- Beleihungswert
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Beleihungswert ist ein Begriff aus dem Kreditgeschäft der Kreditinstitute, der den Wert einer Kreditsicherheit repräsentiert, von dem mit hoher Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann, dass er sich langfristig zu jedem beliebigen Zeitpunkt realisieren lässt. Der Beleihungswert bildet als Ausnahme die absolute Obergrenze, bis zu der ein Kreditinstitut aufgrund interner und gesetzlicher Vorschriften Kredite gewähren darf. Im Regelfall ist die niedrigere Beleihungsgrenze diese Obergrenze.
Inhaltsverzeichnis
Legaldefinitionen
Da Beleihungswerte insbesondere bei der Immobilienbeleihung eine Rolle spielen, befasst sich das seit 2005 geltende Pfandbriefgesetz (PfBG) eingehend mit der Materie. Es verlangt in § 16 Abs. 2, dass der Beleihungswert den Wert nicht überschreiten darf, "der sich im Rahmen einer vorsichtigen Bewertung der zukünftigen Verkäuflichkeit einer Immobilie und unter Berücksichtigung der langfristigen, nachhaltigen Merkmale des Objektes, der normalen regionalen Marktgegebenheiten sowie der derzeitigen und möglichen anderweitigen Nutzungen ergibt. Spekulative Elemente dürfen dabei nicht berücksichtigt werden. Der Beleihungswert darf einen auf transparente Weise und nach einem anerkannten Bewertungsverfahren ermittelten Marktwert nicht übersteigen". Der Marktwert ist nach dem PfBG der geschätzte Betrag, "für welchen ein Beleihungsobjekt am Bewertungsstichtag zwischen einem verkaufsbereiten Verkäufer und einem kaufbereiten Erwerber, nach angemessenem Vermarktungszeitraum, in einer Transaktion im gewöhnlichen Geschäftsverkehr verkauft werden könnte, wobei jede Partei mit Sachkenntnis, Umsicht und ohne Zwang handelt."[1].
Die als Ausführungsbestimmung des § 16 Abs. 2 PfBG erlassene Beleihungswertverordnung definiert ihn in § 3 Abs. 1 als der Wert einer Immobilie, "der erfahrungsgemäß unabhängig von vorübergehenden, etwa konjunkturell bedingten Wertschwankungen am maßgeblichen Grundstücksmarkt und unter Ausschaltung von spekulativen Elementen während der gesamten Dauer der Beleihung bei einer Veräußerung voraussichtlich erzielt werden kann"[2].
Diese Legaldefinitionen zielen darauf ab, einen von Preisschwankungen bereinigten, konstanten Wert zu beschreiben, der während der Kreditlaufzeit eine sichere Untergrenze von Verkehrs- oder Marktwert bildet.
Weitere gesetzliche Bestimmungen
Entscheidende Auswirkungen auf die Besicherungspraxis der Kreditinstitute gehen von der seit 2007 geltenden Solvabilitätsverordnung aus. Sie stellt an die Qualität von Kreditsicherheiten sowie deren Überwachung und Überprüfung dezidierte Anforderungen, um Kreditrisikominderungseffekte zur Reduzierung der Eigenkapitalunterlegung zu erreichen. Kreditbesicherung wird hier unter dem Begriff "Kreditrisikominderungstechniken" subsumiert. Dabei bezieht sich § 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SolvV (Wohnimmobilien im Kreditrisikostandardansatz), Abs. 3 Satz 1 SolvV (Gewerbeimmobilien im Kreditrisikostandardansatz) sowie § 159 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SolvV (Wohnimmobilien im Basis-IRB-Ansatz) und Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 SolvV (Gewerbeimmobilien im Basis-IRB-Ansatz) auf die Mindestanforderungen des § 20a Abs. 4 bis 8 Kreditwesengesetz (KWG). Diesen zufolge ist erforderlich, dass
- das Grundpfandrecht rechtlich durchsetzbar ist und in angemessener Zeit realisiert werden kann (§ 20a Abs. 4 KWG)
- die Immobilie von einem unabhängigen Sachverständigen zum Markt- oder Beleihungswert bewertet und dies dokumentiert wird (§ 20a Abs. 5 KWG)
- der Wert der Immobilie regelmäßig überwacht und überprüft wird: Wohnimmobilien mindestens alle 3 Jahre, Gewerbeimmobilien mindestens jährlich (§ 20a Abs. 6 KWG),
- dass bankinterne Anweisungen zur Regelung der Kreditvergabe im Immobilensektor bestehen (§ 20a Abs. 7 KWG) und
- die beliehenen Immobilien angemessen gegen Schäden versichert sind (§ 20a Abs. 8 KWG).
Unter diesen Voraussetzungen besicherte Kredite müssen im Kreditrisikostandardansatz mit 35 % (Wohnimmobilien) bzw. 50 % (Gewerbeimmobilien) Eigenkapital unterlegt werden.
Außer den Grundpfandrechten werden die als "Kreditrisikominderungstechniken" berücksichtigungsfähigen Kreditsicherheiten ab § 155 ff. SolvV detailliert beschrieben.
Ermittlungsablauf
Während der Verkehrswert bzw. der Marktwert den aktuellen, am Markt unter normalen Umständen erzielbaren Preis eines Beleihungsobjektes darstellt, reflektiert der Beleihungswert den Wert des Objektes aus Sicht eines Kreditinstituts, das dieses Objekt über einen längeren Zeitraum finanzieren soll. In diesem Zeitraum darf der - stichtagsabhängige - Marktwert nicht unter den vorher ermittelten Beleihungswert fallen. Letzterer stellt somit einen reduzierten Marktwert dar. Im Unterschied zwischen Marktwert und geringerem Beleihungswert sollen die möglichen Wertschwankungen der Kreditsicherheit während der Kreditlaufzeit berücksichtigt werden. Ein weiterer Abschlag erfolgt dann nochmals vom Beleihungswert zur Beleihungsgrenze. Dieser Abschlag berücksichtigt individuelle Wertschwankungsgefahren einer Kreditsicherheit (z.B. beliehene Aktien), aber auch deren mehr oder weniger schnelle Liquidisierbarkeit.
Bei der Ermittlung des Beleihungswertes dominieren im Wesentlichen die Sicherheitsbedürfnisse der Kreditgeber, aber auch die Anforderungen der Rechtsprechung des BGH. Dieser hat betont, dass Bewertungsrisiken und -unschärfen angemessen Rechnung getragen werden darf[3]. Daraus leiten sich folgende Forderungen an den Beleihungswert ab:
- der ermittelte Wert sollte für einen möglichst langen zukünftigen Zeitraum gültig sein;
- als Maßstäbe für die Wertermittlung sollten nur aus der Vergangenheit und Gegenwart abgeleitete, beständige Wertkomponenten verwendet werden, die über den Prognosezeitraum als beständig angesehen werden können;
- alle verwendeten Bezugsgrößen und Wertkomponenten müssen diese Anforderungen erfüllen;
- ungesicherte Zukunftskomponenten für Wert- und Ertragssteigerungen dürfen nicht berücksichtigt werden;
- berücksichtigt werden dürfen nur die zum Bewertungszeitpunkt nachweislich gesicherten Eigenschaften und Erträge, die bei ordnungsgemäßer Nutzung jedem Besitzer dauerhaft zustehen würden;
- alle verwendeten Ansätze und wertbeeinflussenden Faktoren müssen nachvollziehbar dokumentiert werden;
- die nachhaltige Verkäuflichkeit oder Vermietbarkeit muss sorgfältig eingeschätzt werden;
- die Verwendbarkeit und Nutzbarkeit muss sorgfältig geprüft werden;
- alle mit dem Objekt verbundenen Risiken müssen dargelegt werden;
- die ausgewählte Kreditsicherheit darf keine besondere positive Korrelation zum Kreditrisiko aufweisen: so können nach § 160 SolvV Zessionen nur als Kreditsicherheit anerkannt werden, wenn die Drittschuldner nicht Beschäftigte des Kreditnehmers sind oder mit diesem eine Schuldnergesamtheit nach § 4 Abs. 8 SolvV bilden.
Die Beleihungswerte für die verschiedenen Arten der Kreditsicherheiten orientieren sich dabei an folgenden Wertkonventionen:
Art Wertkonvention Realkredit Verkehrs- oder Marktwert Wertpapiere Kurswert Spar-, Termineinlagen Kontostand Lebensversicherungen Rückkaufswert Forderungen Nominalwert Fahrzeuge, Maschinen aktueller Wert, Gutachtenwert Der festgelegte Beleihungswert kann teilweise deutlich von den Wertkonventionen abweichen. Stimmt er mit ihnen überein, werden Wertschwankungsrisiken über die Beleihungsgrenze abgefangen. Bei der Festlegung des Beleihungswertes gilt das sogenannte Niederstwertprinzip: ist etwa der notarielle Kaufpreis einer Immobilie niedriger als der ermittelte Beleihungswert, muss der notarielle Kaufpreis als Beleihungswert festgesetzt werden.
Auswirkungen
Der so ermittelte Beleihungswert wird nicht nur bei den bankinternen Kreditentscheidungen verwendet. Er ist darüber hinaus auch Grundlage für die Einstufung einer Forderung als Realkredit nach KWG und SolvV und ermöglicht deshalb bestimmte Anrechnungserleichterungen bei der Eigenmittelunterlegung. Zudem wirkt er sich bei der Anrechnung von stillen Reserven in bankeigenen Immobilien für das Eigenkapital der Kreditinstitute aus.
Einzelnachweise
- ↑ Gesetz zur Neuordnung des Pfandbriefrechts vom 22. Mai 2005, BGBl. I Nr. 29, S. 1373 ff.
- ↑ Verordnung über die Ermittlung der Beleihungswerte von Grundstücken nach § 16 Abs. 1 und 2 des Pfandbriefgesetzes vom 12. Mai 2006, BGBl. I Nr. 24, S. 1175 ff.
- ↑ BGH WM 1998, 248
Weblinks
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