- Fredrik Barth
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Fredrik Barth (* 1928) ist ein norwegischer Ethnologe, der sich hauptsächlich mit der politischen Anthropologie staatenloser Gesellschaften befasst.
Als Sohn norwegischer Eltern geboren in Leipzig, aufgewachsen in Deutschland, den USA und - während des Zweiten Weltkrieges - in Norwegen, kam Barth 1946 erneut in die Vereinigten Staaten, wo er in Chicago Paläontologie und Kulturanthropologie studierte. Er begleitete 1951 seinen Archäologieprofessor Robert Braidwood zu den Ausgrabungen von Jarmo in den Irak und schloss daran seine erste (ungeplante) Feldforschung bei den Kurden an.
Anschließend kann Barth mit einem norwegischen Stipendium an der London School of Economics studieren. Der dortige Professor Raymond Firth macht ihn auf Edmund Leach aufmerksam. Barth geht nach Cambridge und schreibt Principles of Social Organization in Southern Kurdistan. 1954 ist er auf Feldforschung in Nordpakistan in der Region Swat. Nach seiner Promotion in Cambridge 1957 hält er sich im Rahmen eines Unesco-Projekts über die Sesshaftwerdung von Nomaden bei den Basseri im Iran auf. 1959 macht Barth mit Political Leadership among Swat Pathans erstmals auf sich aufmerksam. Zwei Jahre später folgt die inzwischen nicht minder klassische Monografie über die Basseri: Nomads of South Persia. The Basseri Tribe of the Khamseh Confederacy.
Während er in Political Leadership die Bedeutung individueller Strategien, einschließlich der Manipulation von Werten, hinsichtlich sozialer Veränderungen in einem regionalen Kastensystem herausstellt, interessiert er sich bei den Basseri-Nomaden für das segmentäre System als politische Ordnung. Barth unterscheidet zwischen politischen Systemen, in denen die einzelnen Akteure eine gewisse Wahl haben, um untereinander Bindungen und Loyalitäten zu entwickeln (wie in Swat), und solchen, in denen dies nicht möglich ist. So ist in seinem Verständnis eine existierende Gesellschaft das Ergebnis zahlreicher individueller Entscheidungen (choices), denen durch spezifische strukturelle Vorgaben (frameworks, sowohl festen als auch veränderbaren Rahmenbedingungen) allerdings Grenzen gesetzt werden. In Ethnic Groups and Boundaries setzt er die von seinem Lehrer Leach aufgeworfene Diskussion des Begriffs der "ethnischen Gruppe" fort und erweist die Inkongruenz von "Ethnos" und "Kultur". Ein soziokulturelles System kann mehrere Ethnien umfassen und strukturelle Gemeinsamkeiten herausbilden, die dann von seinen Angehörigen als zusammengehörend aufgefasst werden und in Abgrenzung zu den Nachbarn, den "Anderen", tradiert werden.
Weitere Forschungsreisen führten Barth, der von 1961 bis 1972 Professor für Sozialanthropologie in Bergen und von 1973 bis 1985 in Oslo war, später auch noch in die USA, nach China, in den Sudan sowie nach Papua-Neuguinea und Indonesien. Seit 1974 ist er mit Unni Wikan verheiratet, ihrerseits eine namhafte Anthropologin.
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