- Fehling-Probe
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Die Fehling-Probe dient zum Nachweis von Reduktionsmitteln, z. B. von Aldehyden und reduzierenden Zuckern.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die von Hermann Fehling 1848 veröffentlichte Nachweisreaktion[1] ermöglichte die quantitative Bestimmung von Zucker im Harn durch Titration.[2] Dies war zur Diagnose der Zuckerkrankheit (Diabetes) von Bedeutung.[3] Zuvor war dies nur qualitativ durch einfache Geschmacksprüfung oder Vergärung möglich, später auch quantitativ durch Polarimetrie.[4] Heute ist die Fehling-Probe Bestandteil der Schulchemie.
Fehlingsche Lösung
Zur Durchführung der Fehling-Probe verwendet man zwei Lösungen als Nachweisreagenzien, die nach Hermann Fehling als „Fehling I“ und „Fehling II“ bezeichnet werden.
- Die hellblaue Fehlingsche Lösung I ist eine verdünnte Kupfer(II)-sulfat-Lösung.
- Die farblose Fehlingsche Lösung II ist eine alkalische Kaliumnatriumtartrat-Lösung.
Nach Zusammenführen gleicher Volumina beider Fehling-Lösungen besitzt das Fehling-Reagenz aufgrund der Komplexbildung der Cu(II)-Ionen mit den Tartrat-Ionen eine charakteristische, dunkelblaue Farbe.[5] Das Tartrat hat die Aufgabe eines Komplexbildners: Durch die hohe Komplexstabilität wird das Löslichkeitsprodukt des Kupfer(II)-hydroxids nicht mehr erreicht. Wenn die Kupfer(II)-Ionen nicht komplex gebunden vorliegen würden, würden die OH--Ionen also mit den Kupfer(II)-Ionen zum schwerlöslichen blauen Kupfer(II)-hydroxid Cu(OH)2 reagieren, und die eigentliche Nachweisreaktion würde so nicht mehr stattfinden.
- Salze der Weinsäure und Kupfer(II)-Ionen reagieren zum tiefblauen Kupfertartratkomplex und Wasser.
Der Zusatz von Glycerin vor dem Auffüllen mit Wasser verlängert die Haltbarkeit einer selbst angesetzten Lösung.
Nach der Zugabe der Testsubstanz wird die Lösung erwärmt. Dadurch wird die Nachweisreaktion gemäß der RGT-Regel beschleunigt. Die Monosaccharide werden in ihrer offenkettigen Form nachgewiesen, da die hier die Oxidierbarkeit der Aldehydgruppe genutzt wird, die in den Ringformen als Halbacetal gebunden ist. Die offenkettige Form steht mit den verschiedenen Ringformen in einem chemischen Gleichgewicht. So liegen zum Beispiel bei Glucose in wäßriger Lösung weniger als 0,1 % der Zuckermoleküle in offenkettiger Form vor.
Es erfolgt dann eine Reduktion der Kupfer(II)-Ionen erst zu gelbem Kupfer(I)-hydroxid (CuOH) und dann eine Dehydratisierung zu Kupfer(I)-oxid (Cu2O). Aldehyde werden nach Zugabe von Fehling-Reagenz zu Carbonsäuren oxidiert, während das Kupfersulfat (CuSO4) zu Kupfer(I)-oxid (Cu2O) reduziert wird und als rotbrauner Niederschlag ausfällt.
Nicht zuletzt durch das Entstehen eines festen Produkts liegt das Gleichgewicht dieser Reaktion fast vollständig auf Seiten der Carbonsäure. Dadurch werden weitere Zuckermoleküle in die offenkettige Form überführt, bis die Reaktion praktisch vollständig abgelaufen ist:
Bei längerem Erhitzen oder bei einfacheren Aldehyden wie Formaldehyd oder Acetaldehyd kann auch elementares Kupfer entstehen.
Redoxreaktion
Da die Oxidation der Probesubstanz durch Reduktion der Kupfer(II)-Ionen erfolgt, kann die Gesamtreaktion wie bei allen Redoxreaktionen in eine Oxidations- und Reduktionsreaktion zerlegt werden. Dabei wird im nachfolgenden Beispiel zur Vereinfachung nicht berücksichtigt, dass die Kupferionen eigentlich in einem Komplex mit Tartrat-Ionen (Kupfertartrat) vorliegen:
Oxidation:
- Eine Aldehydgruppe wird im basischen zur Carbonsäure oxidiert.
- Da die Reaktion in alkalischer Umgebung stattfindet, wird die entstehende Carboxygruppe durch Hydroxidionen zur Carboxylatgruppe im Sinne einer Säure-Base-Reaktion deprotoniert.
Reduktion:
- Kupfer(II)-ionen und Hydroxidionen reagieren zu Kupfer(I)-hydroxid, das weiter zu Kupfer(I)-oxid dehydratisiert.
Redoxreaktion:
- Kupfer(II)-ionen und Aldehydgruppen reagieren im basischen Milieu zu Kupfer(I)-oxid, Carboxylaten und Wasser.
Grenzen
Zu erwähnen ist an dieser Stelle, dass Ketone von der Fehlingschen Lösung nicht oxidiert werden. Der Nachweis erlaubt folglich eine Unterscheidung zwischen einem Keton und Aldehyd. Ketone mit einer der Carbonylgruppe benachbarten OH-Gruppe (alpha-Ketole) sprechen allerdings auf das Fehling-Reagenz an (z.B. durch Keto-Enol-Tautomerie); Reduktionsmittel ist hier das in alkalischer Lösung entstehende Endiolation.
Die Fehling-Reaktion mit reduzierenden Zuckern folgt im Allgemeinen nicht der oben gezeigten einfachen Stöchiometrie, da hierbei Oxidationsprodukte entstehen, die selbst reduzierend wirken (Ketoaldehyde, Hydroxy-Diketone sowie Produkte von Retro-Aldolreaktionen).
Weitere Nachweisreaktionen für Aldehyde
- Angeli-Rimini-Reaktion
- Schiffsche Probe mit dem Schiffschen Reagenz
- Tollensprobe (Silberspiegel-Probe) mit dem Tollens-Reagenz
- Benedict-Reagenz
- Nylanders Reagenz
Einzelnachweise
- ↑ H. Fehling: Quantitative Bestimmung des Zuckers im Harn. Archiv für physiologische Heilkunde, 1848, 7: 64-73.
- ↑ I. Munk: Zur quantitativen Bestimmung des Zuckers und der sog. reducirenden Substanzen im Harn mittelst Fehling'scher Lösung, 1886, doi:10.1007/BF01925199
- ↑ Prof. Blumes Tipp des Monats März 2006 (Tipp-Nr. 105): Diabetes - Durchaus ein Thema für den Chemieunterricht
- ↑ J. Büttner in Berichte zur Wissenschaftsgeschichte: Naturwissenschaftliche Methoden im klinischen Laboratorium des 19. Jahrhunderts und ihr Einfluß auf das klinische Denken doi:10.1002/1522-2365(200206)25:2<93::AID-BEWI93>3.0.CO;2-G
- ↑ a b Arnold F. Holleman, Nils Wiberg: Lehrbuch der Anorganischen Chemie. 102. Auflage. de Gruyter, Berlin 2007, ISBN 978-3-11-017770-1, S. 1447.
- ↑ Unterscheidung von Aldehyden und Ketonen
Weblinks
Commons: Fehling-Probe – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienWikibooks: Praktikum Organische Chemie/ Fehling-Probe – Lern- und Lehrmaterialien
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