Fahrbares Unterwerk

Fahrbares Unterwerk

Ein fahrbares Unterwerk ist ein auf einem Eisenbahnwagen aufgebautes Unterwerk, welches zur kurzfristigen Verstärkung der Stromversorgung von Eisenbahnstrecken eingesetzt werden kann. Voraussetzung für den Einsatz von fahrbaren Unterwerken ist, dass sich eine geeignete Hochspannungsleitung zur Stromentnahme in der Nähe der Eisenbahn befindet. Von einem fahrbaren Unterwerk spricht man in der Regel, wenn der Transformator und ggf. die Umformer fest mit einem Eisenbahnwagen verbunden sind und so die Bestandteile eines Unterwerkes in kurzer Zeit auf der Schiene verschoben werden können.

Schweiz

Fahrbares Unterwerk und Kommandowagen der SBB in Neuchâtel-Serrières

Fahrbare Unterwerke werden insbesondere bei den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) häufig eingesetzt, da zahlreiche Bahnstromleitungen der Schweizer Bundesbahnen entlang von Bahnstrecken verlaufen. Weil die SBB ein eigenes Hochspannungsnetz in einer Frequenz von 16,7 Hertz betreiben, umfasst ein fahrbares Unterwerk einen kombinierten Transformatorwagen mit Hochspannungsschaltanlage, sowie einem zum Kommandowagen umgebauter Leichtstahlwagen mit den Steuerungseinrichtungen. Bei einigen festen Installationsplätzen wurden nur Transformatorenwagen angeschafft, der Kommandowagen wurde hier durch ortsfeste Steuerungsanlagen ersetzt.

Geschichte

Für die flächendeckende Einführung in der Schweiz sprachen die Erkenntnisse, die aus den Schäden an den Bahnanlagen während des Zweiten Weltkrieges gezogen wurden. So stellte man fest, dass die elektrische Zugförderung nicht so stark betroffen war, wie vor dem Krieg in Militärkreisen vermutet worden war. So wurden im allgemeinen keine Fahrleitungsanlagen beschädigt, oder wenn doch, waren diese Schäden schneller instandgesetzt als der meist mitbetroffene Oberbau. Als größte Schwachstelle für die elektrische Zugsförderung im Kriegsfall wurden neben den Kraftwerken vor allem die Unterwerke erkannt. Erstens, weil sie als ortsfeste Anlage dem Gegner bekannt sind und somit ein vortreffliches Ziel für einen Angriff bieten. Zweitens, weil auch bei einem Teiltreffer normalerweise ein kompletter Ausfall des betroffen Unterwerkes zu erwarten ist. Drittens, weil eine Reparatur eines Unterwerkes, vor allem wenn die Transformatoren beschädigt oder zerstört sind, sehr lange dauern kann. Somit kam man zum Schluss, dass mit fahrbaren Unterwerken, dem Militär zumindest eine Notversorgung der elektrischen Zugsförderung garantiert werden konnte. Dadurch mussten dem Militär überdies keine großen Reserven an thermischen Triebfahrzeugen bereitgestellt werden. Anstelle von vielen, betrieblich unnötigen Diesellokomotiven oder einer Revision der wenigen restlichen Dampflokomotiven der SBB, die am Ende ihrer Lebensdauer angelangt waren, setzte das Militärdepartement auf fahrbare Unterwerke, übernahm für die ersten die Mehrkosten gegenüber leistungsgleichen festen Unterwerken und beteiligte sich auch an der Beschaffung von Diesellokomotiven, wo dies militärische Bedürfnisse im Pflichtenheft vorgaben.

Die heute noch relevanten weiteren Vorteile liegen in der schnellen Aufbauzeit - es wird nur ein freies Abstellgleis mit Einspeisemöglichkeit in die Fahrleitung in der Nähe einer Übertragungsleitung benötigt -, und wegen der Normung und Fahrbarkeit im schnellen Auswechseln eines defekten Transformators. Beim militärischen Einsatz könnte man zudem auf die heute auch bei den Transformatoren des fahrbaren Unterwerks vorgeschriebene Betonwanne als Grundwasserschutz verzichten. Durch den flexiblen Einsatz können fahrbare Unterwerke auch als Ersatz von festen Unterwerken bei Umbauten oder als Leistungsergänzung an Schwachpunkten dienen. Es ist anzunehmen, dass bei der Expo64 die von der SBB erbrachte Verkehrsleistung ohne die fahrbaren Unterwerke gar nicht hätte geleistet werden können. In der Folge beschafften die SBB auf eigene Rechnung zusätzliche fahrbare Unterwerke und, vor allem in späterer Phase, zusätzliche Transformatorenwagen.

Skandinavien

In Skandinavien sind die Unterwerke oft auch fahrbar ausgeführt. Im Gegensatz zu der Schweiz werden sie allerdings in festen Maschinenhallen eingesetzt. Auch die Hochspannungsschaltanlage ist dort fest installiert. Dadurch können der Transformator und der (meist rotierende) Umformer einfacher zur Revision geschickt werden. Es kann dadurch eine Unterbrechung eines Einspeisepunktes in der meist schon geschwächten Fahrstromversorgung (wegen weit auseinander liegen Unterwerke) vermieden werden, ohne dass die Anlageteile doppelt vorhanden sein müssen.


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