Algenball

Algenball
Aegagropila linnaei
Aegagropila linnaei

Aegagropila linnaei

Systematik
Abteilung: Chlorophyta
Klasse: Ulvophyceae
Ordnung: Cladophorales
Familie: Cladophoraceae
Gattung: Aegagropila
Art: Aegagropila linnaei
Wissenschaftlicher Name
Aegagropila linnaei
(Kützing 1843)
Die 3 Wuchsformen der Aegagropila linnaei

Die Algenart Aegagropila linnaei ist eine beliebte Aquarienpflanze. Ein bekanntes Synonym ist Cladophora aegagropila.

Inhaltsverzeichnis

Namen

Als Aquarienpflanze ist sie hierzulande als „Mooskugel“ oder „Algenkugel“ bekannt. An ihrem japanischen Naturstandort heißt sie Marimo (jap. 毬藻 marimo). Sie ist auch unter den Namen Cladophora-Ball oder im Englischen als lake ball bekannt. Es handelt sich dabei um eine Art fadenförmiger Grünalgen (Chlorophyta), die in einer Anzahl Seen der nördlichen Halbkugel heimisch sind. Der Name bezieht sich auf eine gewisse, seltene Wuchsform der Alge, bei der die Algenfäden sich zu großen, grünen Kugeln mit samtiger Oberfläche verweben. Kolonien solcher Kugeln sind nur aus Island, der Ukraine, Japan (Hokkaido) und Estland bekannt.

Klassifikation und Nomenklatur

Sie wurden zuerst um 1820 durch Anton E. Sauter im Irrsee in Österreich gefunden. Die Gattung Aegagropila wurde von F. T. Kützing (1843) mit dieser Art unter dem Namen A. linnaei als Leitart, mit Bezugnahme auf ihre Bildung kugelförmiger Aggregationen, gebildet. Alle Arten wurden 1849 vom gleichen Autor in die Untergattung Aegagropila der Gattung Cladophora eingeordnet. A. linnaei wurde daher als Cladophora aegagropila (L.) Rabenhorst and Cl. sauteri (Nees ex Kütz.) Kütz. in der Gattung Cladophora geführt.

Ausgedehnte DNA-Analysen im Jahre 2002 führten zu einer Rückkehr zum alten Namen Aegagropila linnaei. Die Anwesenheit von Chitin in den Zellwänden unterscheidet diese Gattung von Cladophora.

Die Pflanze erhielt ihren japanischen Namen Marimo von dem japanischen Botaniker Kawakami Tatsuhiko (川上龍彦) im Jahre 1898. Mari ist ein springender Spielzeugball. Mo ist ein Sammelbegriff für Pflanzen, die im Wasser wachsen. Der Name der einheimischen Ainu ist tōrasanpe (Seegeist) oder tōkarippu (Ding, das im Schlamm rollt). Die Ainu-Bezeichnungen wurden in Kana notiert und dann nochmals ins lateinische Alphabet transliteriert. Die Aussprache dürfte daher nicht mehr der originalen der Ainu-Sprache entsprechen.

In Island haben die Bälle von den Fischern am Mývatn-See den Namen kúluskítur (kúla = Ball. skítur = jede Art von Unkraut, dass sich in den Fischernetzen verfängt) bekommen.

Wuchsformen

Ein Querschnitt durch eine Marimo-Kolonie im See Mývatn

Es gibt drei Wuchsformen dieser Algenart

  1. die epiphytische Wuchsform bedeckt schichtförmig die Schattenseite von Felsen
  2. die Wuchsform frei flutende Fäden wächst als kleine Büschel unverbundener Fäden, die oft einen Teppich auf dem schlammigen Seegrund bilden.
  3. die Ballform, bei der die Algen in Kugeln von erheblicher Größe verwachsen, die aus vom Zentrum strahlenförmig nach außen wachsenden, dicht gepackte Algenfäden bestehen. Diese Bälle haben jedoch kein Zentrum irgend einer Art.

Ökologie

Marimo-Kolonien im Akansee auf Hokkaido und im See Mývatn in Island gehören zu den seltsamsten Pflanzengemeinschaften auf der Erde. Ihre Existenz hängt von der Anpassung der Art an schwache Beleuchtung, kombiniert mit dem dynamischen Zusammenspiel von windgetriebenen Strömungen, dem Beleuchtungsverlauf, der Hydromorphologie des Sees, dem Bodensubstrat und der Sedimentation ab.

Die Wachstumsrate der Algenkugel ist etwa 5 mm pro Jahr. Im Akansee werden sie besonders groß, bis zu 20-30 cm. Der hat dichte Kolonien von etwa 12 cm großen Kugeln, die gut abgegrenzte Flecken auf dem Seegrund in Tiefen von 2 bis 2½ m bilden. Die Kolonien wurden 1897 entdeckt und haben seit dem beträchtlich an Größe verloren. Die runde Form der Marimo entsteht hauptsächlich durch sanfte Wellen oder Strömungen, die die Bälle gelegentlich drehen.

Bei Sonneneinstrahlung kommt es außerdem zu einer verstärkten Photosynthese und Bildung von Sauerstoffbläschen, so dass die Algenkissen zumindest im Aquarium vom Gewässergrund in Richtung Wasseroberfläche aufsteigen. Mit Einbruch der Dämmerung sinken sie wieder langsam auf den Bodengrund herab.

Die Bälle sind ringsum grün, so dass die Photosynthese unabhängig von der Lage der Bälle funktioniert. Im Inneren ist der Ball ebenfalls grün und mit Chloroplasten im Ruhestadium versehen, die innerhalb von Stunden aktiv werden, wenn der Ball auseinanderbricht.

Die Wellen reinigen sie auch von Detritus. Da manche Kolonien 2 oder sogar 3 Schichten der Kugeln übereinander haben, werden die Wellen benötigt um sie zu vermischen, so dass jeder Ball regelmäßig ans Licht gelangt. Die Kugelform hat im Verhältnis zum Volumen die kleinste Oberfläche, was für Pflanzen zur Photosynthese nicht optimal ist. Das begrenzt die mögliche Größe der Bälle. Die natürliche Vermehrung der Bälle ist kaum erforscht. Sie könnten aus Algenbüscheln wachsen, die auf Felsen in der Litoralzone wachsen, oder aus zerbrochenen Bällen (wie im Fall des Akansees oder in der Zucht für das Aquarium).

Naturschutz

Die schnell schrumpfende Population des Mývatn ist ein besonderes Problem. Aus unbekannten Gründen sind einige der Hauptkolonien in den letzten Jahren verschwunden.

Am Akansee werden große Anstrengungen zur Erhaltung der Algenbälle unternommen. Das schließt das jährliche dreitägige Marimo-Festival ein, bei dem die Ainu eine wichtige Rolle spielen. Wegen ihrer ansprechenden Form dienen die Bälle auch als Medium für die Umwelterziehung. Sie haben gewisse Ähnlichkeiten mit der Erde, da sie grün und rund sind und sich drehen müssen, um Licht von allen Seiten zu bekommen. In Japan steht Marimo unter Naturschutz und wurde zu einem Naturschatz Japans erklärt. Kleine Bälle, die als Souvenir verkauft werden, sind aus den frei flutenden Fäden handgerollt. Man sagt, dass die Pflanze bei guter Pflege einen Wunsch wahr macht. Sowohl der Mývatn als auch der Akansee sind geschützt, der erste als Naturreservat, der zweite als ein Nationalpark.

Verwendung in der Aquaristik

Erste Importe nach Westeuropa gab es in den 1970er Jahren, um danach nahezu wieder zu verschwinden. Mooskugeln werden in Mitteleuropa seit einigen Jahren wieder verstärkt im Zoofachhandel angeboten. Die Nachfrage kann auch auf die verstärkte Haltung von Süßwassergarnelen zurückzuführen sein, die zeitlich mit der Einführung zusammenfällt. Die Literatur zu dieser Art ist allerdings noch unbefriedigend.

Generell gedeihen die Mooskugeln in Kaltwasseraquarien durchaus über mehrere Jahre. Ihr Wachstum ist dabei sehr langsam und beträgt pro Jahr nur wenige Millimeter. In tropischen Aquarien, in denen ständig Temperaturen über 27 Grad vorliegen, berichten einige Aquarianer über ein „Auseinanderfallen“ der Pflanze. Möglicherweise ist dies aber auch auf alte Algenkissen zurückzuführen.

Besondere Anforderungen an die Beleuchtung stellen Mooskugeln nicht. Vorteilhaft ist es jedoch, wenn sie gelegentlich gewendet werden oder wenn sie frei auf dem Grund rollen können. Empfindlich reagieren sie auf die Ablagerung von Mulch und Detritus. Einige Aquarianer spülen die Algenkissen vierzehntäglich in warmen Wasser vorsichtig aus. Gleichfalls empfindlich reagieren sie auf einen Befall durch Blaualgen. pH-Werte zwischen 7 und 7,5 scheinen ihnen am besten zu bekommen.

Im Zoofachhandel werden sie gelegentlich als wirksames Mittel gegen Nitrit- und Nitratbelastungen empfohlen. Die Pflanze selbst trägt jedoch nicht mehr zur Absenkung dieser Stoffe im Wasser bei, als es andere Pflanzen tun. Vorteilhaft ist es jedoch sicherlich, dass sich in den feinen Algenhärchen Bakterien ansiedeln können, die diese Stoffe im Wasser reduzieren. Der Besatz eines Aquariums mit diesen Algenkissen ist jedoch weder ein Ersatz für eine Wasserfilterung noch für einen Teilwasserwechsel.

Wegen der Empfindlichkeit gegenüber der Ablagerung von Mulch und Detritus sollten sie nicht mit gründelnden Fischen zusammen gehalten werden. Welse können die Kugeln zur Ablage des Laichs nutzen. Für Halter von kleinen Garnelenarten, wie beispielsweise die Yamatonuma-Garnele, stellen Mooskugeln eine Alternative zum Javamoos dar, das im Aquarium gerne wuchert und andere Pflanzen überzieht. Sie durchsuchen die feinen Algenhärchen ebenso intensiv nach Detritus wie sie es bei Javamoos tun.

Trivia

Marimo heisst eine Figur aus der Manga-Serie One Piece. Dort ist es ebenfalls ein Spitzname des Charakters Lorenor Zorro.

Quellen und weiterführende Informationen

Literatur

  • Einarsson, A., Stefánsdóttir, G., Jóhannesson, H., Ólafsson, J.S., Gíslason, G.M. Wakana, I., Gudbergsson, G. and Gardarsson, A. 2004. The ecology of Lake Myvatn and the River Laxá: variation in space and time. Aquatic Ecology 38: 317-348.
  • Hanyuda, T., Wakana, I., Arai, S., Miyaji, K., Watano, Y. and Ueda, K. 2002. Phylogenetic relationships within Cladophorales (Ulvophyceae, Chlorophyta) inferred from 18S rRNA gene sequences, with special reference to Aegagropila linnaei. J. Phycol. 38: 564–71.
  • Jonsson, G.S. 1992. Photosynthesis and production of epilithic algal communities in Thingvallavatn. Oikos 64: 222-240.
  • Nagasawa, S., Wakana, I. and Nagao, M. 1994. Mathematical characterization of photosynthetic and respiratory property regarding the size of Marimo’s aggregation. Marimo Research 3. 16-25.
  • Yokohama, Y., Nagao, M,, Wakana. I. and Yoshida, T. 1994. Photosynthetic and respiratory activity in the inner part of spherical aggregation of “Marimo”. Marimo Research 3: 7-11.
  • Yoshida, T., Nagao, M., Wakana, I. and Yokohama, Y. 1994. Photosynthetic and respiratory property in the large size spherical aggregations of “Marimo”. Marimo Research 3: 1-6.
  • Yoshida, T., Horiguchi, T., Nagao, M., Wakana, I. and Yokohama, Y. 1998. Ultrastructural study of chloroplasts of inner layer cells of a spherical aggregation of “Marimo” (Chlorophyta) and structural changes seen in organelles after exposing to light. Marimo Research 7: 1-13.
  • Wakana, I. 1992. A bibliography relating to “Marimo” and their habitats. Marimo Research 1: 1-12.

Weblinks


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