Franz Xaver Gabelsberger

Franz Xaver Gabelsberger
Franz Xaver Gabelsberger, Lithographie von E. F. Leybold, um 1840
Franz Xaver Gabelsberger

Franz Xaver Gabelsberger (* 9. Februar 1789 in München; †  4. Januar 1849 in München) war der Erfinder eines kursiven (grafischen) Kurzschriftsystems und damit eines Vorläufers der heute gebräuchlichen Deutschen Einheitskurzschrift.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Franz Xaver Gabelsberger, dessen Vater, ein Blasinstrumenten-Hersteller aus München, früh starb, kam in eine Klosterschule und schloss seine Gymnasialstudien 1807 am (heutigen) Wilhelmsgymnasium München ab. Ein Studium konnte er nicht aufnehmen, da es an den erforderlichen Geldmitteln fehlte und er zudem gesundheitlich beeinträchtigt war. Aus diesem Grund ging er in den bayerischen Staatsdienst und wurde dort bereits mit 21 Jahren Kanzlist. Seinen Vorgesetzten waren seine ausgesprochen schöne Handschrift und seine Fertigkeiten in der Kalligrafie und Lithografie aufgefallen. Gabelsberger bemerkte bald, dass es an einem Schriftsystem mangelte, mit dem man schnell schreiben und sich damit die Arbeit erleichtern konnte.

Wandrers Nachtlied im Stenografiesystem Gabelsberger (um 1905)

Im Alter von 28 Jahren begann er, sein System zu entwickeln. Durch die Einrichtung von Parlamenten in den süddeutschen Monarchien, genauer seit der bayerischen Verfassungsreform vom 26. Mai 1818, wurde eine Kurzschrift notwendig (England und Frankreich hatten bereits länger weitverbreitete Kurzschrift-Systeme, die sich jedoch für die mitlautreiche deutsche Sprache als untauglich erwiesen). Das System von Gabelsberger setzte sich in diesem Bereich und in der Folge auch in den Verwaltungen rasch durch. Es wurde (neben dem geometrischen Kurzschriftsystem Horstig/Heim) auch während der Frankfurter Nationalversammlung in 1848/49 eingesetzt. Gabelsberger wurde der erste Parlamentsstenograf des Bayerischen Landtags. Rasch wurde sein System auch in den meisten anderen Parlamenten eingeführt, wo man es (neben den Systemen Stolze, Stolze/Schrey u. a.) bis weit ins 20. Jahrhundert hinein anwandte, bis es von der Deutschen Einheitskurzschrift (DEK) abgelöst wurde.

Gabelsberger, inzwischen zum Ministerialsekretär aufgestiegen, bekam von der Akademie der Wissenschaften in München bescheinigt, dass sein System „durchaus originell und bei hinreichender Kürze geläufiger, zuverlässiger und lesbarer als jede frühere [Kurzschrift] anzusehen“ sei.

Die bayerische Abgeordnetenkammer gewährte Gabelsberger in der Folge jährlich tausend Gulden, von denen er die Hälfte für sich, die andere Hälfte zur Förderung seiner Stenoschüler zu verwenden hatte. Im Jahre 1834 veröffentlichte er sein Kurzschriftsystem. Er verbesserte sein System immer weiter, gab auch Unterrichtsmaterialien heraus und unterrichtete seine Schüler. Im Jahre 1840 entwarf er eine Abbreviaturschrift. 1843 folgte eine weitere Schrift. Das in der Werkliste verzeichnete Silbenlexikon ist in Bibliotheken nicht mehr auffindbar.

1849 traf ihn auf einer Straße in München ein Schlaganfall, an dessen Folgen er starb.

Wirken

Gabelsbergers System wurde in den nachfolgenden Jahrzehnten von Anhängern seiner Schule mehrfach reformiert, zuletzt 1902 (Berliner Beschlüsse). Hierzu gibt es eine umfangreiche Buch- und Zeitschriftenliteratur sowie eine dreistellige Anzahl von Lehrbüchern.

Seine Kurzschrift war das mit Abstand erfolgreichste Stenografiesystem in Deutschland und Österreich und wurde auf zahlreiche fremde Sprachen übertragen. Die Zahl der systemkundigen Stenografen wurde um die Jahrhundertwende (aufgrund statistischer Jahrbücher, die die Kursteilnehmer im gesamten Reichsgebiet auswiesen) auf etwa vier Millionen Bürger geschätzt. Die Anwender gehörten zumeist der Mittel- oder Oberschicht an und waren überwiegend männlich – dem Prinzip Gabelsbergers folgend, dass die Kurzschrift Schrift aller Gebildeten sein solle. Auch heute noch tauchen häufig Manuskripte von Wissenschaftlern aus der damaligen Zeit auf, die in Gabelsbergerscher Kurzschrift aufgezeichnet wurden und z. T. noch ihrer Übertragung harren. Der Einsatz der Stenografie im Sekretariat bzw. Bürobereich ist eine spätere Erfindung.

Die Gabelsbergersche Kurzschrift wurde zur Grundlage für die meisten der heute genutzten kursiven Stenografiesysteme sowohl im deutschsprachigen Raum als auch in weiten Teilen Ost- und Nordeuropas. Nach Gabelsberger sind Straßen in zahlreichen deutschen und österreichischen Städten benannt. Ihm zu Ehren gibt es Denkmale in München und Traunstein. In Mainburg, wo die Familie Gabelsberger seit 1636 ansässig sind, wurde das dortige Gymnasium nach ihm benannt.

Werke

Literatur

  • Franz Gabelsberger und seine Kunst. Festschrift. München 1890
  • E. Bauer: Gabelsberger, Franz Xaver. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 8, Duncker & Humblot, Leipzig 1878, S. 291–293.
  • Jürgen Wurst: Franz Xaver Gabelsberger. In: Jürgen Wurst, Alexander Langheiter (Hrsg.): Monachia. Städtische Galerie im Lenbachhaus, München 2005, ISBN 3-88645-156-9, S. 169

Weblinks

 Commons: Franz Xaver Gabelsberger – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Nachweise

  1. F. W. Kaeding: Häufigkeitswörterbuch der deutschen Sprache. Selbstverlag, Steglitz 1897, S. 38

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Franz Xaver Gabelsberger — Infobox Person name = Franz Xaver Gabelsberger image size = caption = Inventor of a shorthand system birth date = birth date|1789|2|9|mf=y birth place = Munich, Germany death date = death date and age|1849|1|4|1789|2|9|mf=y death place = Munich,… …   Wikipedia

  • Denkmal für Franz Xaver Gabelsberger — Denkmäler zu Ehren von Franz Xaver Gabelsberger, dem Erfinder eines kursiven Kurzschriftsystems, wurden an folgenden Orten errichtet: Denkmal für Franz Xaver Gabelsberger (München), errichtet 1890 Denkmal für Franz Xaver Gabelsberger (Traunstein) …   Deutsch Wikipedia

  • Denkmal für Franz Xaver Gabelsberger (Traunstein) — Das Gabelsbergerdenkmal in Traunstein wurde am 1. Juni 1913 vom Stenographenverein Traunstein, zu Ehren des Erfinders eines kursiven Kurzschriftsystems, Franz Xaver Gabelsberger (1789–1849), errichtet. Das Denkmal besteht in seiner heutigen Form… …   Deutsch Wikipedia

  • Denkmal für Franz Xaver Gabelsberger (München) — 48.14176407472211.567788124167 Koordinaten: 48° 8′ 30″ N, 11° 34′ 4″ O …   Deutsch Wikipedia

  • Franz Xaver (Vorname) — Franz Xaver (auch Franz Xaver) [fʁants ˈksɑfɐ] ist ein nach dem 16. Jahrhundert verbreiteter männlicher Vorname. Er hat sich nach der Gegenreformation überwiegend im bairischen Sprachraum (Bayern und Österreich) verankert und wird häufig mit F. X …   Deutsch Wikipedia

  • Franz Xaver — is a name shared by several different people throughout history.* Franz Xaver, Baron Von Zach (1754 1832), a German/Hungarian astronomer. * Franz Xaver Gabelsberger (1780–1849), a German stenographer. * Franz Xaver Gruber (1787 1863), an Austrian …   Wikipedia

  • Gabelsberger — Franz Xaver Gabelsberger Franz Xaver Gabelsberger (* 9. Februar 1789 in München; †  4. Januar 1849 in München) war der Erfinder eines kursiven (grafischen) Kurzschriftsystems und damit eines Vorläufers der heute gebräuchlichen Deutschen… …   Deutsch Wikipedia

  • Franz Wigard — Franz Jacob Wigard (* 31. Mai 1807 in Mannheim; † 25. September 1885 in Dresden) war liberaler Politiker, Deutschkatholik und wesentlicher Verfechter der Stenografie. Wigard studierte katholische Theologie, Philosophie, Jura und… …   Deutsch Wikipedia

  • Gabelsberger-Gymnasium Mainburg — Schulform Gymnasium Gründung 1945 Ort …   Deutsch Wikipedia

  • Franz Jacob Wigard — Franz Jacob Wigang Franz Jacob Wigard (* 31. Mai 1807 in Mannheim; † 25. September 1885 in Dresden) war liberaler Politiker, Deutschkatholik und wesentlicher Verfechter der Stenografie …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”