Gasometer Schöneberg

Gasometer Schöneberg
Der Gasometer Schöneberg
Blick vom Stahlgerüst in den ehemaligen Gasometer

Der Gasometer Schöneberg ist ein früher industriell genutzter und in den 1990er Jahren außer Betrieb genommener Niedrigdruckgasbehälter auf dem ehemaligen Gelände der GASAG im Berliner Ortsteil Schöneberg. Das seit 1994 denkmalgeschützte[1] und 78 Meter hohe Industriegebäude gilt als Landmarke und markantes Wahrzeichen Schönebergs im Stadtquartier Rote Insel.

Inhaltsverzeichnis

Eigenschaften

Der Schöneberger Gasometer war nach dem Typus eines Teleskopgasbehälters konstruiert worden. Demzufolge wurde das Stadtgas in einer ausfahrbaren Glocke gespeichert, die aus mehreren teleskopartig ineinandergeschachtelten Stahlelementen, sogenannten „Wassertassen“, bestand und in ein Wasserbassin eingelassen war. So konnte der Gasbehälter mit seiner maximalen Speicherkapazität 160.000 m³ Gas speichern, das für den Haushaltsgebrauch und die Straßenbeleuchtung genutzt wurde.

Geschichte

Der Gasometer Schöneberg wurde von der Berlin-Anhaltischen Maschinenbau AG (BAMAG) als Industriebau[2] zwischen 1908 und 1910 montiert und war zum Zeitpunkt seiner Errichtung mit seinem Füllvolumen einer der drei größten Gasbehälter Europas. Bei der Errichtung kam es am 19. August 1909 zu einem schweren Unglück, als ein 85 Meter hoher Montagemast durch Erschütterungen vorbeifahrender Züge einknickte, das Behältergerüst durchschlug und auf die Gleise der Ringbahn stürzte. Hierdurch, durch Genehmigungsprobleme und Proteste der Anwohner verzögerte sich die Inbetriebnahme bis 1913.[3] Ursprünglich war geplant, den Gasometer im heutigen Wagnerviertel in Friedenau zu errichten, was bei der Bevölkerung der seinerzeit neu entstandenen Landhauskolonie auf großen Widerstand stieß.[4]

Der Maler Lyonel Feininger hat das Wahrzeichen der Roten Insel im Bild festgehalten.[5] Das Bild Gasometer in Berlin-Schöneberg entstand wahrscheinlich im Herbst 1912 und ist stark von den Futuristen beeinflusst.

Der Teleskopgasbehälter wurde 1994 zusammen mit anderen Bauten auf dem Gelände, unter anderem dem vom Berliner Architekten Alfred Messel entworfenen Retortenhaus und Kesselhaus, unter Denkmalschutz gestellt und 1995 außer Betrieb genommen. Das Führungsgerüst des Teleskopbehälters ist stark von Rost befallen.[6] Am 5. Mai 2011 begann eine Sanierung der Stahlkonstruktion, die nach Angaben des Auftraggebers voraussichtlich vier Jahre dauern und 3,8 Mio. Euro kosten wird.[7][8]

Neue Nutzung

Korrosionsschäden am Führungsgerüst, 2010

Im Februar 2007 erwarb das private Projektentwicklungsunternehmen denkmal+plus das GASAG-Gelände zusammen mit dem Industriedenkmal und stellte Ende Mai 2007 eine Projektskizze zur Umgestaltung des Areals und zur Nutzung des Gasometers vor. Der Plan sieht vor, im Inneren des Gasometers ein Gebäude zu errichten. Auf dem umgebenden Grundstück sollen neben den denkmalgeschützten Altbauten, die renoviert werden, zahlreiche Neubauten entstehen, die anfangs eine Höhe von bis zu 65 Metern haben sollten, inzwischen infolge von Einsprüchen der Anwohner auf 42 Meter verringert wurden.

Während das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg das Projekt unterstützt, haben sich einige Anwohner der Roten Insel in einer Bürgerinitiative Gasometer Schöneberg zusammengeschlossen und befassen sich kritisch mit den Plänen der Projektentwickler.[9]

Anfang September 2008 ist Europas größte LED-Werbewand am Gasometer angebracht worden. Diese soll bis zu fünf Jahre bei Dunkelheit Werbebilder und -videos ausstrahlen. Der Erlös hieraus soll teilweise in die Renovierung des Gasometers fließen.[10]

Auf der Grundfläche inmitten des Gasometers steht seit August 2009 die ehemalige „Bundestagsarena“, ein der Reichstagskuppel nachempfundener „Fliegender Bau“ als Veranstaltungsraum. Die Kuppel ist von Wasser umgeben und CO2-neutral beheizbar. Beim Einbau der als Folienzelt gestalteten Konstruktion kam es zu zahlreichen auffälligen Veränderungen am Wasserbehälter des Gasometers, die unter dem Aspekt der Denkmalpflege kritisiert wurden.[11] Die Kuppel wird für Veranstaltungen unterschiedlicher Art genutzt.[12]

Im Dezember 2010 gab die Technische Universität Berlin bekannt, auf dem Gelände am Gasometer einen neuen Campus aufzubauen, an dem unter anderem Energieeffizienz in Gebäuden gelehrt werden soll.[13]

Seit dem 24. Januar 2011 wird die Veranstaltungskuppel im Gasometer sowie ein Nachbargebäude durch ein biogasbetriebenes Blockheizkraftwerk mit Strom und Wärme versorgt.[14] Seit 11. September 2011 führt Günther Jauch in der Veranstaltungskuppel seinen gleichnamigen Polit-Talk Günther Jauch im Ersten.[15]

Weblinks

 Commons: Gasometer Schöneberg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Eintrag in der Berliner Landesdenkmalliste zum Gaswerk Schöneberg
  2. Stephan Lepiorz u. a.: Das Gaswerk Schöneberg in der Torgauer Straße, Hrsg. Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg, S. 79, Berlin 2005.
  3. Lepiorz u. a.; a.a.O. S. 79 f.
  4. Hermann Ebling: Friedenau erzählt: Geschichten aus einem Berliner Vorort – 1871 bis 1914, edition Friedenauer Brücke, S. 59, Berlin 2007. ISBN 978-3-9811242-1-7
  5. Feiningers Gemälde auf der Seites des Berliner Stadtmuseums
  6. Abhandlung: Geschichte des Schöneberger Gasometers
  7. Bild.de: Sanierung des Schöneberger Gasometers gestartet
  8. RBB-Nachrichten: Gasometer in Berlin-Schöneberg wird saniert
  9. Selbstdarstellung der Bürgerinitiative Gasometer Schöneberg
  10. Bi-Gasometer: Darstellung über Genehmigung der Leuchtwerbung am Gasometer, Text des Vertrages
  11. Bi-Gasometer: Aufsatz über Geschichte Gasometer (PDF, 920 kB)
  12. Berlin Gasometer und Schmiede
  13. Neuer TU-Campus am Gasometer
  14. Strom und Wärme CO2 neutral. In: Paperpress vom 25. Januar 2011.
  15. Ort gefunden: Jauch talkt zentraler als Anne Will. Bei: DWDL.de, abgerufen am 19. April 2011
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