- Finnlanddeutsche
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Die Deutschen bilden historisch eine Minderheit in Finnland. Eine größere deutsche Kolonie existierte vor dem Zweiten Weltkrieg in der Stadt Wiborg. In der finnischen Hauptstadt Helsinki gibt es bis heute eine deutsche Kirchengemeinde, eine deutsche Schule und eine deutsche Bibliothek.
Inhaltsverzeichnis
Wiborg
Die ersten Deutschen kamen aus Russland und den baltischen Ländern (vor allem Estland). Sie siedelten sich hauptsächlich in der heute russischen Stadt Wyborg (damals Wiborg) an. Von der Hansezeit bis ins 19. Jahrhundert behaupteten Deutsche ihre Präsenz. Die deutsche Kirchengemeinde Wiborg wurde 1636 gegründet. Im Jahre 1812 waren 1/8 der Einwohner (362 Personen) Wiborgs Deutsche, ein Anteil, der nie wieder erreicht wurde. Die deutsche Sprache hatte sich bereits 1727 als Amtssprache in der Stadt durchgesetzt und somit einen guten Nährboden für deutsche Kultur und Sprache geschaffen. Bis 1841 war auch am deutschen Gymnasium Deutsch die offizielle Schulsprache.
Insgesamt wurden in Wyborg im 18. und 19. Jahrhundert vier Sprachen gesprochen, was die kulturelle Entwicklung der Stadt wesentlich prägte.
Helsinki
Nachdem Finnland Wiborg 1947 im Frieden von Paris an die Sowjetunion abgetreten hatte, wurde am 31. Dezember 1950 die seit 1636 bestehende deutsche evangelische Kirchengemeinde Wiborg offiziell aufgelöst. Bis 1953 schrieben sich ungefähr 200 ihrer 277 Mitglieder in die deutsche Gemeinde Helsinki ein, die 1858 gegründet worden war. Eine deutsche Schule und Bibliothek gab es dort seit 1881. Einige bekannte finnische Firmen wurden von Einwanderern oder deren Nachfahren aus dem deutschsprachigen Raum gegründet: Fazer, Paulig und Stockmann.
Finnland allgemein
Nach dem Ersten Weltkrieg erlebte die deutsche Gemeinde einen sprunghaften Anstieg an Mitgliedern (z. B. Helsinki 1913: 1.334, 1923: 2.414) infolge der Flucht vieler Deutscher aus dem Raum St. Petersburg wegen der Oktoberrevolution.
In der NS-Zeit bezeichneten sich etwa 950 Erwachsene als Deutsche. Nach dem Ausbruch des Krieges zwischen Finnland und Deutschland im Herbst 1944 wurden jedoch etwa 500 deutsche Staatsbürger interniert und 1945 nach Deutschland ausgewiesen.
Literatur
- Gisbert Jänicke: Deutsche in Finnland. In: Olli Alho (Hrsg.): Kulturlexikon Finnland, Finnische Literaturgesellschaft, Helsinki 1998, S. 62–65.
- Geert Sentzke: Deutsche Gemeinde Helsinki – Helsingfors, 1858–1971; Geschichte der ev.-luth. Gemeinde deutscher Sprache in Finnland, Helsinki (Kirchenrat der Gemeinde) 1972
- Deutsche Geschichte im Osten Europas, Siedler Verlag, ISBN 3-88680-468-2
- Robert Schweitzer : Die Wiborger Deutschen, Veröffentlichungen der Stiftung zur Förderung deutscher Kultur, Nr. 3, Helsinki 1993
- Robert Schweitzer, Waltraud Bastman-Bühner: Der Finnische Meerbusen als Brennpunkt. Wandern und Wirken deutschsprachiger Menschen im europäischen Nordosten. Veröffentlichungen der Stiftung zur Förderung deutscher Kultur, Nr. 9, Helsinki 1998.
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