- Fritz J. Raddatz
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Fritz Joachim Raddatz (* 3. September 1931 in Berlin) ist ein deutscher Feuilletonist, Essayist, Biograph und Schriftsteller.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Raddatz kam aus einem Elternhaus ohne Mutter[1]. Der Vater war preußischer Offizier in Richthofens Staffel[1] und UFA-Direktor[2] und bescherte dem Jungen eine unglückliche Kindheit[1]
Raddatz studierte Germanistik, Geschichte, Theaterwissenschaft, Kunstgeschichte und Amerikanistik. 1953 legte er sein Staatsexamen an der Humboldt-Universität zu Berlin ab. 1954 folgte die Promotion und 1971 die Habilitation an der Universität Hannover bei Hans Mayer.
Als Zwanzigjähriger schrieb Raddatz für die Berliner Zeitung[3]. Von 1953 bis 1958 war er Leiter der Auslandsabteilung und stellvertretender Cheflektor beim Verlag „Volk und Welt“ in Ost-Berlin. Nach lang dauernden Konflikten mit Regierungs- und Parteibehörden der DDR siedelte er 1958 in die Bundesrepublik über und wurde 1960 Cheflektor und stellvertretender Chef[3] des Rowohlt Verlages direkt unter und in enger Arbeitssymbiose mit Heinrich Maria Ledig-Rowohlt. Er blieb dies neun Jahre lang bis 1969. Von 1976 bis 1985 war er Leiter des Feuilletons der Wochenzeitung Die Zeit. Als Anlass für seinen erzwungenen Rücktritt diente ein anachronistisches Goethe-Zitat aus der NZZ, das er unkritisch in einen Leitartikel übernommen hatte.[4] Er wurde auf den Posten des Kulturkorrespondenten abgeschoben.[5]
Fritz J. Raddatz ist seit 1969 Vorsitzender der Kurt-Tucholsky-Stiftung, Mitglied im P.E.N.-Zentrum Deutschland und der Hamburger Freien Akademie der Künste. Er lebt seit vielen Jahrzehnten offen bisexuell in Hamburg.[6]
Er gilt als einer der einflussreichsten deutschen Literaturkritiker; seine Tagebücher sind ein Panoptikum der west- und ostdeutschen Verlags- und Autorenszene nach 1945. Raddatz legte neben seiner journalistischen Arbeit eine Vielzahl von Essays, Romanen und Biographien vor.
Auszeichnungen
Raddatz ist Träger des ihm von François Mitterrand verliehenen Ordens Officier des Arts et des Lettres. 2010 erhielt er den Hildegard-von-Bingen-Preis für Publizistik.
Werke
- Herders Konzeption der Literatur, dargelegt an seinen Frühschriften (1958; Phil. Diss. Humboldt-Universität zu Berlin)
- Traditionen und Tendenzen. Materialien zur Literatur der DDR (1972; zugleich Habil.-Schrift TU Hannover 1971) (ISBN 3-518-03995-4)
- Georg Lukács in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten (1972)
- Karl Marx - Eine politische Biographie (1975) (ISBN 3-455-06010-2)
- Heinrich Heine - Ein deutsches Märchen. Essay (1977) (ISBN 3-455-06011-0)
- Revolte und Melancholie. Essays zur Literaturtheorie (1979) (ISBN 3-8135-2543-0)
- Von Geist und Geld - Heinrich Heine und sein Onkel, der Bankier Salomon. Eine Skizze, mit sechs Radierungen von Günter Grass (1980) (ISBN 3-7663-0631-6)
- Eros und Tod. Literarische Portraits (1980) (ISBN 3-8135-2555-4)
- (Herausgeber:) ZEIT-Bibliothek der 100 Bücher (1980)
- Pyrenäenreise im Herbst. Auf den Spuren Kurt Tucholskys (1985) (ISBN 3-498-05705-7)
- Die Nachgeborenen. Leseerfahrungen mit zeitgenössischer Literatur (1983) (ISBN 3-10-062802-0)
- Lügner von Beruf. Auf den Spuren William Faulkners (1987) (ISBN 3-498-05711-1)
- Tucholsky, ein Pseudonym. Essay (1989) (ISBN 3-498-05706-5)
- Taubenherz und Geierschnabel - Heinrich Heine. Eine Biographie (1997) (ISBN 3-88679-288-9)
- Ich habe dich anders gedacht. Erzählung (2001) (ISBN 3-7160-2287-X)
- Gottfried Benn - Leben - niederer Wahn. Eine Biographie (2001) (ISBN 3-549-07145-0)
- Günter Grass - Unerbittliche Freunde. Ein Kritiker. Ein Autor (2002) (ISBN 3-7160-2308-6)
- Literarische Grenzgänger. Sieben Essays (2002) (ISBN 3-548-60220-7)
- Unruhestifter. Erinnerungen (2003) (ISBN 3-549-07198-1)
- Eine Erziehung in Deutschland. Trilogie (Sammelband mit Kuhauge, Der Wolkentrinker, Die Abtreibung) (2006) (ISBN 3-498-05778-2)
- Liebes Fritzchen, Lieber Groß-Uwe - Der Briefwechsel, Uwe Johnson / Fritz J. Raddatz (2006) (ISBN 3-518-41839-4)
- Schreiben heißt, sein Herz waschen. Literarische Essays (2006) (ISBN 3-934920-95-0)
- Mein Sylt (2006) (ISBN 3-936384-26-6)
- Das Rot der Freiheitssonne wurde Blut. Literarische Essays (2007) (ISBN 978-3-86674-013-6)
- Rainer Maria Rilke - Überzähliges Dasein. Eine Biographie (2009) (ISBN 978-3-7160-2606-9)
- Nizza - mon amour (2010) (ISBN 978-3-7160-2636-6)
- Tagebücher 1982–2001, Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2010 ISBN 978-3-498-05781-7
Weblinks
- Literatur von und über Fritz J. Raddatz im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Aus dem ZEIT-Archiv 1976-85: 180 Funde; umfangreiches Dossier zur „inneren Emigration“: Wir werden weiterdichten, wenn alles in Scherben fällt, ZEIT 42/1979
- Glanz und Elend: Magazin für Literatur und Zeitkritik: Fritz J. Raddatz
- „Ist alles eitel?“ Sendung als Video: Peter Voß fragt Fritz J. Raddatz
- Interview Focus 31/2010
- Interview ZEIT 37/2010; Gratulation 1. September 2011
- Interview FR 15. Oktober 2010
- Interview Tagesspiegel 26. August 2011
- Interview Die Welt 3. September 2011
- DLF-Büchermarkt 30. August und 2. September 2011 (je 20min mp3); ARD-Druckfrisch mit Video
- Der Spiegel: Funde aus dem Archiv
- Rowohlt-Velagsseite mit Leseproben der Tagebücher
Einzelnachweise
- ↑ a b c 3sat, 6. Dezember 2010: Interview-Video Fritz J. Raddatz geführt von Peter Voß, Reihe Peter Voß fragt…
- ↑ 3sat, 6. Dezember 2010: Beitext (Vita) zum Interview Fritz J. Raddatz geführt von Peter Voß, Reihe Peter Voß fragt…
- ↑ a b Berliner Zeitung, 29. September 2003: Fritz J. Raddatz Erinnerungen sind egoman und verrückt, aber gerade darum großartig
- ↑ Theo Sommer, Artikel: Kämpfe und Krämpfe Die Zeit 11. September 2003 Nr. 38
- ↑ Peter Mohr: „Grenzen überschreiten“ - Kulturmagazin Titel vom 3. September 2006
- ↑ Welt:Hellmuth Karasek rechnet mit Fritz J. Raddatz ab
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