er war in den fünfziger Jahren vor allem an Berliner und Münchner Bühnen zu sehen, daneben in Bochum, Münster, Basel, Hamburg und 1963 bis 1964 bei den Salzburger Festspielen. Von 1958 bis 1959 leitete er das Theater am Kurfürstendamm. Daneben gab er mehrere Gastinszenierungen.

Steckel war in den fünfziger Jahren häufig in kleinen Filmrollen vertreten, wo er meist Respektspersonen wie Ärzte und Professoren verkörperte. Er wirkte auch bei Hörspielen mit, so beispielsweise 1959 in einer sechsteiligen Reihe als Kommissar Maigret, die der SWF unter der Regie von Gert Westphal produzierte. Seine Mitspieler waren u. a. Heinz Schimmelpfennig und Annedore Huber-Knaus. Einmal übernahm er die Regie. 1966 feierte Steckel einen letzten großen Erfolg als Theaterschauspieler am Schauspielhaus Zürich in der Rolle des Schwitter in Friedrich Dürrenmatts Der Meteor.

Tod

1971 plante Steckel mit Brechts Herr Puntila und sein Knecht Matti eine viermonatige Welttournee durch 16 Länder, die im Juni beginnen sollte. Am 9. Februar jedoch verlor Leonard Steckel beim Eisenbahnunfall von Aitrang sein Leben. Er ist auf dem Friedhof Heerstraße in Berlin begraben.

Filmografie

  • 1927: Gewitter über Gottland (Kurzfilm)
  • 1929: Phantome des Glücks
  • 1931: M – Eine Stadt sucht einen Mörder
  • 1931: Die Abenteurerin von Tunis
  • 1931: Der Draufgänger
  • 1931: Der Hauptmann von Köpenick
  • 1931: Die Nächte von Port Said
  • 1932: Der Geheimagent
  • 1932: Die verliebte Firma
  • 1932: Gitta entdeckt ihr Herz
  • 1932: Ich will nicht wissen wer du bist
  • 1932: Mieter Schulze gegen alle
  • 1932: Spione im Savoy-Hotel
  • 1932: Kampf um Blond
  • 1933: Salon Dora Green
  • 1933: Ein Lied für Dich
  • 1933: Hände aus dem Dunkel
  • 1933: Unsichtbare Gegner
  • 1940: Fräulein Huser (nur Regie)
  • 1941: Bieder, der Flieger (Co-Regie)
  • 1952: Palast-Hotel
  • 1953: Zwiespalt des Herzens / Die Venus vom Tivoli
  • 1953: Südliche Nächte
  • 1953: Meines Vaters Pferde
  • 1954: Die sieben Kleider der Katrin
  • 1954: Viktoria und ihr Husar
  • 1954: Der letzte Sommer
  • 1954: Frühlingslied
  • 1954: Ewiger Walzer
  • 1954: Geliebte Feindin
  • 1955: Liebe ohne Illusion
  • 1955: Du mein stilles Tal (auch Regie)
  • 1956: Rosen für Bettina
  • 1956: Der Hauptmann von Köpenick
  • 1956: Ohne Dich wird es Nacht
  • 1956: Stresemann
  • 1957: Madeleine und der Legionär
  • 1957: Der Arzt von Stalingrad
  • 1958: Die grünen Teufel von Monte Cassino
  • 1958: Das Mädchen vom Moorhof
  • 1958: Majestät auf Abwegen
  • 1958: Romarei, das Mädchen mit den grünen Augen
  • 1959: Unser Wunderland bei Nacht
  • 1959: Ja, so ein Mädchen mit 16
  • 1959: Marili
  • 1960: Liebling der Götter
  • 1962: Das Geheimnis der schwarzen Koffer
  • 1962: Golden Boy
  • 1962: Nachts ging das Telefon
  • 1962: Affäre Blum
  • 1963: Zwei Whisky und ein Sofa
  • 1963: Der Besuch
  • 1964: In einem Garten in Aviamo
  • 1966: Herr Puntila und sein Knecht Matti
  • 1966: Pontius Pilatus
  • 1966: Grieche sucht Griechin
  • 1968: Der Meteor
  • 1968: Der zehnte Mann
  • 1968: Graf Öderland
  • 1970: Der Tag des Krähenflügels
  • 1970: Einladung ins Schloß
  • 1971: Chopin-Express

Hörspiele

Regie

  • 1954: Anna Christie
  • 1956: Caesar und der Phönix
  • 1956: Küss mich, Kätchen! (Theatermitschnitt)
  • 1956: Die Brüder Rico
  • 1956: Keine Angst, sie kriegen sich (Theatermitschnitt)
  • 1959: Die Pariserin (Theatermitschnitt)
  • 1960: Fräulein Julie (nach August Strindberg)

Sprecher

  • 1953: Pilatus – Regie: Ludwig Cremer
  • 1953: Merlin – Regie: Wilhelm Semmelroth
  • 1953: Heute Nacht in Samarkand – Regie: Heinz-Günter Stamm
  • 1953: Der falsche Schutzengel – Regie: Heinz-Günter Stamm
  • 1953: Affäre Blum – Autor und Regie: Robert Adolf Stemmle
  • 1954: Der Toupetkünstler – Regie: Fränze Roloff
  • 1954: Mein Herz ist im Hochland – Regie: Ludwig Cremer
  • 1954: Beatrice und Juana (von Günter Eich) – Regie: Gert Westphal
  • 1954: Lob der Verschwendung – Regie: Ludwig Cremer
  • 1954: Zwischenstation – Regie: Gert Westphal
  • 1954: Der Passagier vom 1. November – Regie: Karl Peter Biltz
  • 1955: Die Hinschlachtung der Unschuldigen – Regie: Gert Westphal
  • 1955: Das kalte Licht (nach Carl Zuckmayer) – Regie: Gert Westphal
  • 1955: Erinnerungen – Regie: Ludwig Cremer
  • 1955: Der Priester und die Räuber – Regie: Peter Hamel
  • 1955: Kritische Ereignisse im Staate Pelargonien – Regie: Ludwig Cremer
  • 1956: Schmutzige Hände – Regie: Ludwig Cremer
  • 1956: Die Rückreise – Regie: Gert Westphal
  • 1956: John Every oder Wieviel ist der Mensch wert – Regie: Werner Finck
  • 1956: Wer ist der Dieb? – Regie: Gert Westphal
  • 1956: Jugendgericht – Regie: Heinz Schimmelpfennig
  • 1957: Der Roßdieb zu Fünsing – Regie: Otto Kurth
  • 1957: Frau Maigret als Detektiv – Regie: Otto Kurth
  • 1957: Das Geheimnis – Regie: Wilhelm Semmelroth
  • 1958: Jahrmarkt des Lebens (4 Teile) – Regie: Gert Westphal
  • 1959: Brandenburger Tor (nach Hans Scholz) – Regie: Gert Westphal
  • 1959: Maigret und die Groschenschenke – Regie: Gert Westphal
  • 1959: Maigret und seine Skrupel – Regie: Gert Westphal
  • 1959: Maigret und sein Revolver – Regie: Gert Westphal
  • 1959: Maigret und die Unbekannte – Regie: Gert Westphal
  • 1960: Maigret und der gelbe Hund – Regie: Gert Westphal
  • 1960: Maigret und die Bohnenstange – Regie: Gert Westphal
  • 1960: Der Tanz aus der Reihe – Regie: Edward Rothe
  • 1960: Thomas G. Masaryk: Die Wahrheit ist einsam – Regie: Ludwig Cremer
  • 1960: Protokolle – Regie: Gert Westphal
  • 1961: Major Barbara – Regie: Walter Knaus
  • 1961: Fahnen brauchen Lügen – Regie: Alexander Pestel
  • 1961: Die Kette – Regie: Wolfgang Spier
  • 1963: Ein Herrenabend ohne Sokrates – Regie: Gert Westphal
  • 1963: Treffpunkt Vergangenheit – Regie: Ulrich Gerhardt
  • 1964: Vittoria Accorombona – Regie: Otto Kurth
  • 1964: Trommeln in der Nacht (nach Bertolt Brecht) – Regie: Günter Bommert
  • 1964: Symptome – Regie: Günther Sauer
  • 1964: Ich, der Priester und die Sargträger – Regie: Raoul Wolfgang Schnell
  • 1970: Geburtstagsparty – Regie: Fritz Schröder-Jahn

Literatur

  • Franz Rueb: Leonard Steckel. Schauspieler und Regisseur. Eine Theater- Monographie. Innaron, Zürich 2001, ISBN 3-906-52704-2

Quellen

  1. Geburtsdatum laut IMDb, Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films, Brockhaus Enzyklopädie u. a.. Andere, wie z. B. Filmportal.de und die beiden in den Weblinks angeführten Biografien nennen als Geburtsdatum: 8. Januar 1901.

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Steckel — ist der Nachname folgender Personen: Dave Steckel (* 1982), US amerikanischer Eishockeyspieler Elfriede Steckel (1902–1989), unter dem Pseudonym Jo Mihaly bekannte deutsche Tänzerin und Schriftstellerin Frank Patrick Steckel (* 1943), deutscher… …   Deutsch Wikipedia

  • Leonhard Steckel — Leonard Steckel (* 18. Januar[1]1901 in Knihinin (Österreich Ungarn), einer Vorstadt von Stanislau, heute Iwano Frankiwsk (Ukraine); † 9. Februar 1971 bei Aitrang; gebürtig Leonhard Steckel) war ein deutscher Schauspieler und Regisseur.… …   Deutsch Wikipedia

  • Steckel — Stẹckel,   1) Frank Patrick, Regisseur und Intendant, * Berlin 10. 2. 1943; Regisseur in Hamburg und an der Berliner Schaubühne; 1978 81 Oberspielleiter des Schauspiels in Bremen; 1986 95 Intendant des Bochumer Schauspielhauses, danach freier… …   Universal-Lexikon

  • Elfriede Steckel — Jo Mihaly (eigentlich: Elfriede Steckel, Geburtsname Elfriede Alice Kuhr) (* 25. April 1902 in Schneidemühl; † 29. März 1989 in Seeshaupt, Bayern, nach anderen Angaben in Ascona, Tessin, Schweiz) war eine Tänzerin, Schauspielerin, Dichterin und… …   Deutsch Wikipedia

  • Heinz Schimmelpfennig — (* 6. April 1919 in Berlin; † 31. Dezember 2010 in Gernsbach)[1][2] war ein deutscher Schauspieler, Regisseur, Hörspiel und Synchronsprecher. Inhaltsverzeichnis 1 Biografie …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Stec — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Künstlerkolonie Wilmersdorf — Die Künstlerkolonie Berlin Die Künstlerkolonie Berlin ist eine Wohnsiedlung im Süden des Berliner Ortsteils Wilmersdorf in südöstlicher Fortsetzung des Rheingauviertels an der Grenze zu den Ortsteilen Friedenau und Steglitz. Sie wird begrenzt… …   Deutsch Wikipedia

  • Friedrich Schoenfelder — (* 17. Oktober 1916 in Sorau, Niederlausitz; † 14. August 2011 in Berlin) war ein deutscher Schauspieler und Synchronsprecher. Friedrich Schoenfelder bei einem Edgar Wallace Treffen …   Deutsch Wikipedia

  • Graf Öderland — Graf Öderland, gemäß Untertitel Eine Moritat in zwölf Bildern, ist ein Drama des Schweizer Schriftstellers Max Frisch. Angeregt durch einen Zeitungsbericht verfasste Frisch im Jahr 1946 eine erste Prosaskizze, die im Folgejahr als Teil des… …   Deutsch Wikipedia

  • Walter Ullmann (Regisseur und Journalist) — Walter Ullmann (* 5. Januar 1898 in Wien; † 5. Mai 1949 in Paris) war ein Regisseur, Theatergründer und macher, Herausgeber und Journalist in Berlin, München, Wien, Paris und einer Reihe weiterer Orte. Bekannt wurde er unter den Pseudonymen Dr.… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”