Europäische Wildkatze

Europäische Wildkatze
Europäische Wildkatze
Europäische Wildkatze (Felis silvestris silvestris)

Europäische Wildkatze (Felis silvestris silvestris)

Systematik
Überfamilie: Katzenartige (Feloidea)
Familie: Katzen (Felidae)
Unterfamilie: Kleinkatzen (Felinae)
Gattung: Felis
Art: Wildkatze (Felis silvestris)
Unterart: Europäische Wildkatze
Wissenschaftlicher Name
Felis silvestris silvestris
(Schreber, 1775)
Europäische Wildkatze im Wisentgehege Springe

Die Europäische Wildkatze oder Waldkatze (Felis silvestris silvestris) ist eine Unterart der Wildkatze aus der Familie der Katzen. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird sie als Wildkatze bezeichnet, ein Name, der heute meistens für die gesamte Art verwendet wird. Die Wildkatzen Siziliens und Sardiniens sind Falbkatzen und keine Europäischen Wildkatzen.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Im Erscheinungsbild ist die Wildkatze massiger und kraftvoller als eine Hauskatze. Ausgewachsene männliche Wildkatzen weisen eine Gesamtlänge von 83 – 97 cm und ein Gewicht von 3,0 – 6,5 kg, weibliche eine Gesamtlänge von 73 – 94 cm und ein Gewicht von 2,3 – 4,9 kg auf.[1] Der Schwanz ist dick und relativ kurz, weist an der Spitze oft eine typische Dreier-Ringelung auf und endet stumpf. Die Augen liegen weit auseinander. An der Sohle befindet sich ein kleiner schwarzer Fleck. Das Fell an der Innenseite der Schenkel ist rötlich. Die Fellzeichnung der Wildkatze ist nicht kontrastreich, sondern wirkt verwaschen. Auf dem Rücken befindet sich ein typischer durchgehender schwarzer Strich.

Verbreitung und Lebensraum

Die Europäische Wildkatze braucht große, zusammenhängende, ungestörte Wälder mit Lichtungen, bevorzugt sind alte Laubwälder. Heute wird die Wildkatze vor allem durch Zerschneidung und Zersiedelung der Landschaft bedroht. Die Wildkatze lebt ausschließlich in ruhigen und intakten Wäldern mit Altholzbestand. Nur im naturnahen Wald findet die Wildkatze alte Baumhöhlen, Fuchs- oder Dachsbauten, die sie für die Aufzucht der Jungen benötigt. Nur in ruhigen Wäldern kann die scheue Wildkatze ungestört jagen. Die Wildkatze gilt oft als Zielart, an der gut festzustellen ist, ob der Wald wirklich naturnah ist.

In letzter Zeit konnten sich die Wildkatzenbestände etwas erholen, vor allem, da die Art in vielen Ländern nicht mehr gejagt werden darf. Dennoch kommt die Wildkatze im westlichen Europa nur noch im nördlichen Schottland, in Teilen Spaniens und im Osten Frankreichs in etwas größeren Beständen vor. Im südöstlichen Europa hingegen sind die Bestände der Europäischen Wildkatze noch etwas umfangreicher. In den deutschen Mittelgebirgen leben heute schätzungsweise wieder 2000 Europäische Wildkatzen. Bisher wurde angegeben, die Katzenbestände seien bis Mitte des 20. Jahrhunderts, als Raubtiere verschrien, stark bejagt und vielerorts deshalb ausgerottet worden. Neuere veterinär-historische Untersuchungen lassen diese Darstellung zweifelhaft erscheinen, da die Bestände zeitgleich auch in Gebieten mit Totalschutz, wie etwa in Hessen, abnahmen. Vorliegende pathologische Untersuchungsberichte verendet aufgefundener Wildkatzen, aus der Zeit zwischen 1850 bis 1920, lassen für den Rückgang der Wildkatze ein epidemisches Ereignis wahrscheinlich erscheinen. In den letzten Jahren sind Wildkatzen wieder aus den Vogesen in den Schwarzwald und weitere Gebiete im südlichen Baden-Württemberg eingewandert. In Thüringen ist die Wildkatze im Nationalpark Hainich anzutreffen und auch außerhalb gibt es im Thüringer Wald, aber auch im Harz und der Eifel Populationen, welche mit naturbelassenen Wald-Korridoren verbunden werden bzw. schon verbunden sind. In Nordhessen sind heute ebenfalls wieder Bestände im Wachstum begriffen. [2]

Die Wildkatze war in Österreich ehemals im Alpenvorland Nord-, Ost- und Südösterreichs verbreitet. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Wildkatze stark dezimiert und seither nur mehr in wenigen Exemplaren nachgewiesen. Sie gilt in Österreich als ausgestorben, ausgerottet oder verschollen (Rote Liste: Spitzenberger 2005) auch wenn die Nachweise von Tieren 2009/2010 wieder zunehmen.[3]

Auf der iberischen Halbinsel existieren kleine Bestände, etwa in der portugiesischen Reserva Natural Serra da Malcata.

Im Pleistozän war diese Waldkatze weit über Europa verbreitet. Mit dem Rückzug des Eises wurde sie erst zum Waldtier. Die Europäische Wildkatze ist vielerorts auch tagaktiv, in dichter besiedelten Gegenden allerdings zur Nachtaktivität übergegangen.

Ursprünglich wurden die Wildkatzen Schottlands und des Kaukasus als eigene Unterarten beschrieben, heute hat man sich jedoch darauf geeinigt, beide der Europäischen Wildkatze (Felis silvestris silvestris) zuzurechnen.

Verhalten

Die Europäische Wildkatze ist extrem scheu und meidet den Menschen. Wie die meisten Katzenarten führt sie ein vornehmlich einzelgängerisches Leben und ist meist ortstreu. Sie ist eine Pirschjägerin, die ihre Beute unbemerkt anschleicht und durch einen Überraschungsangriff mit einem Sprung fasst. Wildkatzen wagen sich nur in Ausnahmefällen auf freies Gelände ohne Deckung. Deshalb werden zum Beispiel in Thüringen ihre Verbreitungsgebiete mit naturbelassenen Waldkorridoren verbunden um die Art wieder stabil anzusiedeln.

Ihre sehr hoch entwickelten Sinnesorgane, bei denen zum Beispiel der Geruchssinn sogar dem eines Hundes überlegen ist und ihre als sehr hoch eingestufte Intelligenz lässt sie natürliche Gefahren frühzeitig erkennen. Mit 18 einziehbaren langen und kräftigen Krallen und ihrem sehr kräftigen Raubtiergebiss hat sie für ein Tier ihrer Größe eine sehr starke Bewaffnung. Zudem hat sie äußerst kurze Reaktionszeiten und ist dabei auch noch körperlich stark, aber dennoch sehr beweglich, was jedoch fast alle Katzenarten auszeichnet. Dies alles macht sie zu einer äußerst gefährlichen und erfolgreichen Jägerin auf Kleinwild.

Die Größe ihres Reviers richtet sich nach dem Angebot an Beutetieren und kann deshalb je nach Gegend sehr unterschiedlich sein. Ist der Lebensraum optimal, benötigt sie zwei bis drei Quadratkilometer, unter schwierigen Jagdbedingungen kann der Lebensraum auch neun und mehr Quadratkilometer umfassen. Männchen beanspruchen in der Regel größere Reviere als weibliche Tiere.

Die Paarungszeit der Europäischen Wildkatze ist in den Monaten Januar bis März. Die Tragzeit beträgt ca. neun Wochen, das Weibchen bringt in einem sicheren Versteck meistens zwei bis vier Junge zur Welt. Mit etwa sechs bis acht Monaten suchen sich die Jungtiere ein eigenes Wohngebiet. Die Sterblichkeit der jungen Wildkatzen ist hoch. Unter optimalen Bedingungen werden sie zwölf bis fünfzehn Jahre alt.

Verwilderte Hauskatzen bleiben in unmittelbarer Nachbarschaft menschlicher Siedlungen, Wildkatzen hingegen meiden gezielt die Nähe zum Menschen. Dies führt auch dazu, dass es praktisch nicht zu Mischlingen dieser Katzenarten kommt. In ländlichen Gegenden können sich die Streifgebiete von Hauskatzen und Wildkatzen jedoch überlappen, aber auch das führt nur in den seltensten Fällen zu einer Vermischung dieser verschiedenen Katzenarten. Die mögliche optische Ähnlichkeit von Haus- und Wildkatze sollte nicht darüber hinweg täuschen, dass dies zwei völlig selbstständige Katzenarten sind.

Wildkatzen gelten als einzige Katzenart als absolut nicht zähmbar. Auch in Gefangenschaft geborene Tiere können nicht an den Menschen gewöhnt werden und lassen sich niemals freiwillig von ihm berühren. Gefangene oder in Gefangenschaft geborene Tiere brauchen große Gehege mit Verstecken. Bekommen sie diese, lassen sie sich vom Menschen beobachten, wenn der Mensch ihnen dabei nicht zu nahe kommt. Wildkatzen müssen sich vor den Menschen sicher fühlen, um sich zu zeigen. Freilebende Tiere meiden gezielt den Menschen und kehren niemals an Verstecke zurück, welche Menschen entdeckt haben. Bilder freilebender Tiere gelangen erstmalig in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts und sind auch heute noch extrem selten. Der Nachweis für die Existenz von Wildkatzen in einem Revier gelingt häufig nur indirekt.

Ernährung

Untersuchungen des Mageninhalts haben ergeben, dass Wildkatzen sich zu 80% von Kleinsäugetieren (Wühlmäuse usw.) ernähren. Nur gelegentlich greifen sie auf andere Tiere wie Vögel, Kaninchen, Eidechsen, Frösche und Insekten zurück. Aas und vegetarische Kost werden nur in Notzeiten genommen.

Wildkatze im Wildpark Peter und Paul

Fortpflanzung

Im Wurf befinden sich zwei bis vier, selten sechs Junge, die zwischen März und September zur Welt kommen. Die meisten Würfe gibt es im April. Die Tragzeit beträgt 63–70 Tage.

Lebenserwartung

Wildkatzen werden 7–10 Jahre alt, in menschlicher Obhut bis über 15 Jahre.

Jägersprache

In der Jägersprache werden folgende Bezeichnungen gebraucht:

  • weibliches Tier = Katze oder Kätzin
  • männliches Tier = Kuder (nicht Kater)

Dagegen findet sich außerhalb der Jägersprache auch für männliche Wildkatzen die Bezeichnung Kater.

Hauskatzen und Wildkatzen können sich paaren und bringen reproduktionsfähige Nachkommen zur Welt. Diese werden Blendlinge genannt, und ihre Geschlechterbezeichnung ist wie bei der Waldkatze. Jedoch kommen derartige Kreuzungen in der freien Natur offenbar nicht gut zurecht, so dass sich keine großen Blendlingspopulationen ausbilden können.

Sonstiges

Die Hauskatze stammt nicht von der Europäischen Wildkatze ab, sondern von der afrikanischen Falbkatze. Nicht zu verwechseln ist die Waldkatze mit einigen Halblanghaar-Rassen der Hauskatzen, die ebenfalls als Waldkatze bezeichnet werden, so der amerikanischen Waldkatze (Maine Coon), der Norwegischen Waldkatze und der Sibirischen Katze, die auch Sibirische Waldkatze genannt wird.

Literatur

  • Herbert Grabe, Günther Worel (Hrsg.): Die Wildkatze. Zurück auf leisen Pfoten. Buch & Kunstverlag Oberpfalz, Amberg, 2001, ISBN 3-924350-81-7
  • Rudolf Piechocki: Die Wildkatze. Neue Brehm-Bücherei Bd. 189. Westarp 1990. ISBN 3-89432-381-7

Einzelnachweise

  1. Grabe, H. und G. Worel (Hrsg.) 2001, S. 319-336
  2. [1] Baden-Württemberg: Wildkatzen sind zurück – Mitteilung des BUND e.V. vom 2. Februar 2009
  3. [2] Pressemitteilungen der Plattform Wildkatze

Weblinks

 Commons: Europäische Wildkatze – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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