- Alexandrinische Liturgie
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Alexandrinischer Ritus oder Alexandrinische Liturgie nennt man den christlichen Gottesdienst im altkirchlichen Patriarchat Alexandria und dessen Nachfolgekirchen: den beiden alexandrinischen Patriarchaten der Kopten und der (griechisch-orthodoxen) Chalcedonenser (neuzeitlich jeweils mit kleineren katholischen Schwesterkirchen), den heutigen Patriarchaten von Äthiopien und Eritrea. Die koptische und die äthiopische Kirche haben liturgiegeschichtlich ihre jeweils eigene Entwicklung genommen, so dass man auch von einem "Koptischen Ritus" und einem "Äthiopischen Ritus" sprechen kann. Untergegangen ist die Tochterkirche Alexandrias in Nubien, von deren Gottesdienst sich nur monumentale und schriftliche Quellen (Kirchenbauten, Buchfragmente und Inschriften) erhalten haben.
Die Grundsprache alexandrinisch-ägyptischer Liturgie ist und blieb das Griechische. Noch in der Spätantike traten verschiedene koptische Sprachen hinzu, in den Missionsgebieten das Nubische und das Äthiopische. Nach der Arabisierung Ägyptens wurde das Arabische für die biblischen sowie hagiographischen Lesungen aufgenommen und in den priesterlichen Gebetbüchern als Verständnishilfe in Marginalübersetzungen genutzt. In der Neuzeit kommt das Arabische zunehmend auch in Texten der Gemeinde zum Tragen.
Inhaltsverzeichnis
Liturgiegeschichte
Die Anfänge des christlichen Gottesdienstes in Alexandria sind ebenso dunkel wie die Ursprünge seiner Christengemeinde. Auffällig sind einige Übereinstimmungen mit der frühen stadtrömischen Liturgie.
Die „klassische“ alexandrinisch-ägyptische Liturgie der Kirchenväterzeit kennen wir vor allem durch:
- verstreute Hinweise in der altkirchlichen Literatur,
- eine ständig steigende Anzahl papyrologischer Dokumente (Papyri, Ostraka, Kalksteine, Holztafeln) sowie
- drei Gebetssammlungen:
- das in einem Mischkodex des 4. Jh. tradierte kleine Euchologion der Sammlung R. Roca-Puig († 2001), früher in Barcelona, jetzt in der Abadia de Montserrat (P. Monts. Roca 1),
- das Serapion-Euchologion (deutsche Übersetzung)
- die Exzerpte eines alexandrinischen Euchologions, darin ein umfängliches Taufbuch, im Sondergut der äthiopischen Traditio Apostolica.
Eine neue liturgiegeschichtliche Lage entsteht mit der Spaltung des alexandrinisch-ägyptischen Christentums in:
- das griechisch-orthodoxe Patriarchat von Alexandria der Anhänger des Konzils von Chalkedon („Melkiten“) und
- die sowohl Griechen wie Kopten umfassende Mehrheitsfraktion, die in ihrer Christologie Severus von Antiochia († 538 in Ägypten) folgt und heute als Koptisch-Orthodoxes Patriarchat firmiert.
Der ererbte altkirchliche Alexandrinische Ritus wird nunmehr von zwei recht verschiedenen Gruppen gepflegt und auf je eigene Weise weiterentwickelt:
- den Chalcedonensern in und um Alexandria („alexandrinisch-melkitische Liturgie“), sowie
- den Christen in Nubien, die - obschon konfessionell und organisatorisch mit dem Koptenpatriarchat verbunden - für die Dauer ihre Kirchengeschichte bei den priesterlichen Gebeten im Gottesdienst ausschließlich das Griechische benutzten.
Demgegenüber führt das wachsend von Kopten und dem Koptischen geprägte alexandrinischen Patriarchat der Gegner des Konzils von Chalkedon die gottesdienstlichen Traditionen der ungeteilten alexandrinisch-ägyptischen Kirche nicht ungebrochen fort. Es entwickelt vielmehr eine eigene liturgische Ordnung, in der sich alexandrinisch-ägyptisches „Heimatgut“ mit importierten Texten von Nachbarkirchen, besonders aus Syria, und mit Lesefrüchten aus der pseudapostolischen Literatur verbindet: der Koptische Ritus.
Mit breiter Übernahme der byzantinisch-konstantinopolitanischen Liturgie durch das griechisch-orthodoxe Patriarchat von Alexandria sowie dem Untergang des Christentums in Nubien gerät der reine Alexandrinische Ritus bis auf wenige Reste außer Gebrauch.
Die Feiern
Eucharistie
Das in Alexandrien ausgebildete Traditionsformular der Eucharistiefeier ist die nach dem als Kirchengründer verehrten Evangelisten benannte Markos-Liturgie mit der Markos-Anaphora als Hochgebet. In der Liturgie der Kopten tragen beide den Namen des Patriarchen Kyrill von Alexandria. Aus spätantiker und frühislamischer Zeit sind eine Anzahl von Fragmenten auf Papyrus erhalten. Die gesamte Liturgie bezeugen mittelalterliche Handschriften in griechischer Sprache (sowohl aus chalcedonensischem wie koptischem Milieu) sowie verschiedene koptische und arabische Übersetzungen.
Myronweihe
Die Kirche von Alexandria übernahm aus Antiochia die dort seit der 2. Hälfte des 5. Jh. übliche feierliche Form der Weihe des hl. Myron. Sie blieb nach der Kirchenspaltung in beiden Fraktionen, den Melkiten wie den Kopten, üblich. Die alexandrinisch-melkitische Gottesdienstordnung ist nur handschriftlich erhalten. Veröffentlicht wurde ein lückenhafter Zeuge aus einem süditalienischen Manuskript des 12. Jh.:
Literatur
- Heinzgerd Brakmann: Zwischen Pharos und Wüste. Die Erforschung alexandrinisch-ägyptischer Liturgie durch und nach Anton Baumstark; in: R. F. Taft / G. Winkler (Hrsg.): Acts of the International Congress Comparative Liturgy Fifty Years after Anton Baumstark (1872-1948); Orientalia Christiana Analecta 265; Roma: PIO, 2001; S. 323-376 (mit weiterer Literatur); ISBN 88-7210-333-9
- Jürgen Hammerstaedt: Griechische Anaphorenfragmente aus Ägypten und Nubien; Abhandlungen der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften: Sonderreihe Papyrologica Coloniensia, Bd. 28; Opladen, Wiesbaden: Westdeutscher Verlag, 1999: ISBN 3-531-09947-7
- Heinzgerd Brakmann: Defunctus adhuc loquitur. Gottesdienst und Gebetsliteratur der untergegangenen Kirche in Nubien; in: Archiv für Liturgiewissenschaft 48, 3 (2006 [ersch. 2008]) 283-333
- Geoffrey J. Cuming: The Liturgy of St Mark; Roma: Pont. Inst. Stud. Orientalium, 1990
- Remigius Storf: Griechische Liturgien; BKV 5; München: Kösel, 1912; S. 160-189 (dt. Übers.)
- André Jacob: Cinq feuillets du Codex Rossanensis (Vat. gr. 1970) retrouvés à Grottaferrata; in: Le Muséon 87 (1974), S. 45-57 (zur Myronweihe)
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