Friedrich Leopold Gundelfinger

Friedrich Leopold Gundelfinger
Friedrich Gundolf auf einer Fotografie von Jacob Hilsdorf.
Friedrich Gundolf als junger Mann

Friedrich Gundolf, eigentlich Friedrich Leopold Gundelfinger (* 20. Juni 1880 in Darmstadt; † 12. Juli 1931 in Heidelberg), war ein deutscher Dichter und Literaturwissenschaftler.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Der Sohn eines jüdischen Mathematikers studierte als Schüler von Erich Schmidt und Gustav Roethe Germanistik und Kunstgeschichte an den Universitäten München, Berlin und Heidelberg, wurde 1903 promoviert und habilitierte sich 1911 mit einer Schrift zum Thema Shakespeare und der deutsche Geist. Ab 1916 wirkte er als – zunächst außerordentlicher – Germanistikprofessor an der Universität Heidelberg, 1920 bekam er dort eine ordentliche Professur.

Seit 1899 gehörte Gundolf dem Kreis um Stefan George an und veröffentlichte erste literarische Arbeiten in den von Stefan George herausgegebenen Blättern für die Kunst. 1910/1911 gab er zusammen mit Friedrich Wolters das Jahrbuch für geistige Bewegung heraus, das die kulturpolitischen Gedanken des George-Kreises propagierte. In seinen literaturwissenschaftlichen Arbeiten vertrat Gundolf eine neue, geistesgeschichtlich orientierte Literaturbeobachtung, in der die lebensphilosophisch geprägte Erfassung des Dichters im Mittelpunkt steht. Die großen Künstler wie Shakespeare, Goethe oder Heinrich von Kleist sah er als Symbolgestalten ihrer Epoche, das Ziel seiner wissenschaftlichen Forschung war die Darstellung des Künstlers und die Wirkung seines Werkes.

Gundolf war feinfühliger Interpret und überragender Kenner Shakespeares. Seine Shakespeare-Übersetzung und -Interpretation sind von anhaltenderer Bedeutung als seine rein literaturwissenschaftlichen Arbeiten.

Der Goethe-Verehrer Gundolf zählte zu den berühmtesten Gelehrten der Weimarer Republik. Seine Bücher wurden häufig mehrfach aufgelegt. Zu seinen Hörern zählte 1920 der spätere Reichspropagandaminister Joseph Goebbels, der auch bei ihm promovieren wollte, was jedoch nicht an Antisemitismus scheiterte, da Goebbels zu dieser Zeit nicht als Antisemit bekannt war.

1927 erkrankte Gundolf an Krebs, dem er 1931 erlag.

1930 erhielt Gundolf als erster Preisträger den Lessing-Preis der Freien und Hansestadt Hamburg.

Gundolf-Preis

Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung stiftete 1964 den Friedrich-Gundolf-Preis, der jährlich als Preis für Germanistik im Ausland für die Vermittlung deutscher Kultur im Ausland verliehen wird.

Werke

  • Shakespeare und der deutsche Geist. (Habilitationsschrift, 1911)
  • Goethe (1916) (13. Aufl. 1930) Kap.: Neue Lyrik
  • Hölderlins Archipelagus (1916)
  • George (1920)
  • Heinrich von Kleist (1922) (3. Aufl. 1932)
  • Martin Opitz (1923)
  • Caesar. Geschichte seines Ruhms (1924)
  • Hutten, Klopstock, Arndt (1924)
  • Andreas Gryphius (1927)
  • Shakespeare (1928)
  • Paracelsus (1928)
  • Lessing (1929)
  • Gedichte (1930)
  • Romantiker (1931)
  • Rede zu Goethes 100. Todestag (1931/1932, posthum veröffentlicht)
  • Shakespeares Werke in deutscher Sprache (Übersetzungen, 10 Bde., 1908-1923)
  • Briefe
  • Die deutsche Literärgeschicht / reimweis kurz fasslich hergericht. Hrsg. v. E. Osterkamp. Heidelberg 2002 (humoristische, eigentlich nicht zur Veröffentlichung vorgesehene „Literaturgeschichte“ in Versen)

Literatur

  • Jürgen Große: Phänomen-Erkenntnis. Goethisches bei Geschichtsdenkern des 19. und 20. Jahrhunderts. Heiz, Stuttgart 2001 (= Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik; 391) ISBN 3-88099-396-3
  • Otto Heuschele: Friedrich Gundolf. Werk und Wirken. Drei-Säulen-Verlag, Bad Wörishofen 1947 (= De humanitate; 2 )
  • Clemens Neutjens: Friedrich Gundolf. Ein bibliographischer Apparat. Bouvier, Bonn 1969 (= Bonner Beiträge zur Bibliotheks- und Bücherkunde; 20)
  • Ernst Osterkamp: Friedrich Gundolf (1880-1931). In: Wissenschaftsgeschichte der Germanistik in Porträts. hrsg. v. Christoph König. de Gruyter, Berlin 2000, S. 162-175. ISBN 3-11-016157-5
  • Victor A. Schmitz: Gundolf. Eine Einführung in sein Werk. Küpper, Düsseldorf 1965
  • Michael Thimann: Caesars Schatten. Die Bibliothek von Friedrich Gundolf. Rekonstruktion und Wissenschaftsgeschichte. Manutius-Verlag, Heidelberg 2003 ISBN 3-934877-25-7

Weblinks


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