Gesetz von Wagner

Gesetz von Wagner

Das wagnersche Gesetz (benannt nach Adolph Wagner, dt. Ökonom, 1835-1917), auch wagnersches Gesetz steigender Staatsquoten genannt, stellt einen Erklärungsversuch für das international beobachtbare nachhaltige Staatswachstum dar. Dieses lässt sich gut an den steigenden Realausgabenquoten und Staatsausgabenquoten beobachten. Wagner erklärt das kontinuierliche Staatswachstum durch die immer bessere Erfüllung der Tätigkeiten der öffentlichen Hand sowie durch neu hinzu kommende Aufgaben. Bei einer Entwicklung vom reinen Ordnungsstaat hin zum Wohlfahrtsstaat nimmt die Staatstätigkeit zu.

Wagnersches Gesetz der zunehmenden Staatstätigkeit: Aufgrund der fortschreitenden technologischen und gesellschaftlichen Entwicklungen, sah Wagner neue Aufgaben für das Staatswesen entstehen. Diese würden in den Bereichen der Wohlfahrts- und Kulturzwecke, aber auch in der Förderung der Wissenschaften liegen.


Inhaltsverzeichnis

Ursachen

Wagner selbst nahm dabei an, dass auf diese Weise die Gemeinbedürfnisse immer besser befriedigt werden und beurteilt den steigenden Finanzbedarf des Staates daher positiv.

Die tatsächlichen Ursachen für den Anstieg sind jedoch umstritten. Viele Ökonomen gehen davon aus, dass der Staat in Zeiten des Wahlkampfes zusätzliche Leistungen verspricht. Einmal an diese Leistungen gewöhnt tritt ein „Sperrklinkeneffekt“ auf, bei dem die Bürger ein Absenken auf ein vorheriges Niveau mit Abwahl beantworten würden.

Kritik

Am empirischen Beispiel Deutschland:

Zwar hatte sich die Zahl der im öffentlichen Dienst Beschäftigten in Deutschland von 1960 (3,1 Millionen) auf 1994 (6,3 Millionen) verdoppelt, ein Teil dieses Zuwachses ist jedoch auf den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik zurückzuführen, denn dadurch wurden schlagartig ca. 2 Mio. Staatsfunktionäre dem westdeutschen Personalbestand zugeschlagen. Auch nach der Behördenabwicklung war 1994 noch davon auszugehen, da insbesondere die Kommunalverwaltung in den neuen Ländern im Vergleich zu Westdeutschland erheblich überbesetzt war. Auf tausend Einwohner kamen im Jahre 1996 in den westdeutschen Bundesländern zwischen 41.8 und 58.0 Bedienstete, während es in den neuen Bundesländern zwischen 57.6 und 64.8 Bedienstete waren (Ausnahme Berlin: West: 82.1, Ost: 57.6). Bis 1998 ist allerdings ein Rückgang im Personalbestand des öffentlichen Dienstes auf 5,07 Mio. Bedienstete zu registrieren. Diese Reduktion des Personalbestandes insbesondere nach 1994 ist überwiegend auf Privatisierungen auf allen Ebenen des Staatsaufbaus zurückzuführen, vor allem auf die Privatisierung von Bahn und Post, mit der rund 1 Mio. Bedienstete 1994/95 aus der amtlichen Statistik (aber nicht aus der Vermögenshaftung des Bundes) ausschieden. Privatisierung und restriktive Fiskalpolitik haben dazu geführt, dass der Personalbestand 1998 fast das Niveau der Zeit vor der Wiedervereinigung (1990 mit 4,9 Mio.) erreicht hatte. Angesichts der Konzentration des öffentlichen Dienstes auf wenige Aufgabenbereiche kann man davon ausgehen, dass das Wagnersche Gesetz ständig steigender Staatsausgaben hinsichtlich seiner personellen Konsequenzen gebrochen ist.

Quellen

  • Hans-Ulrich Derlien, Öffentlicher Dienst im Wandel, in: DÖV 54 (2001), 322-28
  • Wagner, Adolph (1893): Grundlegung der Politischen Ökonomie. Teil I: Grundlagen der Volkswirtschaft, (3. Auflage), Leipzig: C.F. Winter’sche Verlagshandlung.

Siehe auch


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Wagner'sches Gesetz — von ⇡ Wagner 1863 erstmals formuliertes „Gesetz der wachsenden Staatsausgaben“, nach dem sich absolut und relativ zum Nationaleinkommen (zuvor zum Sozialprodukt) eine deutliche Tendenz zur Ausdehnung der öffentlichen bzw. Staatstätigkeiten mit… …   Lexikon der Economics

  • Wagner — Stellmacher (im Norden); Achsmacher; Radmaker (niederdt.) (umgangssprachlich); Rädermacher; Radmacher * * * Wag|ner 〈m. 3〉 = Stellmacher (1) [<ahd. waganari; → Wagen] * * * Wag|ner …   Universal-Lexikon

  • Wagner'sches Gesetz — Das wagnersche Gesetz (benannt nach Adolph Wagner, dt. Ökonom, 1835 1917), auch wagnersches Gesetz steigender Staatsquoten genannt, stellt einen Erklärungsversuch für das international beobachtbare nachhaltige Staatswachstum dar. Dieses lässt… …   Deutsch Wikipedia

  • Gesetz der wachsenden Staatsausgaben — Das wagnersche Gesetz (benannt nach Adolph Wagner, dt. Ökonom, 1835 1917), auch wagnersches Gesetz steigender Staatsquoten genannt, stellt einen Erklärungsversuch für das international beobachtbare nachhaltige Staatswachstum dar. Dieses lässt… …   Deutsch Wikipedia

  • Wagner — Adolph Heinrich Gotthilf, 1835–1917, deutscher Nationalökonom, lehrte in Wien (1858–1863), Dorpat (1864–1868), Freiburg (1868–1870) und Berlin (ab 1870). W., ein Mitbegründer des Vereins für Socialpolitik (1872) und ⇡ Kathedersozialist, hat sich… …   Lexikon der Economics

  • Liste von Physikern — Die Liste von Physikern ist alphabetisch sortiert und enthält nur Forscher, die wesentliche Beiträge zum Fachgebiet geleistet haben. Die Liste soll neben den Lebensdaten das Fachgebiet des Forschers nennen und wenige Stichworte zu den Aspekten… …   Deutsch Wikipedia

  • Robert Heinrich Wagner — Robert Wagner (* 13. Oktober 1895 als Robert Heinrich Backfisch in Lindach bei Eberbach am Neckar; † 14. August 1946 in Fort Ney, nördlich von Straßburg) war Gauleiter von Baden, „Chef der Zivilverwaltung“ im besetzten Elsass (ab 2. August 1940)… …   Deutsch Wikipedia

  • Wagnersches Gesetz — Das Wagnersche Gesetz (benannt nach Adolph Wagner, dt. Ökonom, 1835 1917), auch Wagnersches Gesetz steigender Staatsquoten genannt, stellt einen Erklärungsversuch für das international beobachtbare nachhaltige Staatswachstum dar. Dieses lässt… …   Deutsch Wikipedia

  • Robert Wagner (Politiker) — Robert Wagner Robert Wagner (* 13. Oktober 1895 als Robert Heinrich Backfisch in Lindach bei Eberbach am Neckar; † 14. August 1946 in Fort Ney, nördlich von Straßburg) war Gauleiter von Baden, „Chef der Zivilverwaltung“ im besetzten Elsass (ab 2 …   Deutsch Wikipedia

  • Vereinbarkeit von Familie und Beruf in einzelnen Staaten — Unter Vereinbarkeit von Familie und Beruf versteht man die Möglichkeit Erwachsener im arbeitsfähigen Alter, sich zugleich Beruf und Karriere einerseits und dem Leben in der Familie und der Betreuung von Kindern und pflegebedürftigen Personen… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”