Koptische Kirche

Koptische Kirche
Das Koptische Kreuz als Symbol der Koptischen Kirche ist eine Abwandlung des Jerusalemkreuzes.

Die koptische Kirche ist die christliche altorientalische Kirche Ägyptens mit je nach Quelle 5[1] bis 11[2] Millionen Gläubigen in Ägypten. Darüber hinaus gibt es kleine koptische Gemeinden in Libyen, im Sudan und einigen anderen Ländern.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die „Hängende Kirche“ in Alt-Kairo
Präsident Nasser heißt eine Delegation koptischer Bischöfe willkommen (1965)

Die Koptische Kirche geht auf das alexandrinisch-ägyptische Christentum der Spätantike (Patriarchat von Alexandria) zurück. Als Gründer der koptischen Kirche gilt der Überlieferung nach Markus, der Verfasser des Markusevangeliums, der im 1. Jahrhundert in Ägypten lebte. Markus war der erste Bischof von Alexandria, wo er 68 n. Chr. als Märtyrer starb. Deswegen wird die Kirche auch als alexandrinische Kirche bezeichnet.

Wachsende Teile der Bevölkerung Ägyptens traten bis zum 7. Jahrhundert der Kirche bei. Danach wurde die weitere Entfaltung des Christentums durch die islamische Eroberung Ägyptens eingeschränkt. Die koptische Kirche verwendet seit dem 2. Jahrhundert neben dem Griechischen die koptische Sprache bei Bibellesung, Gebet und Predigt und seit dem Mittelalter vorwiegend als Sakralsprache. Heute wird das Koptische nur noch selten als Alltagssprache benutzt, doch haben manche junge Kopten in den letzten Jahren begonnen, sich diese Sprache als Zeichen ihrer Identität wieder anzueignen (beispielsweise die Gemeinden in Frankfurt und Waldsolms).

In Folge der Auseinandersetzungen um das Konzil von Chalcedon 451 erfolgte die Spaltung der nicht-chalcedonischen oder altorientalischen Kirchen (u. a. Syrer, Armenier, Kopten, Äthiopier) und der chalcedonischen Kirchen (Orthodoxe Kirchen, Katholische Kirchen) über die Frage der gott-menschlichen Natur Christi.

Von den chalcedonischen Kirchen als Monophysiten bezeichnet, ziehen die altorientalischen Kirchen die Bezeichnung „Miaphysiten“ vor und sehen sich in Ablehnung der von ihnen verurteilten eigentlichen monophysitischen Lehre. Um sich von den chalcedonischen Kirchen abzugrenzen, bezeichnet sie jene als „Dyophysiten“. Sie vertreten also die Auffassung, Jesus Christus habe zwei Naturen besessen, die aber nicht getrennt voneinander, sondern vermischt seien, wobei die göttliche dominiert habe.

Eine anlässlich des Konzils von Florenz am 4. Februar 1442 zwischen der Römisch-Katholischen Kirche und der Koptischen Kirche geschlossene Union blieb folgenlos. 1741, 1895 und 1947 gab es weitere Unionsversuche einiger Kopten mit der römischen Kirche, in deren Folge es zur Etablierung einer konkurrierenden, Rom-unierten Koptisch-katholischen Kirche kam. Diese ist jedoch mit nur etwa 200.000 Gläubigen und von ihrer Bedeutung her nicht mit der Koptischen Kirche vergleichbar.

1988 haben beide Kirchen eine Formulierung angenommen, die die in Chalcedon manifestierten theologischen Meinungsverschiedenheiten nach über 1500 Jahren weitgehend ausräumt.[3]

Lehre und Struktur der koptischen Kirche

Der koptisch-orthodoxen Kirche steht ein Papst vor, seit 1971 ist dies Shenouda III. als 117. Nachfolger des Heiligen Markus. Das christliche Mönchtum hat seinen Ursprung bei den Kopten und bis heute in dieser Kirche eine reiche Tradition, es wurde durch den Heiligen Antonius (um 251–356) und durch Pachomios (um 292–346) begründet.

Die Kopten lehnen die Lehre des Ägypters Eutyches grundsätzlich ab (und sind damit keine Monophysiten), in der die menschliche Natur von der göttlichen quasi aufgesogen wird. Eutyches sprach von „einem Essigtropfen inmitten eines Meeres“. Das Dogma der koptischen Kirche entspricht dem der Konzilien von Nicäa, von Konstantinopel und dem von Ephesos, auf denen die Kirchenväter sich einstimmig über Christi Natur festgelegt haben. Das Bekenntnis von Nicäa wird von der koptischen Kirche in der ursprünglichsten Form verwendet, wie das Konzil von Nicäa es verabschiedete. Darin heißt es: „Wir glauben an den einen Herrn, Jesus Christus, Gottes einzigen Sohn, geboren aus dem Vater vor aller Zeit, Licht vom Lichte, wahrer Gott vom wahren Gott.“ Es handelt sich hierbei um das gleiche Glaubensbekenntnis, wie es mit einigen wenigen Ergänzungen in vielen anderen Kirchen des Ostens wie des Westens verwendet wird.

Jesus hat dem koptischen Dogma zufolge eine gott-menschliche Natur, die so vereint ist wie Feuer und Eisen in einem glühenden Eisenstück.

Papst Dioskorus, der Patriarch von Alexandria, der auf dem Konzil von Chalcedon 451 den orthodoxen Glauben verteidigte, widersprach der Trennung beider Naturen Christi mit dem Ausspruch: „Ich sah Christus über Lazarus’ Tod weinen, also ist er Mensch, ich sah ihn, Lazarus von den Toten auferwecken, also ist er Gott. Ich sah ihn im Boot schlafen, also ist er Mensch, ich sah ihn den Sturm stillen, also ist er Gott.“

Besonderheiten

Von allen anderen orthodoxen und orientalischen Kirchen unterscheidet sich die Koptische Kirche im praktischen Bereich durch ihre Jugendarbeit, was mit der sogenannten Sonntagsschulbewegung zusammenhängt, die ebenfalls einzigartig ist, und ihre sozialen Dienste. Sie hat sogar ein eigenes Bischofsamt für soziale Dienste und Ökumene. Bildung spielt eine große Rolle, was aus der Christologie gerechtfertigt wird.[4]

Liturgie

Die Liturgie in der koptischen Kirche, deren kürzeste Form die Basilius-Version ist, dauert etwa drei Stunden. Sie besteht aus Morgenweihrauch, Stundengebet (dritte und sechste Stunde), Liturgie des Wortes (Lesungen, Evangeliumslesung und Predigt) und Anaphora (Liturgie des Leibes) mit Fürbitten, Gedächtnis der Heiligen und Kommunion. Die Liturgieform der koptischen Kirche ist der auf dem alexandrinischen Ritus basierende koptische Ritus.

Vor der Kommunion jeder Liturgie spricht der Priester die sogenannte „Homologia“, in der er das Bekenntnis ablegt: „Ich glaube, dass dies der lebensspendende Leib ist […] Er machte ihn eins mit seiner Gottheit ohne Vermischung, ohne Verquickung und ohne Veränderung. […] In Wahrheit glaube ich, dass seine Gottheit seine Menschheit keinen Moment lang und keinen einzigen Augenblick verlassen hat.“

Sitz

Das Oberhaupt der koptischen Kirche, der Papst von Alexandria und Patriarch von ganz Afrika, hat seinen Sitz offiziell sowohl in Kairo als auch in Alexandria. Tatsächlich wurde das Patriarchat aber bereits 1047 in das 973 zur Hauptstadt erhobene Kairo verlegt. Dort, im Stadtteil Abbassia, befindet sich auch das große Gelände des Patriarchats mit der 1968 geweihten Markuskathedrale und dem päpstlichen Palast. Konkathedrale des Patriarchats ist jedoch weiterhin die Markuskathedrale in Alexandria, ein Bau des 20. Jahrhunderts, der an der Stelle der der Tradition nach im Jahr 60 vom Evangelisten Markus gegründeten ersten Kirche der Stadt steht.

Nach der Verlegung des Patriarchats nach Kairo wurde zunächst die aus dem 3. Jahrhundert stammende Hängende Kirche im nilaufwärts des heutigen Stadtzentrums gelegenen Alt-Kairo (früher Fustat) päpstliche Kathedrale. Sie ist Mittelpunkt einer weiteren Ansammlung koptischer und christlicher Einrichtungen, unter ihnen die Georgskathedrale des griechisch-orthodoxen Patriarchats von Alexandria, das seinen Sitz ebenfalls in Kairo hat, und das Koptische Museum.

Vor der Weihe der heutigen Markuskathedrale in Kairo-Abbassia war die um 1800 von Papst Markos IX. geweihte Markuskirche im zentralen Stadtteil Azbakeya Kathedralkirche der Koptischen Päpste.

Verbreitung

Die im Folgenden angegebenen Mitgliederzahlen können nur geschätzt werden.

Afrika und Levante

  • Für Ägypten gehen die meisten Quellen (CIA World Fact Book, ägyptische Regierungsstellen, deutsches auswärtiges Amt, Radio Vatikan) von 5 bis 10 % Christen, davon über 90 % Kopten aus. Der Fischer Weltalmanach 2008 nennt, wie auch koptische Quellen, wesentlich höhere Zahlen von 12 bis 15 % Kopten.[2]
  • Äthiopien: Die Äthiopisch-Orthodoxe Tewahedo-Kirche (um die 40 Millionen Mitglieder) hat seit der Einsetzung durch Papst Kirellos VI. 1959 ihren eigenen Patriarchen in Addis Abeba. Der derzeitige Amtsinhaber Abune Paulos erbat und erhielt 1994 von Papst Shenouda III. die volle Unabhängigkeit für die äthiopische Kirche, die den Papst von Alexandria jedoch weiterhin als Ehrenoberhaupt und die koptische Kirche als ihre Mutterkirche anerkennt.
  • Eritrea: Die zuvor zu Äthiopien gehörende eritreische Kirche erhielt 1998 von Papst Shenouda III. die Autokephalie als Eritreisch-Orthodoxe Tewahedo-Kirche. Der Erzbischof von Asmara wurde zum Patriarchen erhoben. Die Kirche von Eritrea hat 2 Millionen Mitglieder. Dessen Thron ist jedoch zur Zeit umstritten, da der von Alexandria und Äthiopien anerkannte dritte Patriarch, Abune Antoniyos, für abgesetzt und unter Hausarrest gestellt und mit Abune Dioskoros ein nur von der eritreischen Regierung anerkannter Nachfolger inthronisiert wurde.
  • Kenia: einige jüngere Gemeinden
  • Libanon: etwa 2.000 (offiziell vertreten durch die syrisch-orthodoxe Kirche)
  • Libyen
  • Sambia: einige jüngere Gemeinden
  • Simbabwe: einige jüngere Gemeinden
  • Sudan: vermutlich 260.000 zu Beginn des 20. Jahrhunderts, rapide sinkende Zahl seit Einführung der Scharia 1983
  • Syrien

Europa

Das Kloster St. Antonius in Kröffelbach

Asien

  • Israel: Gemeinden in Jerusalem uvm.

Amerika

  • Drei Diözesen in den Vereinigten Staaten mit deutlich mehr als einer Million Kopten (z. B. je über 20 Gemeinden in New York und Los Angeles) und Gemeinden in jeder größeren Stadt.
  • Kanada: Montreal, Toronto, Ottawa, Vancouver
  • Brasilien: kürzlich gegründete Diözese in Rio de Janeiro
  • Bolivien: kürzlich gegründete Diözese Bolivien

Australien

  • Fast eine Million Kopten in Australien (Sydney, Melbourne, Canberra)

Bekannte Kopten

Siehe auch

Literatur

  • Wolfgang Boochs (Hrsg.): Geschichte und Geist der Koptischen Kirche. 2. überarbeitete Auflage. Bernardus-Verlag, Aachen 2009, ISBN 978-3-8107-9184-9.
  • Albert Gerhards, Heinzgerd Brakmann (Hrsg.): Die koptische Kirche. Kohlhammer, Stuttgart 1994, ISBN 3-17-012343-2.
  • Karl Pinggéra: Die Koptisch-Orthodoxe Kirche. In: Christian Lange, Karl Pinggéra (Hrsg.): Die altorientalischen Kirchen. Glaube und Geschichte. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2010, ISBN 978-3-534-22052-6, S. 63–76.
  • Jürgen Tubach, Sophia G. Vashalomidze (Hrsg.): Stabilisierung und Profilierung der koptischen Kirche im 4. Jahrhundert. Beiträge zur X. Internationalen Halleschen Koptologentagung 2006 (= Hallesche Beiträge zur Orientwissenschaft. Band 44]. Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt, Halle/Saale 2007, ISBN 978-3-86010-979-3.
  • Jean-Pierre Valognes: Vie et mort des Chrétiens d’Orient. Fayard, Paris 1994, ISBN 2-213-03064-2.
  • Brigitte Voile: Les coptes d’Égypte sous Nasser: sainteté, miracles, apparitions. CNRS, Paris 2004.
  • Bernd Witte: Die Sünden der Priester und Mönche. Koptische Eschatologie des 8. Jahrhunderts nach Kodex M 602 S. 104–154 (ps. Athanasius) der Pierpont Morgan Library. Band 1, Textausgabe, Arbeiten zum spätantiken und koptischen Ägypten 12. Oros, Altenberge 2002, ISBN 978-3-89375-208-9.
  • Magdi Sami Zaki: Histoire des coptes d’Égypte. Éd. de Paris, Versailles 2005, ISBN 978-2-85162-125-2.

Weblinks

 Commons: Koptisch-orthodoxe Kirche – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Harenberg Aktuell (von Meyers und Brockhaus herausgegeben), Seite 532: 94 % Muslime gegenüber 6 % Christen insgesamt (die meisten davon Kopten) / Spiegel-dtv-Jahrbuch 2004, Seite 54: 90 % Muslime gegenüber 9 % Kopten / Länderinformationen des Auswärtigen Amtes: 90 % Muslime gegenüber 6 % Kopten / CIA World Fact Book: 10 % Christen
  2. a b Einzig der Fischer Weltalmanach 2011, Seite 48, zählt 80 % Muslime gegenüber 6 bis 15 % Kopten, führte aber 2006 noch 85 % Muslime gegenüber 12 % Kopten auf und 2003 noch 90 % Muslime gegenüber 9 bis 10 % Kopten (6 Mio von 64 Mio), ohne eine Erklärung für diese erhebliche Verschiebung innerhalb nur fünf Jahren zu liefern. Ebenso unerklärlich habe sich bereits zuvor innerhalb von nur zwei Jahren (vgl. Fischer WA 1996, S. 59, und Fischer WA 1998, Seite 58) die Zahl der Kopten in Ägypten verdreifacht (von 2 Mio auf 6 Mio) und ihr Anteil damit von 4,1 % auf 10,4 % erhöht … innerhalb von nur zehn Jahren (vgl. Fischer WA 1996, S. 59, und Fischer WA 2006, S. 50) sogar vervierfacht (von 2 Mio auf 8,1 Mio)!
  3. Kath.net: Man denkt nur an eine gewaltsame Islamisierung Ägyptens 23. Januar 2007
  4. Wolfram Reiss: Erneuerung in der Koptisch-Orthodoxen Kirche. Die Geschichte der koptisch-orthodoxen Sonntagsschulbewegung und die Aufnahme ihrer Reformansätze in den Erneuerungsbewegungen der Koptisch-Orthodoxen Kirche der Gegenwart. LIT-Verlag, Hamburg/Münster 1998, ISBN 978-3-8258-3423-4, S. 113f.
  5. Homepage der Gemeinde Heidelberg

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