Glasmuseum Wertheim

Glasmuseum Wertheim
Stammhaus des Museums (Fachwerkbau von 1577)

Das Glasmuseum in der fränkischen Stadt Wertheim an Tauber und Main hat sich die umfassende Dokumentation des Werkstoffes Glas von der Antike bis zur Gegenwart zum Ziel gesetzt. Es besteht seit 1976.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Das Museum befindet sich seit seiner Gründung in einem Fachwerkhaus von 1577 (so genanntes Kallenbach'sches Haus oder Großes Haus), das zum Komplex der Löwenstein-Rosenberg'schen Hofhaltung gehörte, sowie - seit 1996 - zusätzlich in einem benachbarten Fachwerkhaus von 1588 (Kleines Haus). Die beiden Gebäude sind nur durch einen Innenhof voneinander getrennt. Es umfasst 650 m² Ausstellungsfläche und wird jährlich von bis zu 20.000 Besuchern frequentiert.

Geschichte

Der nahe Spessart besaß im Mittelalter zahlreiche Waldglashütten, doch die Errichtung eines Glasmuseums an diesem Standort steht mit dieser lokalen Tradition in keinerlei Zusammenhang. Gründer des Wertheimer Glasmuseums war vielmehr ein Thüringer, der Ilmenauer Glasphysiker Dr. Hans Löber (1900-1978), der mit einer Gruppe von Fachkräften 1949 die DDR verließ und 1950 an seinem neuen Wohnsitz ein Laborglaswerk (Glaswerk Wertheim) etablierte. Dieses bestand bis 1993.

In den Jahren seiner unternehmerischen Tätigkeit sammelte der Firmengründer zugleich historisches Glas aller Epochen mit dem Ziel, zu gegebener Zeit einmal ein Glasmuseum ins Leben zu rufen. Zusammen mit einigen Mitarbeitern des Werks gründete er 1973 den Förderkreis Wertheimer Glasmuseum e. V. - heute: Glasmuseum Wertheim e. V. -, der Träger des am 29. Mai 1976 eröffneten Museums ist. Das bezogene Gebäude musste von Grund auf restauriert werden.

Nach dem Tod des Gründers erfuhr das Museum mehrere Erweiterungen und Umgestaltungen.

Museumskonzept und Exponate

Spessart-Waldglas (geschätzt 16. Jh.): Krautstrünke mit Spitzennuppen
Emailbemaltes Trinkservice, J. & L. Lobmeyr, um 1880

Das Museumskonzept nimmt eine möglichst ganzheitliche Präsentation des Werkstoffs Glas für sich in Anspruch. Dabei wird Gebrauchsglas und Kunstglas, historisches und zeitgenössisches Glas sowie Glas in Wissenschaft und Technik unter diversen didaktischen und dokumentatorischen Aspekten behandelt. Die Exponate sind indes nicht chronologisch oder thematisch, sondern streng alphabetisch (Glas von A bis Z) geordnet, was die Auffindung eines Glastyps nach einem bestimmten Stichwort erleichtert; in dem gleichberechtigten Nebeneinander von Gebrauchsglas und Dekorglas führt diese Ordnung allerdings zu den kuriosen Anachronismen, beispielsweise die Emailmalerei neben dem Einmachglas und das Biedermeier-Glas neben dem Bierglas vorzufinden.

Im Großen Haus gibt es

  • im Erdgeschoss neben einem Verkaufsraum, in dem Nachbildungen historischen Glases angeboten werden, eine Schau-Glasbläserei, in welcher der Museumsbesucher zu vorgegebenen Zeiten auch aktiv mitwirken kann. Zur Weihnachtszeit kann er beispielsweise Christbaumschmuck, kleine Figuren und Glastiere vor der Lampe blasen lernen;
  • in den beiden oberen Stockwerken eine Dokumentation der Geschichte der Glasherstellung und der Glaskunst anhand von Exponaten in Vitrinen mit Erklärungstafeln. Hier ist antikes Glas von Ägypten über das Römische Reich bis zum Orient vertreten. Waldglas, das Gebrauchsglas des Mittelalters, ist vornehmlich unter Hinzuziehung von Beispielen aus dem lokalen Bereich in seinen diversen Erscheinungsformen (Krautstrunk, Nuppen-Glas, Römer) ebenso vertreten wie kunstgewerblich hochwertiges venezianisches Flügelglas. Schlesisches und böhmisches Schnittglas des 18. Jahrhunderts, Ansichtenglas aus Kurbädern und Glas des Historismus des 19. Jahrhunderts sowie Glas der Moderne runden den Querschnitt durch die Epochen der europäischen Glasgeschichte ab.

Im Kleinen Haus konzentrieren sich

  • wechselnde Ausstellungen zeitgenössischer Studioglaskunst,
  • seit 2005 ein Glasperlen-Kabinett, das insbesondere auf Grund eines Vermächtnisses die reichhaltige Sammlung der Mainzer Archäologin Thea Elisabeth Haevernick (1899-1982) aufgenommen hat, die aus über 3000 orientalischen, römischen und venezianischen Perlen des 1. Jahrtausends v. Chr. bis zum Mittelalter bestand. Ferner sind zeitgenössische Kunstwerke aus Glasperlen zu sehen, beispielsweise ein 4 m großer Glasperlenbaum im Stil einer ostdeutschen Weihnachtspyramide, die Eva Maria Schmidt, eine ehemalige Mitarbeiterin der Glaswerke Wertheim, um 1970 fertigte;
  • seit 2000 eine Dokumentation zu Glas in Wissenschaft und Technik. Hier geht es um Laborglas aller Art, Thermometer, Glaslinsen, Fernsehröhren und Panzerglas.

Literatur

  • Glasmuseum Wertheim. Georg-Westermann-Verlag, Braunschweig 1991, m.w.N.

Weblinks

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