Gesellschaft für Sport und Technik

Gesellschaft für Sport und Technik
GST-Symbol von 1955
Modernes GST-Symbol
GST-Funker, 1978
Gesellschaft für Sport und Technik
Briefmarke der DDR 1972
30 Jahre GST
Briefmarke der DDR 1982
Funkzirkel der GST

Die Gesellschaft für Sport und Technik (GST) war eine vormilitärische Jugendorganisation in der DDR. Sie sollte offiziell vor allem der gemeinschaftlichen Freizeitgestaltung technisch und sportlich interessierter Jugendlicher dienen, die dazu erforderlichen technischen Mittel (wie Motorräder, Flugzeuge, Funkgeräte) zur Verfügung stellen und technische Sportarten und dazugehörige Sportförderung und Wettkämpfe, wie Motor- und Schießsportarten pflegen bzw. veranstalten. Sie trug damit auch zur Militarisierung der Gesellschaft der DDR bei, indem sie unter anderem die gesetzlich vorgeschriebene vormilitärische Ausbildung (VA) zusammen mit der Nationalen Volksarmee an Schulen, Universitäten und in den Betrieben durchführte. Sie wurde am 7. August 1952 gegründet und im Frühjahr 1990 aufgelöst.

Die GST gab monatlich die 32-seitige Zeitschrift S+T (Sport und Technik) heraus.

Inhaltsverzeichnis

Aufgaben

Ursprünglich war die GST eine Organisation, die vor allem der gemeinschaftlichen Freizeitgestaltung von technisch und sportlich interessierten Menschen (jeden Alters) in der DDR dienen sollte. So sollten u.a. Heranwachsenden die Möglichkeit gegeben werden, ihre Freizeit sinnvoll zu gestalten. Ältere, erfahrene Mitglieder sollten die unerfahrenen unter ihre Obhut nehmen und unterstützen. Die erforderlichen Mittel (wie z.B. Motorräder, Boote, Lkw, Pkw, Flugzeuge, Funkgeräte, Gewehre, Werkstätten und auch Tiere) wurden größtenteils zur Verfügung gestellt und wurden von den Mitgliedern und fest angestellten Personen gepflegt/gewartet. Schnell wandelte sich jedoch die Aufgabe der GST. Zunehmend rückte der Wehrsport in den Vordergrund.

Die Bedeutung der Organisation wuchs weiterhin vom bloßen Wehrsport zur „Schule des Soldaten von morgen“. Sie betrieb Ausbildungsbasen, Schießstände, führte Wehrausbildungslager und Wettkämpfe durch.

Durch die im Wehrdienstgesetz festgeschriebene Teilnahme an der vormilitärischen Ausbildung, ohne die in der Regel der Zugang zu Studium und Berufsausbildung versperrt war, kamen fast alle jungen Männer und Frauen mit der GST in Kontakt, die diese „Übungen“ organisierte, auch wenn sie keine Mitglieder der GST waren.

Ein Teil der männlichen Oberschüler (EOS) war Mitglied der GST. Das gleiche galt für Lehrlinge in Großbetrieben. Sie zahlten einen geringen Mitgliedsbeitrag (0,25 Mark für Schüler). Wie sehr das Militärische im Vordergrund stand, hing stark vom Ausbilder an der Schule ab. Neben der allgemeinen vormilitärischen Ausbildung wurden

  • Wehrlager (für Jungen zwei Wochen am Ende der 9. Klasse) und ein so genannter Marsch der Bewährung für ca. fünf Tage im Jahr während der Berufsausbildung (an der EOS einmalig am Ende der 11. Klasse) und
  • Wettkämpfe (Wehrspartakiaden) durchgeführt.

Ab Anfang der 1980er Jahre funktionierten die betroffenen Jugendlichen die sogenannten Wehrlager-Aufenthalte immer mehr von vormilitärischer Ausbildung zur unterhaltsamen Klassenfahrtromantik um. Die Disziplinlosigkeit gegenüber jeglichen Militärischem nahm so stark zu, dass gegen Ende der 80er Jahre bestimmte Berufsschulen und Schulen keine Möglichkeit mehr hatten, die zentralen Wehrlager zu besuchen. Dabei spielte auch die zunehmend eingeschränkten finanziellen und materiellen Möglichkeiten eine Rolle. Als Alternative zur zentralisierten vormilitärischen Wehrlager-Ausbildung wurde die Nutzung betriebseigener Ferienlager üblich, in denen sich das Ziel straffer vormilitärischer Ausbildung aber nicht im Entferntesten umsetzen ließ.

Die GST vereinigte dazu aber auch in ihren Reihen Jugendliche und Erwachsene beiderlei Geschlechts mit dem Ziel, sie durch den Sport körperlich zu ertüchtigen, mit technischen Kenntnissen auszurüsten und insgesamt für das Militär und internationale Sportwettkämpfe nutzbringende Kenntnisse und Fähigkeiten herauszubilden. Oftmals bot sie die einzige Möglichkeit, bestimmte Sportarten (zum Beispiel Segelfliegen, Motorfliegen, Schießsport, Tauchsport) legal auszuüben. Hintergrund bildete u. a. hier die Grund- und Laufbahnausbildung (2 Jahre) zur Vorbereitung auf den Wehrdienst in Speziallaufbahnen oder als Offizier.

Das attraktive Angebot derartiger Freizeitgestaltung wurde ab den 1970er Jahren mehr und mehr eingeschränkt (vor allem der Segelflug in Gebieten nahe der Grenze zur Bundesrepublik Deutschland), nachdem wiederholt DDR-Bürgern mit Fluggeräten verschiedenster Art die Flucht in die Bundesrepublik gelungen war.

Es bestand für Jugendliche durch eine Mitgliedschaft in der GST die Möglichkeit, relativ problemlos und kostengünstig einen Führerschein für LKW, PKW, Motorrad oder Moped zu erlangen. 1990 betrugen die aufzubringenden Kosten für eine komplette Ausbildung für den Motorradführerschein (A1) 58,60 Mark und für einen LKW-Führerschein (B, C, E, T) 75,00 Mark. Für viele Jugendliche war dieses Angebot der wesentliche Beweggrund, in die GST einzutreten [1], zumal an den staatlichen Fahrschulen die Wartezeit von der Anmeldung bis zum Ausbildungsbeginn nicht selten 2 Jahre und länger betrug.

Etwa ein Prozent der Ausgaben wurde aus dem offiziellen Verteidigungshaushalt bestritten, der Rest musste von anderen staatlichen Einrichtungen finanziert werden. Das Beitragsaufkommen der Mitglieder war zu vernachlässigen. Für Mitglieder gab es Uniformen, Dienstränge, Leistungsnadeln und Orden. Die GST-Vorstände wurden von hauptamtlichem Personal mit militärischem Hintergrund, meist ehemaligen Berufssoldaten, dominiert.

Im Jahr 1979 hatte die GST rund 530.000 Mitglieder in über 9.800 lokalen Sektionen. Neben den meist fachspezifischen Sektionen war die GST als Massenorganisation nach den Regeln des demokratischen Zentralismus in Grundorganisationen, Kreis- und Bezirksvorständen und dem Zentralvorstand organisiert.

Das eigentliche Ziel war es, auf diese Art freiwillig qualifizierten und engagierten Nachwuchs für eine langjährige NVA-Dienstzeit zu gewinnen, was sich jedoch in den Achtziger Jahren zunehmend schwieriger gestaltete. So wurde Berufsschülern erzählt, Übungen im Rahmen des Wehrunterrichts wären nur über die GST versicherungrechtlich abgesichert.

Die überwiegende Mehrheit der Mitglieder war an einem freiwillig verlängerten Militärdienst eher desinteressiert.

Sektionen

  • Sektion Pferdesport, 1960 staatlichen Organen unterstellt
  • Sektion Dienst- und Gebrauchshundewesen, selbständige Organisation ab 1960
  • Sektion Jagdwesen, Ab 1961 staatlichen Organen unterstellt
  • Sektion Sporttauben, Ab 1960 selbständige Organisation

In der GST gab es nur diese 4 Sektionen bis 1960 bzw. 1961. Grund dafür war eine Umstrukturierung nach dem Mauerbau am 13. August 1961.

Verbände der GST

Es gab insgesamt 9 Verbände in der GST:

  • Deutscher Schützenverband der DDR (DSV)
  • Flug- und Fallschirmsportverband der DDR (FFSV)
  • Militärischer Mehrkampfverband der DDR (MMKV)
  • Modellsportverband (MSV)
  • Motorsportverband (MoSV)
  • Radiosportverband der DDR (RSV)
  • Seesportverband der DDR
  • Tauchsportverband der DDR
  • Wehrkampfsportverband (WKSV)

Leiter der GST

Literatur

  • (Hrsg.: Zentralvorstand der Gesellschaft für Sport und Technik): Chronik zur Geschichte der Gesellschaft für Sport und Technik. Militärverlag der DDR, 2. Auflage Berlin 1988. ISBN 3-327-00271-1
  • Paul Heider: Die Gesellschaft für Sport und Technik (1952-1990). In: Handbuch der bewaffneten Organe der DDR. Weltbild, Augsburg 2007, ISBN 3-8289-0555-2 (Lizenzausgabe von: Torsten Diedrich, Hans Ehlert, Rüdiger Wenzke: Im Dienste der Partei. Ch. Links, Berlin 1998, ISBN 3-86153-160-7.).
  • Klaus Froh, Rüdiger Wenzke: Die Generale und Admirale der NVA. Ein biographisches Handbuch. 4. Auflage. Ch. Links, Berlin 2000, ISBN 3-86153-209-3.
  • Ullrich Berger: Frust und Freude. Die zwei Gesichter der Gesellschaft für Sport und Technik. 1. Auflage. GNN Verlag, Schkeuditz 2002, ISBN 3-89819-111-7.

Weblinks

 Commons: Gesellschaft für Sport und Technik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Freie Presse Die Minus-Menschen aus dem Osten

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