Fluglotse

Fluglotse
Der bekannteste Arbeitsplatz der Fluglotsen ist der Kontrollturm (Tower) – hier in Wien Schwechat

Ein Fluglotse hat die Aufgabe, den Luftverkehr sicher, ordnungsgemäß, flüssig und ökonomisch zu lenken. Der Begriff Lotse kommt ursprünglich aus der Seefahrt und bezeichnet dort einen erfahrenen Seemann, der die Gewässer einer Küste oder eines Flusses so gut kennt, dass er Schiffe sicher hindurchleiten kann.

Inhaltsverzeichnis

Aufgaben

Der Fluglotse überwacht den Luftraum und leitet alle Luftfahrzeuge in seinem Zuständigkeitsbereich, soweit sie seiner Kontrolle unterliegen, um Zusammenstöße zu vermeiden (Flugsicherung), aber auch, um für die Fluggesellschaften eine möglichst ökonomische Durchführung der Flüge herzustellen und aufrechtzuerhalten. Dazu stehen ihm u. a. folgende Hilfsmittel zur Verfügung: der von dem Flugzeugführer eingereichte Flugplan, direkter Sichtkontakt, Positionsmeldungen, Wettermeldungen, elektronische Planungsinstrumente, Radar und Flugfunk.

Fluglotsen sind immer nur für einen bestimmten Bereich (Sektor) zuständig. Luftfahrzeuge, die sich in diesem Sektor befinden, stehen unter Aufsicht des verantwortlichen Lotsen. Die Übergabe von Sektor zu Sektor heißt handoff oder „Übergabe“. Ein Flugzeug wird so immer von Lotse zu Lotse weitergegeben und durchgehend innerhalb der kontrollierten Lufträume gesteuert und überwacht.

Arbeitsstellen der Fluglotsen liegen

Vorfeldlotsen (engl. apron controller) gibt es meist an Verkehrsflughäfen mit sehr hohem Verkehrsaufkommen. Ihr Arbeitsplatz ist die Vorfeldkontrolle, sie sind für die Verkehrslenkung von Luftfahrzeugen und anderen Fahrzeugen auf den Vorfeldflächen verantwortlich und i.d.R. bei der jeweiligen Flughafengesellschaft angestellt.

Die österreichische Bezeichnung des Fluglotsen lautet Flugverkehrsleiter. Sie sind bei der Austro Control angestellt.

Ausbildung

In Deutschland dauert die Ausbildung in der Flugsicherungsakademie der DFS in Langen (Hessen) etwa 1–2 Jahre sowie weitere 1-2 Jahre im On-the-Job-Training im späteren Zuständigkeitsbereich. Allerdings bestehen nur etwa 5 % der Bewerber den Eignungstest.

Militärische Fluglotsen Deutschlands und Österreichs werden gemeinsam in Kaufbeuren an der Technischen Schule der Luftwaffe 1 ausgebildet. Der gesamte Werdegang umfasst zusätzlich militärische Anteile und dauert daher insgesamt fünf bis sieben Jahre. Eine ähnlich hohe Quote der Aussortierung und eine überwiegend an die zivilen Inhalte sowie die Regeln der ICAO angepasste Ausbildung sorgt für eine vergleichbar geringe Anzahl erfolgreicher Bewerber, die als Flugverkehrskontrolloffiziere übernommen werden. Für die Auszubildenden gilt ein Höchstalter von 24 Jahren zum Zeitpunkt der Bewerbung.

In Österreich dauert die Ausbildung zum zivilen Flugverkehrsleiter an der Austro Control Akademie nach den Richtlinien der Eurocontrol etwa drei Jahre.

Gewerkschaft

Eine Interessenvertretung der Fluglotsen der DFS und der Regionallotsen der TTC und Austro Control (nur für Lotsen, die an deutschen Plätzen tätig sind) übernimmt die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF).

Die Fluglotsen der Bundeswehr haben sich im Bundesverband der Militärischen Flugsicherung Deutschland zusammengeschlossen.

Flugverkehrssicherheit Schweiz

Skyguide ist die schweizerische Flugsicherungsorganisation, welche jährlich über 1,16 Millionen zivile und militärische Flugzeuge durch den schweizerischen und angrenzenden ausländischen Luftraum lotst.[1] Das Unternehmen ist als Aktiengesellschaft organisiert und im Auftrag des Bundes aktiv - 99 Prozent des Aktienkapitals befinden sich im Besitz des Bundes. Innerhalb eines gesetzlich vorgeschriebenen Service-public-Auftrages sorgt Skyguide für die zivile und militärische Luftsicherheit, für die flüssige und wirtschaftliche Abwicklung des Luftverkehrs, den Luftfahrtinformationsdienst, den Flugfernmeldedienst und die Wartung sowie den Betrieb der technischen Installationen der Flugsicherungsanlagen.[2]

Verantwortung eines Flugverkehrsleiters

In den Anfängen der kommerziellen Luftfahrt war die Hauptverantwortung für die Sicherheit des Flugzeugs und seiner Insassen vor allem beim Pilot. Da die Zahl der Teilnehmer im Luftverkehr bereits seit den Fünfzigerjahren des letzten Jahrhunderts drastisch zunahm und immer mehr Flughäfen über die nötigen technischen Einrichtungen verfügten, wurde die Verantwortung der Sicherheit des Flugverkehrs seit 1950 vermehrt den Flugverkehrsleitern übergeben.[3] Heutzutage ist ein sicheres und effizientes Fliegen ohne Flugverkehrsleiter kaum mehr möglich. Die Luftstrassen sind jährlich mit Millionen von Flügen ausgelastet.[4] Majumdar und Washington (1996) haben zwischen 1985 und 1990 eine durchschnittliche Zunahme des Luftverkehrs von 8 Prozent festgestellt.

Die Wahrnehmungsaufgaben eines Fluglotsen

Zu den perzeptuellen Arbeitsleistungen eines Fluglotsen gehören die Identifizierung von Informationen von den Kontrollstreifen (darauf wird notiert, welche Anweisungen der Pilot bereits erhalten hat), das Abhören des Funkes und die visuelle Identifikation der Objekte auf dem Radarbildschirm. Neben visuellen sind ebenfalls auditive Wahrnehmungsprozesse beteiligt. Die beteiligten Prozesse reichen von der Entdeckung eines Signals, über dessen Identifikation bis hin zu Vergleichsprozessen. Dabei muss die Aufmerksamkeit entweder selektiv sein (zum Beispiel bei Konfliktsituationen), geteilt (dem Funk anhören und gleichzeitig etwas notieren) oder vigilant (Daueraufmerksamkeit, welche meist auf die Radarmonitore gerichtet ist). Lotsen müssen ihre Aufmerksamkeit dauernd verschiedenen Aufgaben widmen. Fehler entstehen meist durch fehlende Aufmerksamkeitskapazitäten oder deren falsche Allokation.[5]

Mentale Arbeitsbelastung

Die mentale Arbeitsbelastung eines Fluglotsen wird vor allem durch die Komplexität der Flugzone, individuellen Differenzen und seine kognitiven Arbeitsstrategien bestimmt. Die Komplexität der Flugzone hängt von der Anzahl der Starts und Landungen, deren dynamische Veränderung zu Spitzenzeiten, deren geografischer Verteilung sowie deren durchschnittlicher Anzahl pro Arbeitsstunde ab.[6]

Situationsbewusstsein

Situationsbewusstsein als psychologischer Begriff kann definiert werden als die Wahrnehmung, Interpretation und Vorwegnahme der Entwicklung von Elementen der Umwelt während einer bestimmten Zeit innerhalb eines bestimmten Raumes.[7] Das korrekte Situationsbewusstsein eines Lotsen kann definiert werden als die Vorstellung von Faktoren und Ausgangsbedingungen, die zu bestimmten Zeitpunkten die sichere und effiziente Regelung des Luftverkehrs ermöglichen.[8] Im Fall einer Flugverkehrsleitzentrale ist es darüber hinaus erforderlich, dass die Teammitglieder ihre Informationen untereinander austauschen, um ein Abbild des gesamten zu überwachenden Flugverkehrs zu erhalten.[9] Lotsenfehler werden im Nachhinein meist als ein Zusammenbruch des Situationsbewusstseins beschrieben. Flugverkehrsleiter sprechen meist von „losing the picture“.[10]

Literatur

  • Andreas Fecker: Fluglotsen. Hinter den Kulissen des Luftverkehrs. Neu bearbeitete Ausgabe. GeraMond Verlag, München 2004, ISBN 3-7654-7217-4.
  • Peter Bachmann: Flugsicherung in Deutschland. Motorbuch Verlag, Stuttgart 2005, ISBN 3-613-02521-3.
  • Andreas Fecker: Beruf Fluglotse. Motorbuch Verlag, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-613-03261-3
  • James Walter Lehmann, 2011. Seminararbeit: Fluglotsen aus psychologischer und soziotechnischer Sicht. Universität Bern.

Quellen

  1. (Skyguide Homepage, 2011)
  2. (Skyguide Homepage, 2011)
  3. (Levy, 1968)
  4. (Metzger & Parasuraman, 2001, Skyguide Homepage, 2011, Skyguide Dossier Ausbildung, 2011)
  5. (Shorrock, 2007)
  6. (Majumdar & Washington, 1996)
  7. (Endsley, 1995, zitiert nach Shorrock, 2007)
  8. (Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung, 2011)
  9. (Untersuchungsbericht Überlingen 2004)
  10. (Shorrock, 2007)

Weblinks

 Commons: Air traffic control – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Dieser Artikel existiert auch als Audiodatei.

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