- Flic Flac
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Der Circus Flic Flac wurde im Jahre 1989 von den Brüdern Benno und Lothar Kastein in Bocholt gegründet. Die Brüder waren ehemalige Artisten und haben sich mit der Gründung den Traum von einem Zirkus erfüllt, der sich in seiner Art vom klassischen Zirkus unterscheidet. Namensgeber war die englische Schreibweise der Turnübung Flickflack. Die Weltpremiere fand am 5. Oktober 1989 in Oberhausen statt. Im Mai 2010 wurde bekannt, dass das Unternehmen zum 27. Juni 2010 seinen Tourneebetrieb[1] auf unbestimmte Zeit einstellt und damit 39 Artisten und 60 festangestellte Mitarbeiter ihre Arbeit verlieren werden.[2] Das Angebot für einen Verkauf konnte von Zirkusdirektor und Geschäftsführer Benno Kastein wieder zurückgezogen werden.[1] Ob das Unternehmen seinen regulären Betrieb in Zukunft noch einmal wieder aufnehmen wird, ist ungewiss. Vorläufig jedoch will Flic Flac sich nur noch auf so genannte "Special Events" konzentrieren. Damit ist das jährliche Festival der besten Artisten in Kassel gemeint, sowie die zeitlich parallel stattfindenden Weihnachtszirkusse in Nürnberg und Dortmund.
Inhaltsverzeichnis
Die Show
Eines der wesentlichen Unterscheidungsmerkmale von Flic Flac gegenüber vielen anderen Zirkusunternehmen ist, dass gänzlich auf Tierdressuren verzichtet wird. Stattdessen setzen die Macher von Flic Flac auf eine moderne, unkonventionelle Show, die mit einem hohen technischen Aufwand umgesetzt wird. So gibt es keine Manege, sondern eine hydraulische Bühne. Akrobatik, Stunts, Satire und Slapstick in Verbindung mit zeitgemäßer musikalischer Begleitung sind Elemente des Programms. Zu den eher ungewöhnlichen Nummern gehören z.B. das „Todesrad“ oder der „Globe of Speed". Das Todesrad machte den Circus bekannt. Hierbei handelt es sich um eine Stahlkonstruktion, die an ihrer Achse aufgehängt ist und sich um diese dreht. An den Enden befinden sich zwei Laufflächen, auf denen die Artisten sich bewegen. Am höchsten Punkt der Drehung erreicht der Artist nahezu die Zeltdecke.
Mit dem aktuellen Programm ging das Unternehmen jeweils zwei Jahre lang auf Tournee. Anschließend wechselte das Programm und damit auch der größte Teil des Ensembles. Die Programme trugen Titel wie „Bodenlos“, „Gnadenlos“, „Reine Nervensache“, „Virus“, „Unzensiert“, „New Art 2005/2006“, „No Limits!“ und „Underground“. Flic Flac wurde für sein Programm mit der Goldenen Europa für innovatives Entertainment ausgezeichnet. Das letzte Tourprogramm (2010) trug den Namen "ARTgerecht".
Mit einem besonderen Programm startete Flic Flac am 6. Dezember 2008 in Saarbrücken. Die "Dinner Show"[3] kombiniert hochkarätige Artistik, Komik und eine Big-Band mit einem exklusiven Mehr-Gänge-Menü. Die gastronomische Leitung oblag dem Michelin-Sterne- und Fernsehkoch Alexander Kunz (Restaurant Kunz) aus St. Wendel-Bliesen[4].
Vom Dezember 2009 bis Januar 2010 startete Flic Flac zum ersten Mal das "Festival der besten Artisten", welches jährlich in Kassel stattfinden soll. Dieses Ereignis wird in Form eines Wettbewerbs ausgetragen und es werden Preise ausgeschrieben. Das Publikum nimmt hier auch gleichzeitig die Rolle der Jury wahr.
Auch nachdem der Zirkus seinen regulären Betrieb im Jahr 2010 eingestellt hat, wird dieses Festival weiterhin abgehalten, wobei auf eine feste Besetzung im Personal jedoch verzichtet wird. Ende 2011 kamen weitere Weihnachtsprogramme in Nürnberg und Dortmund hinzu.
Das Unternehmen
Mit dem Circus Flic Flac reisten rund 180 Personen, darunter etwa 50 Artisten und ihre Familien. Für den organisatorischen Ablauf sorgten ca. 90 Angestellte wie Zeltmeister, Techniker, Requisiteure, Musiker und Büropersonal.
Bis 2010 hatte die Circus Flic Flac GmbH ihre Hauptverwaltung in Isselburg nahe der Heimatstadt Bocholt, wo Teile des Zirkus auch verweilten, wenn er sich nicht auf Tournee befand. Das eigentliche Winterquartier mit einer größeren Lagerhalle, in der auch Reparaturen durchgeführt werden konnten, befand sich ab 1998 in Borken, ebenfalls nahe Bocholt. Im Jahr 2003 übertrug das Unternehmen sein Hauptgeschäftsfeld, nämlich die direkte Zirkusleitung, auf die neu gegründete Tochterfirma B/K Circus GmbH mit Sitz in Norderfriedrichskoog im Kreis Nordfriesland. Eigens für die Dinner Show wurde zudem 2009 die Flic Flac Dinner Show GmbH als weitere Tochter ins Leben gerufen. Seit Einstellung des Tourneebetriebs im Jahr 2010 sind alle drei Betriebe im Winterquartier Borken angesiedelt, welches heute auch offizielle Geschäftsadresse ist.
Im Jahr 2003 übernahm Benno Kastein die Leitung des Circus Flic Flac komplett, da dessen Bruder Lothar den Circus "180 Grad" gründete. Lothar Kastein entwarf hierfür ein neuartiges Zelt ungewöhnlicher Form, das lediglich mit Hilfe von Gewichten fixiert wird und somit keinerlei Zeltanker bedarf; allerdings geriet der neue Zirkus mehrfach in finanzielle Schwierigkeiten. Seither arbeitete Lothar Kastein zeitweise wieder für Flic Flac, zum Beispiel machte er Promofotos, ging jedoch nicht mehr mit auf Tournee. Im Frühjahr 2008 löste er dann Juri Kaiser als Geschäftsführer der B/K Circus GmbH ab. Seit 2010 ist dies allerdings nun ebenfalls Benno Kastein.
Immer wieder ließ sich das Unternehmen spezielle Zelte anfertigen, die ein Hersteller aus Italien anfertigte. Diverse Innenausstattungen wie Bühne, Sitzreihen und Lichtanlagen wurden hingegen in Bocholt hergestellt. Bis das Unternehmen seinen Betrieb im Jahr 2010 einstellte, besaß es zwei größere 4-Mast-Zelte, ein weiteres Kleinzelt für die Flic Flac Dinner Show sowie ein spezielles 8-Mast-Zelt mit einer länglichen Bühne. Letzteres wurde ausschließlich für die 2007er Tour "No Limits" benötigt. Aufgrund der Bauform konnten in diesem Zelt größere Auto- und Motorradstunts durchgeführt werden. Im August 2010 verkaufte die Geschäftsführung einen Großteil der Wagen, Auflieger und Requisiten. Kurzzeitig standen auch Zelte zum Verkauf an.
Unfälle
Seit 2001 gab es mehrere leichte bis schwere Unfälle bei FlicFlac-Shows. Der letzte ereignete sich am 10. März 2010 bei einer Vorstellung in Koblenz.
- Im Juni 2001 stürzte der 20-jährige polnische Artist Pawel Czizmowski aus 8 Metern Höhe während seines Auftrittes am Todesrad. Als er sich die Maske vom Gesicht riss, geriet er ins Straucheln und rutschte am Todesrad herunter. Die Ärzte stellten bei ihm einen Schlüsselbeinbruch, eine Gehirnerschütterung und eine Gehirnquetschung fest. Ein mehrwöchiger Krankenhausaufenthalt folgte. Die Todesradnummer wurde in Nürnberg nicht aus dem Programm genommen, sondern umgestellt. Die Zwillinge Piotr und Pawel habe mittlerweile Flic Flac verlassen und treten als Pablo und Pierre Caesar Twins mit eigenem Programm auf.
- Im März 2003 stürzte der 23-Jährige bulgarische Artist Venco Peev aus 4 Metern Höhe in Essen vom Todesrad und zog sich einen doppelten Wadenbeinbruch zu. Der Artist hatte laut Zirkussprecherin Scarlett Kaiser-Kastein Glück, da er auf Holzbretter und nicht auf Metallteile fiel. Die Todesradnummer wurde in Essen nicht aus dem Programm genommen, sondern umgestellt.
- Am 4. August 2004 stürzte der 21-jährige brasilianische Artist Ribeiro beim Versuch eines Dreifachsaltos am Trapez ab, nachdem sich der Griff des Fängers löste. Ribeiro kam dabei auf der Kante des Sicherungsnetzes auf, fiel von dort zunächst auf eine Lampe und dann auf einen Treppenabsatz. Dank der Anwesenheit einer Notärztin im Publikum konnten Folgeschäden verhindert werden. Der Zirkus verlängerte daraufhin das Netz über die übliche Größe hinaus.
- Im August 2006 kam es innerhalb von nur drei Tagen zu zwei kleinen Unfällen im "Globe of Speed". Zunächst war am 14. August ein geplatzter Motorradreifen die Ursache, im zweiten Fall wahrscheinlich menschliches Versagen. FlicFlac hat auf den Unfall reagiert, indem die Reifen mit Silikon verstärkt wurden.
- Bei der Premierenshow am 7. März 2007 in Dortmund stürzte die Artistin Salima und brach sich einen Arm.
- Am 1. April 2007 stürzte Hochseilartist Marcos Daza während des Abbaus der Hochseilvorrichtung vom Seil und prallte auf dem Boden auf. Da der Sturz während des Abbaus passierte, war das Sicherheitsnetz nicht mehr aufgebaut. Die Show wurde unterbrochen und der noch ansprechbare Marcos Daza ins Krankenhaus gebracht. Auf Wunsch von Marcos Daza wurde die Show fortgeführt, was zu heftigen Diskussionen in der Öffentlichkeit führte. In der Nacht zum 11. April 2007 verstarb Daza. Die Frage der Schuld ist noch ungeklärt, wahrscheinlich war das Seil nicht richtig gespannt. Bereits am Gründonnerstag 2003 verletzte sich der Artist Adrian Marin Rendon bei derselben Nummer in einer Sondervorstellung in Köln schwer, als er beim Radfahren auf dem Hochseil von diesem stürzte, nachdem die Kette abgesprungen war. Allerdings konnten sowohl der Milzriss als auch die komplizierten Knochenbrüche geheilt werden. Einen weiteren Unfall gab es bei dieser Nummer im Februar 2004, als der Hochseil-Artist Carlos Marin Diaz und sein Sohn aus acht Meter Höhe auf den hölzernen Manegenboden stürzten, nachdem der Sohn die Konzentration verloren hatte. In der Folge ordnete die Zirkusdirektion gegen den Willen der Artisten an, dass der Manegenboden fortan mit Luftmatten gesichert werden sollte, später folgten Netze zur Sicherheit der Artisten.
- Am 31. Dezember 2008 brach während einer Vorstellung ein Reck. Ein Artist der 5-köpfigen Truppe zog sich einen Rippenbruch zu. Flic Flac gab an, dass die Artisten auf eigenes Risiko mit eigenem Material arbeiteten, was üblich sei, und die Nummer vorläufig zu viert fortsetzen.
- Während eines Gastspiels in Koblenz stürzte am 10. März 2010 ein 25-jähriger moldawischer Artist der Gruppe "Bikers" während der Vorführung auf der "Russischen Schaukel" beim Abgang aus einer Höhe von 6 Metern ab und prallte auf den Manegenboden auf. Er hatte beim Abstoßen vom Gerät das Gleichgewicht verloren und war ins Trudeln geraten. Dabei zog sich der Moldawier neben mehreren Rippenbrüchen auch erhebliche Rückenverletzungen zu, die eine Operation am Folgetag in einem Koblenzer Krankenhaus notwendig machten. Die Vorführungen der Artistengruppe wurden bereits am nächsten Tag fortgesetzt[5]. Der Artist ist seitdem querschnittsgelähmt.[6]
Dokumentationen
- ARD Morgenmagazin: 12. bis 16. Oktober 2009
- Tatjana Kastein im Sat 1 Frühstücksfernsehen: Traumberuf Artistin - April 2008
- "Flic Flac – Premierenfieber" (2007), stern TV für VOX (Regie: Stephan Guntli)
- "Flic Flac" Ein Circus zieht um - N24 Reportage
Quellen - Annotationen
- ↑ a b Zirkus „Flic Flac“ stellt Tourneebetrieb ein. In: Südkurier vom 23. Juni 2010
- ↑ Zirkus "Flic Flac" macht vorläufig zu; Ruhr Nachrichten, 6. Mai 2010
- ↑ Flic Flac trifft auf einen Sternekoch. In: Saarbrücker Zeitung vom 4. Oktober 2008
- ↑ Kochkünstler wirbeln in der Flic-Flac-Küche. In:Saarbrücker Zeitung vom 29. Dezember 2008
- ↑ Rhein-Zeitung vom 11. März 2010
- ↑ Giovanna Marasco: Flic Flac: Vor jedem Auftritt heißt es "S bogam" - "Mit Gott". In: Rhein Zeitung. 21. April 2010, abgerufen am 7. Mai 2010.
Weblinks
Commons: Circus Flic Flac – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienKategorien:- Zirkusunternehmen
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