Gut Wensin

Gut Wensin
Das Herrenhaus auf Gut Wensin, Blick auf die Hoffassade

Das Gut Wensin liegt in der gleichnamigen Gemeinde Wensin im östlichen Schleswig-Holstein und ist eines von drei Adligen Gütern am Wardersee. Der Besitz wird bereits seit dem Mittelalter bis hinein in die Gegenwart bewirtschaftet, das landestypische Herrenhaus stammt aus dem 17. Jahrhundert.

Inhaltsverzeichnis

Geschichtlicher Überblick

Gut Wensin ist wie das benachbarte Gut Pronstorf wendischen Ursprungs. Im Mittelalter wurde Wensin zum Stammsitz eines deutschen Rittergeschlechts, das zusammen mit den Schauenburger Grafen in das einstmals westslawische Territorium kam und den Namen des Ortes übernahm. Unter den sogenannten Rittern von Wensin wurde in Garbek, einige Kilometer nördlich des heutigen Guts, eine erste Wasserburg in Form eines befestigten Doppelhauses errichtet. 1421 ging der Besitz an die uradelige Familie Buchwaldt, die hier bis ins 17. Jahrhundert verblieb und auch auf Pronstorf und dem ebenfalls am Wardersee liegenden Gut Rohlstorf ansässig war. Die Wasserburg und der dazugehörige Wirtschaftshof wurden 1625 durch ein Großfeuer zerstört, 1635 folgte der Verkauf der Ländereien an die Familie Brockdorff. Joachim von Brockdorff verlegte den Gutshof südlich an das Ufer des Sees und ließ dort auch ein neues Herrenhaus errichten. Wensin wurde im folgenden Jahrhundert ausgebaut und erweitert, durch Erbfolgen geriet es an die Familie Thienen. Im Jahr 1800 erfolgte ein Verkauf an die Familie Schwerdtfeger. 1807 und noch einmal 1877 zerstörten zwei Großfeuer weite Teile der Wirtschaftsbauten. An der Wende zum 20. Jahrhundert wurde Wensin an die Familie Hastedt verkauft, in deren Besitz es sich bis heute befindet.

Das Gut Wensin wird bis in die Gegenwart bewirtschaftet, große Teile der Ländereien nimmt das Gelände eines Golfclubs ein. Der sogenannte Alte Speicher des Guts dient heute gastronomischen Zwecken. Das Herrenhaus befindet sich in Privatbesitz und wird bewohnt, es ist daher für Besucher nicht zugänglich. Der historische Gutsgarten wird im Rahmen von Veranstaltungen wie dem Tag des offenen Denkmals geöffnet, für Gruppen finden nach Anmeldung auch Führungen statt.

Baulichkeiten

Der Blick auf die rückwärtigen Fassaden offenbart den zweigeteilten Aufbau des Herrenhauses. Aufnahme um 1900

Das Herrenhaus

Das Herrenhaus wurde von 1635 bis 1642 unter Joachim von Brockdorff errichtet, es gehört zu den letzten bedeutenden Werken der Renaissance in Schleswig-Holstein. Das Herrenhaus geht in seiner Form auf das althergebrachte Doppelhaus zurück, einer Bauform, die auf den lokalen Wasserburgen der Herzogtümer Schleswig und Holstein weit verbreitet war. Anders als die zumeist kompakten und wehrhaften Bauten des Mittelalters, wie beispielsweise das Herrenhaus auf Gut Wahlstorf, ist das Herrenhaus auf Wensin mit seiner breiten Front schon regelmäßiger und durch die gleichmäßige Durchfensterung auch komfortabler gestaltet. Es ähnelt damit dem Herrenhaus auf Gut Jersbek, das von 1617 bis 1620 errichtet wurde. Die beiden Einzelhäuser auf Wensin sind an ihren Längsseiten miteinander verbunden, die seitlichen Fassaden als Stufengiebel gestaltet. Die Schaufassade befindet sich an der Längsfront und ist auf den Hof ausgerichtet, der Eingang war ursprünglich durch einen mittigen Treppenturm betont.

Der zweigeteilte Aufbau des Hauses lässt sich auch im Grundriss ablesen, das Vorderhaus beherbergt vor allem die großen Säle, während das hintere Haus vorwiegend Wohnräume aufnimmt. Das zweigeschossige Herrenhaus wurde im 18. Jahrhundert zum Teil im Stile des Rokoko aus- und umgebaut. Aus dieser Zeit stammt unter anderem das dreigeteilte Portal aus Sandstein, ebenso wie die Vertäfelungen, die Stuckdecken und die Ofennischen der Innenräume.

Wirtschaftshof und Garten

Durch die wiederholten Brände auf Wensin wurde der historische Gebäudebestand des Gutshofs zum Teil zerstört. Zu den ältesten Bauwerken gehört das am Herrenhaus gelegene, zweigeschossige Kavaliershaus von 1727. Die heutigen Wirtschaftsbauten stammen vor allem aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Der größte Bau ist der sogenannte Alte Speicher, ein historistisches Gebäude im Rundbogenstil. Der einstige Wirtschaftsbau übertrifft in seinen Dimensionen das Herrenhaus, er dient heute vor allem gastronomischen Zwecken.

Dem Speicher gegenüber befindet sich der Garten der Gutsanlage. Dieser geht in seiner Konzeption noch auf einen hortus conclusus, einen geschlossenen Renaissancegarten des 17. Jahrhunderts zurück. Der zum Teil durch eine historische Mauer umgebene Garten hat Ausmaße von 150 x 75 Metern. Er wird durch sich kreuzende Alleen in vier Kompartimente geteilt und wurde im 18. Jahrhundert im Sinne des Barock umgestaltet, aus dieser Zeit stammt unter anderem eine kleines Orangeriegebäude aus Backstein sowie ein einstmals reiches Skulpturenprogramm, von dem heute nur noch eine kleine Figur des Apollon erhalten ist. Der Garten wurde im 19. Jahrhundert durch die Anpflanzung von exotischen Solitärbäumen im Sinne eines Landschaftsgartens ergänzt, seine historische Grundstruktur blieb dabei erhalten.

Weblinks

Quellen und Literatur

  • Hubertus Neuschäffer: Schleswig-Holsteins Schlösser und Herrenhäuser. Husum 1989, ISBN 3-88042-462-4
  • Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler Hamburg, Schleswig-Holstein. Deutscher Kunstverlag, München 1994, ISBN 978-3422030336
  • Hans und Doris Maresch: Schleswig-Holsteins Schlösser, Herrenhäuser und Palais. Husum Verlag, Husum 2006, ISBN 3-89876-278-5
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