- Tom Wolfe
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Tom Wolfe (* 2. März 1931 in Richmond, Virginia; eigentlich Thomas Kennerly Wolfe Jr.) ist ein US-amerikanischer Schriftsteller, Journalist, Kunst- und Architekturkritiker sowie Illustrator. Er lebt auf Long Island (in der Nähe von New York City). Wolfe gilt zusammen mit Truman Capote, Norman Mailer, Hunter S. Thompson und Gay Talese als Gründer des New Journalism, einem Reportagestil, der literarische Elemente in nichtfiktionalen Texten einsetzt. Der subjektive Blickwinkel und an der literarischen Moderne orientierte Schreibstil steht im Gegensatz zum sachlich-objektiven Stil gängiger Reportagen.
Er trägt als Markenzeichen einen vanillefarbenen Anzug.
Inhaltsverzeichnis
Biografie
Nach dem Studium in Yale arbeitete Wolfe als Journalist, unter anderem für die New York Herald Tribune und deren Magazin New York (das später unabhängig wurde) sowie für die Washington Post. Sein erstes Buch mit dem Titel Das bonbonfarbene tangerinrot-gespritzte Stromlinienbaby war eine Sammlung verschiedener Reportagen unter anderem über Popmusik und Autobastler. Das im Jahr 1965 erschienene Werk gilt als einer der „Grundsteine des New Journalism“.[1]
Während der 60er und 70er Jahre veröffentlichte Wolfe weitere Reportagesammlungen, darunter Unter Strom, ein Buch über die Reise der Kommune von Ken Kesey und seinen Mitstreitern 1964 von San Francisco nach New York in einem bunten Schulbus. In dem Essay Radical Chic und Mau-Mau bei der Wohlfahrtsbehörde diskutierte Wolfe die bloß modische Unterstützung radikaler Bewegungen wie der Black Panther durch reiche, weiße Künstler und „Socialites“. Ein weiterer Bestseller wurde Die Helden der Nation, eine romanähnliche Reportage über Testpiloten der NASA. Der Buchtitel The Right Stuff nahm bald sprichwörtlichen Charakter an; in dem Werk wurde der Raumfahrtsmythos auf den Boden der Tatsachen zurück geholt und die inneren Konflikte der Testpiloten, Astronauten und ihrer Partnerinnen dargelegt. Die 1983 vorgenommene Kinoverfilmung durch Philip Kaufman erhielt den treffenderen deutschen Titel Der Stoff, aus dem die Helden sind.
Wolfe, ein begabter Zeichner, hat mehrere seiner Bücher selbst illustriert. Ab den 70er Jahren wandte er sich in Essays wie Das gemalte Wort und Mit dem Bauhaus leben der Kunst- und Architekturkritik zu. Beide Bücher führten zu zum Teil erbitterten Auseinandersetzungen. Wolfe kritisiert in Das gemalte Wort die moderne Malerei und Kunst nach dem Zweiten Weltkrieg. Ihr hielt er vor, sie hätte nur allbekannte Klischees illustriert und über ein elitäres System von Galerien allein die künstlerisch sterilen Interessen einer kleinen Clique bedient. In Mit dem Bauhaus leben griff er die kritiklose Übernahme europäischer Architektur in den USA an. Diese habe seiner Meinung nach zu monströsen, unfunktionalen wie gesichtslosen Bauten geführt, die eine kleine Kaste von Architekten den Auftraggebern wie dem Volk aufgezwungen hätte.
Schon ab den 1970er und zunehmend in den 1980er Jahren wandte sich Wolfe der Erzählung und dem Roman zu. Sein Debüt-Roman Fegefeuer der Eitelkeiten erschien 1987. Der Bestseller behandelt den Börsenboom der 1980er Jahre und die rein materiell orientierte Kultur der Reagan-Jahre. Am Beispiel des weißen Wallstreetbrokers Sherman McCoy, der nach dem durch ihn und seine Geliebte verschuldeten Tod eines Schwarzen aus der Bronx zum Opfer einer Hexenjagd durch Medien und Staatsanwaltschaft wird, zeigt Wolfe meisterhaft den Zynismus der Großstadtmenschen von New York. Das Buch, das häufiger - neben Bret Easton Ellis’ American Psycho - als das exemplarische New York-Buch der 1980er angesehen wurde, wurde 1990 von Brian De Palma auf umstrittene Weise verfilmt. Die Verfilmung wurde für diverse Goldene Himbeeren für die schlechtesten Leistungen des Jahres nominiert.
Parallel zum spektakulären Erfolg des Romandebüts verfasste Wolfe weiterhin Reportagen. The Tinkerings of Robert Noyce[2] beschäftigte sich mit dem Entstehen der Computer-Technologie in Silicon Valley, hier insbesondere mit Noyce und dessen Aktivitäten. Erst 1998 veröffentlichte Wolfe seinen nächsten Roman Ein ganzer Kerl, der ebenfalls ein Bestseller wurde. 2004 veröffentlichte Wolfe den Universitätsroman Ich bin Charlotte Simmons. In diesem Roman beschreibt er die Welt des Campus an der (fiktiven) renommierten Dupont University in Pennsylvania, an die die begabte, aber naive und konservative Titelfigur zugelassen wird. Sie betritt eine „Welt, in der Studienanfängerinnen als ‚Frischfleisch‘ gehandelt werden und wo Mode, Sport, Sex, Partys und ein cooles Image zählen“ (Susanne Schmetkamp).[3]. Für den umstrittenen Roman, zu dessen Verehrern George W. Bush zählt,[4] erhielt Wolfe den Bad Sex in Fiction Award.
1992 trat Wolfe im Dokumentarfilm Die Konsensfabrik. Noam Chomsky und die Medien (Manufacturing Consent: Noam Chomsky and the Media) auf.
Tom Wolfe sollte nicht verwechselt werden mit dem amerikanischen Romancier und Dramatiker Thomas Wolfe oder dem deutschen Schriftsteller Tom Wolf.
Werke
Reportagen und Essays
- The Kandy-Kolored Tangerine-Flake Streamline Baby. 1965
- Das bonbonfarbene tangerinrot-gespritzte Stromlinienbaby. Rowohlt, Reinbek 1968; zuletzt ebd. 1988, ISBN 3-499-11094-6
- The Pump House Gang. 1968
- Das silikongespritzte Mädchen und andere Stories von Amerikas rasendem Pop-Reporter. Rowohlt, Reinbek 1976, ISBN 3-499-11929-3
- The Electric Kool-Aid Acid Test. 1968
- Unter Strom. Die legendäre Reise von Ken Kesey und den Pranksters. Eichborn, Frankfurt 1987, ISBN 3-8218-0172-7; Knaur, München 1991, ISBN 3-426-02807-7; The electric kool-aid acid test. Die legendäre Reise von Ken Kesey und den Merry Pranksters. Heyne, München 2009, ISBN 978-3-453-40621-6
- Radical Chic & Mau-Mauing the Flak Catchers. 1970
- Radical Chic und Mau-Mau bei der Wohlfahrtsbehörde. Rowohlt, Reinbek 1972, ISBN 3-499-25005-5; Philo, Berlin/Wien 2001, ISBN 3-8257-0217-0
- The Painted Word. 1975
- Das gemalte Wort. Moderne Kunst am Wendepunkt. Ullstein, Frankfurt/Berlin 1975, ISBN 3-550-05631-1; Worte in Farbe. Kunst und Kult in Amerika. Knaur, München 1992, ISBN 3-426-04826-4
- Mauve Gloves & Madmen, Clutter & Vine. 1976
- The Right Stuff. 1979
- Die Helden der Nation. Reportage-Roman. Hoffmann und Campe, Hamburg 1983, ISBN 3-455-07901-6; Ullstein, Frankfurt/Berlin 1986, 3-548-20654-9; Knaur, München 1996, ISBN 3-426-60156-7
- In Our Time. 1980
- From Bauhaus to Our House. 1981
- Mit dem Bauhaus leben. Die Diktatur des Rechtecks. Athenäum, Königstein 1982, ISBN 3-7610-8184-7; Knaur, München 1993, ISBN 3-426-77056-3
- The Purple Decades. 1982
- Die neue Welt des Robert Noyce. Eine Pioniergeschichte aus dem Silicon Valley. Econ-Verlag, Düsseldorf/Wien/New York 1990, ISBN 3-430-19831-3
- Hooking Up. 2000
- Hooking up. Neuigkeiten aus dem Weltdorf. Blessing, München 2001, ISBN 3-89667-159-6; und wie er die Welt sah. Goldmann, München 2003, ISBN 3-442-15241-0
- Verschwitzte Intellektuelle und andere Feinde, Rezension von Daniel Kehlmann, Frankfurter Rundschau, 15. November 2001
- Hooking up. Neuigkeiten aus dem Weltdorf. Blessing, München 2001, ISBN 3-89667-159-6; und wie er die Welt sah. Goldmann, München 2003, ISBN 3-442-15241-0
Romane
- The Bonfire of the Vanities. 1987
- Fegefeuer der Eitelkeiten. Kindler, München 1988, ISBN 3-463-40094-4; Knaur, München 1990, ISBN 3-426-03015-2; Rororo, Reinbek 2005, ISBN 3-499-23674-5
- A Man in Full. 1998
- Ein ganzer Kerl. Roman. Kindler, München 1999, ISBN 3-463-40128-2; Rororo, Reinbek 2001, ISBN 3-499-22920-X
- Ticktick ticktick! Rezension von Andreas Kilb, Die Zeit, 51/1998
- Ein ganzer Kerl. Roman. Kindler, München 1999, ISBN 3-463-40128-2; Rororo, Reinbek 2001, ISBN 3-499-22920-X
- I am Charlotte Simmons. 2004
- Ich bin Charlotte Simmons. Roman. Blessing, München 2005, ISBN 978-3-89667-272-8; Heyne, München 2007, ISBN 978-3-453-40506-6
- Harvard-Schnappschuss: Onkel Toms Peepshow, Rezension von Gregor Peter Schmitz, Spiegel Online, 20. April 2005
- Ofenfrische Szenewörter, Rezension von Malve Gradinger, Münchner Merkur, 21. September 2005
- Crazy Campus-Katzen, Rezension von Ulrike Meitzner, die tageszeitung, 4. Oktober 2005
- Ich bin der letzte Dreck, Rezension von Thea Dorn, Die Welt, 8. Oktober 2005
- Der Griff in den Schlüpfer, Rezension von Robin Detje, Süddeutsche Zeitung, 10. Oktober 2005
- Ziemlich kalt, das Ganze. Aber nicht cool, Rezension von Helge Timmerberg, Die Zeit, 10. November 2005
- Ein Engel kommt nach Babylon, Rezension von Thomas Leuchtenmüller, Neue Zürcher Zeitung, 26. Januar 2006
- Ich bin Charlotte Simmons. Roman. Blessing, München 2005, ISBN 978-3-89667-272-8; Heyne, München 2007, ISBN 978-3-453-40506-6
Literatur
- Volker Weidermann: "Im Samthöschen den Schlund hinunter : Ken Kesey rief den Erdgeist: Zur Neuausgabe von Tom Wolfes "Electric Kool-Aid Acid-Test", in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 19. Juli 2009, S. 24
Weblinks
- Literatur von und über Tom Wolfe im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Website von Tom Wolfe
- Tom Wolfe beim Perlentaucher
- Auch wenn die Neurowissenschaftler das Gegenteil behaupten: Sex wird immer eine völlig irrationale Sache sein. Mein Traum ist es, über diese große menschliche Komödie zu schreiben. Welch ein Spaß! – Aufgezeichnet von Christiane Korff in der Zeit, 50/2000
- „Nennen Sie mich einen Chauvinisten“, Interview mit Christoph Amend und Stephan Lebert in der Zeit, 22. September 2005
Fußnoten
- ↑ Irmela Erckenbrecht: The Kandy-Kolored Tangerine-Flake Streamline Baby. In: Kindler neues Literatur-Lexikon. Band 17, S. 797
- ↑ Esquire: The Tinkerings of Robert Noyce. How the Sun Rose on the Silicon Valley. Dezember 1983
- ↑ dpa via Stuttgarter Zeitung: Tom Wolfe: Ich bin Charlotte Simmons. 22. September 2005, aktualisiert: 21. September 2007
- ↑ Spiegel Online: Präsidiale Lektüre: Warum Bush seinen Lieblingsautor verschweigt. 8. Februar 2005
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