- Gewaltkriminalität
-
In Deutschland werden polizeilich die Gewaltdelikte Mord (§ 211 StGB), Totschlag (§ 212 StGB), Tötung auf Verlangen (§ 216 StGB), gefährliche und schwere Körperverletzung (§§ 224, 226 StGB), Körperverletzung mit Todesfolge (§ 226 StGB), Beteiligung an einer Schlägerei (§ 231 StGB), Vergewaltigung und schwere sexuelle Nötigung (§§ 177, 178 StGB), Raubdelikte (§§ 249-252, 255, 316a StGB), erpresserischer Menschenraub (§ 239a StGB), Angriff auf den See- und Luftverkehr sowie Geiselnahme (§ 239b StGB) unter dem Begriff Gewaltkriminalität[1] zusammengefasst.
Inhaltsverzeichnis
Definition
Diese Definition berücksichtigt nur gravierende Gewaltstraftaten. In der polizeilichen Kriminalstatistik werden deshalb andere Straftaten wie Bedrohung (§ 241 StGB), einfache Körperverletzung (§ 223 StGB), nicht der Gewaltkriminalität zugeordnet, obwohl keinesfalls bestritten werden kann, dass diese Delikte mit Gewalt bzw. Aggression zu tun haben.
Phänomenologie
Für die Entstehung- und Erscheinungsformen von Gewaltkriminalität gibt es verschiedene Erklärungen bzw. Theorien. Gewaltfördernde Faktoren fand man in der Kriminologie in dem sozialen Umfeld (Gewalterfahrungen in der Familie, ungünstiges Wohnumfeld, schlechte Peer Group-Einflüsse ), in der Gesellschaft (Leistungsdruck, schlechte Zukunftsperspektiven, Medieneinflüsse) und bei dem Betroffenen (fehlenden Frustrationstoleranz, Empathiedefizite) selbst. Das nicht nur kurzfristige Zusammentreffen von vielen sich gegenseitig beeinflussenden problematischen Faktoren ist nach vorherrschender Meinung besonders ungünstig.
Ausmaß der Gewaltkriminalität
In den letzten Jahren kam es zu einem Anstieg der registrierten Gewaltdelikte in Deutschland. Im Jahr 2008 kam es erstmals seit 1999 zu einem Rückgang der Delikte. 2008 wurden insgesamt 210.885 Gewaltdelikte registriert.[2] Der Rückgang der Gewaltkriminalität hat sich 2009 fortgesetzt. Die Anzahl der registrierten Delikte ging im Jahr 2009 um 1,2 Prozent auf insgesamt 208.446 Fälle zurück.
Die polizeiliche Kriminalstatistik oder die Verurteiltenstatistik geben nur das Hellfeld wieder. Die Gewaltforschung nutzt deshalb weitere Methoden (empirische Täter- und Opferbefragungen), um genauere Aussagen zum Ausmaß der Gewaltkriminalität zu machen.
Dunkelfeldforschung zur Gewaltkriminalität
Laut Aussage des ersten Periodischen Sicherheitsberichts der Bundesregierung zum Dunkelfeld der Gewaltkriminalität[3]
- werden nach Opferbefragungen etwa 1-2% der Bevölkerung im Laufe eines Jahres Opfer eines Raubdeliktes bzw. einer Körperverletzung.
- weisen Großstädte im Vergleich zu ländlichen Regionen eine höhere Quote von Gewaltopfern auf. Die Unterschiede sind allerdings bei weitem nicht so ausgeprägt wie die, die sich aus der Polizeilichen Kriminalstatistik ergeben, was auf eine geringere Anzeigebereitschaft der Opfer in ländlichen Gebieten zurückzuführen ist.
- fällt die Anzeigebereitschaft der Opfer gegenüber fremden Tätern höher aus als gegenüber Bekannten oder gar Tätern aus dem Kreis der Familienangehörigen. Sie ist bei Raubtaten ausgeprägter als bei Körperverletzungen.
- fehlen für eine exakte Analyse der Entwicklung des Anzeigeverhaltens in der Bundesrepublik derzeit die erforderlichen repräsentativen, landesweiten Längsschnittdaten. Die verfügbaren Informationen aus regional begrenzten Untersuchungen und Jugendstudien deuten jedoch darauf hin, dass die Anzeigebereitschaft wahrscheinlich zugenommen hat.
Einzelnachweise
- ↑ Polizeiliche Kriminalstatistik, Bundesrepublik Deutschland, 2004, S. 16
- ↑ BKA PKS 2008
- ↑ Deutsche Bundesregierung, Erster Periodischer Sicherheitsbericht der Bundesregierung, Deutschland, 2001, S. 69
Literatur
- Wilhelm Heitmeyer, John Hagan (Hrsg.): Internationales Handbuch der Gewaltforschung.Westdeutscher Verlag, Wiesbaden 2002.
- Programm polizeiliche Kriminalprävention (Hrsg.): Wege aus der Gewalt. 2002.
- Walter, Michael: Gewaltkriminalität. Erscheinungsformen - Entstehungsbedingungen - Antworten. Boorberg, Stuttgart 2006.
- Günter Albrecht, Otto Backes, Wolfgang Kühnel (Hrsg.): Gewaltkriminalität zwischen Mythos und Realität, Suhrkamp, Frankfurt, 2001, ISBN 978-3-518-12222-8
Weblinks
- Polizeiliche Kriminalstatistik des BKA
- Kriminalstatistik Österreich
- Kriminalstatistik Schweiz
- „Gewaltkriminalität“ von Klaus-Stephan von Danwitz, Kriminologisches Seminar der Universität Bonn
Siehe auch
Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten!
Wikimedia Foundation.