Georg Anschütz

Georg Anschütz

Georg Anschütz (* 15. November 1886 in Braunschweig; † 25. Dezember 1953 in Hamburg) war ein deutscher Psychologe, der insbesondere auf dem Gebiet der Musikpsychologie ("Farbe-Ton-Forschung") arbeitete.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Georg Anschütz wurde als Sohn des verstorbenen Taubstummenlehrers Chr. Anschütz und seiner Frau Elwine, beide preußischer Staatsangehörigkeit und evangelisch-lutherischer Konfession, in Braunschweig geboren. Er besuchte dort dreieinhalb Jahre die Bürgerschule und neun Jahre das Wilhelm-Gymnasium. Nach dem Abitur 1905 studierte er in Leipzig und München Philosophie, Psychologie und Pädagogik. Im Jahre 1908 wurde er in München bei Theodor Lipps mit einer Arbeit Über Gestaltqualitäten promoviert. Darauf hielt er sich zu Studien in Würzburg und Berlin auf.

Er ging für ein Jahr nach Paris, wo er bei Alfred Binet im psychologisch-pädagogischen Laboratorium arbeitete. Aus dieser Zeit stammt die deutsche Bearbeitung des Binet´schen Werkes "Les idees modernes sur les enfants" unter dem deutschen Titel Die neuen Gedanken über das Schulkind. Im Jahre 1910 kehrte er dann nach München zurück, wo er bis Ende 1911 blieb. In dieser Zeit arbeitete er u.a. auch in der Münchener psychiatrischen Klinik und veröffentlichte die erste größere Arbeit Über die Methoden der Psychologie, der bald eine zweite Spekulative, exakte und angewandte Psychologie folgte. Zur Unterstützung seiner wissenschaftlichen Arbeiten erhielt er von der philosophischen Fakultät der Münchener Universität zweimal das Froschammersche Philosophiestipendium zugewiesen. Nachdem er sich in der Zwischenzeit noch wiederholt im Ausland, vor allem in Österreich, Italien und der Schweiz aufgehalten und mehrere Kongresse besucht hatte, siedelte er Anfang im Jahre 1912 nach Leipzig über, wo er bei Wundt und bei Eduard Spranger arbeitete. Aus dieser Zeit stammt eine Reihe kleinerer Schriften, so ein gedruckter Vortrag Über die Erforschung der Denkvorgänge, eine noch nicht veröffentlichte umfangreiche experimentelle Untersuchung über die Aufmerksamkeit und Abhandlungen über Fr. Paulseno Pädagogik.

Tätigkeit in Hamburg

In Hamburg war er 1913-1915 Assistent des Experimentalpsychologen Ernst Meumann († 1915) in dessen Psychologischem Laboratorium. 1915-1918 lehrte Anschütz als Gastprofessor in Konstantinopel. Die Universität Hamburg wurde 1919 gegründet und das Laboratorium 1929 in „Psychologisches Institut“ umbenannt. Unter Meumanns Nachfolger William Stern († 1938) wurde Anschütz 1920 Privatdozent. Im Jahre 1931 wurde Anschütz außerplanmäßiger Professor.

Zeit des Nationalsozialismus

Sein jüdischer Institutsleiter Stern wurde im April 1933 aus dem Universitätsdienst entfernt und emigrierte. Anschütz wurde 1933 Mitglied der NSDAP und unterzeichnete das programmatische Bekenntnis der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler und dem nationalsozialistischen Staat am 11. November 1933. Von 1939 bis 1945 war er Leiter der Dozentenschaft und Dozentenbundführer der Hamburger Universität sowie Gaudozentenbundführer von Hamburg. Das Psychologische Institut wurde bis 1942 kommissarisch durch den Nationalsozialisten Gustaf Deuchler geleitet, der die Leitung an Anschütz, nunmehr ao. Professor, abgab. Anschütz wurde 1944 mit dem Kriegsverdienstkreuz I. Klasse ausgezeichnet. Deuchler und Anschütz wurden nach Kriegsende dauerhaft aus dem Dienst entlassen. Anschütz wurde dann Leiter der mit okkulten Phänomenen befassten "Freien Forschungsgesellschaft für Psychologie und Grenzgebiete des Wissens".[1]

Literatur

  • Michael Grüttner: Biographisches Lexikon zur nationalsozialistischen Wissenschaftspolitik, Heidelberg 2004, S. 15.
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt a.M. 2003, ISBN 3-10-039309-0.
  • Reichshandbuch der Deutschen Gesellschaft - Das Handbuch der Persönlichkeiten in Wort und Bild, Deutscher Wirtschaftsverlag, Berlin 1930, Bd. 1, S. 29, ISBN 3-598-30664-4

Weblinks

Nachweise

  1. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-44437396.html

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