- Erbbaupacht
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Das Erbbaurecht (umgangssprachlich auch Erbpacht) ist das Recht des Erbbauberechtigten gegen Zahlung eines Entgeltes (des sog. Erbbauzinses) auf einem fremden Grundstück ein Bauwerk zu haben. Aus der Sicht des Eigentümers des Grundstücks (des sog. Erbbaurechtsgebers) ist das Erbbaurecht ein beschränktes dingliches Recht, das auf seinem Grundstück lastet. Das Erbbaurecht wird selbst wie ein Grundstück behandelt (so genanntes „grundstücksgleiches Recht“). Das aufgrund eines Erbbaurechts errichtete Bauwerk gilt somit als wesentlicher Bestandteil des Erbbaurechts und nicht des Grundstücks. Eigentümer des Bauwerks ist somit der Erbbauberechtigte und nicht der Grundstückseigentümer. Erlischt das Erbbaurecht, so wird das Bauwerk zum wesentlichen Bestandteil des Grundstücks, d.h. dass jetzt der Grundstückseigentümer zum Eigentümer des Bauwerks wird.
Das Erbbaurecht wird in zwei Grundbüchern dokumentiert, zum einen im Grundbuch des belasteten Grundstücks (Grundstücksgrundbuch) und zum anderen im Erbbaugrundbuch. Im Grundstücksgrundbuch wird das Erbbaurecht in der zweiten Abteilung eingetragen. Es kann ausschließlich zur ersten Rangstelle bestellt werden. Der Rang kann auch nicht geändert werden. Damit wird sichergestellt, dass das Erbbaurecht bei einer Zwangsversteigerung des Grundstücks fortbesteht.
Schließlich kann das Erbbaurecht wie ein Grundstück veräußert, vererbt und belastet werden, beispielsweise mit Grundpfandrechten (Grundschuld und Hypothek). Es wird deshalb in ein eigenes Grundbuch eingetragen, das sog. Erbbaugrundbuch, das neben dem Grundstücksgrundbuch neu angelegt wird. Im Erbbaugrundbuch wird in der Regel auf den Erbbaurechtsvertrag Bezug genommen. Der Erbbaurechtsvertrag enthält die vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Beteiligten.
Die gesetzliche Grundlage für das Erbbaurecht ist in Deutschland das Gesetz über das Erbbaurecht (Erbbaurechtsgesetz) vom 15. Januar 1919 in der jeweils gültigen Fassung. Mit Wirkung vom 30. November 2007 wurde die Erbbaurechtsverordnung (ErbbauVO) umbenannt in Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG). Inhaltliche Änderungen waren mit dieser Umbenennung nicht verbunden.
Das Erbbaurecht wird durch Einigung von Eigentümer und Erbbauberechtigtem und Eintragung im Grundbuch begründet. Das Erbbaurecht erlischt durch Ablauf der vereinbarten Zeit. Der Erbbauberechtigte muss nach Ablauf der vereinbarten Zeit nicht das errichtete Gebäude vom Grundstück entfernen, und erhält eine Vergütung für den Gebäudewert.
Inhaltsverzeichnis
Gründe für ein Erbbaurecht
In der Praxis wird das Erbbaurecht als Instrument für die Vermarktung größerer Flächen genutzt. Der Eigentümer von Grund und Boden (meist die Kommunen oder kirchliche Träger) schaffen Bauplätze durch die Bestellung von Erbbaurechten. Dadurch wird dem Bauwilligen zwar erspart, den Bauplatz kaufen zu müssen, der kommunale bzw. kirchliche Träger hat jedoch den Vorteil, dass das Grundstück im Eigentum verbleibt und in späteren Jahren (nach Ablauf des Erbbaurechts) auch einer anderen Nutzung zugeführt werden kann.
Auf diese Weise kommen auch finanzschwächere Haushalte zu einem Eigenheim, sofern der Erbbauzins unter den Hypothekenzinsen liegt. Mit dem Erbbaurecht ist keine Bodenspekulation möglich, da der Erbbaurechtsnehmer vertraglich zur Bebauung verpflichtet ist. Ein Vorteil für den Erbbaurechtsausgeber ist eine langfristige Verfügungsgewalt über das Grundstück. Es können aber auch Ankaufsrechte vertraglich festgelegt werden. Neben Kommunen vergeben hauptsächlich Kirchen und Stiftungen Grundstücke im Erbbaurecht. Private Erbbaurechtsausgeber (z.B. Landwirte) bilden eher die Ausnahme.
Grundhypothese des Erbbaurechts in der Vergangenheit war, dass der Hypothekenzins nicht unter den Erbbauzins von 4 % bis 5 % des Grundstückswertes fällt, was allerdings seit einigen Jahren der Fall ist. Da der Erbbauzins in der Regel in regelmäßigen Abständen an die wirtschaftlichen Verhältnisse angepasst wird (Wertsicherungsvereinbarung), kann bei stagnierenden Bodenwerten der Erbbauzins schnell über den Hypothekenzinsen liegen. Dadurch ist eine etwaige spätere Veräußerung des Erbbaurechtes nicht oder nur schwerlich zu realisieren. Beispiel: Ist nun bei einem in den letzten 15 Jahren abgeschlossenen Erbbaurecht noch keine Bodenwertsteigerung eingetreten, wird das darauf stehende Gebäude faktisch wertlos, da vermutlich niemand bereit wäre, z.B. 99 Jahre Erbbauzinsen zu zahlen, wenn er für die gleiche bzw. günstigere Belastung das Grundstück durch Bestellung einer Hypothek in rund 30 Jahre finanzieren und "Volleigentum" erwerben könnte. Dieses ist insbesondere bei kirchlichen Erbbaurechten zu bedenken, da hier in der Regel keine Ankaufsmöglichkeit besteht. Es besteht auch rechtlich keine Möglichkeit, den Erbbauzins zum Nachteil des Grundstückseigentümers zu verändern. Der Erbbauzins kann nur steigen, wenn eine sog. Wertsicherungsvereinbarung getroffen wurde, was jedoch der Regelfall ist. In den meisten Erbbaurechtsverträgen ist vereinbart, dass eine Veränderung des Erbbauzinses eintritt, wenn sich die Lebenshaltungskosten verändern, so dass der Erbbauberechtigte alle drei Jahre mit einer Anpassung des Erbzinses rechnen muss. Bei gewerblichen Erbbaurechten kann eine Anpassung auch zu einen früherem Zeitpunkt erfolgen.
Erbbauzins
Der Erbbaurechtgeber erhält dafür, dass er seinen Boden dem Erbbauberechtigten zur Verfügung stellt, den Erbbauzins; das ist ein Entgelt in der Form einer regelmäßigen Leistung. Durch Eintragung als Erbbauzinsreallast im Erbbaugrundbuch erhält der Erbbauzins dingliche Wirkung. In der Regel wird als Erbbauzins ein Prozentsatz des aktuellen Bodenwerts zu Beginn der Laufzeit festgelegt. Vor dem 1. Oktober 1994 (Inkrafttreten des Sachenrechtsänderungsgesetzes) musste der dingliche Erbbauzins für die ganze Laufzeit des Erbbrauchts im Voraus bestimmt sein. Eine Erhöhung des Erbbauzinses konnte nur über schuldrechtliche Wertsicherungsvereinbarungen erreicht werden, wobei der Erhöhungsanspruch im Grundbuch durch Vormerkung gesichert werden konnte. Seit 1. Oktober 1994 kann eine Anpassungsklausel zum Inhalt der dinglichen Erbbauzinsreallast gemacht werden. Erbbaurechte ohne Anpassungsklausel können nach der Rechtsprechung des BGH[1] bei einem Kaufkraftschwund von mehr als 60 Prozent wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage angepasst werden. Maßgebend ist der Verbraucherpreisindex. Ist der Verbraucherpreisindex für 2005 z.B. 108,3 und der für das Jahr des Erbbaurechtsvertrages 1965 z.B. 33,7, errechnet sich ein Kaufkraftschwund von ((108,3 minus 33,7) dividiert durch 33,7)x 100 = 221,37 Prozent. Da der Kaufkraftschwund größer als 60 Prozent ist, kann eine Anpassung des Erbbauzinses verlangt werden. Hier wäre nach der Rechtsprechung des BGH eine Erhöhung um 379,51 Prozent vorzunehmen.[2]
Laufzeiten
Erbbaurechtverträge laufen in der Regel zwischen 75 und 99 Jahren. Gewerbliche Erbbaurechtsverträge haben in der Regel eine Laufzeit von 40 bis 50 Jahren. Das Erbbaurecht kann veräußert und – wie der Begriff sagt – vererbt werden. Veräußerungen und bauliche Erweiterungen bedürfen der Zustimmung des Grundeigentümers; die Erbpachtnehmer zahlen statt eines Kaufpreises einen Erbbauzins. Dieser beträgt jährlich in der Regel zwischen 3 und 5 Prozent des Grundstückswerts.
Grundbücher
Das Erbbaurecht wird in zwei Grundbüchern dokumentiert, im Grundstücksgrundbuch und im Erbbaugrundbuch.
Das Grundstücksgrundbuch ist das Grundbuch für das mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück. In ihm wird das Erbbaurecht in Abteilung II an erster Rangstelle eingetragen.
Das Erbbaugrundbuch wird separat angelegt. Es ist wie ein normales Grundbuch aufgebaut. Im Bestandsverzeichnis werden der Erbbauvertrag, das belastete Grundstück und der Grundstückseigentümer benannt. In Abteilung I wird der Erbbauberechtigte benannt. In Abteilung II werden der Erbbauzins und sonstige Rechte und Belastungen mit Ausnahme der Grundpfandrechte eingetragen. Abteilung III bleibt den Grundpfandrechten, die auf dem Erbbaurecht lasten, vorbehalten.
Bewertung von Erbbaurechten
Verkehrswertermittlung
Der Verkehrswert des Erbbaurechts ergibt sich nach den Wertermittlungsrichtlinien 2006 grundsätzlich aus dem Gebäudesachwert bzw. alternativ dem Gebäudeertragswert und dem Bodenwertanteil des Erbbauberechtigten. Hinzu kommen können noch ein Marktanpassungsfaktor sowie Zu- oder Abschläge wegen vertraglicher Besonderheiten.
Beleihungswertermittlung
Erbbaurechte sind grundstücksgleiche Rechte und können als solche auch beliehen werden. Die Grenzen waren bis zum Jahre 2005 in § 21 ErbbauVO a.F. wie folgt geregelt: „Erbbaurechte können nach Maßgabe des § 11 und 12 des Hypothekenbankgesetzes von Hypothekenbanken beliehen werden, wenn eine dem § 20 Abs. 1 Nr. 3 und 4 entsprechende Tilgung vereinbart wird.“ Durch die Neuordnung des Pfandbriefrechtes und dem damit verbundenen Wegfall des Hypothekenbankgesetzes wurde dieser Passus allerdings geändert ("Erbbaurechte können nach Maßgabe des § 54a des Versicherungsaufsichtsgesetzes von Versicherungsunternehmen beliehen werden, wenn eine dem § 20 Abs. 1 Nr. 3 und 4 entsprechende Tilgung vereinbart wird."). Nach § 20 Abs. 1 Nr. 3 und 4 ErbbauRG dürfen Erbbaurechte demnach dann beliehen werden, wenn die Tilgung des Darlehens spätestens 10 Jahre vor Ablauf des Erbbaurechtes erfolgt. Weiterhin muss gewährleistet sein, dass die planmäßige Tilgung des Darlehens nicht die buchmäßige Abschreibung des Bauwerkes nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten überschreitet.
Die Bewertung erfolgt in neuerer Zeit in der Regel nach dem in den Wertermittlungsrichtlinien beschriebenen Verfahren. Dabei wird das Erbbaurecht zunächst nach dem Sachwertverfahren oder dem Ertragswertverfahren wie Volleigentum bewertet, d.h. das Grundstück und das Gebäude werden so bewertet, als gäbe es kein Erbbaurecht.
Von dem so ermittelten Wert werden dann folgende Beträge abgezogen:
- Der auf den Wertermittlungsstichtag abgezinste Bodenwert am Ende des Erbbaurechts.
- Der auf den Wertermittlungsstichtag abgezinste Wert des Gebäudes, soweit er nicht durch den Erbbaugeber entschädigt wird, ermittelt nach dem Ertragswertverfahren
- Ein Wertabschlag in Höhe von mindestens 10 % des Ausgangswertes für die allgemeinen Nachteile und Behinderungen, die das Erbbaurecht gegenüber dem Volleigentum mit sich bringt. Diese Nachteile und Behinderungen müssen anhand des Erbbauvertrages im Einzelnen abgeschätzt und berücksichtigt werden, es können daher auch höhere Abschläge gemacht werden.
Man erhält auf diese Weise den Beleihungswert des erbbauzinsfreien Erbbaurechts, d.h. den Wert bei einem (fiktiven) Erbbauzins von 0 %. Da in der Regel jedoch ein Erbbauzins vereinbart wird, muss auch dieser in der Wertermittlung angemessen berücksichtigt werden. Dazu wird zunächst der Barwert des Erbbauzinses berechnet.
Je nach vertraglicher Vereinbarung im Erbbauvertrag können nun verschiedene Fälle eintreten:
- Der Erbbauzins geht eventuellen Grundschulden im Rang vor.
In diesem Fall muss der ermittelte Barwert des Erbbauzinses als Vorlast vom Beleihungswert abgezogen werden. - Der Erbbauzins geht eventuellen Grundschulden im Range nach.
- Der Erbbauzins ist zwangsversteigerungsfest vereinbart. In diesem Fall bleibt der Erbbauzins auch im Falle einer Zwangsversteigerung des Erbbaurechts bestehen. Dies kann durch eine entsprechende Stillhalteerklärung eines öffentlich-rechtlichen Erbbaurechtsgebers oder durch eine Vereinbarung gemäß § 9 Abs. 3 Nr. 1 ErbbauRG geschehen. Nachdem hier der Erbbauzins bestehenbleibt, muss der kapitalisierte Erbbauzins als wertmindernd abgezogen werden.
- Der Erbbauzins ist nicht zwangsversteigerungsfest vereinbart. In diesem Fall wird der Erbbauzins nicht berücksichtigt.
Bei kleineren Objekten wird der Einfachheit halber der Bodenwert oft komplett in Abzug gebracht und dafür keine Abschläge aufgrund des Erbbauzinses mehr gemacht.
Steuerwertermittlung nach BewG
Nach dem Bewertungsgesetz werden die Steuerwerte eines Erbbaurechts für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie der Grunderwerbsteuer ermittelt (§§ 138 ff. BewG).
Hinweis auf Österreich und die Schweiz
In Österreich und der Schweiz heißt die dem Erbbaurecht entsprechende Einrichtung jeweils Baurecht.
Siehe auch
Weblinks
Literatur
- Alfred Werth: Verkaufswertermittlung nach § 21 ErbbauVO: Was ist heute möglich?. DLK 1989.
Einzelnachweise und Anmerkungen
- ↑ BGH, Urt. vom 24.02.1984 - V ZR 222/82
- ↑ BGH V ZR 20/78 i.V.m. BGH V ZR 237/70 i.V.m. BGH V ZR 129/76; zitiert nach Kröll/Huasmann, 3. Aufl.
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