Fat Man

Fat Man
1:1-Modell der Fat Man

Fat Man (englisch für Dicker Mann) war der Deckname der Atombombe, die am 9. August 1945 um 11:02 Uhr über der japanischen Stadt Nagasaki von einem US-amerikanischen Bombenflugzeug abgeworfen wurde und diese weitgehend zerstörte. Die Bombe explodierte rund 550 Meter über der Mitsubishi-Waffenfabrik und entwickelte eine Sprengkraft von etwa 21 Kilotonnen TNT. Sie war die zweite – und zugleich letzte – in einem Krieg eingesetzte Atomwaffe, nach der drei Tage zuvor abgeworfenenen Little Boy.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung

Die Mk.3-Bombe (Fat Man) war im Gegensatz zur drei Tage zuvor über Hiroshima abgeworfenen ersten Atombombe Little Boy nach der wirkungsvolleren, jedoch komplizierteren Implosionsbombe entworfen. Sie verwendete Plutonium (239Pu) als Spaltmaterial – anders als Little Boy, bei der Uran zum Einsatz kam. Zuvor wurde bereits die Handhabung durch den mehrfachen Einsatz einer ähnlichen Bombe, der sogenannten „Pumpkin Bomb“ (zu deutsch: Kürbisbombe, nach ihrem gelben Anstrich und der Form) getestet, einer nicht-nuklearen Bombe mit gleicher ballistischer Eigenschaft wie die Fat Man, die ebenfalls im Rahmen des Manhattan-Projekts entwickelt worden war. Im Laufe des Zweiten Weltkrieges wurden 49 der 486 gebauten Bomben des „Pumpkin Bomb“-Typs über Japan abgeworfen.

Die Entwicklung eines neuen Entwurfes wurde begonnen, nachdem sich eine zuvor nach dem „Gun-Design“ entworfene Bombe mit Plutonium-Ladung (Bezeichnung „Thin Man“) als nicht praktikabel erwiesen hatte. Die Forscher hatten erkannt, dass sich Plutonium aus Brutreaktoren nicht für das „Gun-Design“ von Little Boy eignete, da es auch aufgrund von Verunreinigungen mit dem Isotop 240Pu zu vorzeitiger Kernreaktion neigt. Aufgrund dieser Tatsache wurde die schon geplante Produktion gestoppt und die gesamte Organisation des Los-Alamos-Laboratoriums konzentrierte sich auf die Implosionsbombe.

Aufbau

Implosionsbombe

Die Bombe hatte einen schalenförmigen Aufbau: In der Mitte befand sich die Neutronenquelle (4) mit 2 cm Durchmesser. Umgeben wurde sie von einer Hohlkugel aus Plutonium (5) mit einem äußeren Durchmesser von 9,2 cm. Darum folgte eine Lage aus abgereichertem Uran (238U) mit etwa 13 cm Dicke (3), die mit einer etwa 0,6 cm dicken Lage aus Bor-haltigem Plastik beschichtet war. Darüber folgte die mehrlagige Implosionsanordnung (1) und (2) mit einer Dicke von etwa 45 cm. Als Sprengstoffe wurden Baratol und Composit B verwendet. Die Implosionsanordnung bestand aus 32 Blöcken, vergleichbar mit den Feldern eines Fußballs. Diese 32 Blöcke wurden gleichzeitig gezündet und erzeugten so eine nach innen gerichtete Schockwelle (Implosion), die den Plutoniumkern der Bombe zu einer überkritischen Masse komprimierte und die Neutronenquelle aktivierte. Bei der Explosion von Fat Man wurden von den insgesamt 6,2 kg Plutonium lediglich etwa 20 %, also knapp 1240 Gramm, im Fissions-Prozess gespalten.

Der gesamte kugelförmige Aufbau wurde in dem eiförmigen Bombenkörper platziert. Am hinteren Ende der Bombe befanden sich vier Radarantennen, die für die Zündung der Bombe in der richtigen Höhe über dem Explosionsort verantwortlich waren.[1]

Die Mk.3-Bombe im Arsenal

Die Mk.3 war die erste Kernwaffe der USA, die nach dem Einsatz gegen Japan in das Arsenal der amerikanischen Streitkräfte aufgenommen wurden. Im Wesentlichen war diese Waffe (Fat Man) baugleich mit dem Sprengsatz „Gadget“, der am 16. Juli 1945 in der Wüste von New Mexico beim Trinity-Test gezündet wurde. Die Produktion wurde 1947 aufgenommen; bis 1949 wurden 120 Bomben gebaut. Es gab mehrere Varianten, von denen die stärkste 49 kT Sprengkraft erreichte. Zwei Mk.3-Bomben wurden für die beiden Kernwaffentests während der Operation Crossroads im Jahr 1946 verwendet. Die Mk.3 hatte viele technische Nachteile, so war die Fertigung sehr kompliziert und es mussten Batterien und Neutronenquelle umständlich nach wenigen Tagen ausgetauscht werden. Daher wurde diese Baureihe bereits Ende 1950 ausgemustert und durch die Mk.4-Bombe ersetzt. Die Mk.4 basierte auf der Mk.3, beinhaltete aber viele technische Verbesserungen. Sie war die erste in Serie hergestellte Kernwaffe.

Das Implosions-Prinzip von Fat Man ist Grundlage jeder modernen Kernwaffe. Die erste sowjetische Kernwaffe „RDS-1“ beruhte ebenfalls auf dem Entwurf der Fat Man, der durch Spionage in die Sowjetunion gelangt war.

Der Einsatz

Fat Man auf einem Transportwagen kurz vor dem Beladen des Bombers

Die USA planten, durch den Einsatz der Atombomben Japan zur Kapitulation zu bewegen, ohne eine verlustreiche Landung auf Honshū, der größten japanischen Insel, in Kauf nehmen zu müssen.

Die Bombe wurde zum Einsatz gebracht, weil die Japaner nicht auf den Einsatz der Little-Boy-Bombe am 6. August 1945 reagierten. Der Einsatz wurde – da eine Blanko-Einsatzvollmacht des Präsidenten vorlag – ohne ausdrücklichen Befehl Harry S. Trumans durchgeführt, da ein Sturmtief angekündigt worden war und die Generalität befürchtete, dass dies einen möglichen Einsatz um Tage aufschieben könnte.

Eigentlich sollte der Bomber „The Great Artiste“ den Einsatz fliegen. Da dieses Flugzeug aber noch mit Messgeräten aus dem vorherigen Einsatz über Hiroshima ausgestattet war und ein komplizierter Umbau vermieden werden sollte, wurde einfach die Mannschaft mit der des Bombers „Bockscar“ getauscht. So flog die Mannschaft der „The Great Artiste“ die „Bockscar“ mit der Bombe und die Mannschaft der „Bockscar“ die „The Great Artiste“ mit den Messgeräten.

Das primäre Angriffsziel der Mission war die Stadt Kokura. Der Kommandant der „Bockscar“, Major Charles Sweeney, der den Angriff mit der Atombombe durchführte, wählte wegen starker Bewölkung über dem primären Ziel und aufgrund des strikten Befehls, den Angriff nicht mit Radar, sondern auf Sicht zu fliegen, das Sekundärziel Nagasaki. Der Angriff auf Nagasaki wurde dennoch hauptsächlich per Radar geflogen, weil der Himmel auch über dieser Stadt bewölkt war. Der Endanflug auf den Zielpunkt gelang schließlich doch auf Sicht, nachdem die Wolkendecke über der Stadt aufriss. Ein weiterer Aspekt war der zur Neige gehende Treibstoffvorrat, der für einen Rückflug mit der Bombe nicht ausgereicht hätte.

Fat Man war die zweite und bis zum heutigen Tag letzte in einem militärischen Konflikt eingesetzte Atomwaffe.

Auswirkung

Explosion der Fat Man

Über die genauen Todeszahlen liegen unterschiedliche Angaben vor, 1953 kam die US Strategic Bombing Survey zu den Zahlen 35.000 Tote, 60.000 Verletzte und 5.000 Vermisste. 1960 veröffentlichte die japanische Regierung die Zahlen 20.000 Tote und 50.000 Verletzte, was aber später auf 87.000 Tote korrigiert wurde. Andere Quellen sprechen von ungefähr 35.000 bis 40.000 Toten.

Viele Menschen starben in Folge der Strahlenkrankheit oder wurden entstellt. Solche Menschen werden in Japan Hibakusha (explosionsgeschädigte Person) genannt. (Schätzungen 1946: ~75.000 – 1950: ~140.000)

Daten

Gewicht 4.670 kg (10.300 lbs)
Länge 3,66 m (12 ft)
Durchmesser 1,52 m (60 in)
Spaltmaterial 6,2 kg Delta-Phase-Plutonium-Legierung (überw. 239Pu, sehr geringe Menge an Gallium)
Neutronenreflektor abgereichertes Uran (überwiegend 238U)
Neutronenquelle (Initiator) Polonium-Beryllium
Chemische Sprengstoffe Composition-B (60 % Hexogen, 39 % TNT)
Baratol (TNT und Bariumnitrat)
Zünder Luftdruckzünder
Fernmesszünder (Radar)
Explosionskraft 22 ± 2 kT / 92 ± 8 Terajoule
Explosionshöhe 500 ± 10 m (1650 ± 33 ft)

Weblinks

 Commons: Fat Man – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Fat Man im Nuclearweaponarchive

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