- Gonzo Fist
-
Hunter Stockton Thompson (* 18. Juli 1937 in Louisville, Kentucky; † 20. Februar 2005 in Woody Creek bei Aspen, Colorado) war ein US-amerikanischer Schriftsteller und Reportage-Journalist.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Hunter S. Thompson war neben Tom Wolfe der bekannteste Vertreter des New Journalism, einer Form, die ab Mitte der 1960er Jahre den Journalismus neu belebte, indem er subjektives Erleben und literarische Stilmittel in Reportagen einfließen ließ. Thompson begann Ende der 1950er Jahre als Sportreporter und war dann als Südamerika-Korrespondent unter anderem für den „National Observer“ in Peru, Kolumbien und Brasilien unterwegs. Er wurde 1967 bekannt durch sein Buch Hell's Angels - A Strange and Terrible Saga (dt. Hell’s Angels). Als erster beschäftigte er sich darin mit den Motorradgangs Kaliforniens und lebte dazu ein Jahr lang mit den Hells Angels.
Ende der 1960er Jahre war er einer der ersten Autoren des neuen Magazins Rolling Stone. Thompsons exzentrischer und ausschweifender Lebens- wie Schreibstil war einer der Gründe für den Erfolg des Rolling Stone. In dieser Zeit schuf sich Thompson seine ganz persönliche Form, den von ihm so genannten Gonzo-Journalismus. Es entstand auch sein bekanntestes Buch, Fear and Loathing in Las Vegas (dt. Titel Angst und Schrecken in Las Vegas, wörtlich Angst und Abscheu in Las Vegas). Dieses Buch, wie auch eine Reihe von anderen, wurde von Thompsons Freund, dem Engländer Ralph Steadman illustriert.
In den 1970er Jahren wandte sich Thompson verstärkt der Politik zu. 1970 kandidierte er als Sheriff in Aspen, Colorado. Thompson wurde von einer „Freak-Plattform“ unterstützt und sein Wahlprogramm enthielt für die damalige Zeit radikale Forderungen, u. a. die Legalisierung von Drogen, die Umwandlung aller Straßen zu Radwegen und die Umbenennung von Aspen in „Fat City“. Der amtierende Sheriff war ein Republikaner, der stets einen militärischen Kurzhaarschnitt trug, was Thompson anregte sich eine Glatze zu scheren, um dann seinen Gegenkandidaten als „meinen langhaarigen Widersacher“ ("my long haired opponent") zu bezeichnen. Er verlor, blieb aber trotzdem - zum Bestürzen der lokalen Bürger mit denen er noch auf Kriegsfuß stand - auf der "Owl Farm Ranch", seinem befestigten Anwesen nahe Aspen.
1972 berichtete er für den Rolling Stone über den Präsidentschaftswahlkampf, wobei er sich eng an das Lager des demokratischen Kandidaten George McGovern band. Thompson schrieb ausführlich über den Watergate-Skandal und unterstützte bei der folgenden Präsidentschaftswahl frühzeitig den damals noch unbekannten Jimmy Carter, mit dem er sich anfreundete, und mit dem er einige sehr persönliche Interviews führte. Als Auslandskorrespondent berichtete Thompson auch von der Invasion der US-Marines 1983 in Grenada und blieb auch später noch ein weitsichtiger politischer Kommentator.
Er bezeichnete im Jahr 2000 George W. Bushs umstrittenen Wahlsieg als „die brutalste Machtergreifung seit Hitler 1933 den Reichstag niederbrannte und sich zum Chef von Deutschland erklärte“. („the most brutal seizure of power since Hitler burned the German Reichstag in 1933 and declared himself the new Boss of Germany“). Des Öfteren benutzte er auch seine Internet-Sportkolumne "Hey Rube", um über die Bush-Regierung und die Verlogenheit des modernen Zeitalters zu schimpfen. "WER wählt denn diese unehrlichen Schwachköpfe?" ("Who DOES vote for these dishonest shitheads?"), schrieb er 2003, bezogen auf die Leute, die zu dieser Zeit im Weißen Haus wiedereingesetzt wurden. "Sie sind die Rassisten und Hetzer unter uns - sie sind der Ku Klux Klan. Ich piss' diesen Nazis in den Hals." ("They are the racists and hate mongers among us - they are the Ku Klux Klan. I piss down the throats of these Nazis.")
Thompson pflegte u. a. Freundschaften mit Keith Richards, Oscar Zeta Acosta, Bob Dylan, Warren Zevon und Johnny Depp, der von ihm nur „Colonel“[1]genannt wurde.
Tod
Am 20. Februar 2005 nahm sich Hunter S. Thompson an seinem Schreibtisch in Woody Creek mit einem Kopfschuss das Leben. Nach Aussage seines Sohnes Juan Thompson hatte der Schriftsteller seinen Suizid lange geplant und oft angekündigt. Er habe nicht aus Verzweiflung gehandelt, sondern zum richtigen Zeitpunkt abtreten wollen. Thompsons letztem Willen gemäß wurde auf seiner Farm in Woody Creek, nahe Aspen, ein 153 Fuß (46,6 m) hohes steinernes Monument in Form der Gonzo Fist errichtet. Entworfen wurde es von Ralph Steadman nach Anweisungen von Hunter S. Thompson. Die Gonzo Fist ist im Gonzo Symbol enthalten, bildet den oberen Teil, darauf folgend der Schriftzug Gonzo, nach unten mit einer zweischneidigen Klinge abschließend. Die Gonzo Fist ist eine zur Faust geballte Hand mit zwei nach innen zeigenden Daumen, welche einen Peyote-Kaktus halten.
In dieses Monument war auch eine Kanone integriert, aus der Thompsons Asche bei einer Trauerfeier am 20. August 2005 in die Luft geschossen wurde. Finanziert hatten dieses Projekt Freunde des Verstorbenen, u. a. Johnny Depp, der die Rolle von Thompson im Film Fear and Loathing in Las Vegas gespielt hatte. Er durfte auch die Kanone zünden. Als Veteran der US Air Force hat Thompson Anspruch auf einen von der US-Regierung finanzierten Grabstein, auf dem seine Witwe seine Devise „It never got weird enough for me“ einmeißeln lassen will.
Sieben Monate nach dem Suizid Hunter S. Thompsons hat das US-Magazin „Rolling Stone“ den Abschiedsbrief an seine Frau veröffentlicht. Unter der Überschrift „Football Season is over“ („Die Footballsaison ist vorbei“) schrieb Thompson vier Tage vor seinem Freitod: „Keine Spiele mehr. Keine Bomben mehr. Kein Laufen mehr. Kein Spaß mehr. Kein Schwimmen mehr. 67. Das ist 17 Jahre nach 50. 17 mehr als ich brauchte oder wollte. Langweilig. Ich bin nur noch gehässig. Kein Spaß - für niemanden. 67. Du wirst gierig. Benimm dich deinem hohen Alter entsprechend. Entspann' dich - es wird nicht wehtun.“ „No More Games. No More Bombs. No More Walking. No More Fun. No More Swimming. 67. That is 17 years past 50. 17 more than I needed or wanted. Boring. I am always bitchy. No Fun—for anybody. 67. You are getting greedy. Act your old age. Relax—This won't hurt.“
Werk
Thompson schuf den Gonzo-Journalismus, einen Schreibstil, für den aus seiner Sicht das Talent eines „wahrlich großen Journalisten, das Auge eines Künstlers und Photographen und die Eier eines Schauspielers“ fusionieren mussten. Es sollen sich reale Erlebnisse, soziale und politische Analysen mit fiktiven Geschehnissen, Polemik und Drogenvisionen mischen. Thompson und sein Schreibstil wurden durch seine Bücher Hell's Angels (1966), in dem er seine Beziehung zu der damals gefürchteten Motorradgang schilderte, sowie Angst und Schrecken in Las Vegas (1971), in dem es um die Jagd nach dem amerikanischen Traum ging, international bekannt. 1980 wurde der Film Where The Buffalo Roam veröffentlicht. Der Film ist eine Adaption der Werke Thompsons aus den frühen 70ern. Die Hauptrollen spielen Bill Murray als Hunter S. Thompson und Peter Boyle als Thompsons verrückter Anwalt Lazlo.
Fear and Loathing in Las Vegas wurde 1998 von Terry Gilliam (Time Bandits, Brazil, Twelve Monkeys) mit Johnny Depp und Benicio Del Toro verfilmt. Die Verfilmung des Buchs The Rum Diary, erneut mit Johnny Depp und Benicio Del Toro in den Hauptrollen, sollte bereits 2003 in Produktion gehen. Nach diversen Verzögerungen konnte man sich einigen, der Film ist in Produktion und soll 2009 fertiggestellt werden. Entgegen der ursprünglichen Planung wird Benicio Del Toro nicht Regie führen. Als Regisseur hat Bruce Robinson den Film übernommen, Johnny Depp wird als ausführender Produzent fungieren. Neben Depp und Del Toro werden Josh Hartnett und Nick Nolte zu sehen sein. Die Nachrichtenagentur APA meldete am 9. März 2006, dass im August dieses Jahres ein Dokumentarfilm über Thompson fertiggestellt sein soll. Johnny Depp und Sean Penn sind an der Produktion beteiligt, die unter dem Titel Buy the Ticket, take the Ride erschienen ist und erstmals am 19. Oktober 2006 auf dem Hollywood Film Festival gezeigt wurde.[2] Ein weiterer Dokumentarfilm „Gonzo. The Life and Work of Dr. Hunter S. Thompson“ mit der deutschen Übersetzung „Ikone des Anarcho-Journalismus“ hatte den Kinostart am 4. Juli 2008.[3]
Bibliografie
- Hell’s Angels (1967)
- Fear and Loathing in Las Vegas (1971)
- Fear and Loathing On the Campaign Trail '72 (1973)
- The Curse of Lono (1984)
- Generation of Swine: Tales of Shame and Degradation in the 80s (1989)
- Songs of the Doomed: More Notes on the Death of the American Dream (1990)
- The Great Shark Hunt: Strange Tales from a Strange Time (1991)
- Better than Sex (1995)
- The Proud Highway: Saga of a Desperate Southern Gentleman (1998)
- The Rum Diary. A Novel (1999; geschrieben 1959)
- The Fear and Loathing Letters auch bekannt unter den Namen Gonzo Letters (ausgewählte Briefe in drei Bänden)
- The Proud Highway: Saga of a Desperate Southern Gentleman, 1955-1967 (1998)
- Fear And Loathing In America: The Brutal Odyssey of an Outlaw Journalist (2001)
- The Mutineer: Rants, Ravings, and Missives from the Mountaintop 1977-2005 noch nicht erschienen (voraussichtlich Februar 2009)
- Screwjack. A Short Story (2000)
- Kingdom of Fear: Loathsome Secrets of a Star-Crossed Child in the Final Days of the American Century (2003)
- Hey Rube: Blood Sport, the Bush Doctrine and the Downward Spiral of Dumbness (2004)
Verfilmungen
- Where The Buffalo Roam (Art Linson, 1980)
- Fear and Loathing in Las Vegas (Terry Gilliam, 1998)
- The Rum Diary (Bruce Robinson, in Produktion, wird voraussichtlich 2009 fertig gestellt)
Dokumentationen
- Fear and Loathing: On the Road to Hollywood (1978)
- Breakfast with Hunter (2003)
- When I Die (2005)
- Buy the Ticket, Take the Ride: Hunter S. Thompson on Film (2006)
- Free Lisl: Fear & Loathing in Denver (2006)
- Gonzo: The Life and Work of Dr. Hunter S. Thompson (2008)
Literatur
- Douglas Brinkley (Hrsg.): Fear and loathing in America: the brutal odyssey of an outlaw journalist, 1968-1976. Bloomsbury, London 2000, ISBN 0747549648
- Paul Perry: Angst und Abscheu. Das sagenhafte Leben des Hunter S. Thompson. Bittermann 2005, ISBN 3893200894
- Oliver Zöllner: 'Raoul Duke', 'Dr. Gonzo': Zum Tod von Hunter S. Thompson. In: Rundfunk und Geschichte, 31 Jahrg. (2005), Heft 1/2
Quellen
- ↑ Rolling Stone - Football Season Is Over
- ↑ IMDB - Release Information
- ↑ 3sat / Kulturzeit - Ikone des Anarcho-Journalismus
Weblinks
- Literatur von und über Hunter S. Thompson im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- gonzo.org - The Great Thompson Hunt
- Bilder von der Trauerfeier
- bbc.co.uk - h2g2-Eintrag zu Hunter Thompson
- CHiLLi.cc - Gonzo ist tot - Ein wütender Nachruf
- CHiLLi.cc - Dr. Gonzo und sein Journalismus
- Song of the Sausage Creature (Magazinbeitrag von Hunter S. Thompson, in Englisch)
- Gonzo Fist Monument
- Hunter S. Thompson documentaries
- „Good Clean Fun“-Story in EVOLVER.at
- „Generation Gonzo“ in Literaturzeitschrift.de
Personendaten NAME Thompson, Hunter S. ALTERNATIVNAMEN Thompson, Hunter Stockton (voller Name); Dr. Gonzo (Pseudonym) KURZBESCHREIBUNG US-amerikanischer Schriftsteller und Reporter GEBURTSDATUM 18. Juli 1937 GEBURTSORT Louisville, Kentucky STERBEDATUM 20. Februar 2005 STERBEORT Woody Creek bei Aspen, Colorado
Wikimedia Foundation.