Ernst Ising

Ernst Ising

Ernst Ising (* 10. Mai 1900 in Köln; † 11. Mai 1998 in Peoria/Illinois, USA) war ein deutscher Mathematiker und Physiker.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Ernst Isings Eltern waren der Kaufmann Gustav Ising und dessen Ehefrau Thekla, geborene Löwe. Nach dem Abitur am Humanistischen Gymnasium Bochum und einem kurzen Militärdienst studierte Ernst Ising Mathematik und Physik in Göttingen, Bonn und Hamburg. In seiner bei Wilhelm Lenz in Hamburg 1922 angefangenen und 1924 abgeschlossenen Doktorarbeit analysierte er ein von seinem Doktorvater vorgeschlagenes Modell, das zum Verständnis des Ferromagnetismus beitragen sollte, das später nach ihm benannte Ising-Modell. Die Dissertation wurde 1925 in der Zeitschrift für Physik veröffentlicht. Weil die von Ernst Ising betrachtete eindimensionale Version, eine Spinkette, keinen geordneten Ferromagnetismus beschrieb, war die resignierende, aber zum Glück irrige Schlussfolgerung in der Dissertation, dass das Modell wegen seiner kurzreichweitigen Wechselwirkungen vermutlich leider kein weiteres besonderes Interesse verdiente („... so gelangen wir bei unseren Annahmen nicht zu einer Erklärung des Ferromagnetismus... Es scheint daher der Schluss berechtigt, dass eine unserer Annahmen nicht zutreffend ist“).

Nach seiner Promotion war Ernst Ising kurzzeitig in der Industrie tätig, bevor er sich dem Lehrerberuf zuwandte, u. a. in Salem, Strausberg und Crossen. 1933 wurde Ernst Ising wegen seiner jüdischen Wurzeln von den neuen Machthabern in Deutschland aus dem Staatsdienst entlassen. Er fand eine Anstellung an der jüdischen Schule in Caputh bei Potsdam; Ernst und seine Frau Dr. Johanna Ising, geborene Ehmer, wohnten in Caputh neben der bekannten Sommerresidenz der Familie Einstein. 1938 wurde die Schule in Caputh von Nazis verwüstet, 1939 emigrierten die Isings nach Luxemburg. Nach der Besetzung Luxemburgs durch die deutsche Wehrmacht wurde Ernst Ising zu Zwangsarbeit in der Armee verpflichtet. 1947 wanderte Familie Ising in die USA aus.

Erst danach erfuhr Ising, dass „sein“ Modell Gegenstand intensiver Forschung geworden war. Insbesondere die exakte Lösung des Modells für ein Quadratgitter durch Lars Onsager im Jahre 1944 sorgte in Fachkreisen für große Beachtung: Das Modell ist, in der mehrdimensionalen Version, doch in der Lage, die Umwandlung eines bei höheren Temperaturen magnetisch ungeordneten Materials in einen Ferromagneten zu beschreiben, wie 1936 von Rudolf Peierls qualitativ vorhergesagt.

1948 erhielt Ernst Ising eine Professur an der Bradley University in Peoria (Illinois). Er wirkte dort mehrere Jahrzehnte bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1976 als Hochschullehrer, ohne, abgesehen von einem kürzeren Leserbrief über 'Goethe as a physicist' (American Journal of Physics - April 1950, Volume 18, Issue 4, pp. 235-236), in Fachzeitschriften zu publizieren. 1971 erhielt er eine Auszeichnung als "Outstanding Teacher of America".

In einem Nachruf der Bradley University lesen wir: "Ernst was a sensitive, artistic man who loved travel and the arts. He had a keen mind and sharp sense of humor, but was a gentle, quiet individual who always seemed a little shy when questioned about his famous model".

Wirkung

Mit seinen zahlreichen Varianten ist das Ising-Modell zu einem der meistuntersuchten Modelle in der statistischen Physik (und darüber hinaus) geworden. Insbesondere ist es Ausgangspunkt grundlegender Beschreibungen von Phasenübergängen in einer Reihe von Materialien ohne und mit (z. B. "Random-Bond-Ising-Modell") Verunreinigungen, von glasartigen (z. B. +/-J-Modell oder Sherrington-Kirkpatrick-Modell) und räumlich modulierten (ANNNI-Modell) Strukturen sowie von neuronalen Netzen und Lernprozessen (Hopfield-Modell). Es dient zum Testen numerischer Algorithmen, z. B. von Monte-Carlo-Simulationen und Transfermatrix-Rechnungen. "Simple Ising models still thrive" (Michael E. Fisher) scheint ein Evergreen nicht nur in der statistischen Physik zu sein. Viele Experimente lassen sich durch das Ising-Modell sehr schön reproduzieren.

Nach dem Tode von Ernst Ising hat die Universität Hamburg einen "Ernst-Ising-Preis" ausgelobt, der 2002 erstmalig verliehen wurde. Zusätzlich benannte die Universität Hamburg eine Juniorprofessur nach Ernst Ising.

Literatur

  • S. Kobe, Physikalische Blätter 51/5, 426 (1995)
  • C. Stutz, R. Williams, Physics Today 52, 106 (1999)

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Ernst Ising — (born May 10, 1900, Cologne, Germany ndash; May 11, 1998, Peoria, Illinois, USA) was a German physicist, who is best remembered for the development of the Ising model of ferromagnetism. He was a professor of physics at Bradley University until… …   Wikipedia

  • Ernst Ising — (10 mai 1900 à Cologne – 11 mai 1998 à Peoria en Illinois) est un physicien allemand, qui est surtout connu pour l introduction du modèle d Ising du ferromagnétisme. Il a été professeur de physique à l Université Bradley jusqu à sa retraite en… …   Wikipédia en Français

  • Ising — steht für ein Ort in der Gemeinde Chieming im Chiemgau Ising ist der Familienname folgender Personen: Ernst Ising (1900 1998), deutscher Mathematiker und Physiker Gustav Ising (1883–vor 1950), schwedischer Physiker Ignaz Ising (1845 ??),… …   Deutsch Wikipedia

  • Ising — may refer to: * The Ising model * Ernst Ising, inventor of the above model …   Wikipedia

  • Ising-Modell — Ising Modell,   nach dem Physiker Ernst Ising, (* 1900, ✝ 1998) benanntes Gittermodell zur idealisierten Beschreibung des Ferro oder des Antiferromagnetismus, bei dem jeder Gitterpunkt i eines n dimensionalen Gitters einen von zwei möglichen… …   Universal-Lexikon

  • Ising-Modell — am kritischen Punkt (mit H=0) bei einer Temperatur deutlich unterhalb der kritischen Das Ising Modell ist ein von Ernst Ising auf Anregung seines Doktorvaters Wilhelm Lenz um 19 …   Deutsch Wikipedia

  • Ising model — The Ising model, named after the physicist Ernst Ising, is a mathematical model in statistical mechanics. It has since been used to model diverse phenomena in which bits of information, interacting in pairs, produce collectiveeffects.Definition… …   Wikipedia

  • Modele d'Ising — Modèle d Ising Le modèle d Ising (parfois aussi appelé modèle de Lenz Ising), dénommé d après le physicien Ernst Ising, est un modèle de physique statistique. Il a été utilisé pour modéliser différents phénomènes dans lesquels des effets… …   Wikipédia en Français

  • Modèle d'Ising — Le modèle d Ising (parfois aussi appelé modèle de Lenz Ising), dénommé d après le physicien Ernst Ising, est un modèle de physique statistique. Il a été utilisé pour modéliser différents phénomènes dans lesquels des effets collectifs sont… …   Wikipédia en Français

  • Modèle de Ising — Modèle d Ising Le modèle d Ising (parfois aussi appelé modèle de Lenz Ising), dénommé d après le physicien Ernst Ising, est un modèle de physique statistique. Il a été utilisé pour modéliser différents phénomènes dans lesquels des effets… …   Wikipédia en Français

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”