Gänsereiten

Gänsereiten
Gänsereiten in Sevinghausen

Gänsereiten, auch Gänseköppen oder Hähneköppen ist ein regionales Brauchtum in mehreren Ortschaften Nordrhein-Westfalens.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Eine zuvor getötete Gans wird dazu zwischen zwei Bäumen an den Füßen aufgehängt. Reiter versuchen, ihr im Galopp den Kopf abzureißen. Der Sieger ist der „Gänsereiterkönig“ für ein Jahr. Die Gans wird später gemeinsam verzehrt. Das Verbot, eine lebende Gans zu verwenden, besteht seit 1806.

Über den mutmaßlichen Ursprung in Wattenscheid schrieb der Bochumer Stadtarchivar Eduard Schulte in seinem Gutachten vom 6. Februar 1925:

„Seit unvordenklichen Zeiten erzähle man sich, dass das Gänsereiten von spanischen Kriegsleuten übernommen worden wäre, als diese während des spanisch-holländischen Krieges in den Jahren 1598 und 1599, sowie im Dreißigjährigen Krieg um Wattescheider Kirchspiele lagen und zur Kurzweil ihre heimatlichen Reiterspiele geübt hätten.“[1]

Es handelt sich also um ein über 400 Jahre altes Brauchtum. Seit einigen Jahren pflegen die Höntroper Gänsereiter Kontakte mit dem spanischen Ort El Carpio de Tajo, wo ebenfalls alljährlich am 25. Juli ein Gänsereiten seit der Rückeroberung des von den Arabern besetzten Ortes im Jahr 1141 stattfindet.[2]

Höntrop

Im Bochumer Stadtteil Wattenscheid-Höntrop wird das Gänsereiten zum Karneval vom Gänsereiter-Club Höntrop von 1598 e.V. veranstaltet. Bei den Junggänsereiter wird nach Intervention des Jugendamts Bochum seit 2006 nicht mehr mit echten Gänsen geritten. Statt dessen werden an einem Kreis herunterhängende Hufeisen verwendet. Die Kinder müssen versuchen, diese mit ihrer Reitgerte zu durchstechen. Die Welt am Sonntag kommentierte 2004: „In Wattenscheid ringt die Gesellschaft an Karneval darum, welche ihrer alten Rituale sie mit in die Zukunft nehmen möchte. Noch ist offen, wer am Ende Federn lassen muss.“[3] Im Bereich der Tierrechte engagierte Bürger argumentieren, auch die Form mit einer toten Gans verstoße gegen das Tierschutzgesetz und stelle Gewaltverherrlichung dar. [4]

Sevinghausen

Ein Verein im benachbarten Ortsteil Sevinghausen veranstaltet sein eigenes Gänsereiten auf einer Koppel hinter der Gänsereiterhalle.

Dortmund und Essen

Das Gänsereiten in Dortmund wird auf Betreiben der Stadtverwaltung seit 2003 mit einer Attrappe durchgeführt. In Essen-Kupferdreh, Essen-Byfang und Essen-Freisenbruch findet das Gänsereiten seit 2005 nur noch mit Attrappen statt. In Drolshagen-Bühren wurde das Gänsereiten mit toten Tieren 1988 verboten. Ebenso gibt es Verbote gegen „Hähneköppen“ in Bornheim und Leverkusen, sowie seit 1993 ein Verbot im Kreis Euskirchen. [5]

Werl

In Werl wurde das Gänseköppen vom Kolpingverein im Werler Stadtwald ausgerichtet. eine getötete Gans hing in einem Drahtkorb, die Gesellen versuchten mit verbundenen Augen, dem Tier mit einem Säbel den Kopf abzuschlagen. Der erfolgreichen Kolpinggeselle wurde mit einer Kette geehrt, die von jedem König mit einer weiteren Medaille erweitert wurde. Er erhielt den Titel Gänsekönig. Nach einem Bericht des Beobachter, einer Werler Tageszeitung, nahmen zeitweise über 3000 Zuschauer an dem Spektakel teil. 1961 wurde das Gänseköppen als nicht mehr zeitgemäß eingestellt.

Langenhorst

Eine ähnliche Veranstaltung findet auch in Langenhorst bei Velbert am Freitag vor dem Rosenmontag und in Neviges-Hardenberg zu Pfingsten statt. Eine Abwandlung, in der einer Gans mit einem Schwert der Kopf abgeschlagen wird, soll es in Canstein, Engelkau, Haan sowie in Belgien und Holland gegeben haben.

Belege

  1. donews.de – Karneval mit den Gänsereitern
  2. Artikel zum Gänsereiten.
  3. Andreas Fasel: Um Kopf und Kragen. In: Welt am Sonntag NRW, 15. Februar 2004 (online)
  4. Artikel im Magazin Tierbefreiung.
  5. WDR – Gänsereiten, Sendung vom 20. Februar 2005

Literatur

  • Broschüre 125 Jahre Kolpingfamilie Werl, 1861–1986, Druck Coelde-Verlag Werl

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