Gemeinschaft Christlichen Lebens

Gemeinschaft Christlichen Lebens

Die Gemeinschaft Christlichen Lebens (GCL) ist eine weltweite geistliche Gemeinschaft innerhalb der katholischen Kirche. Sie lebt aus der Spiritualität des Ignatius von Loyola (1491-1556). Durch diese Spiritualität ist sie geschwisterlich verbunden mit dem Jesuitenorden und den anderen religiösen Gemeinschaften, die ebenfalls aus dieser Spiritualität leben.

Hervorgegangen ist die GCL aus einer Erneuerungsbewegung der seit 1563 bestehenden Marianischen Congregationen (MCen). Die Erneuerung begann 1948 mit dem Dokument „Bis saeculari“ Papst Pius’ XII. und fand 1967 mit neuen „Allgemeinen Grundsätzen“ und dem neuen Namen einen ersten Abschluss.

Inhaltsverzeichnis

Die GCL heute

Die Weltgemeinschaft der GCL hat ihren Sitz und ihr Weltsekretariat in Rom. Sie umfasst 58 Nationalgemeinschaften auf allen Kontinenten und ist in weiteren 13 Ländern im Werden (2011). Seit 1957 ist sie Mitglied der „Konferenz internationaler katholischer Organisationen“ (OIC) und ist bei der UNO in New York und Genf als Nichtregierungsgebundene Organisation (NGO) vertreten. Alle fünf Jahre findet ein Weltdelegiertentreffen statt. Seit längerem wächst auch die Zusammenarbeit auf europäischer Ebene, seit 1989 besonders mit den Ländern des ehemaligen kommunistischen Machtbereichs.

Die GCL in Deutschland hat ihren Sitz und ihr Sekretariat in Augsburg, wo 1973 das 6. Weltdelegiertentreffen stattfand. Neben dem Sekretariat gibt es einige diözesane oder regionale Arbeitsstellen, eine speziell für Junge Erwachsene. In Deutschland gibt es 170 Gruppen mit 1100 erwachsenen Gruppenmitgliedern aus allen Alters- und Berufsschichten in 13 Diözesan-/Regionalgemeinschaften (2011). Die „Jugendverbände Gemeinschaft Christlichen Lebens“ (J-GCL) sind der GCL in Deutschland auf nationaler Ebene korporativ angegliedert und haben rd. 6000 Mitglieder (2011). Die GCL in Deutschland arbeitet im Zentralkomitee der deutschen Katholiken, in der Arbeitsgemeinschaft der katholischen Organisationen in Deutschland und im Gesprächskreis Geistlicher Gemeinschaften und Bewegungen in Deutschland mit. Alle zwei Jahre findet ein nationales Delegiertentreffen statt.

Im Zusammenwirken von GCL und Jesuitenorden war nach 1967 die ursprüngliche Exerzitienform – persönlich begleitete Einzelexerzitien – wiederentdeckt worden. Um hierfür Männer und Frauen (Laien, Ordensangehörige, Diözesankleriker) als Begleitpersonen zu befähigen, bietet die GCL in Deutschland gemeinsam mit den Jesuiten seit 1971 ein zweijähriges berufsbegleitendes Seminar an. Mitte der 1980er Jahre gab die GCL die Initialzündung zu „Exerzitien im Alltag“. Seit 2008 bietet die GCL aus ihrer jahrzehntelangen Erfahrung einen Kurs „Das Salz in der Gruppe“ an als Hilfe aus der ignatianischen Spiritualität für Frauen und Männer in kirchlichen Gruppen und Gremien. Die GCL in Deutschland bietet auch ein anderthalbjähriges berufsbegleitendes GCL-Seminar „Gruppen im Glauben leiten und begleiten“ an mit dem Ziel, Kompetenzen zu erwerben, um in einem Gruppenprozess auch die geistliche Dimension wahrnehmen und fördern zu können. An den GCL-übergreifenden Angeboten nehmen auch evangelische Mitchristen teil. Ein jährliches Programmheft bringt für Mitglieder und Interessierte Kursangebote für Exerzitien in verschiedenen Formen, zur Weiterbildung und zur Vernetzung bestimmter Berufs- oder Lebensbereiche.

Geschichte

Erste Periode 1540-1773

Parallel zur Ausbreitung der Gesellschaft Jesu (Societas Jesu – SJ) seit 1540 entstanden von ihm abhängige Laiengruppen, geformt vom Geist des neuen Ordens. 1563 gründete der flämische Jesuit Jean Leunis (1532-1584) eine solche Gruppe für Studenten des Römischen Kollegs. Diese Gruppe hatte eine besondere Beziehung zur Maria. Als Fest wählte sie „Verkündigung des Herrn an Maria“ aus dem Wunsch, wie Maria mit ihrem „Fiat“ (mir geschehe…) sich für das Werk Gottes in der Welt zur Verfügung zu stellen. Deshalb wird heute der GCL-Welttag am 25. März begangen. So bildete sich der lateinische Name Congregatio Mariana (MC) – versammelt unter dem Schutz Marias.

Das Ziel der MC war es, alle Aspekte des menschlichen Lebens in einer christlichen Lebensweise zusammenzubringen, also nach der Einheit von Leben und Glauben zu streben – entsprechend dem ignatianischen „Gott suchen und finden in allem“; mit anderen Worten: die ignatianischen Exerzitien ins tägliche Leben umzusetzen und sich für andere Menschen durch Werke der geistigen und leiblichen Barmherzigkeit (Apostolat) einzusetzen. Das besondere Vertrauen zu Maria zeigte sich in der Lebensweihe an Maria, die jeder „Sodale“ bei seiner Aufnahme ablegte.

Das Besondere der MC war die Laienverantwortung bei der Leitung der Gruppe gemeinsam mit einem gewählten Pater. Diese Gruppe wurde schnell zum Modell für andere Congregationen zunächst an den Jesuitenkollegien in Europa und bald in anderen Kontinenten. Im deutschen Sprachgebiet entstanden die ersten MCen in Wien (1573), Dillingen (1574), Köln (1576), Trier (1576), Freiburg im Breisgau (1582), Koblenz (1588), Augsburg (1589), Regensburg (1592) und Altötting (1599). Dabei machten sich besonders die Jesuiten Petrus Canisius, Franz Coster und Jakob Rem verdient. 1576 soll es weltweit bereits an die 30.000 Mitglieder gegeben haben.

1584, kurz nach dem Tod von Jean Leunis, errichtete Papst Gregor XIII. die MC am Römischen Kolleg als kirchliche Gemeinschaft und zugleich als „Mutter und Haupt“, der andere Congregationen der gleichen Art angegliedert werden konnten. Sie unterstand rechtlich dem Generaloberen der Gesellschaft Jesu. In dieser Eigenschaft stellte 1587 P. Aquviva aus den Erfahrungen der Leunis-Gruppe erste „Allgemeine Regeln“ als verbindliche Grundlinie für alle MCen auf.

Seit 1587 gab es MCen für verschiedene Stände, neben den Studenten für Adelige, Bürger, Kaufleute, Handwerker u.a. 1751 genehmigte der Papst die Angliederung von MCen für Frauen und auch solcher für beide Geschlechter.

Als im 18. Jahrhundert nicht nur die Jesuiten, sondern auch die MCen erheblichen Angriffen ausgesetzt waren, brachte Papst Benedikt XIV. 1748 in seiner sog. Goldenen Bulle Gloriosae Dominae seinen starken Rückhalt für die MCen zum Ausdruck, würdigte die Marienverehrung und die MCen als vorzügliches Mittel zur Heiligung.

Zweite Periode 1773-1948

Dennoch wurde der Jesuitenorden samt seinen Werken zum Opfer politischer Intrigen: Papst Clemens XIV. billigte 1773 die Auflösung der Gesellschaft Jesu. Davon waren zunächst auch die in über 200 Jahren entstandenen etwa 2500 MCen mit nicht geringem Einfluss in Kirche und Welt betroffen, aus denen auch zahlreiche Heilige und Ordensgründer hervorgegangen waren.

Doch schon sehr bald entschied der Papst, dass die MCen auch ohne Jesuiten weiterbestehen sollten. Er ordnete sie den Bischöfen zu. Die Leitung ging auf einen Priester, den Präses, über mit einem Laienrat, dem Konsult. Damit waren die MCen von ihren ignatianischen Wurzeln abgeschnitten und einem ungeordneten Wachstum ausgesetzt. Fast überall, besonders nach der Verkündigung des Dogmas der unbefleckten Empfängnis Marias (1854), wurden sie zu einer frommen Massenbewegung. So gab es am Ende dieser Periode an die 80.000 MCen. Das bedeutet nicht, dass nicht in verschiedenen Ländern Gruppen großartig weiterlebten, wenngleich statt der Exerzitien allgemein die Marienverehrung in den Vordergrund rückte.

Auch die Wiederzulassung der Gesellschaft Jesu 1814 änderte an der grundlegenden Veränderung der MCen zunächst nichts, bis man sich Anfang des 20. Jahrhunderts im Orden überlegte, seinem ehemaligen „Kind“ das spezifische ignatianische Charisma des Ursprungs wieder anzubieten. So kam es 1924 zur Errichtung eines Zentralsekretariats in Rom für die MCen an den eigenen Ordenshäusern (etwa 5 % aller MCen), zugleich als Dienstzentrum für alle MCen.

Anlässlich des 200. Jahrestages der Goldenen Bulle von 1748 forderte Papst Pius XII. 1948 in der Apostolischen Konstitution „Bis saeculari“ (Zum zweihundersten Male) alle MCen auf, zum ursprünglichen Charisma zurückzukehren und den ignatianischen Exerzitien wieder den absoluten Vorrang zu geben, einer geistlichen Übungszeit, um das eigene Leben zunehmend am Leben Jesu ausrichten zu lassen, wobei Maria in der Weise gegenwärtig ist, wie sie sich im Evangelium zeigt: ihrem Sohn den Vortritt lassend.

Dritte Periode 1948-1990

Dieser Anstoß hatte eine große Wirkung und kam offensichtlich in manchen Ländern zur rechten Zeit, wie z.B. in Frankreich, USA, Canada und Taiwan und bald auch in Deutschland. Bei zwei katholischen internationalen Kongressen trafen sich die anwesenden MC-Mitglieder und baten das Zentralsekretariat, „so schnell wie möglich“ eine Weltföderation der MCen vorzubereiten, um sich bei der Umsetzung von Bis saeculari gegenseitig zu helfen und auf Weltebene präsent zu werden. Schon 1953 konnte Pius XII. der Gründung der Weltföderation zustimmen, in der die Laien die Verantwortung übernahmen, unabhängig von der Gesellschaft Jesu, wenngleich ihr geschwisterlich zugeordnet, und in der Priester die Rolle eines kirchlichen Assistenten ausübten. In der Tat bahnte sich in vielen Ländern ein tiefgehender Neuaufbruch an, vornehmlich durch längere Exerzitien.

Das erste Delegiertentreffen der Weltföderation mit der Wahl des ersten Weltkonsults 1954 in der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom (dem früheren Römischen Kolleg, an dem die MCen ihren Ausgang nahmen) wurde der Ausgangspunkt einer weltweiten Erneuerung.

Wie schon in anderen Ländern wurde 1948 in München ein „Nationalsekretariat SJ für MCen“ eingerichtet, das 1954 nach Augsburg verlegt wurde. Dies ist heute das „GCL-Sekretariat für Deutschland“. Für die Zusammenarbeit in Deutschland und für die Mitarbeit auf Weltebene wurde 1956 die „Arbeitsgemeinschaft der deutschen MCen“ gegründet.

Nach einem achtjährigen weltweiten schriftlichen Dialog zwischen dem Zentralsekretariat und der Basis mit ihren ersten Erfahrungen der Erneuerung entstanden die „Allgemeinen Grundsätze“, in die auch Aussagen des II. Vatikanischen Konzils zur Sendung der Laien einflossen. Beim 4. Weltdelegiertentreffen 1967 in Rom wurden diese von 38 Ländern einstimmig verabschiedet und der neue Name „Weltföderation der Gemeinschaften Christlichen Lebens“ beschlossen. Auch dieser Namensänderung gingen jahrelange Gespräche voraus. Mit der Bestätigung durch Papst Paul VI.. entfielen die bisherigen Angliederungen an die Muttercongregation in Rom, stattdessen gab es nun die Aufnahme in eine örtlich zuständige Föderation.

Die 1966 aus der Arbeitsgemeinschaft hervorgegangene deutsche Nationalföderation übernahm 1968 den neuen Namen „Gemeinschaften Christlichen Lebens“. Zu dieser Namensänderung, verbunden mit der Annahme der „Allgemeinen Grundsätze“, konnte sich jede MC selbst entscheiden.

Auf Weltebene wuchs durch zunehmende Exerzitienerfahrungen, internationale Formungskurse, Kontakte und Partnerschaften zwischen den Ländern ein Bewusstsein von Gemeinschaft, das beim 9. Weltdelegiertentreffen 1982 in Providence/USA zur Entscheidung reifte, sich von nun an nicht mehr als Föderation, als Zusammenschluss von Gemeinschaften, zu verstehen, sondern als eine einzige Weltgemeinschaft vieler Menschen als Mitglieder. Gelebt wird diese personale Mitgliedschaft in örtlichen Gruppen und in diözesanen/regionalen und nationalen Teilgemeinschaften. Das 11. Weltdelegiertentreffen 1990 in Guadalajara/Mexiko fasste die „Allgemeinen Grundsätze und Normen“ entsprechend neu und löste damit den Text von 1967 ab. Der einen Weltgemeinschaft entspricht von da an der endgültige Name „Gemeinschaft Christlichen Lebens“. Der „Päpstliche Rat für die Laien“ bestätigte sie als eine internationale öffentliche Vereinigung von Gläubigen päpstlichen Rechts und anerkannte die „Allgemeinen Grundsätze“ in der Fassung von 1990; dabei hob er die ununterbrochene Weiterführung der von Jean Leunis SJ ins Leben gerufenen MCen in der GCL hervor.

Weiterbestehende Marianische Congregationen

In manchen Ländern, auch in Deutschland, schlossen sich alte MCen der Erneuerung nur teilweise oder gar nicht an. Da die Funktion der Muttercongregation in Rom 1967 durch die Weltföderation übernommen worden war, gibt es bei der GCL die Möglichkeit, „Vereinigungen, die in gewisser Weise an der gleichen Tradition teilhaben“, anzugliedern. So sind z. B in Deutschland die bestehen gebliebenen „Bayerischen Männerkongrationen“ auf nationaler Ebene angegliedert.

Siehe auch

Literatur

  • Franz X. Schwärzler SJ: Sodalis Marianus. Verfassung, Statuten und Gebräuche der Kongregation der allerseligsten Jungfrau Maria, 6. Aufl., Graz und Wien 1909
  • Philipp Löffler SJ: Die Marianischen Kongregationen in ihrem Wesen und ihrer Geschichte, 3. Aufl., Freiburg i. Br. 1911
  • Elder Mullan SJ: Die Marianische Kongregation dargestellt nach Dokumenten, Wien 1913
  • Heinrich Opitz SJ: Unterm Lilienbanner der Marianischen Kongregation. Wesen und Wirken, Geschichte und Einrichtung der Marianischen Kongregationen, 6. Aufl., Wien o.J. (1916?)
  • Georg Harrasser SJ: Geist und Leben der Mar(ianischen) Kongregation. Die neuen allgemeinen Statuten, Innsbruck 1917 (Sodalenbücher, Bd. 1)
  • Wilhelm Kratz: Aus alten Zeiten. Die Marianischen Kongregationen in den Ländern deutscher Zunge. Ihr Werden und Wirken von 1575 bis 1650, Innsbruck 1917
  • Walter Sierp SJ: Die Marianischen Kongregationen in Deutschland mit besonderer Berücksichtigung der marianischen Jugendbewegung, Freiburg i. Br. 1918
  • Philipp Löffler SJ, Georg Harrasser SJ: Die Marianischen Kongregationen in ihrem Wesen und ihrer Geschichte, 4. u. 5. Aufl., Freiburg i. Br. 1924 (Marianische Kongregationsbücherei, Bd. 4)
  • Adalbert Bangha SJ: Handbuch für die Leiter marianischer Kongregationen, Innsbruck 1926
  • J. B. Kettenmeyer:Die Anfänge der Marianischen Sodalität in Köln 1576-1586, Münster i. W. 1928
  • Stierli, Josef: Die Marianische Kongregation, Luzern 1947 u. Augsburg 1951.
  • Max v. Gumppenberg SJ: Erläuterungen zur Apostolischen Konstitution Bis Saeculari Papst Pius XII. vom 27. September 1948, Augsburg 1957
  • Louis Paulussen SJ: So wirkt Gott, Anfänge der Gemeinschaften Christlichen Lebens, Manuskript Nationalsekretariat SJ, Augsburg 1979
  • Ludwig Kröner: Das Zerstreute sammeln. 75 Jahre Marianische Kongregation Maria Patrona Bavariae bei St. Klara Nürnberg, Akademie der Erzdiözese Bamberg, 1996, ISBN 978-3-9805236-2-2

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