Albert Sechehaye

Albert Sechehaye

Albert Sechehaye (* 4. Juli 1870 in Genf; † 2. Juli 1946 ebenda) war ein Schweizer Linguist und gehörte der saussurschen Genfer Schule des Strukturalismus an. Sechehaye war außerdem an der Edition von Saussures Cours de linguistique générale beteiligt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Sechehaye war Student der Universität Genf, wo er seit 1891 von Ferdinand de Saussure unterrichtet wurde. Er wird Praktikant in Göttingen (1893–1902), wo er eine deutschsprachige Dissertation über den französischen Subjonctif im Imperfekt schreibt (eine besondere Zeitform der französischen Sprache, die heute nicht mehr verwendet wird). Nach seinem Praktikum lässt er sich in Genf nieder, wo er bis zu seinem Tod bleibt. Erst im Jahre 1939 wird er Professor, in der Nachfolge von Charles Bally.

Schüler oder Lehrer von Saussure?

Sechehaye ist der bekannteste Schüler von Saussure und zusammen mit Bally Herausgeber von dessen grossem Werk Cours de linguistique générale aus dem Jahr 1916. Die Rolle der Schüler beim Entstehen dieses Klassikers war bedeutend, denn einige Ideen des CLG fehlen in den Manuskripten von Saussure und müssen nach dessen Tod von den Autoren eingefügt worden sein (Saussure starb 1913).

Sechehaye hatte jedoch bereits 1908 ein Buch veröffentlicht, das einige struktualistische Ideen und ein Programm der synchronen Linguistik und der Phonologie beinhaltete. Dieses Werk war Saussure bekannt, der es nach 1909 auch in seinen Vorlesungen mitverwendete. Obwohl einige Ideen, gleichzeitig von Sechehaye und Saussure entwickelt, internationales Ansehen als Werke des zweitgenannten erlangten, war Sechehaye lange Zeit mehr oder weniger unfreiwillig im Schatten seines Lehrers verborgen und blieb unbekannt. P. Wunderli sieht Saussure gar als „Schüler des Sechehaye“. Das ist wohl übertrieben, aber seine Rolle beim Entwurf des Strukturalismus darf nicht vernachlässigt werden.

Linguistische Ideen

Das Werk Programme et méthodes de la linguistique théorique von 1908 war der erste von Sechehaye veröffentlichte Text nach seinem deutschen Aufsatz und war Saussure gewidmet. Er vertritt die These einer Linguistik des Gesetzes, die der Linguistik der Tatsachen jener Epoche entgegensteht. Nach Sechehaye ist die Linguistik des Gesetzes zeitlos und universell, während die Linguistik der Tatsachen von der Sprachgeschichte, insbesondere der Phonetik abhängig ist. Er teilt die Bereiche einer Sprache in "statische" und "dynamische" (oder "evolutionsabhängige") Teile ein. Die "statischen" Teile sind die primären Bestandteile der Sprache, denn sie werden von der Evolution nicht beeinflusst.

Sechehaye vertritt Ideen der Ursprünge und der Veränderungen der Sprachen, er schlägt eine quasi-algebraische Phonologie vor und befasst sich mit der Sprache ohne ordentliche Grammatik (etwa die der Kinder). Er empfiehlt eine psychologische Erforschung von Phänomenen der Sprache.

Sein zweites Werk Essai sur la structure logique de phrase von 1926 konzentriert sich auf die Syntax und seine logischen Typen. In den Schriften der Jahre 1920–1940 präzisiert er das Konzept von Saussure und wünscht sich eine "Linguistik der organisierten Sprache".

Werke

  • Der Konjunktiv Imperfecti und seine Konkurrenten in den normalen hypothetischen Satzgefügen im Französischen // Romanische Forschungen, B. XIX, № 2, 1905.
  • Programme et méthodes de la linguistique théorique. Psychologie du langage. Paris: Champion, 1908.
  • Eléments de grammaire historique du français. Genève: Eggimann, 1909.
  • La méthode constructive en syntaxe // Revue des langues romanes. Montpellier, t. LIX, 1916.
  • Essai sur la structure logique de la phrase // Collection linguistique publiée par la SLP, XX. Paris: Champion, 1926.
  • L'école genevoise de linguistique générale // Indogermanische Forschungen, B. 44, 1927.
  • Les trois linguistiques saussuriennes // Vox Romanica, t. V., Zürich, 1940

Literatur

  • Anne-Marguerite Fryba-Reber, Sechehaye et la syntaxe imaginative, Genf 1994
  • Anne-Marguerite Fryba-Reber: Charles-Albert Sechehaye, un linguiste engagé, in: Cahiers Ferdinand de Saussure 49, 1995/96, S. 123–137

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